Die Legende vom „Zickzackkurs“ und den „großzügigen Angeboten"

self fulfilling prophecy durch die BILD-Zeitung: Sturm auf die Banken in Griechenland

Kaum ein Mensch in Deutschland weiß, was die griechische Regierung wirklich fordert. Die maßgeblichen „Argumente“ gegen die griechische Regierung in den deutschen Medien lauten: Syriza fordere zu viel und fahre dabei auch noch einen „Zickzackkurs“, deshalb sei sie nicht verlässlich, nicht glaubhaft und Verhandlungen schwierig bis unmöglich. Und trotzdem sei die Eurogruppe „weit entgegen gekommen“ und habe „großzügige Angebote“ gemacht. Stimmt das?

 

Die bisher veröffentlichten Dokumente der Verhandlungen belegen, dass sich die griechische Regierung einer kompromisslosen Eurogruppe gebeugt und nach und nach ihre Wahlversprechungen aufgegeben hat. So bestand die Eurogruppe bis zuletzt auf den Froderungen des laufenden Programmes, wie z.B. Privatsierung der Häfen, Flughäfen, Eisenbahnstrecken etc. - Syriza hat all dem zugestimmt, mit der bescheidenen Einschränkung, dass der Staat ein Mitbestimmungsrecht behält. Die Eurogruppe fordert - entgegen den Aussagen von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz - weitere Erhöhungen der ohnehin sehr hohen Mehrwertsteuer, sowie Kürzungen im Bereich der Renten – Syriza hat dem mit kleinen Einschränkungen zugestimmt. Die Bundestagsfraktion der Grünen hat eine Gegenüberstellung der Vorschläge tabellarisch aufgeführt, welche zeigt: Nahezu ALLE Entgegenkommen der Syriza wurden abgelehnt.

 

SPD Chef Sigmar Gabriel erklärte, es habe ein neues Angebot über weitere 35 Milliarden gegeben. Dieses Angebot hat allerdings niemals stattgefunden. Er meint möglicherweise Gelder aus den laufenden Förderprogrammen der EU, auf die Griechenland wie jedes andere Land der EU ohnehin Anspruch hat.

Insgesamt kann von einem Entgegenkommen der Eurogruppe oder gar einem „großzügigen Angebot“ überhaupt keine Rede sein. Es zeigt sich in erschreckender Weise: Merkel, Gabriel, Steinmeier, Schäuble, Rolf Dieter Krause und Martin Schulz u.a. – sie alle geben Sachverhalte falsch wieder, exakter wäre zu sagen „sie lügen“. Die meisten Medien in Deutschland transportieren diese Falschaussagen nicht nur unkritisch, sondern sie unterstützen diese Aussagen sogar mit einer einseitigen und tendenziösen Berichterstattung. So gab es beispielsweise in der öffentlich-rechtlichen ARD am 28.6.2015 einen Brennpunkt (6 Mio. Zuschauer), in dem ausschließlich die Seite der Gläubiger zu Wort gekommen ist, und selbst der Moderator ergriff einseitig Partei gegen die griechische Regierung.

 

In diesen Tagen geht es den europäischen Kapitalisten & Eliten darum, die griechische Regierung mit aller Gewalt zu Fall zu bringen. Selbst ein letzter Vorschlag von Tsipras, der inhaltlich einer Kapitulation gleichkommt, wurde abgelehnt. Ziel ist es, das Referendum zu entscheiden und damit die griechische Bevölkerung – nicht die Regierung – gefügig zu machen. Im Anschluss soll eine Technokraten-Regierung unter dem Label „Nationale Einheit“ per Neuwahl installiert werden. Wie die Times berichtete, hat ein hochrangiges Mitglied der Bundesregierung bereits bestätigt, dass Deutschland niemals beabsichtigt hatte, einem Deal mit Griechenland zuzustimmen, solange Syriza an der Macht ist. Und Gesine Schwan hat aus hohen Regierungskreisen erfahren, dass es erklärtes Ziel sei, die Syriza-Regierung zu Fall zu bringen – die Vorschläge für eine Umschuldung unter einer neoliberalen Technokraten-Regierung lägen bereits seit längerem in der Schublade.

 


 

D E M O N S T R A T I O N E N - in diversen Städten am FREITAG, 3. JULI 2015

 

Berlin 18 UHR Oranienplatz

http://berlin.blockupy-frankfurt.org/

 

3. Juli 2015 Köln 18:00 Hbf. (Bahnhofsvorplatz)

 

Düsseldorf: 18:00 Hbf.

 

Bochum: 18:00 Dr.-Ruer-Platz

 

Münster: 18 Uhr Prinzipalmarkt (Rathaus)

 

usw...

 

STAY INFORMED!!!!

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Der Artikel dekonstruiert beispielhaft, wie wenig der Kapitalismus mit "Sachzwängen" zu tun hat. Kapitalismus ist ein Gesellschaftsystem und wird von Menschen gemacht. Die Akteure handeln teilweise unter Sachzwängen, größtenteils aber aus eine ideologischen Motiven. Unter welchen Sachwzängen stehen Juncker, Merkel, Schäuble, Rolf-Dieter Kraus...? Unter gar keinen! Es gibt keinen Kapitalismus ohne Ideologie, und wer das nicht versteht, der kann auch den Kapitalismus nicht verstehen.

Wie uns doch die Antideutschen erzählt haben, der Kapitalismus ist zwar unvernünftig, aber niemand darf kritisiert werden, weil ja der Kapitalismus an sich auch den armen Kapitalisten zwingt mitzumachen.

Die augenblickliche Situation mit Griechenland ist ein Lehrbuchbeispiel des Kapitalismus der letzten Jahrzehnte:

Varoufarkis will einen prosperierenden Kapitalismus retten, weil er weiß, daß Kapitialismuskrisen zuallerest die Ärmsten treffen. Und er erkennt, daß das globale Umfeld einem sozialistischen Experiment in einem kleinen Land nicht gerade freundlich gesinnt ist.

Der ideelle Gesamtkapitalist in Deutschland ist hingegen bereit dem europäischen Kapitalismus wohlwissend einen nichtkalkulierbaren Schaden zuzufügen. Die immensen Kosten für den europäischen Kapitalismus werden in Kauf genommen, um sich uneingeschränkte Macht zu kaufen. Der ideelle Gesamtkapitalist fügt sich zwar selbst einen Schaden zu, aber erbaut ein Schreckensgebäude, daß jedem Zweifler klarmacht, komme erst gar nicht auf die Idee es könnte eine Alternative geben. Ideologische Vormachtstellung gibt es nicht umsonst. Und glücklicherweise treffen Kapitalismuskrisen zuallererst die Ärmsten.

Läuft genau gleich wie Thatcherismus, Ruinierung der Ex-DDR Wirtschaft, Yugoslawien und Irakkrieg, Finanzkrise seit 2008, usw.

Man ruiniert die eigene Wirtschaft um sich eine uneingeschränkte ideologische Vormachtstellung zu erkaufen. Funktioniert ja auch ganz gut, wie die stetig auseinandergehende Vermögenschere zeigt. Daß man dadurch gegen konkurrierende Gesamtkapitalisten wie den Chinesischen ins Hintertreffen gerät scheint egal zu sein. Das Problem ist wohl vertagt um es gegebenfalls später militärisch zu lösen.

Danke für deine/eure gründliche Recherche!

Derlei macht immer Arbeit, weswegen sich viele lieber auf ihr Gefühl o.Ä. verlassen.

Mit handfesten Belegen ist Vertreter*innen linksradikaler Positionen z.B. in Diskussion aber viel mehr geholfen.

Wir sollten uns gegenseitig unterstützen indem z.B. jede*r ein Mal im Jahr Derartiges zu einem bestimmten Thema hier veröffentlicht.