In der Nacht zu Dienstag kam es in Jena Lobeda zu einem rassistisch motivierten Übergriff mit mehreren Verletzten. Es dauerte jedoch mehrere Tage, bis dieser an die Öffentlichkeit kam. Erst ein Blog-Eintrag von einem der Betroffenen machte auf den Übergriff aufmerksam. Danach folgte eine Pressemitteilung der Landtagsfraktion der Linken. Im Zuge dessen gab es mehrere Berichte in regionalen und überregionalen Medien. Das Verhalten der Polizei wird dabei nur am Rande erwähnt.
[English Version below]
„Das polizeiliche Handeln in der Tatsituation ist aus Sicht der Betroffenen häufig sehr problematisch. So fühlen sich viele von der Polizei nicht ernst genommen, haben das Gefühl, als Täter_innen und nicht als Opfer behandelt zu werden, und sehen sich mit Vorurteilen seitens der Beamt_innen konfrontiert. Mehr als die Hälfte hat zudem den Eindruck, die Polizei sei nicht an der Aufklärung der politischen Motive der Tat interessiert.“ (1)
In der Nacht zu Dienstag kam es in Jena Lobeda zu einem rassistisch motivierten Übergriff mit mehreren Verletzten. Es dauerte jedoch mehrere Tage, bis dieser an die Öffentlichkeit kam. Erst ein Blog-Eintrag von einem der Betroffenen machte auf den Übergriff aufmerksam. Danach folgte eine Pressemitteilung der Landtagsfraktion der Linken. Im Zuge dessen gab es mehrere Berichte in regionalen und überregionalen Medien. Das Verhalten der Polizei wird dabei nur am Rande erwähnt.
Doch gerade das Verhalten der Polizei wirft einige Fragen auf. Interessant ist dies vor allem im Vergleich mit anderen Meldungen. Am Wochenende vor dem Übergriff kam es in Jena zu mehreren Auseinandersetzungen mit teils rechten Burschenschaftlern, die in Jena den 200. Jahrestag der Ur-Burschenschaft feierten. Hier war die Polizei nach wenigen Minuten vor Ort und auch ein öffentlicher Fahndungsaufruf folgte sofort. Anders nach dem Übergriff von Montagnacht. Nach Aussage der Betroffenen brauchte die Polizei eine knappe halbe Stunde bis zum Eintreffen.
Die Betroffenen waren Opfer einer Straftat geworden und den Beamten vor Ort fiel zu Beginn nichts Besseres ein, als einen Atemalkoholtest mit den Betroffenen durchzuführen. Auch das weitere Handeln der Polizei zeugt nicht gerade von Sensibilität und bestätigt ein Verhalten gegenüber Opfern rassistischer Gewalt, das sich in Jena und auch im Rest Thüringens schon länger abzeichnet. Wenn die örtlichen Dorfbullen nicht dazu in der Lage sind, rassistisch motivierte Angriffe auch als solche zu erkennen, dann kann man sich fragen, was Behörden wie die BAO Zesar eigentlich für eine Aufgabe und Daseinsberechtigung haben, wenn die Kollegen im Außendienst nicht mal Rassismus schreiben können. Dass weder der Übergriff noch das Verhalten der Polizei Einzelfälle sind, spielte in der regionalen und überregionalen Berichterstattung bisher ebenfalls kaum eine Rolle. In den letzten Monaten kam es in Jena immer wieder zu rassisitsch motivierten Angriffen, bei denen aber bisher glücklicherweise niemand verletzt wurde. Das Verhalten der Polizei den verletzten Studierenden gegenüber ist genauso wenig neu. „Weimar im April“ ist ein bekanntes Beispiel dafür. Genauso auch die eingangs zitierte Studie der mobilen Opferberatung ezra. Die Polizei nimmt dabei, wie so oft, die Betroffenen nicht ernst oder macht sie gar selbst zu Täter_innen.
Dass der Übergriff vom vergangenen Montag dabei zuerst ins Jugendspektrum gesteckt wurde und eine Übergabe der Ermittlungen an die Kripo als unnötig abgetan wurden, wirkt nicht nur fahrlässig, sondern legt den Verdacht des bewussten Wegschauens nahe. Dazu kommt noch die abwiegelnde Aussage, die Betroffenen hätten – kurz nach der Tat, also noch unter Schock und in erster Linie auf die Versorgung ihrer Verletzungen bedacht – nicht sofort auf den rassisitschen Hintergrund hingewiesen. Dies zeugt von fehlender Empathie der Beamten gegenüber den Betroffenen und dem Reflex, Schuld bei den Opfern zu suchen.
Auch dass die Betroffenen am nächsten Tag, als sie die Röntgenbilder ihrer Verletzungen zur Beweisaufnahme vorlegen wollten, unfreundlich abgewimmelt wurden, zeigt den Sumpf der Jenaer Polizei – diesen Eindruck kann auch kein nachträgliches Grußwort von Oberbürgermeisters oder Innenminister an die Betroffenen überdecken. Wenn bereits der Weg zur Kaffeetasse eine Anstrengung darstellt, Englisch ein Fremdwort ist, fremdenfeindliche und antisemitische Ressentiments auf der Tagesordnung stehen und Racial Profiling das Tagesgeschehen versüßt, dann bleibt eigentlich nur eines festzuhalten:
„Für mich ist die Polizei kein Freund und Helfer. Sie ist ein Störfaktor in meinem Alltag. Denn auch wenn ich ihre Hilfe brauche, habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich zuallererst als Verdachtsobjekt gelte.“ (2)
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Beamten in der alltäglichen Polizeiarbeit eben gemäß ihrer polizeilichen Weltanschauung agieren. Und das heißt zumeist, bestimmte Mitglieder der Gesellschaft als Gefahr zu sehen. Und dies scheinen in Thüringen bis heute keine Nazis zu sein, sondern zu forderst Migrant_innen und Flüchtlinge.
Antifa Task Force Jena im Juni 2015, atfjena.blogsport.eu