Dortmund - Gedenkveranstaltung für die im Jahr 2000 ermordeten PolizistInnen in Brackel

Gedenkstätte Unterer Graffweg in Dortmund-Brackel 14.06.2015

Heute, am Sonntag den 14. Juni 2015, gedachten ca. 60 Personen in Dortmund-Brackel den drei PolizistInnen, die vor genau 15 Jahren von dem Dortmunder Nazi Michael Berger erschossen wurden.

Zunächst wurde an dem Brackeler Mahnmal für die am 1. März 1943 nach Ausschwitz deportierten JüdInnen an die Opfer des historischen Nationalsozialismus erinnert. Dabei wurde aus den Erinnerungen deportierter JüdInnen ebenso gelesen, wie an die Brackeler Widerstandskämpfer Karl Gähner, Karl und Erich Mörchel und Paul Weber gedacht, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Mit dem Gedicht der „Todesfuge“ von Paul Celan endete der erste Teil der Erinnerungsveranstaltung:

 

Todesfuge

 

Schwarze Milch der Frühe wir trinken sie abends
wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts
wir trinken und trinken
wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland
dein goldenes Haar Margarete

er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne
er pfeift seine Rüden herbei
er pfeift seine Juden hervor läßt schaufeln ein Grab in der Erde
er befiehlt uns spielt auf nun zum Tanz

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland
dein goldenes Haar Margarete
Dein aschenes Haar Sulamith

wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng

Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt
er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingts seine Augen sind blau
stecht tiefer die Spaten ihr einen ihr anderen spielt weiter zum Tanz auf

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags und morgens wir trinken dich abends
wir trinken und trinken
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith er spielt mit den Schlangen

Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus  Deutschland
er ruft streicht dunkler die Geigen dann steigt ihr als Rauch in die Luft
dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt man nicht eng

Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland
wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken
der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau
er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft
er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus
Deutschland  
 
dein goldenes Haar Margarete
dein aschenes Haar Sulamith

 

(https://www.youtube.com/watch?v=gVwLqEHDCQE)

 

Vom Brackeler Hellweg aus zogen die DemonstrantInnen zum Unteren Graffweg, wo vor 15 Jahren Thomas Goretzky erschossen und seine Kollegin Nicole Hartmann angeschossen wurde. Vor dem Gedenkstein für Thomas Goretzky wurde an die Geschehnisse des 14. Juni 2000 erinnert und darauf verwiesen, dass die Entpolitisierung der drei Polizistenmorde sich in den katastrophalen Umgang der Dortmunder Behörden mit dem aktuellen Nationalsozialismus einreiht. Anschließend wurde die Rede der damals schwer verletzten Nicole Steiner (geb. Hartmann) verlesen, die sie 10 Jahre nach der Tat auf einer Gedenkfeier im Polizeiinstitut in Selm-Bork bei der Einweihung eines Denkmals hielt.

 

Rede Nicole Steiner

 

10 Jahre hat es gebraucht, dass ich heute hier stehen kann und ja sagen kann.

Ja zum Leben, ja zum Erlebten. Erst von zwei Wochen habe ich begriffen, dass am 14. Juni 2000 auch von mir ein Teil gestorben ist. Meine Freude, meine Lebendigkeit, meine Leichtigkeit, mein Glücklichsein.

Ich war suchend, ohne zu wissen, was mir verlorengegangen war, dann kam diese Einladung. Für mich rückte Dortmund wieder näher. Das Erlebte war plötzlich wieder präsent. Ich wusste, dass sich mein Leben seither verändert hatte. Ich hatte mich verändert. Dieses Unglück hat mich unglücklich gemacht. Obwohl ich doch hätte glücklich sein können, hatte ich doch großes Glück gehabt. Ich hatte überlebt.

Drei Kollegen hatten ihr Leben gelassen. Durfte ich jetzt noch glücklich sein? Damals habe ich diese Frage verneint. Ich habe es mir nicht mehr erlaubt. Welche Folgen diese unbewusste Entscheidung für mein Leben gehabt haben, das weiß ich erst seit zwei Wochen. Erst heute kann ich hier stehen, um endlich meinen Frieden mit dem Erlebten zu machen und mit dem, was daraus entstanden ist. Ja, mir ist das wirklich passiert und trotzdem kann und will ich heute ja zum Leben

sagen mit allen Facetten - Trauer, Schmerz, Leid, Glück, Freude, Schwarz und Weiß mit allen Zwischentönen und der Vielfalt der Farben.

Was ich heute erst sehen kann, ich stehe hier als jemand, der etwas erlebt hat, was niemand wirklich begreifen kann, der nicht Ähnliches erlebt hat. Ich stehe hier und weiß, die Verarbeitung dieser Dinge braucht Zeit. Und so kann ich heute erst aus diesem neuen Verständnis heraus danke sagen.

Danke an alle Menschen, die mir ihre Anteilnahme in den unterschiedlichsten Formen ausgedrückt haben. Ich kann diese heute erst annehmen. Danke an die Menschen, die mich die ganze Zeit begleitet haben, die an mich geglaubt und mir den Rücken gestärkt haben. Danke an die Initiatoren dieser Gedenkfeier.

Einige mögen vielleicht sagen, was soll so eine Feier nach 10 Jahren? Das ist doch schon lange her, das muss man doch nicht wieder aufwärmen. Doch, man muss. Für mich war diese Einladung eine Chance, das Glück wieder einzuladen. Jeder, der in irgendeiner Weise, in welcher Form auch immer einen Bezug zu den Ereignissen vom 14. Juni 2000 hatte, kann eine solche Gedenkfeier oder auch das hier entstehende Mahnmal als Chance nutzen, seinen ganz persönlichen Frieden zu schließen.

Und das wünsche ich uns allen! Danke

 

(Diese Rede hielt Nicole Steiner, geb. Hartmann am 14.06.2010 in Selm-Bork)

 

 

Mit einer Schweigeminute gedachten die Anwesenden der Ermordeten des 14. Juni 2000. Mit zwei Liedern wurde die Veranstaltung offiziell beendet. Alle Anwesenden wurden eingeladen mit in den Gemeindesaal der evangelischen Gemeinde zu kommen.

Im Gemeindesaal wurde nach Kaffee, Kuchen und Musik der „Guerilla Guitar“ über linke Erinnerungskultur, antifaschistisches Engagement und das Versagen der Strategien der Stadt Dortmund gegen Rechts diskutiert.

 

Diese Veranstaltung wäre nicht so rund gewesen, wenn wir nicht die Unterstützung zahlreicher KünstlerInnen, helfender Hände und der evangelischen Kirchengemeinde Brackels gehabt hätten. An alle ein herzliches Danke.

 

ora e sempre – antifascista

 

 

Geschichtswerkstatt Dortmund e.V.

Azzoncao, ein Polit-Cafè

 

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Azzoncao, ein Polit-Cafè

c/o Bahnhof Langendreer

Wallbaumweg 108

44894 Bochum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Nachschlag:

 

Am 15. Juni 2015 erschien in den Lokalteilen der Ruhr Nachrichten und der WAZ von Dortmund der Artikel „Vor 15 Jahren tötete Neonazi Michael Berger drei Polizisten“ des Redakteurs Tobias Großekemper.

Man braucht nur unseren alten Artikel von 2010 daneben legen und man kann ersehen woher und wie nach 15 Jahren die Lokalpresse Anregungen, Quellen und Argumentationen übernimmt, um Anschluss an die „aktuelle“ Thematik des rechtsradikalen Terror/NSU zu bekommen. Somit ist ersichtlich, dass gute Antifa-Recherche es schafft die bürgerliche Presse vor sich her zu treiben.

Jetzt kann die RN, bzw. der Westen, auch mit „Experten“ und Artikeln glänzen. (15 Jahre zu spät, aber immerhin.) Neben den staats-schonenden Weichzeichner bietet dieser Artikel dennoch einige interessante weitere Informationen.

Das die Bundesregierung bis heute nicht gewillt ist, die drei toten PolizistInnen als Opfer rechter Gewalt anzuerkennen kann man in dem Artikel der Ruhr Nachrichten vom 29. Juli 2015 nachlesen „BKA: Polizistenmorde sind "keine rechten Taten" 

 

Genau so weichgespült wie der Artikel des RN-Redakteurs Großekemper ist der Artikel des Chefredakteurs Bastian Pütter in der Obdachlosenzeitung BoDo. In seinem Artikel „Vor 15 Jahren: Mord an drei Polizeibeamten“ sind ihm viele Vorgänge in Dortmund „unverständlich“ und würden einen „ratlos“ zurück lassen. Dieser unkritische Betroffenheitsartikel ohne jeglichen Tiefgang und Erklärungsansatz hat uns auch rat- und sprachlos werden lassen. Mit Bastian Pütter war ein Artikel der Geschichtswerkstatt zu den Polizistenmorden verabredet und, samt unserer Fotos, geliefert worden. Ein paar Tage zuvor hieß es aber dann, der Artikel würde auf Grund von Platzmangel nicht erscheinen können. Statt dessen solle ein kurzer Verweis auf die Kundgebung veröffentlicht werden. Wir staunten nicht schlecht als die BoDo-Ausgabe erschien und statt des Artikels der Geschichtswerkstatt der Artikel des Herrn Chefredakteurs erschien. Wir waren sprachlos über ein solch verlogenes Vorgehen. Herr Pütter war eigentlich als Moderator der Veranstaltung in der Brackeler Kirchengemeinde eingeplant. Das hatte sich nach diesen Vorgängen erübrigt.

 

Antifaschismus ist und bleibt ein Karrieresprungbrett für viele so genannte „Experten“ aus Medien, Wissenschaft und Politik. Zwei weitere haben sich in diesem Juni exponiert.

 

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Artikel aus dem Jahr 2016:

Warum im Fall Michael Berger so vieles unklar ist (RN 09.05.2016)
NSU-Untersuchungsausschuss Polizistenmord: Berger-Akte sollte sofort gelöscht werden (RN 10.12.2016)


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welch unsägliche art, opfer des nationalsozialismus zu entwürdigen, indem man sie in einem abwasch mit toten schweinen behandelt. mit feinden, die es zu bekämpfen gilt und nicht zu ehren. bitter.

Welch unsägliche Art Mordopfer von Neonazis zu Schweinen zu degradieren! Geh sterben, solch menschenfeindliche Arschlöcher wie dich braucht die Welt nicht!

 

Wie kommt es das dieser Kommentar überhaupt stehen bleibt?

deiner Logik nach gälte es dann ja auch z.B. Ernst Röhm zu ehren...!? Der war zwar selber Nazi, wurd aber auch von Nazis ermordet...

Man muss wegen den toten Cops keine Party veranstalten oder aus dem von dem Nazi begangenen Mord ne super Aktion machen, aber wieso bitteschön soll man denen gedenken??? Weil ausnahmsweise mal Bullen Opfer und nicht Täter waren???

Hier muß die Linke endlich mal mit sich selbst klarkommen. Es sind eben nicht immer nur AktivisitInnen und AntifaschistInnen, die sich den Nazis entgegenstellen, sondern es sind hin und wieder sogar mal PolizistInnen. Ja, wirklich. Und Nazis zögern auch nicht, PolizistInnen zu töten, siehe damals in Dortmund, siehe der NSU in Heilbronn, und siehe anno 1923 in München, dort waren es bayerliche Landespolizisten, die sich dem Hitlerputsch in den Weg stellen - vier von ihnen starben dafür:

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Hitlerputsch#Get.C3.B6tete_bayerische_Poliz...

natürlich ist es auch aufgabe der schweine, die kapitalisitische ordnung vor nazis zu schützen - das macht diese aufgabe aber nicht erhbar. also ja, jeder einzelne bulle ist ein feind, ist ein schwein.

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Sieben Mythen über die Polizei


Die Polizei ist eine rechtmässige Autorität.
Durchschnittliche Polizist_innen sind keine Rechtsexpert_innen: Sie kennen wahrscheinlich ihre internen Weisungen und Vorschriften ihrer Abteilung, wissen aber sehr wenig über die eigentlichen Gesetze. Das heisst, ihr Gesetzesvollzug ist grösstenteils Bluff, Improvisation und Unehrlichkeit. Die Polizei lügt regelmässig: “Ich habe gerade eine Meldung über jemanden erhalten, der zu Ihrer Beschreibung passt und ein Verbrechen in der Nähe begangen hat. Können sie sich ausweisen?”
Das soll aber auch nicht heissen, dass wir die Gesetze gedankenlos als legitim akzeptieren sollten. Das gesamte Justizsystem beschützt die Privilegien der Reichen und Mächtigen. Gesetzen zu gehorchen ist nicht unbedingt moralisch richtig – es kann sogar unmoralisch sein. Die Sklaverei war legal, entflohenen Sklaven zu helfen illegal. In Deutschland kamen die Nazis durch demokratische Wahlen an die Macht und verabschiedeten Gesetze entsprechend der gesetzlich verankerten Vorgehensweise. Wir sollten danach streben, mit bestem Gewissen das zu tun, was wir für das Beste halten, trotz Gesetzen und Einschüchterungen seitens der Polizei.

Die Polizist_innen sind gewöhnliche Arbeiter_innen genau wie wir – sie sollten unsere Verbündeten sein. Leider gibt es eine grosse Lücke zwischen “sollten sein” und “sind”. Die Rolle der Polizei ist es, den Interessen der herrschenden Klasse zu dienen; Jede_r, der_die noch keine schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht hat, ist wahrscheinlich privilegiert, unterwürfig, oder beides zugleich. Heutige Polizeibeamt_innen wissen genau, was sie erwartet, wenn sie der Polizei beitreten – Menschen in Uniform holen nicht nur Katzen von Bäumen. Ja, die meisten machen den Job aus ökonomischem Zwang, aber ein Einkommen ist keine Entschuldigung dafür, Familien aus ihren Häusern zu werfen, junge Leute wegen ihrer Hautfarbe zu schikanieren oder Demonstrierende mit Pfefferspray einzunebeln. Jene, deren Gewissen käuflich ist, sind potenzielle Feind_innen aller, nicht Verbündete.
Dieses Märchen ist überzeugender, wenn es in strategischen Begriffen ausgedrückt wird, zum Beispiel: “Jede Revolution ist in dem Moment erfolgreich, in dem die bewaffneten Kräfte sich weigern, Krieg gegen ihre Mitmenschen zu führen; deshalb sollten wir uns darauf konzentrieren, die Polizei auf unsere Seite zu holen.” Aber Polizist_innen sind nicht einfach irgendwelche Arbeiter_innen, sie sind diejenigen, die sich entschieden haben, ihren Lebensunterhalt mit der Verteidigung der herrschenden Ordnung zu verdienen. Deshalb sind sie die Letzten, die Sympathie mit jenen zeigen werden, die das Bestehende zu verändern versuchen. In diesem Kontext macht es mehr Sinn, sich gegen die Polizei als solches zu wenden, anstatt sich um Solidarität mit ihnen zu bemühen. Solange sie ihren Herrscher_innen dienen, können sie nicht unsere Verbündeten sein; durch die Denunziation der Institution Polizei und durch die Demoralisierung einzelner Beamt_innen, ermutigen wir sie, sich einen anderen Lebensunterhalt zu suchen, sodass wir eines Tages auf einen gemeinsamen Nenner kommen.

Mag sein, dass es ein paar faule Äpfel gibt, aber einige Polizist_innen sind gute Leute. Vielleicht haben einige Polizeibeamt_innen gute Absichten, aber noch einmal: Insofern sie eher Befehlen anstatt ihren Gewissen gehorchen, kann ihnen nicht vertraut werden. Wir müssen die Systematik von Institutionen verstehen, anstatt jede Ungerechtigkeit den Schwächen eines Individuums zuzuschreiben. Erinnert ihr euch an die Geschichte des Mannes, der – von Flöhen geplagt – es schaffte, einen davon zwischen seinen Fingern zu fangen? Er untersuchte den Floh lange und ausführlich, bevor er ihn wieder auf den Platz auf seinem Hals zurücksetzte, wo er ihn gefangen hatte. Seine Freund_innen fragten ihn verwirrt, warum zur Hölle er das gemacht habe. “Das war nicht der Floh, der mich gebissen hat”, erklärte er.

Die Polizei kann jede Konfrontation gewinnen, also sollten wir sie nicht zu unserer Feindin machen. Mit all ihren Waffen, ihrer Ausrüstung und ihren Überwachungsmöglichkeiten kann die Polizei unbesiegbar scheinen, aber das ist eine Illusion. Sie werden von allen möglichen unsichtbaren Einschränkungen begrenzt – Bürokratie, öffentliche Meinung, Kommunikationsstörungen, ein überladenes Justizsystem. Wenn sie keine Fahrzeuge oder Einrichtungen haben, um beispielsweise eine grosse Anzahl an Verhafteten zu transportieren und unterzubringen, können sie keine Massenverhaftungen durchführen.
Deshalb kann eine zusammengewürfelte Menge, nur mit den auf sie geschossenen Tränengasgranaten bewaffnet, eine grössere, organisiertere und besser ausgerüstete Polizeitruppe aufhalten; ein Kräftemessen zwischen sozialen Unruhen und militärischen Kräften werden nicht nach den Regeln militärischer Kämpfe ausgetragen. Wer die Polizei studiert hat, wer voraussagen kann, worauf sie vorbereitet ist und was sie machen und nicht machen kann, kann sie oftmals austricksen und überlisten.
Solche kleinen Siege sind vor allem für diejenigen inspirierend, die täglich unter Polizeigewalt leiden müssen. Im kollektiven Unbewusstsein unserer Gesellschaft ist die Polizei das ultimative Bollwerk der Realität, die Kraft, die sicherstellt, dass alles so bleibt, wie es ist; sich mit ihnen anzulegen und zu gewinnen zeigt – wenn auch nur kurzfristig –, dass die Realität überwindbar ist.

Die Polizei ist bloss eine Ablenkung von den wahren Feind_innen und deshalb unseres Zorns oder unserer Aufmerksamkeit nicht würdig. Tyrannei ist nicht nur eine Angelegenheit von Politiker_innen und Führungskräften; sie wären machtlos ohne diejenigen, die ihren Anordnungen Folge leisten. Wenn wir ihre Herrschaft in Frage stellen, stellen wir auch die Unterwerfung in Frage, die sie in ihrer Position hält; und früher oder später können wir sicher sein, mit jenen konfrontiert zu werden, die sich unterordnen.
Nachdem das gesagt ist: Es ist wahr, dass die Polizei kein essentiellerer Bestandteil von Hierarchien ist, als es die unterdrückende Dynamik in unseren eigenen Gemeinschaften ist; sie ist einfach die äussere Manifestation desselben Phänomens – in einem grösseren Maßstab. Wenn wir Herrschaft überall in Frage stellen wollen, anstatt uns auf einen Kampf gegen gewisse Herrschaftsformen zu spezialisieren – während andere unangetastet bleiben –, müssen wir uns auf eine Konfrontation einerseits auf der Straße, andererseits in unseren eigenen vier Wänden vorbereiten: Wir können nicht erwarten an einer Front zu gewinnen, ohne an der anderen zu kämpfen. Wir sollten Konfrontationen mit uniformierten Feind_innen nicht fetischisieren, wir sollten auch die Hierarchien in unseren Reihen nicht vergessen – aber wir sollten uns auch nicht damit zufrieden geben, nur Einzelheiten unserer eigenen Unterdrückung auf eine hierarchiefreie Art und Weise zu bewältigen.


Wir brauchen die Polizei, damit sie uns beschützt.
Laut dieser Denkweise bräuchten wir – auch wenn wir danach streben, in ferner Zukunft in einer Gesellschaft ohne Polizei zu leben – die Polizei heute, weil die Menschen noch nicht bereit sind, ohne bewaffnete Gesetzesvollstrecker_innen friedlich miteinander zu leben. Als ob die sozialen Ungleichheiten und die durch Polizeigewalt verbreitete Angst Frieden wären! Wer argumentiert, dass die Polizei manchmal Gutes tut, trägt die Beweislast, dass dasselbe nicht auch mit anderen Mitteln hätte vollbracht werden können.
Jedenfalls ist es nicht so, dass eine polizeifreie Gesellschaft über Nacht entsteht, bloss weil jemand “Fuck the Police” an eine Mauer sprayt. Der langwierige Kampf, der nötig sein wird, um unsere Gemeinschaften von Polizeirepression zu befreien, wird wahrscheinlich so lange dauern bis wir gelernt haben, friedlich miteinander zu leben; eine Gemeinschaft, die es nicht fertig bringt, ihre eigenen Konflikte selbst zu lösen, kann nicht erwarten, über eine mächtigere Besatzungsmacht zu triumphieren. In der Zwischenzeit sollte der Widerstand gegen die Polizei als Ablehnung einer der entsetzlichsten Quellen unterdrückender Gewalt gesehen werden. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass es ohne Polizei jene Gewalt nicht mehr gäbe. Aber wenn wir die Polizei jemals besiegen und auflösen können, werden wir sicher in der Lage sein, uns gegen weniger organisierte Bedrohungen selbst zu verteidigen.

 

Sich gegen die Polizei zu wehren ist gewalttätig – das macht euch nicht besser als sie. Wenn wir von dieser Aussage ausgehen, ist Gewalt grundsätzlich eine Form von Herrschaft und lässt sich nicht mit der Bekämpfung von Herrschaft vereinbaren. Wer Gewalt anwendet, spielt dasselbe Spiel wie die Unterdrücker_innen und hat deshalb von Anfang an verloren.
Das ist gefährlich vereinfacht. Steht eine Frau, die sich gegen einen Vergewaltiger wehrt, auf derselben Stufe wie ein Vergewaltiger? Waren die revoltierenden Sklav_innen keinen Deut besser als die Sklavenhalter_innen? Es gibt so etwas wie Selbstverteidigung. In einigen Fällen sorgt Gewalt für Machtungleichheiten; in anderen Fällen fordert Gewalt diese heraus. Für Menschen, die noch immer Vertrauen in ein autoritäres System oder in Gott haben, ist es oberste Priorität, unter allen Umständen den Regeln zu gehorchen – egal ob gesetzlichen oder moralischen: Sie glauben, dafür belohnt zu werden, egal was anderen dadurch geschehen könnte. Ob sich diese Leute als Konservative oder als Pazifist_innen bezeichnen, macht letztlich keinen Unterschied. Auf der anderen Seite ist für diejenigen von uns, die für sich selbst Verantwortung übernehmen, die wichtigste Frage, was der Schaffung einer besseren Welt dienen kann. Manchmal kann das auch Gewalt beinhalten.

Polizist_innen sind auch Menschen und verdienen denselben Respekt, den wir allen Lebewesen entgegenbringen. Der Punkt ist nicht, dass sie es verdienen zu leiden oder dass wir sie vor Gericht bringen sollten. Der Punkt ist, ganz pragmatisch, dass es ihnen nicht erlaubt sein darf, Leute brutal zu behandeln oder ihnen eine ungerechte soziale Ordnung aufzuzwingen. Es kann für jene, die ihr Leben lang unterdrückt wurden, ermächtigend sein darüber nachzudenken, es ihren Unterdrücker_innen heimzuzahlen. Aber Befreiung bedeutet nicht Rache zu fordern, sondern diese überflüssig zu machen. Deshalb mag es zwar manchmal sogar nötig sein Polizist_innen anzuzünden, allerdings sollte dies nicht in einem Anflug von rachsüchtiger Selbstgerechtigkeit geschehen, sondern von einem Standpunkt der Fürsorge und des Mitgefühls aus – wenn auch nicht für die Polizei, dann wenigstens für alle, die sonst unter ihnen zu leiden hätten.

Die Polizei zu delegitimieren nützt nicht nur ihren Opfern, sondern auch den Familien der Polizist_innen sowie den Beamt_innen selbst. Bei Polizeibeamt_innen gibt es nicht nur überproportional viele Fälle häuslicher Gewalt, sie sind anders als die meisten anderen Teile der Gesellschaft auch einer höheren Gefahr ausgesetzt, getötet zu werden, sich umzubringen oder drogenabhängig zu werden. Alles, was Polizist_innen ermutigen könnte, ihren Beruf aufzugeben, ist in ihrem besten Interesse, so wie es auch im Interesse ihrer Angehörigen und der Gesellschaft im Allgemeinen ist. Lasst uns eine Welt schaffen, in welcher niemand unterdrückt wird oder unterdrückt, in welcher niemand in Angst leben muss."

na klar - fighter oder schwein

aber ob hier die fighter schreiben oder doch mehr die Maulhelden, das steht hier wohl kaum in frage.

antifa heisst angriff und nicht großmäulige, menschenfeindliche sprüche

Am 14.06.2015 beteiligte sich das  Azzoncao Polit Cafe an einer Gedenkveranstaltung für im Dienst von einem Nazi getötete PolizeibeamtInnen, siehe hier. Unsere Überraschung hält sich in Grenzen, hat das Azzoncao doch die Extremismusklausel des NRW Innenministeriums unterschrieben um Fördergelder aus dem Topf gegen Extremismus in NRW zu bekommen.

 

Die Begründung, getötete Polizisten zu ehren klingt irgendwie schal, wenn wir uns die Beteiligten genauer ansehen. Der Mörder Michael Berger war auch in die Aktivitäten des NSU verwickelt. Seine Anwältin damals war Nadja Lüders, die Vorsitzende des NSU Untersuchungsausschusses im Landtag.

Mit dem Tod des Polizisten Thomas Goretzky endete auch ein Ermittlungsverfahren gegen ihn, wegen Körperverletzung im Amt gegen einen türkischen Staatsangehörigen, den Goretzky nach der Festnahme mißhandelt haben soll.

 

Aus unserer Sicht sind die Polizisten im Gefecht mit einem Nazi gestorben, wobei sie selbst keiner fortschrittlichen Tätigkeit nachgingen sondern selbst einer mindestens rechtskonservativen Gesinnung anhingen, mithin in einer Auseinandersetzung unter Gesinnungsgenossen starben. Antifaschistische Gruppen trauern nicht um solche "Opfer".

 

Wir rufen zum Boykott von Gruppen auf, die auf die eine oder andere Art mit dem Staat zusammen arbeiten.

Es ist in NRW deutlich zu erkennen das es jene gibt, welche sich als Antifa ausgeben. Tatsächlich diese häufig in der Stadtverwaltung arbeiten. Andere nennen sich antifaschistisch und wollen nur verkaufen. Besonders Bücher, Magazine etc. Insgesamt feht es den Leuten in NRW an Glaubwürdigkeit.

 

Mit unter deshalb ist NRW ausserhalb unten durch.

...ist auch keine lösung.

 

leute, es gibt nicht nur schwarz und weiß, auch wenn wir das alle gerne so hätten. antifas machen teils einlassungen vor gericht, pflegen kontakte zu kriegsführenden und abschiebenden grünen, usw. wir leben da nunmal in widersprüchen.

ein stärkerer grund, weshalb in nrw in der vergangenheit recht wenig ging, war doch die konzentration auf szeneinterne streitereien und 'interventionen'. wie wärs wenn die menschen in do (oder woher der beitrag stammt) ihre 'recherche' statt dessen mal auf wieder auf die nazis fokussieren?

... hatten es sicherlich nicht "verdient" erschossen zu werden. den hinterliebenen die hand zu reichen und dabei trotzdem notwendige kritik am system und damit auch an der bullenarbeit zu üben erscheint mir durchaus möglich. ob diese kritische einordnung stattgefunden hat kann ich nicht beurteilen, es erschient mir aber durchaus möglich.

..seid bestimmt die, die mit am lautesten nach Rechtsstaatlichkeit schreien, wenn Bullen euch illegal auf die Fresse haun und wenn Nazis mit scharfen Waffen kommen, ruft ihr bestimmt auch die Schweine. Daran ist allerdings auch nichts falsch. Der Rechtsstaat ist eine Errungenschaft die sich in der heutigen Zeit glücklicherweise weitestgehend in Europa durchgesetzt hat. Ziel der radikalen Linke und der Antifa ist es darüber hinaus zu kommen und den Rechtsstaat als solchen überflüssig zu machen. Im Kapitalismus ist dieser jeder notwendiger Bestandteil, der zwar auch bekämpft werden muss, aber auch gleichzeitig immer gegen reaktionäre Angriffe verteidigt gehört. Da bei weitem keine hinreichenden Gründe vorliegen Bullen allgemein das Lebensrecht abzuerkennen, ist deren Tötung Objektiv zu verurteilen, solange keine besonderen Umstände diese rechtfertigen (einfachstes (und sogar rechtsstaatliches) Beispiel: verhältnismäßige Notwehr), ,insbesondere wenn die Tat durch Nazis oder aus anderer reaktionärer politischer Motivation geschieht. Wenn die Bullen nun alle Nazis waren, habt ihr aber Recht, dann ist Gedenken wirklich unnötig und unangemessen. Das aber belegt ihr nicht.
Stattdessen relativiert ihr den Nationsozialismus, indem ihr Rechtskonservatismus mit Neonazismus gleichsetzt.