Die Auseinandersetzungen um attraktive Strandgrundstücke in Costa Rica haben ein neues Niveau erreicht. Am 06. Dezember wurde auf das Haus von Gilbert Rojas ein Brandanschlag verübt. Gilbert Rojas ist Vorsitzender des kommunalen Entwicklungskomitees von Playa Ostional, einem kleinen Ort an der Pazifikküste von Costa Rica. Einmal im Monat kommen zehntausende Bastardschildkröten an den in einem Nationalpark gelegenen Strand von Ostional, um ihre Eier abzulegen. Zu dem Zeitpunkt des Brandanschlags befanden sich neben Gilbert und seiner Frau auch drei Freiwillige aus Deutschland in dem Haus, die am selben Tag in Ostional angekommen waren. Die Abiturientinnen wollten zwischen Schule und Studium für einige Wochen in dem Schildkrötenprojekt in Ostional arbeiten.
Ostional ist ein kleines Dorf an der Pazifikküste und liegt zwischen den beliebten Ferienzielen Tamarindo und Samara. Die meisten der TouristInnen, die ihre Ferien am Strand verbringen, bekommen aber von der Problematik in Ostional nichts mit.
Das kleine Dorf liegt direkt am Strand, was gegen die seit 30 Jahren bestehende Umweltgesetzgebung Costa Ricas verstößt. Doch das Dorf selbst existiert schon viel länger als das Umweltgesetz. Die BewohnerInnen von Ostional beklagen, dass die Regierung dieses Gesetz benutze, um sie von ihren Grundstücken zu vertreiben, gleichzeitig aber touristische Luxusprojekte in unmittelbarer Nachbarschaft toleriere. Den Investoren, die die Tourismusprojekte vorantreiben, ist das Dorf ein Dorn im Auge, weil es den direkten Strandzugang für ihre Klientel erschwert und damit der touristischen Ausbeutung der Region im Wege steht.
Auf den Vorsitzenden des kommunalen Entwicklungsprojekts von Playa Ostional, Gilbert Rojas, wurde schon zweimal geschossen, während er abends am Strand patrouillierte. Obwohl Rojas beim zweiten Attentat verletzt wurde, stellte die Polizei die Nachforschungen nach kurzer Zeit und ohne Ergebnisse ein.
Das kommunale Entwicklungsprojekt von Playa Ostional
kommerzialisiert auf legale Weise ein Prozent der abgelegten
Schildkröteneier, die auf einem der acht Kilometer Strand eingesammelt
werden. Bei den sogenannten “arribadas” kommen so viele Schildkröten an
den Strand, dass diese ihre Nester gegenseitig beschädigen. Durch die
kontrollierte Entnahme eines Teils der abgelegten Eier steigt die
Überlebenschance der verbliebenen Schildkröten und es werden Einnahmen
für die Gemeinde generiert. Auf diese Weise können Schildkröteneier,
die in Mittelamerika als Delikatesse gelten, angeboten werden, ohne
dass die Bestände der Schildkröten gefährdet würden.
Die Einnahmen, die das kommunale Entwicklungsprojekt durch den Verkauf
der Eier erwirtschaftet, werden zu 30 Prozent für die Bezahlung eines
Biologen und mehrerer Strandwächter verwendet. Außerdem werden mit dem
Geld Stipendien für SchülerInnen, soziale Projekte und eine Rente für
ältere GemeindemitgliederInnen finanziert.
Die Anschläge auf sein Leben hinderten Gilbert Rojas nicht daran, sich weiterhin für das Entwicklungsprojekt einzusetzen. Dieses Engagement führte vermutlich zu dem Brandanschlag vom 6. Dezember, bei dem Rojas nicht nur all seinen persönlichen Besitz verlor, sondern auch wichtige Dokumente und Bargeld des Projekts verbrannten. Auch die drei Abiturientinnen, die mehrere Wochen in dem Projekt arbeiten wollten, schliefen in dieser Nacht in Gilberts Haus.
Gegen 23 Uhr wurde eine der drei wach, weil beißender Rauch in den Raum strömte. Sie weckte ihre beiden Freundinnen und alle drei flohen in ihren Schlafanzügen nach draußen. Von dort konnten die drei erkennen, dass beinahe das komplette Haus und der im Hof geparkte Minibus in Flammen standen. Obwohl ihr Gastgeber sofort versuchte, die Rucksäcke seiner Gäste zu retten, konnte er lediglich einen einzigen aus dem brennenden Zimmer ziehen, da dieser direkt neben der Tür gestanden hatte.
Bereits in der Nacht wurde über die Täter spekuliert. Die drei Abiturientinnen versichern, dass es sich um Brandstiftung handelt. Die GemeindemitgliederInnen zeigten den dreien am nächsten Morgen die Benzinspur, die um das Haus führte um den Brand zu entfachen. Die MitgliederInnen des Gemeindeprojekts versorgten die drei Volontärinnen sofort mit dem Nötigsten und brachten sie in einer Gastfamilie unter.
Nach diesem Vorfall befürchtet das Projekt, dass in Zukunft weniger Freiwillige nach Ostional kommen um sich für die Schildkröten zu engagieren. Diese Befürchtungen sind nicht unbegründet, da die Organisation Travelworks, die Freiwillige für das Projekt koordiniert, den drei Deutschen direkt nach dem Vorfall von einem weiteren Aufenthalt in Ostional abriet. Darüber hinaus ist die Zukunft des Projekts gefährdet, weil durch den Brand wichtige Unterlagen vernichtet wurden und finanzielle Rücklagen des Projekts in Höhe von ca. 5.000 US-Dollar verbrannten. Der Gesamtschaden beläuft sich auf über 100.000 Dollar.
Gilbert Rojas befürchtet, dass die Behörden ihm den Wiederaufbau des Hauses verbieten werden, da sein Grundstück innerhalb der 200-Meter-Linie liegt und dort laut Gesetz nicht gebaut werden darf. Diese Befürchtung basiert auf Erfahrungen der DorfbewohnerInnen mit den lokalen Behörden, die in der Vergangenheit notwendige Reparaturarbeiten mit Androhung von Waffengewalt verhinderten. Die Ziel der Behörden scheint der langsame Verfall des Dorfes zu sein.
Siehe auch:
poonal: http://www.npla.de/poonal/producer/2009/2009-32-ger.shtml#COSTA%20RICA
onda: http://www.npla.de/onda/content.php?id=912
Artikel auf Spanisch:
http://www.informa-tico.com/index.php?scc=articulo&edicion=20091208&ref=—00817