[FR] 1. Mai: Die Straßen gehören uns – schon immer!

[FR] 1. Mai 2015 (Plakat)

Traditionen sind nicht immer schlecht, es müssen nur die richtigen sein.
Immer mal wieder wird sich dieser Tage im südbadischen Städtle Freiburg wie anderswo gefragt: Ist nicht bald erster Mai? Ist das wieder verboten? Machen wir trotzdem was? Gibt's da wieder ein selbstbestimmtes Straßenfest beim Bahnhof? Kommen dieses Jahr noch mehr Bullen? Können wir uns überhaupt versammeln und gibt es denn auch eine Demo? Die Antworten lauten Ja; Ja; Ja; Ja; vielleicht; mal sehen; das hängt von uns ab!

Fest steht: Wie jedes Jahr versammeln wir uns auch 2015 am Abend des 30. April für eine feuchtfröhliche Walpurgisnacht im Stadtteil Grün und am 1. Mai für eine antikapitalistische Beteiligung an den Gewerkschafts-Aktivitäten, sowie zur Durchsetzung eines Straßenfestchens, dass seit den 90ern „im Grün“ steigt. So weit, so unpolitisch. Doch ist nicht der Wille, den Tag der Erinnerung an die Arbeiter_innen-Kämpfe auf dem Chicagoer Heumarkt, mit systemkritischen Inhalten zu füllen, Unkommerzialität und Ungehorsam zu verteidigen und sich dafür den öffentlichen Raum ungefragt zu nehmen „wenigstens etwas“? Wir denken: Das reicht, um uns an diesem Tag vorzunehmen, die Tradition eines politischen 1. Mai auch hier zu pflegen, und die Kontrolle, die die Stadt auf das doch recht unterschwellige Bedürfnis zu feiern und zu tanzen erlangen möchte, zu sabotieren.

Das Grün gehört uns
Das revolutionäre Potential am internationalen Kampftag der Arbeiter_innen-Klasse in Freiburg bleibt überschaubar. Doch seit einigen Jahren bemüht sich die Stadtverwaltung darum, das Geschehen jenseits des DGB-Umzuges und den amtlich beglaubigten Grillfestlichkeiten auf dem Stühlinger Kirchplatz zu repolitisieren. Genau genommen scheint es eine Art Offensive politischer Bildung zu sein, spontanes Geschehen, das sich auf kleinere Umzüge, etwas Live-Musik, Informationsstände und weiteres unangemeldetes Grillen im berüchtigten Stadtteil „im Grün“ bezieht, zu unterbinden. Es erscheint wie ein charmantes Rendez-Vous, ein gewolltes Spektakel, eine Freikarte zum Topfschlagen. Wir nehmen die Einladung mit einem Lächeln an: Die Verabredung steht, das Grün gehört allen!

Verbieten ist Verboten
Im dritten Jahr in Folge gibt es seitens der Verwaltung eine stringente Verbots-Linie der antiautoritären 1. Mai-Aktivitäten im „Grün“. Nix geht mehr, so der wackelige Konsens in Freiburgs buntem Rathaus. Wir denken nicht daran, den durchgeknallten Freund_innen von Rubsamens und Neidecks Ordnungspolitik und denen die meinen mit ihnen kooperieren zu müssen die Hand zu reichen. Wenn eine Motivation den Kern dessen trifft, was die Arbeiter_innen Ende des 19. Jahrhunderts bewegte, durch die sich der 1. Mai als Kampftag etabliert hat, dann die Verweigerung dieser anpasserischen Arroganz und der Bevormundung und ebenso die Verweigerung als Kanonenfutter des Fortschritts herzuhalten und sich als Rädchen im System der Obrigkeit zu unterwerfen. Wir werden uns wie jedes Jahr ungefragt die Straße nehmen und uns mit allem Kladdaradatsch, den die Stadtverwaltung nicht haben will, auf der Wilhelmstraße versammeln. Und sei es aus kindischem Trotz.

Gestern wie Heute: Nieder mit dem Ordnungswahn
Die traditionelle Behaftung des Kampftages gegen die Arbeit, den DGB-und Konsort_innen zum Festtag der Sozialpakte degradieren, nötigt uns in gewisser Weise Jahr für Jahr auch diese linke Tradition zu begehen, den Revolutionär_innen zu gedenken und uns die Straße zu nehmen. Heute wie damals bleibt die Logik der kapitalistischen Unterdrückung gegenüber staatskritischen libertären, kommunistischen und anarchistischen Bewegungen bestehen. Der autoritäre Block marschiert in der fortwährenden Krise und prägt eine Welt der wirtschaftlichen Deregulierung und der Regulierung, Verwaltung und Kontrolle des Lebens und der Freiheit. Wenn wir auch dieses Jahr unser Maul aufmachen und der Arroganz von Bullen, Ordnungsämtern, Grenzschützern_innen und Soldat_innen trotzen, dann nicht um es beim heutigen Tag zu belassen. Die beständigen rechten Traditionen von Ausgrenzung, Eigentum, Patriarchat, Kontrolle und Rassismus brauchen Antworten und Handlungen, die weit über symbolische Daten hinausgehen. Unser Antagonismus muss sich auf den Alltag erstrecken und Einfluss erreichen, um eine andere Welt in der Dauer möglich zu machen. Dies wird viele Kräfte erfordern und die Kultur eines solidarischen und egalitären Miteinanders. Die Grundlage hierfür hat nichts mit punktuellen Verabredungen zu tun. Sie ist im Kern die Arbeit des ständigen Widerstands.

1. Mai: DIY!
Doch nicht jeder Tag ist ein Tag des konstruktiven Mitwirkens an einer „sozialen Gesellschaft“, zumal uns die Visionen der aktuell regierenden Konservativen Grünen und Sozialdemokrat_innen nur schaudern lassen können. Den aktuellen Akteur_innen der Krisenpolitik und des Abschiebe-Regimes kann entgegengetreten werden: gestern, heute und morgen. Dafür braucht es Tage der Wut und der intelligenten Entlarvung der Gegner_innen einer freien Gesellschaft. Dafür braucht es viele kleine Menschen die an vielen Orten viele gute Dinge tun. Tage wie der 1. Mai sind auch da um sich zu wehren und in aller Radikalität einen Wandel hin zur solidarischen Wende lautstark und unübersehbar einzufordern. Während anderswo den Nazis auf die Klappen gehauen, besetzt und sabotiert wird, wollen auch wir, mit Aneignung des Raumes und Sichtbarmachung unserer kämpferischen Traditionen in Aktion treten. Der 1. Mai bleibt für uns in Freiburg ein Tag der Selbstverwaltung und des Widerstandes gegen Kommerz und staatliche Kontrolle im Viertel und darüber hinaus: eine wertvolle, linke Tradition, die wir verteidigen.

Wir sagen nach wie vor: Straße frei jeden Tag! Nieder mit der Arbeit – G36 zu Vokü-Besteck! Siegesdenkmal zu Straßenbahnschienen!

Treffpunkte:

30.04.: Ab 22.00 h Walpurgisnacht im Grün, Wilhelmstraße/Belfortstraße.

01.05.: Ab 14.00 h Selbstbestimmtes Straßenfest im Grün, Wilhelmstraße/Belfortstraße.

Unbestimmter Zusammenhang April 2015

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

.....wäre es schön, wenn noch ein paar Menschen am 01. Mai zum SiG-Solikonzi in die KTS kommen mögen. Hoffentlich verträglich mit den Aktivitäten im Grün spielt die erste Band da auch erst um 23 Uhr (das aber möglichst pünktlich). Haltet das Grün solang es geht und paßt auf euch auf!