In der Nacht vom 31.03. auf den 01.04.15 wurde vor unserem Haus ein neugeborenes Baby abgelegt.Wir möchten uns hiermit zu dem Vorfall kurz äußern. Wir sind geschockt darüber, dass sich ein Mensch dazu entschlossen hat, einen Säugling in unserem Hauseingang abzulegen. Warum ausgerechnet unser Haus ausgewählt wurde, wissen wir nicht. An Spekulationen werden wir uns nicht beteiligen. Dieses Ereignis bot der Presse Anlass, den ganzen folgenden Tag unser Haus und diesen Abschnitt der Straße zu belagern und zu versuchen, Be- und Anwohner_innen zu behelligen und für ihre eigenen Zwecke brauchbare Aussagen abzunötigen.
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Für Medien wie die BZ, deren Geschäft im Allgemeinen darin besteht, aus menschlichem Unglück und dem Bedienen gesellschaftlicher Ressentiments Kapital zu schlagen, ist solch ein Ereignis ein gefundenes Fressen.
Das Vorgehen des
LKA beobachten wir mit großer Skepsis. Entgegen den Verlautbarungen
ist dessen Interesse lediglich die Strafverfolgung und nicht etwa
Fürsorge im Sinne von psychologische oder medizinischer Hilfe. Für
letztere sind andere Stellen zuständig. Das allerdings wird bewusst
verschwiegen. Für „Aussetzung“ drohen nach §221 StGB ein bis
zehn Jahre Knast.
Den Versuch des LKA, in einer Sendung des
RBB [1] Denunziation im Allgemeinen geradezu als einen Akt der Courage
und in diesem besonderen Falle obendrein als Hilfeleistung für die
Mutter darzustellen, finden wir scheinheilig und ekelhaft.
Was
auch immer die Gründe für die Aussetzung des Kindes waren- Armut,
Perspektivlosigkeit, Gewalt, Angst, soziale Isolation oder
Illegalisierung – wir wünschen den Eltern und dem Kind eine
bessere Zukunft und ein langes Leben in Freiheit.
einige
bewohner_innen des hausprojekts scharnie 38
berlin, friedrichshain
---english version---
To the issue of the exposed baby
In
the night from march 31th to april first a new born baby was lain
down in front of our house.
We want to say some short words about
this occurrence.
We are shocked that a human decided to lay
down a baby in our house entrance. We don't know why our house was
chosen, but we don't want to participate on speculations.
This
'happening' gave the press the option to siege our house and the
street in front of it for a the hole following day and tried to stalk
and interview residents and neighbors to push them forward for a
'useful' comment in their interests. For medias like BZ (Berliner
Zeitung), who's business in general is to profit from human tragedies
and to keep social stereotypes alive, is an 'event' like this like a
jackpot.
We watch the approach of the LKA (crime police) with
huge skepticism. Against their own publicity is their interest the
prosecution and not the welfare in the sense of psychological or
medical aid. For the latter there others are in charge. About this
they are obviously keep quiet. For 'Exposing' in the sense of §221
StGB (german crime law) threatens one to ten years of prison.
The
try of the LKA, in the media of the RBB (TV), to show denunciations
as acts of courage and in this special case as a help for the mother,
is in our view just hypocritical and disgusting.
What ever the
reasons where for the exposing of the child – poverty, lack of
prospects, violence, fear, social isolation or illegal-ism – we
wish the parents and the child a better future and a long life in
freedom.
some residents of the houseproject scharnie 38
Der Paragraf §221 besteht zu Recht
Ich finde die Argumentationsweise von "some scharnie" interessant. Denn in erster Linie weißt der Blick in Richtung Täter_in, in diesem Fall der vermeindlichen Mutter. Durch Hinweise auf Überforderung, Perspektivlosigkeit, Angst, etc. wird die Täter_in zum Opfer gewandelt. Derzeit ist wohl noch gar nicht sicher, wer das Kleinkind dort abgelegt hat. Daher wird auch vom LKA ermittelt. Ich halte das nicht für verwerflich.
Abschließend aber noch ein Kommentar zum STGB §221. Dieser Paragraph schützt in erster Linie den/die Ausgesetzte/n. Die eventuellen Probleme der Täter_in sind nicht Bestandteil diesen Paragraphen. Zum einen werden dies die weiteren Untersuchungen ergeben, zum anderen eventuelle Gerichtsentscheidungen.
Und gegen lästige Reporter hilft ignorieren. Spätestens nach zwei Tagen sind alle weitergezogen zur nächsten Sensation.
vielleicht...
... wurde das Kind auch entführt und dort abgelegt. Zum damaligen Zeitpunkt mit Sicherheit noch nicht geklärt, daher mehr als sinnvoll, dass sich das LKA damit befasst. Aber ich vergaß: Sind ja die Scheiß-Bullen, da kann ja kein sinnvoller Grund dahinter stecken...