In Philadelphia haben Polizisten in 8 Jahren fast 400 Verdächtige erschossen. Eine Untersuchung des Justizministeriums hat nun überraschende Erkenntnisse erbracht. Polizeigewalt lässt sich, statistisch gesehen, nicht auf Rassengegensätze zurückführen.
Ferguson in Missouri, Staten Island in New York und Cleveland in Ohio haben Amerika im vergangenen Jahr mit aller Deutlichkeit klargemacht, dass die Polizeikorps in vielen Städten ein erhebliches Problem mit der Anwendung tödlicher Gewalt haben. Es wird zwar selten mit der nötigen Klarheit ausgesprochen, aber allen Beteiligten ist es klar: Polizeibeamte haben das Recht, tödliche Gewalt anzuwenden, um eine Bedrohung an Leib und Leben von sich selber und von Drittpersonen abzuwenden, und sie nehmen dieses Recht in Anspruch – zu schnell und zu oft, wie viele meinen.
Unbewiesene Vorwürfe
Ferguson, Staten Island und Cleveland haben aber auch dafür gesorgt, dass die durchaus nötige öffentliche Debatte auf ein Nebengeleise geschoben wurde. Das Thema wurde zu einem der Rassenbeziehungen: weisse Gewalt gegen schwarze Opfer. «Black lives matter», hiess es beispielsweise, klar an die Adresse weisser Polizisten gerichtet. Der Slogan «Hands up, Don't Shoot» ging noch einen Schritt weiter und behauptete geradeheraus, schwarze Verdächtige würden auch dann über den Haufen geschossen, wenn sie sich ergeben wollten. Als Vehikel für die Mobilisierung des Protestpotenzials sind solche Sätze Gold wert: Sie klingen gut. Nur sind sie falsch.
Dies zeigt eine neue Studie über den Schusswaffeneinsatz des Polizeikorps von Philadelphia, welches das spezialisierte «Büro für gemeinschaftsorientierten Polizeidienst» (Community Oriented Police Service, Cops) im Washingtoner Justizministerium auf Ersuchen des Polizeichefs von «Philly» zusammenstellte und kürzlich am Geburtsort der amerikanischen Verfassung veröffentlicht hat.
Den Stein ins Rollen gebracht hatte die Webzeitung «Philly.com» vor zwei Jahren, die als erste den Finger auf einen wunden Punkt legte: Obwohl die Zahl der Gewaltverbrechen in der fünftgrössten amerikanischen Stadt abgenommen hatte, stieg die Zahl der Waffeneinsätze durch die Polizei. Laut dem Bericht des Cops-Büros erschossen Polizisten in Philadelphia in den acht Jahren zwischen 2007 und 2014 fast 400 Mal Verdächtige, das ist im Schnitt ein Fall pro Woche.
Die Opfer waren zu 81 Prozent schwarz, die beteiligten Beamten zu 60 Prozent weiss. In 15 Prozent aller Fälle waren die Opfer unbewaffnet. Die grosse Mehrheit dieser Fälle liess sich auf zwei Ursachen zurückführen: eine Fehleinschätzung der Bedrohung durch die Beamten – etwa wenn ein Mobiltelefon oder ein anderer glänzender Gegenstand in der Hand eines Verdächtigen mit einer Feuerwaffe verwechselt wurde – oder ein tatsächlicher oder versuchter tätlicher Angriff von Verdächtigen auf die Beamten.
Der einzige statistische Unterschied, den das Cops-Büro fand: Schwarze wurden häufiger erschossen, weil die Polizisten die Bedrohung falsch einschätzten, Weisse hingegen als Folge handgreiflicher Auseinandersetzungen. Für weisse Unbewaffnete war das statistische Risiko, erschossen zu werden, höher als für schwarze Unbewaffnete. Zu den Bewegungen schwarzer Verdächtiger, die relativ häufig einen Schusswaffengebrauch der Beamten auslösten, zählt das Hochziehen des Hosenbunds, weil Polizisten da leicht den Griff nach einer verborgenen Waffe vermuten. So absurd es klingen mag: Die Mode der besonders tief hängenden Hosen, gerade bei städtischen jungen Schwarzen ein verbreitetes Markenzeichen, kann bei einer Begegnung mit Polizisten tödliche Folgen haben.
Im Widerspruch zu den griffigen Slogans fand das Cops-Büro auch keinen statistisch relevanten Unterschied im Schusswaffengebrauch von weissen und schwarzen Polizisten – oder wenn, dann nicht im Sinn der Demonstranten: Weisse Polizisten hatten eine tiefere Rate an Fehleinschätzungen der Bedrohung, wenn sie sich einem schwarzen Verdächtigen gegenüber fanden, als ihre schwarzen Kollegen. Zu den relativ meisten Fehleinschätzungen kam es bei Latino-Polizisten und schwarzen Verdächtigen.
Mangelnde Ausbildung
Eines machte der Bericht des Justizministeriums allerdings ganz klar: Polizisten werden nicht genügend in Methoden ausgebildet, die den Einsatz tödlicher Gewalt vermeiden könnten. Zu wenige Beamte würden mit nichttödlichen Waffen wie Tasern ausgerüstet, und es würden auch keine Verfahren geübt, mit denen eine Entschärfung der Lage durch den Polizisten durchaus möglich wäre. Es sei den Beamten oft nicht klar, dass Verdächtige aus gesundheitlichen oder mentalen Gründen nicht in der Lage seien, ihren Anordnungen Folge zu leisten.
Was der Bericht ebenfalls kristallklar beweist: Zu Tötungen von Verdächtigen kommt es vor allem in Gebieten, die eine hohe Rate an Verbrechen mit Feuerwaffen aufweisen. Charles Ramsey, der Polizeichef von Philadelphia, der die Studie ins Rollen gebracht hatte, rückte an der Pressekonferenz zur Vorstellung des Berichts auch die Verhältnisse zurecht. 85 Prozent der Täter und Opfer von tödlicher Gewalt in «Philly» seien schwarz, meinte er und fügte an, er sei gar nicht stolz auf diese Zahl: «Für den Fall, dass Sie das noch nicht bemerkt haben: Ich bin selber schwarz.
Was für ein Quatsch-Artikel
nur ein paar der Stilblüten:
"Unbewiesene Vorwürfe" ... gegenüber dieser Aussage im Text: "Die Opfer waren zu 81 Prozent schwarz, die beteiligten Beamten zu 60 Prozent weiss."
Da hat die NZZ wohl einige Announcen aus der Waffenindustrie erhalten, oder wie lässt sich dieser Stuss erklären:
"Zu wenige Beamte würden mit nichttödlichen Waffen wie Tasern ausgerüstet ..."
"Nichttödlich" sind Taser erwiesenermassen nicht, allenfalls seltener als Schusswaffen.