rauchzeichen aus frankfurt am main

rauchzeichen an der ezb

viele tausend menschen nahmen am 18.03.2015, dem tag der eröffnung des neuen ezb-gebäudes in frankfurt am main, an unterschiedlichsten aktionen teil und drückten damit vieles aus.

 

als wir um 6 h 45 morgens völlig ohne vorkontrollen in frankfurt ankamen, erkannten wir gleich, dass einige auf krawall gebürstet waren: neben dem verglasten, neuen  tower der ezb stieg eine große, dunkle rauchwolke auf.
angekommen am blockadepunkt flösserbrücke/schöne aussicht waren schon einige hundert menschen da und blockierten die kreuzung. es war ein bunter haufen: von parteimenschen über gewerkschaftler*innen bis hin zu gut ausgerüsteten aktivist*innen war so ziemlich das gesamte linke spektrum vertreten. die straßen rund um den blockadepunkt waren verstopft. da ging nichts mehr für menschen, die zur lohnarbeit mussten.

die sonnemannstraße in richtung ezb war von bullen abgesperrt, als um 7 uhr 05 die blockade darauf losstürmte, um die party von draghi und co zu stören. die bullen reagierten, wie wir es in deutschland nicht gewöhnt sind: sie schossen mit tränengaskartuschen in die menge. auf so etwas nicht vorbereitet zogen sich die menschen nach einem kurzen scharmützel schnell zurück. viele waren desorientiert, bekamen keine luft, konnten kaum etwas sehen. ein trost war, dass viele bullen ihr eigenes gas in die fressen bekommen haben...
der orga sei dank, waren viele demosanitäter*innen vor ort und konnten verletzte und tränengasgeschädigte versorgen.

nun begann ein mehrstündiges katz-und-maus-spiel: nachdem einige leute mülltonnen, chemietoiletten, baustellenmaterial und vieles andere auf die straße gezerrt und den ganzen haufen angezündet hatten, wollten die bullen die kreuzung unbedingt räumen, was ihnen immer wieder gelang. im gegenzug konnte der blockadepunkt aber auch immer wieder besetzt werden, trotz völlig aufgedrehter cops, wasserwerfern, tränengas, pfefferspray und knüppeln.
zuletzt wurde die kreuzung den bullen überlassen und versucht auf anderen brücken über den main zu kommen, doch diese wurden schnell von den bullen dicht gemacht.

nach und nach begaben sich die menschen in kleingruppen über umwege auf die nordseite des flusses und viele suchten den weg zum no-troika-center naxos, um dort etwas zu essen und die eindrücke und blessuren des langen und intensiven vormittags zu verarbeiten. auf dem weg dorthin kam mensch an unzähligen überresten von riots vorbei: überall waren schaufenster zersört, lagen steine und andere gegenstände auf der straße. die polizeiwache auf der zeil war (wieder mal...) gesmasht und auf dem bullenparkplatz direkt davor waren vier schwarze, klumpige rechtecke zu erkennen, die kläglichen überreste von einsatzfahrzeugen (hier könnt ihr ein polizeivideo anschauen, das währenddessen aus dem inneren der wache aufgenommen wurde. achtung! bullentwitter: twitter.com/Polizei_Ffm/status/578160253193363456). in den parkanlagen lümmelten unzählige aktivist*innen herum und erholten sich.

das naxos war völlig überlaufen, die schlange an der vokü länger als lang. aber das tat der stimmung keinen abbruch: die leute waren zwar erschöpft, viele waren schon seit den frühen morgenstunden auf den beinen, aber gut gelaunt. mit spannung wurde der verlauf des restlichen tages erwartet. gerüchte, dass die bullen die abschlussdemo nicht laufen lassen würden, machten die runde. überall wurden die erlebnisse des vormittags diskutiert: viele waren darüber überrascht, dass die bullen (auch entgegen vorheriger aussagen) tränengas eingesetzt hatten und das auch noch in solchen mengen.
immer mehr menschen, aus gesas, den kesseln und von anderen blockadepunkten, strömten zum naxos, so dass eine art schichtwechsel erbeten wurde: wer gegessen und getrunken hatte, solle bitte platz für die neu ankommenden machen.

so begaben sich viele in einer art demo in richtung römer/paulskirche, wo gerade die kundgebung zwischen der dgb- und der abschlussdemo stattfand. der platz war schon gut gefüllt und es kamen immer mehr menschen: das mussten weit über die anvisierten 10 000 sein. unzählige redner*innen, hauptsächlich irgendwelche polit-prominenz, aber auch aktivist*innen aus anderen eu-ländern hielten ihre reden, während die mehrheit der leute in der sonne ausspannte und sich für die demo aussruhte.

kurz nach 17 uhr gings dann los: die blöcke stellten sich auf. in den ersten reihen, das fronttransparent in den händen, ging der frauen-und-lesben-block. ganz vorne wurde die demo von einem massiven bullenaufgebot begleitet. jede seitenstraße war von starken bulleneinheiten blockiert, um zu verhindern, dass leute aus der demo ausscherten. der demozug nahm kein ende. das waren auf jeden fall weitaus mehr als 10 000 menschen und die stimmung war trotz oder wegen (wer weiß das schon?) der morgendlichen action gut und ausgelassen. gegen 18 uhr erreichte die demospitze die alte oper, wo die abschlusskundgebung stattfinden sollte. der platz füllte sich rasch. eng gedrängt standen die vielen tausend menschen und waren wohl auch froh, dass der anstrengende tag zu ende ging.

rückblickend empfand ich den tag als ein wechselbad der gefühle: wir waren mit wut im bauch gekommen, um gegen ein symbol der unmenschlichen eu-politik zu protestieren. manche wollen diese politik reformieren, manche wollen etwas ganz anderes. der spagat an diesem tag in den straßen (und wohl auch im blockupy-bündnis) war ein sehr breiter und viele transparente, schilder und parolen lösten bei mir entweder ein lachen oder einen brechreiz aus: mit was für leuten bin ich hier unterwegs? dennoch machten die aktionen, seien es die blockaden, die riots, die demos oder die reden, klar, dass immer mehr leute keinen bock mehr auf was auch immer (hier bitte entsprechendes einfügen...) haben. wie immer finde ich es an solchen tagen schön zu sehen, wie viele menschen sich dann trauen, sich selbst zu ermächtigen. und das gegenüber einer militärisch hochgerüsteten bullenarmee, die vor fast nichts mehr zurückschreckt (warum tragen bullen bei demoeinsätzen eigentlich schusswaffen?). einfach mal den bullen rechts liegen lassen und trotzdem weiter blockieren. gemeinsam mit anderen dem räumungsversuch durch robocops widerstehen. hindernisse auf straßen bauen, obwohl das ja eigentlich ein gefährlicher eingriff in den straßenverkehr sein könnte. eine markierte kreidelinie überschreiten. einen brutalen bullen angehen.

das bullenaufgebot war erschreckend groß und die materialschlacht völlig irre. mindestens vier helikopter, ein flugzeug, angeblich 28 wasserwerfer, panzerfahrzeuge, schiffe der wasserpolizei, unzählige wannen, kamerawagen. 8000 bullen in immer perfekteren rüstungen bis an die zähne bewaffnet zeigten in kombination mit einem enormen gewaltpotenzial, dass wir, wenn es hart auf hart kommt zur zeit auf den straßen keine chance haben: wenn sie uns weg haben wollen, schaffen sie das auch. jede*r, der*die gestern tränengas abbekommen hat, weiß, was ich meine. der nächste schritt bei solchen großveranstaltungen werden weitere non-lethal-weapons sein: flashballs, lärmgranaten, blendgranaten, etc. es gibt viele weitere spielzeuge, die sie in petto haben. der g7-gipfel steht vor der tür...

auf unserer seite wurde enormes geleistet: eine bundesweite mobilisierung, begleitet von vielen kreativen und militanten aktionen im vorfeld, pressearbeit, die verpflegung durch die genialen veganen voküs, die schlafplatzbörse, die infopunkte, mahnwachen, der ermittlungsausschuss, die demo-sanitäter*innen, die out of action, das info-telefon und vieles andere. weit mehr als 10 000 menschen, die dann an diesem tag unter der woche teilweise von sehr weit her anreisten, um einen ganzen tag bei aktionen am start zu sein und ihr bestes zu geben. das ist cool.

smash capitalism. start everywhere.

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An manchen Seitenstraßen an dehnen Polizei stand um ein "Ausbrechen" der Demo zu verhindern, konnte beobachtet werden, dass die Polizeiketten nicht nur sehr dicht waren, sondern sich auch in beide Richtungen postiert hatten. Also einmal zur Demo und einmal zu den "Zuschauern". Auch wenn es relativ unwahrscheinlich ist, aber nur mal so als Gedankenspiel: wie sollen sich den Menschen dazu entschließen von Zuschauern zu Demomenschen zu werden, wenn sie sich durch 2 Reihen Cops durchdrücken müssen, die sie gennauso aus der Demo aussperren, wie sie die Demo einsperren...?

mit der U-Bahn war es ohne Kontrolle möglich, zur Demo zu kommen - nachher zu Fuß raus erforderterte schon mehr Ortskenntnisse.

Für Frankfurter war's mit Umweg machbar - Ortsunkundige dürften etwas Probleme gehabt haben (sowohl rein als auch raus zu kommen).

 

Aber die Überlegung, dass Spätgekommene oder Leute, die sich spontan hätten anschließen wollen, durch die Polizeiketten potentiell abgeschreckt wurden, ist  berechtigt.

Das war übrigens am 01.06.2013 schon so: Wenn man spät dran war, liessen sie einen zwar noch in die Demo rein, aber nicht mehr raus - auch wenn man nicht in den Kessel gehen wollte, sondern einfach friedlich dabei sein.

 

Das ist sicher auch Kalkül derjenigen, die die Polizei(aktionen) dirigieren.

Hab die Demo durchgezählt, obwohl's echt anstrengend war; bin auf knapp 25.000 gekommen.