Video: Die sozialen Unruhen bei Blockupy 2015

Video: Die sozialen Unruhen bei Blockupy 2015

Die Sonne geht über der Mainmetropole Frankfurt auf. Aus der Ferne sieht man schwarze Rauchschwaden über dem Osten der Stadt aufsteigen. Ein beißender Geruch von verbrannten Plastik und Tränengas liegt in der Luft. An allen Ecken der Stadt kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen der Staatsgewalt und vielen Demonstrierenden. Beispielhaft nur eine Situation. Link zum Video.

 

Ein Demonstrationszug läuft auf die Absperrungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zu. Parallel greifen weiter hinten Teile der Protestierenden Polizistinnen und Polizisten an, errichten mit Mülltonnen Straßenblockaden und werfen Fensterscheiben ein. An der Spitze des Fingers versucht eine Gruppe Polizistinnen und Polizisten die Protestierenden aufzuhalten, doch ohne Anzuhalten werden die bewaffneten Staatsbeamten weggedrückt. Kurz vor den Absperrungen hält die Demo an und geht nicht in den abgegrenzten Bereich. Ein rot-weißes Absperrband zeigt an, dass ab zehn Metern vor dem mit doppelt Stacheldraht und Betonblöcken gesicherten Hamburger Gitter mit dem Wasserwerfereinsatz zu rechnen ist. Dies unterstreichen auch Lautsprecherdurchsagen der Polizei. Als eine Einheit Polizistinnen und Polizisten versucht die Protestierenden erneut abzudrängen, eskaliert die Situation. Steine und alles was sonst nicht festgebunden ist, wird, von der aufgestauten Wut beschleunigt, den Uniformierten entgegen geschleudert. Nicht lange und das erste Auto brennt. Weitere Polizeifahrzeuge werden für den Schrottplatz vorbereitet. Polizeikleidung und -fahrzeuge bekommen neue Farben. Die Reaktion lässt kaum auf sich warten. Dutzendfach landen Tränengas-Granaten zwischen Protestierenden. Zwischen den aggressiven und den ruhigen Protestierenden. Eine Gaswolke steht über der Straße. Das Atmen wird unmöglich, die Demonstrierenden weichen aus. Die Auseinandersetzungen verlagern sich Richtung Innenstadt. Über viele Stunden folgen Aktionen und Reaktionen.

 

Doch warum diese krassen Kämpfe zwischen Staat und Protestierenden. Ungefähr 6000 sollen Frühs und Vormittags aktiv gewesen sein. Einige unter ihnen kamen aus Italien und anderen europäischen Ländern. Woher kommt bei vielen die Wut, die sie Steine werfen lässt. Der spanische Europaabgeordnete Miguel Urban berichtet beispielhaft, dass eine Million Spanierinnen und Spanier von der Polizei aus ihren Häusern geräumt wurden. Überprüfen konnten wir die Zahl nicht, aber es gibt 184 Zwangsräumungen. Jeden Tag. Allein in Spanien. Die Verarmung nimmt erschreckende Ausmaße an. Linke Politikerinnen und Politiker, merkt man auf der Pressekonferenz, können viele Zahlen runter beten, die das schreckliche Ausmaß der Verarmung verdeutlichen. Hinter jeder Person, steht aber noch das persönliche Leid. Der verlorene Job, der unbezahlbare Kredit, der gierige Vermieter und die räumende Polizei. Dass dieser persönliche und wirtschaftlich-soziale Abstieg bei vielen zu Unzufriedenheit führt, ist angesichts des Ausmaßes der Verarmung nachvollziehbar. Urban, von der spanischen Bewegung „Podemos“, betont auch, dass die Länder, die Kredite über die Troika bekommen, durch deren Auflagen auch sehr in ihren Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden. „Alternative Politiken sind nicht möglich“, betont Urban. Die Programme der EZB würden sich gegen große Teile der europäischen Bevölkerung richten.

 

Von den militanten Aktionen einiger Protestierender distanziert sich selbst Blockupy. Ähnlich Christoph Kleine von der Interventionistischen Linken (IL), äußerte sich auch Frederic Wester, vom Ums-Ganze-Bündnis: Er habe sich das so nicht vorgestellt. Getrieben von der Kritik aus Politik, Medien und der Frankfurterinnen und Frankfurter, Demoteilnehmende haben sich gewalttätig verhalten. Doch muss, wenn wir über Gewalt sprechen, auch jede Gewalt angesprochen werden. War jede zersplitterte Glasscheibe genauso wie jeder Knüppel- und Tränengaseinsatz gerechtfertigt? Wir sahen blutig geschlagen Demonstrantinnen und Demonstranten. Die Out-of-Action-Zone muss zeitweise überfüllt gewesen sein, so Blockupy-Twitter-Meldungen. Einer von uns musste sich vom Tränengas selbst lange und langsam erholen. Den Filmpirat*innen-Kameramann traf sogar eine gezielter Faustschlag eines Polizisten, der ihn zu Boden gehen ließ. Viele andere Medienvertreterinnen und Medienvertreter mussten auch einige Hiebe einstecken. Um so zynischer klingt die Meldung der Frankfurter Polizei 80 Polizeibeamten seien durch ätzende Reizgase verletzt worden. Nicht verwunderlich, wenn sie dutzende Tränengas-Granaten verschießen und dann ohne Gasmaske durch die Wolke rennen. Zumindest wäre dies eine naheliegende Erklärung.

 

Nichtsdestotrotz bleiben die Proteste hinter denen in anderen europäischen Ländern zurück. Die sozialen Unruhen in Pariser Vororten, im Gezi-Park oder auf dem Kiewer Majdan haben ganz andere Ausmaße gehabt. Am Abend gab es dann noch eine typische Großstadtdemonstration verschiedenster Gruppen durch die Stadt. 20.000 haben, ohne Auseinandersetzungen, ihren Protest deutlich gemacht. Gleichzeitig scheint es eine verzerrte mediale Wahrnehmung zu geben. Während Tränengasnebel in Istanbul als Frühlingsnebel einer neuen Politik verstanden wurde, sind sie in Frankfurt Zeichen eines „gewaltbereiten Mobs aus ganz Europa“, so Rainer Wendt von der Polizeigesellschaft. Dabei wird verkannt, dass der Protest sich gegen die EZB richtet und nur in zweiter Linie gegen Polizeikräfte. Die EZB, ohne demokratische Legitimation, wird als ein Armutsproduzent Europas wahrgenommen und ist dadurch das Ziel von sozialen Unruhen. Wenn dann mit 1,3 Milliarden Steuergeldern ein riesiger Neubau entsteht und der gefeiert werden soll, dann müssen sich die Banker bewusst sein, dass sie auch eine Einladung zum Protest ausgesprochen haben. Die sozialen Unruhen kamen in die Stadt in denen sie hergestellt wurden.

Martin / Filmpirat*innen (cc-by-nc-sa)

 

Unsere vergangenen Beiträge zu Blockupy 2013 und M31 2012:

Blockupy: Dutzende Verletzte für Vermummung?
Goldene Kartoffel für Bundespolizei Frankfurt
Blockupy der Europäischen Zentralbank
Blockupy und die radikale Linke
M31 – Europäischer Aktionstag gegen den Kapitalismus in Frankfurt/Main

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Während Tränengasnebel in Istanbul als Frühlingsnebel einer neuen Politik verstanden wurde, sind sie in Frankfurt Zeichen eines „gewaltbereiten Mobs aus ganz Europa“,

Naja in Istanbul sind auch deutlich mehr Menschen auf die Straße gegangen um zu demonstrieren. Blockupy hat dieses "Event" schon seit letztem Jahr vorbereitet und es kamen nichtmal 20.000 Menschen zusammen, viele davon nicht mal von hier aus Frankfurt. Wieso wundert man sich dann, daß Blockupy als Minderheitsmeinung wahrgenommen wird? Die absolute Mehrheit hierzulande konnte sich mit den Zielen von Blockupy halt einfach nicht identifizieren. Gegen Pegida gingen in ganz Deutschland ohne große Massenmobilisierung recht schnell viele Leute auf die Straße. Blockupy hat es nicht geschaft die Bevölkerung für sich zu gewinnen. Der Preis ist Marginalisierung.

Blockupy hat heute bestimmt einiges bewirkt. Allein schon, dass die Medien durch die Riots gezwungen waren zu berichten. So funktionieren sie leider. Auch im Ausland wurde das wahrgenommen. Soziale Unruhen jedoch sind was anderes. Sie entstehen eher spontan und sind lokal verankert, sie kommen von den Armen und Marginalisierten, sie bedürfen keiner monatelangen Vorplanung.

 

Solidarität mit allen Festgenommenen und Verletzten!

Gegen Pegida und Nazis demonstrieren schnell mal alle guten Bürger dieses Landes, von der Linkspartei über die CDU bis zum DGB sind alle am Start. Mit Gegen-Pegida-Demos befriedigt der deutsche Michel sein schlechtes Gewissen und der linksliberale Mob suhlt sich in Symptombekämpfung. Mit Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen hat das wenig bis nichts zu tun, insofern ist Pegida auch nicht mit Frankfurt vergleichbar. 20.000 auf einem antikapitalistischen Event ist auf jedenfall eine ganz andere Hausnummer, auch wenn ich da nicht von sozialen Unruhen sprechen würde.

Nein, selbstverständlich waren das in Frankfurt keine "sozialen Unruhen", sondern eher politischer Hooliganismus. Das ist ja auch erstmal okay, aber ich finde es immer wieder lächerlich wie einige Aktivist*innen versuchen, irgendwelche Aktionen zu etwas hochzustilisieren, was sie nicht sind.

 

Frankfurt 18M, das war Krawall und Großdemo. Nicht mehr, nicht weniger. "Soziale Unruhen" oder "revolutionäre Momente" gab es dort keinesfalls. Und da die Eventankündigung schon die EZB-Eröffnung zu einer Mini-Veranstaltung reduziert hat, blieb nur Symbolpolitik übrig - abgesehen von dem Angriff auf die Polizeiwache, was vermutlich die einzige sinnvolle Aktion (da sie die Einsatzfähigkeit der Staatsgewalt temporär einschränkt) des Tages war. Mit Protesten gegen die EZB oder die Troika hat  das allerdings gar nichts zu tun.

Mit der EZB und der Troika hat das nichts zu tun.

 

Wer schützt denn das Parlament in Griechenland von dem Sturm von Menschen, die unter dem Wirken der EZB und Troika leiden. Dafür ist in den demokratischen Staaten die Exekutive zuständig. Wer hat gestern die EZB geschützt?

 

Viele verkennen es, wenn sie der Meinung sind, die arme Polizei hält wieder mal den Kopf gegen "Hooligans", diesmal von Links hin. Leider eine sehr schwache Analyse. Die Wut gegen "den schwarzen Block" ist dann oft größer, als die Wut gegen den Knüppel, Tränengas oder den harten Wasserstrahl, den viele als "friedlich bunte Blockierende" selbst erdulden. Die Blockade, die die Spielregel (angeblich Konsenz) einhält hat dann tatsächlich Symbolcharakter. Wie oft wird betont "unser Feind ist nicht die Polizei. Wir distanzieren uns von der Randale.  Wir sind bunt, wir sind viele, wir sind tatsächlich nur Teil eines Wohlfühlspaßevents, dass durch Randalierer und Polizei empfindlich gestört wird. Wir sind empört über Gewalt. Auch wenn sie es nicht vermuten, wir sind die Guten. 

 

Die Realität ist aber nicht in diesem Maße verklärt. Es gibt keinen Platz für eine schwache Analyse, die nicht einmal die Gewaltenteilung erkennt.

 

Der Staat hat gestern den Notstand erklärt, mehr als 8000 Schläger mit schwersten Gerät gegen den Protest entgegengestellt. Das ist Demokratie, das sind ihre Spielregeln. Wenn es ernster werden würde, wenn die Menschen sich gegen den Wahnsinn erheben würden, dann zeigt der Staat noch eine ganz andere Fratze.Dann agiert die Polize in anderer Form.

Wer schützt denn das Parlament in Griechenland von dem Sturm von Menschen, die unter dem Wirken der EZB und Troika leiden

die kke/pame...

 

https://www.youtube.com/watch?v=q7igoPeJqok

!

unglaubliches ding, wenn man mit leuten spricht die damals dabei waren, da fällt kein gutes wort über diese "kommunisten"!

Was war da los? 0_o

im rahmen der proteste gegen die troika und austerität usw. ist es zu einem weiteren generalstreick gekommen, mit den "üblichen" ausschreitungen auf und um den synthagma (oder so) platz. richteten diese sich meist gegen die bullen oder eher halbherzig gegen den "zaun"* um das parlament (um es zu stürmen) war wohl an diesem tag mehr ernsthaftigkeit vorhanden. die griechische kommunistische partei (kke) schützte es aber an diesem tag (idee dahinter: die bevölkerung und die situation/zeit ist nicht die richtige für einen solchen sturm und damit die zumindest theoretische möglichkeit einer anarchistischen/autonomen/kommunistischen/wie auch immer selbstverwaltung des landes).

die kke besitzt ihre eigene organisierte ordnungsgruppe (die in den ersten reihen mit helm usw.) und die anarchistischen menschen haben natürlich auch "kampfbereitere" (ebenfalls helm usw.). im zuge der blockade und den versuchen diese aufzulösen/durchbrechen kam es erst zu hitzigen dabatten und nach und nach zu tätlichen angriffen, die zu etlichen schwerverletzten auf beiden seiten führten. die bullen hielten sich im groben zurück. "unterscheidbar" sind beide seiten an den fahnen (rot und schwarz) und daran, dass in dem video die kommunisten tendenziell entweder oben (auf dem berg) oder links im video zu sehen sind.

so weit mal in kürze und relativ neutral, was man nun davon halten mag und welche theoretischen sowie geschichtlichen hintergründe es da gab/gibt bleibt jeder und jedem selbst überlassen.

 

*dieser bestand aus normalen gittern (keine sog. hamburger gitter wie in schland) die mit metalldraht (ohne stacheln) zusammengehalten wurden.

im dritten teil dieser vice-doku wird die straßenschlacht zw den stalos von pame und anarchos auch gezeigt und behandelt:

 

https://www.youtube.com/watch?v=7uCFz_bVisU

sind soziale unruhen. was da in frankfurt los war, nicht mehr als der spielplatz divverser antifagruppen...

Gut, mit deiner Argumentation sind allerdings immer Aktionen gegen die Polizei gerechtfertigt. (Ließe sich darüber streiten, ob das nicht auch tatsächlich so ist, ich bin geneigt, dem zuzustimmen.)

 

Aber Angriffe auf die Polizei habe im Speziellen eben nichts mit Protesten gegen die Austeritätspolitik oder die EZB zu tun. Dort geht es um ganz andere Themen und ganz andere Akteur*innen. Sonst ließe sich bei jedem Vorhaben der Politik doch auch die Polizei irgendwie mit in die Argumentation einbauen, weil die Staatsgewalt eben immer auch zur Durchsetzung der staatlichen Herrschaft eingesetzt wird, sei es nun in der Refugee-Unterkunft, im Jobcenter oder bei einer Demo. Mit den konkreten Sachverhalten hat das aber jeweils immer recht wenig zu tun (abgesehen jetzt von Abschiebung bspw.), da die Polizei in allen Bereich gewaltsam agiert. Aber ich wiederhole mich.

 

Apropos, wenn es weiträumige, gewaltsame Aufstände gibt, kommt nicht mehr die Polizei, sondern die Bundeswehr. Und dann wird auch scharf geschossen. Da sollten sich mal alle Möchtegern-Revolutionär*innen keine Illusionen machen.

Thomas de Maiziere (Innenminister) hat schon von "mindestens versuchtem Totschlag" geredet. Also haltet eure Buden sauber, veröffentlicht keine unverpixelten Fotos etc. Wir kennen die Ermittlungen ja zur güte wegen M31.

Bitte seht Euch alle diesen Artikel an:

https://linksunten.indymedia.org/de/node/135879

 

hier direkt zum Entwurf des Gesetzes (vom 06.02.2015):

https://netzpolitik.org/wp-upload/2015-02-06_BfV-Gesetz.pdf

Liebe Genossen,

 

was ihr in Frankfurt abgezogen hat war super! Es war leider keiner von uns (wir sind aus Hamburg) bei euch dabei, haben das aber sehr bedauert! Die momente der Gegenmacht die ihr ermöglicht habt geben uns allen Mut und Kraft!

 

Die Revolution sagt ich war, ich bin, ich werde sein!

 

Vielen Dank and euch!

Autonome Gruppe Lupus