Wuppertal selbst gestalten heißt auch den Döppersberg selbst getalten! 

Tag X kommt!

Im vergangenen Jahr gab es 2 Hausbesetzungen für ein Centro Sociale und ein Refugee Welcome Center in Wuppertal. Beide Besetzungen wurden still vorbereitet und moblisiert und wurden am gleichen Abend geräumt. In Berlin gab es vor einiger Zeit eine  Veranstaltung, bei der Menschen den Ansatz, zukünftige Wohnungs- und Hausbesetzungen öffentlich anzukündigen, diskutiert haben. Wir haben einiges aus einem Artikel darüber diskutiert und auch für dieses Schreiben benutzt. Offen mobilisierte Besetzungen, ein interessanter Ansatz, auch für Wuppertal. 

 

Der Ansatz, Besetzungen öffentlich anzukündigen soll dazu dienen, in eine gesellschaftliche Offensive zu kommen und breitere Bevölkungsschichten in konkreten Widerstand miteinzubeziehen. Wir wollen dabei bewusst und gezielt über den appellativen Charakter einer Kundgebung oder Demonstration hinaus, die gemeinsamen Forderungen konkret umsetzen. Wir halten dies für eine Notwendigkeit, wenn wir der neoliberalen Politik der Stadtspitze, die zugunsten von Investoren und einigen Konzernen handelt, ein Ende setzen wollen. 

Dass öffentliche Räume nicht länger für Konsumtempel wie Primark weichen müssen, werden wir nur selbst bewerkstelligen können. Auch die zunehmende Ghettoisierung von Stadtteilen, wie die der Wuppertaler Nordstadt, werden wir nur dann stoppen können, wenn wir tatsächlich anfangen, die Stadt selbst zu gestalten. 

Bei aller Kritik gab es auch sehr viel Sympathie in der Stadt für die Besetzungen in der Marienstraße. Viele Menschen haben aber Schwierigkeiten, Zugang zu unseren Strukturen zu finden. Dies könnten wir durch viel offenere und offensivere Aktionen durchbrechen. Jede(r) der unsere Forderungen mitträgt, kann Teil einer offen angekündigten Besetzung sein.

Besetzen ist kein Selbstzweck. Im Moment geht es uns darum, nach den 13.000 Unterschriften gegen die Mehrkosten der Baumaßnahmen am Döppersberg, den tausenden Unterschriften gegen die Eröffnung des Primarks, den Demonstrationen und anderen Aktivitäten gegen dieses neoliberale Prestige-Projekt der Stadtspitze und dem Investor Signature Capital Ltd von einem apellativen Protest zu konkretem Widerstand zu kommen. Offen mobilisierte Besetzungen aber auch das Durchführen von Sitzblockaden von z.B. einem Bauplatz wie am Döppersberg könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. 

Wir sind nicht naiv. Es ist uns bewusst, dass eine öffentlich angekündigte Besetzung durch die Staatsmacht beantwortet werden wird. Aber auch eine im kleinen Kreis vorbereitete  Besetzung muss sich mit der repressiven Antwort der Staatsmacht auseinandersetzen.
Bei einer still mobilisierten Besetzung sind die Besetzer*Innen oft zu wenige Menschen, um sich gegen eine Räumung wehren zu können und durch den geschlossenen Kreis, sind sie oft auch politisch schlechter geschützt, was die Gefahr von Repression erhöht. Wir denken, dass bei einer öffentlich mobilisierten Besetzung sich mehr Menschen einbringen und sich auch eher als Teil der Bewegung fühlen können und Menschen dadurch besser geschützt werden.

Eine breit aufgestellte Besetzung stellt nicht nur die Eigentumsfrage, die die kollektive Aneignung von öffentlichem Raum, oder aber Wohn- und Soziale Räume propagiert, sie versucht auch dazu zu animieren  aktiv gegen Projekte wie die am Döppersberg zu handeln und damit die Stadt selbst zu gestalten. Wahrscheinlich kann ein Gelände oder ein Haus bei einer offenen Besetzung nicht besetzt werden, wenn die Aktivist*Innen vor einer großen Polizeikette stehen. Doch wenn wir mehr werden, könnte diese Art der Auseinandersetzung zu einer breiten Debatte in der Stadt führen, die den politischen Druck auf die Stadtspitze erhöhen würde. Gleichzeitig könnte Konzernen wie Primark durch weitere kreative Aktionen die Lust am Standort Wuppertal genommen werden. Dadurch könnten sich die Kräfteverhältnisse verschieben, die die Gegenseite zu anderen Entscheidungen zwingen.

Unserer Meinung nach zwingt eine offen angekündigte Besetzung die Verantwortlichen des neoliberalen Umbaus unserer Stadt in die Defensive. Vermutlich wird die Stadtspitze versuchen, mit massiven Polizeieinsätzen und anderen Repressionsmitteln unseren offenen Ansatz zu bekämpfen. Wir wissen, warum die Polizei mit aller Härte gegen die Besetzer*Innen der Marenstraße 41 gleich 2 mal für den erneuten Leerstand und die weitere Ghettoisierung der Wuppertaler Nordstadt vorgegangen ist. Wir wissen, dass wenn wir die Eigentumsfrage stellen, die Polizei dazu da ist, die Interessen von Investoren, Eigentümern und Stadspitze zu verteidigen. Wenn wir einen langen Atem haben, kreativ sind und vor allem mehr werden, erreichen aber auch die Mittel der Staatsmacht irgendwann ihre Grenzen.

Wenn wir den Slogan "Die Stadt gehört uns allen!" ernst meinen, werden wir uns den öffentlichen Raum selbst holen müssen. Wenn wir also statt einem Betonklotz mit Primark Filliale, z.B. einen öffentlichen Platz und/oder kleinen Park, wo alle Menschen sich auch ohne konsumieren zu MÜSSEN begegnen können, am Döppersberg haben wollen, dann werden wir das Primark Projekt stoppen müssen, indem wir aktiv in das Geschehen eingreifen. 

Die Idee einer öffentlich angekündigten Besetzung soll keine symbolische Besetzung sein. Wir meinen das Wort Besetzung schon ernst. Aufgrund der zu erwartenden polizeilichen Maßnahmen gegen eine öffentlich angekündigte Besetzung anzunehmen, dass diese Besetzung also automatisch nur symbolisch sei, liegt daran zu glauben, dass wir nicht in der Lage sind taktisch zu variieren und zu glauben, dass die erste Besetzung gleich erfolgreich sein müsse. Neben Kreatvität braucht es Ausdauer, aber auch gute taktische Varianten, um an einem bestimmten Punkt eine Besetzung erfolgreich durchziehen zu können. Wenn die Unterstützung der Idee der Aneignung von Räumen wächst und immer mehr verankert wird und sich daraus ein gemeinsames Handeln entwickelt, können wir vieles in unserer Stadt ändern. 

Vieles werden wir noch diskutieren müssen, Situationen werden sich ändern und wir werden auf Dynamiken reagieren müssen. Wir werden immer wieder reflektieren müssen, wo wir stehen und wie wir uns weiter entwickeln wollen und können. Nach jahrelangem sozialem Kahlschlag und einem immer weiter fortschreitenden neoliberalen Umbau der Stadt wird es Zeit, diesen Prozess nicht nur zu stoppen, sondern auch anzufangen, die Stadt in der wir alle leben, selbst zu gestalten. 

Wuppertal selbst gestalten heißt auch, den Döppersberg selbst gestalten! Eine andere Stadt ist möglich! 

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Netter Ansatz, aber erklärt doch mal, wie ihr auf eine Ghettoisierung der Nordstadt kommt? Das kam in den Texten zur M41 auch immer wieder. Ich seh hier keine, sondern eher eine versteckte kleine Gentrifizierung. Aber zum Glück ist Wuppertal als Ganzes zu sehr im Arsch, als dass sich das "Hip-Sein" der Nordstadt - im speziellen des Ölbergs - drastisch auswirken würde.

Vielleicht weil z.B. auf der Bandstraße die ganze Straße und auch ein Teil des Kinderspielplatzes einfach abgesperrt wurde (und immer noch wird) nachdem dort in 2008 (!!!) ein Haus abgebrannt ist und seitdem einsturzgefährdet.. nur um mal ein Beispiel zu nennen.. Es findet übrigens interessanterweise tatsächlich gleichzeitig auch eine Art kleine Zentrifizerung statt.