Rund 750 Menschen versuchten am 14. November in Freiburg gegen Nazis und für mehr autonome Freiräume zu demonstrieren. Deeskalationsgespräche im Vorfeld zwischen Stadt, Polizei und Demovorbereitungsgruppe scheiterten, da das Ordnungsamt auf eine Teilnahme an den Gesprächen bestand. Gespräche mit dem Ordnungsamt wären einer Anmeldung der Demo gleichgekommen. Unangemeldete Demonstrationen haben in Freiburg Tradition: Aus Protest gegen das „Versammlungsgesetz“, aus mangelndem Respekt gegenüber staatlicher Arroganz, Ablehnung der StellvertreterInnenpolitik und nicht-selbstbestimmter Auflagen wurden Demonstrationen in Freiburg in den letzten Jahren nicht angemeldet.
Der kurze "Kontrollverlust" nach der unangemeldeten Demo am 11. Juli ließ erwarten, dass es mit der Freiburger "Kuschel-Linie" nun endgültig vorbei sein würde. Damals deeskalierte die Freiburger Polizei, indem sie auf ein Seitenspalier verzichtete. Dennoch waren zahlreiche vermummte und behelmte BFE-Einheiten in den Seitenstraßen. Nach der Auflösung der Demo formierte sich eine Spontandemonstration, in deren Verlauf zwei Schaufensterscheiben beschädigt wurden und eine Polizei-Wanne pink eingefärbt wurde. Auch wenn die Polizei am 11. Juli "deeskalierte", werden wir nicht vergessen, mit welch übertriebenen Polizeiaufgeboten die Demonstrationen am 13. Dezember 2008, 30. März 2009 und 20. Mai 2009 konfrontiert waren.
Schon Stunden vor dem eigentlichen Demonstrationsbeginn am 14. November wurden linke AktivistInnen von der Polizei kontrolliert und teilweise festgenommen. Auch am Schwabentor fanden umfangreiche Vorkontrollen und vereinzelte Festnahmen statt, Gefangenentransporter standen dort bereit. Anwesende FotojournalistInnen wurden von Polizei und Staatsschutz bei ihrer Arbeit behindert, verfolgt, schikaniert und mit Repressionen bedroht.
Trotzdem gab es unmittelbar vorher noch Gespräche mit der Polizei, die einen guten und friedlichen Verlauf der Demo in Aussicht stellten. Eine Demoroute war zugesagt worden, welche auf direktem Weg vom Schwabentor ins "Grün" führen sollte.
Nachdem sich gegen 15 Uhr der Demonstrationszug formiert hatte und in Bewegung setzen wollte, wurde er schon nach 5 Metern von der Polizei gestoppt. Abschnittsleiter Harry Hochuli machte darauf aufmerksam, dass die Demonstration nicht laufen werde, wenn Vermummte darin seien.
Vor der Demospitze verstärkte sich das Polizeiaufgebot, nach einem Böllerwurf wurden die Helme aufgesetzt. Trotz dieser ersten Konfrontation wurden die Gespräche weitergeführt. Nach einer Stunde warten und mehreren Angriffen auf die erste Reihe und die Seitentranspis wurde der direkte Weg ins "Grün" zugesagt. Auf Grund von darauffolgenden Böllerwürfen wurde dieses Angebot sofort wieder zurückgezogen. Vermummte und behelmte Greiftrupps trennten das "gute" Demoende von der "bösen" Demospitze und fingen an, mehrere Menschen einzeln und gewaltsam herauszuziehen. DemonstrationsteilnehmerInnen, PassantInnen und sogar einige StadträtInnen wurden geschlagen, getreten, an den Haaren gezogen und beleidigt. Ein Demonstrant wurde, nachdem er gewürgt worden war, schreiend auf dem Kopf 20 Meter über das Steinpflaster zu einem Einsatzwagen geschleift.
Alle gekesselten DemonstrantInnen wurden fotografiert, durchsucht, bekamen Platzverweise und ihre Personalien wurden in bereitstehenden "Bürowägen" aufgenommen. Um etwa 20 Uhr waren alle Personen "abgearbeitet".
Nach der Demo vom 11. Juli 2009 war klar, dass sich die Polizeistrategie wieder ändern würde. Für die nähere Zukunft müssen aber auch wir uns eine neue Strategie überlegen. Das Prinzip der unangemeldeten, aber angekündigten Demonstrationen scheint hier ersteinmal keine Perspektive mehr zu haben, denn Freiburg stellt jetzt in Sachen "Demonstrationsfreiheit" keine Ausnahme mehr dar.
Welcome to reality!
Fotos der Demonstration gibt es auf unserem flickr-Account.
Anarchistische Gruppe [:ag] Freiburg
kontakt[at]ag-freiburg.org
Sehr schlechter Demoplatz Oberlinden
Der Demoplatz Oberlinden war schlecht gewählt, da gibt es wenige Straßen und Gassen um auszuweichen oder flexibel zu reagieren. Für die Einsatzleitung der Polizei war der Ort wohl ähnlich traumhaft wie der extra unter "Sicherheitsaspekten" neu gebaute Stadteil Rieselfeld.
Gegen aufgerüstete und ausgerüstete SEK hat eine Demonstration nur Chancen sich zu behaupten wenn Sie sich möglichst viel bewegt so das die SEK Einsatzleitung den Überblick verliert und nicht so schnell auf ständig neu entstehende Lagen reagieren kann. Bullen Jogging wäre also angesagt gewesen, mal Laufschritt und viele Richtungswechsel, auch die Auflösung in mehrere lautstarke Demogruppen würde die SEK unführbar machen, oder man macht gleich Spontandemonstrationen.
Überhaupt sollte man daran denken breiter zu mobilisieren und alle die was gegen Faschismus haben einzuladen, nicht nur sogenannte Autonome.
Nehmt mich bitte nicht mit euch
Du glaubst ernsthaft, dass Joggen gegen Sondereinheiten in dieser Größenordnung hilft? Vielleicht wenn ihr Rote Socken vorneweglauft statt euch der sogenannten LINKEN anzubiedern. Dann vielleicht...
Die Pozilei...
Die Bullen haben nur vor einem Angst, das sind riesige Menschenmassen. Das einzige was also bsw. bei Bullenketten hilft ist in Ketten nach Vorne drängen und die Bullen wegschieben.
Alles andere (Kleingruppentaktiken, Steine schmeißen, Böller etc.) ist Blödsinn!
Fehler
Es wurden viele Fehler gemacht aus denen wir lernen sollten. Unter anderem:
- Die Demo fand zu lang nach der Festnahme vom Bombenbastler und dem Brandanschlag auf die KTS statt. Das Thema war traurigerweise schon in den Köpfen vieler Leute schon abgeschlossen.
- Es fehlte eine qualitativ breite Basis für die Demo. Die Mobilisierung hat sich hauptsächlich an das autonome Ghetto gerichtet und hat es nicht geschafft einen Bezug zur antifaschistischen Arbeit herzustellen (Fokus auf Vermummung und zensierte Webseiteninhalte statt auf Nazis in der Region und die Notwendigkeit von selbstverwalteten Freiräume). Warum haben sich so wenige bereits an der Organisation und an der Mobilisierung beteiligt? Das muss selbstkritisch analysiert werden.
Vieles wurde in anderen Kommentaren bereits erwähnt.
Vorher-Nachher-Vergleich
"Nach der Demo vom 11. Juli 2009 war klar, dass sich die Polizeistrategie wieder ändern würde"
- Diese Sicht der Dinge teile ich, möchte aber an dieser Stelle an euren Aufruf (den mit dem sz)erinnern, in dem ihr euch zu diesem Thema nur in homöopathische Dosen geäußert habt. Ansonsten habt ihr in eurem Aufruf versucht, euch von "pseudo-grün-alternativen" zu distanzieren und mit radikaler Rhetorik zu vermitteln, dass an dem Tag "was gehen wird" Ihr habt die Frage der Anmeldung mit Nazis, KTS, Ammann Vermummung und der sozialen Revolution in einen Topf geworfen und daraus einen sehr beliebigen Aufruf gemacht. Einen Aufruf, der es bürgerlichen Antifaschisten, die es in Freiburg zuhauf gibt, sehr viel schwerer macht, auf so eine Demo zu gehen. Es waren durchaus schon bürgerliche Menschen auf unangemeldeten Demonstrationen(z.B. am 30.03.) Diese wurden aber im Vorfeld als "pseudo-grün-alternative"abgestempelt und waren am Samstag spärlicher als sonst vertreten. Das ihr jetzt, wo es das erste mal seit längerer Zeit mal wieder richtig schlecht in Freiburg gelaufen ist, das Kozept der unangemeldeten Demonstrationen gleich begrabt, finde ich erschreckend. Nur weil die "Szene" von Freiburg gerade keine unangemeldeten Demos auf die Reihe bekommt, heißt das doch noch lange nicht, dass dieses Konzept tot ist. Vielleicht muss sich einfach mal die "Szene" selbstkritisch zusammensetzen und überlegen, welche Fehler in der Mobilisierung und in der Einschätzung der Staatsgewalt gemacht wurden und danach weitersehen. Denn: Repressionen, wie wir sie am Samstag erlebt haben, haben doch nicht primär etwas mit der Frage der Anmeldung zu tun, sondern eher damit, ob eine vorher festgelegte Strategie auch gegen den Willen der Polizei durchgesetzt werden kann oder nicht. Die Kräfteverhältnisse waren am Samstag aber zu eindeutig, um so eine utopische Forderung, wie die nach Vermummung durchsetzen zu können.
Wir haben uns in unserem
Wir haben uns in unserem Aufruf nicht von "pseudo-grün-alternativen" distanziert, sondern die "pseudo-grün-alternative"-Politik, die in dieser Stadt herrscht, angegriffen:
Hätten wir uns von "pseudo-grün-alternativen" Menschen in dieser Stadt distanziert, würde der Absatz vielleicht so aussehen:
"Das ihr jetzt, wo es das erste mal seit längerer Zeit mal wieder richtig schlecht in Freiburg gelaufen ist, das Kozept der unangemeldeten Demonstrationen gleich begrabt, finde ich erschreckend. Nur weil die "Szene" von Freiburg gerade keine unangemeldeten Demos auf die Reihe bekommt, heißt das doch noch lange nicht, dass dieses Konzept tot ist."
Wir schreiben ja auch nicht, dass das Konzept "komplett tot" sei, sondern dass es ersteinmal keine Perspektive zu haben scheint, da Freiburg jetzt auch, was Polizeirepression angeht, in der Realität angekommen ist. Wir alle (also "die Szene") müssen uns neue Strategien überlegen, wie wir mit genau solchen Sachen umgehen.
Genauso wurde "die Sache" auch nach der "love or hate parade" im Mai 2007 auch gehandhabt. Es war ersteinmal ein bisschen ruhiger, was große Demonstrationen angeht, doch fanden viele kleinere und peacige (und unangemeldete) Aktionen statt. Im Dezember 2008 wurde dann mit der Versammlungsgesetzdemo wieder ein starkes Zeichen gesetzt.
"mit radikaler Rhetorik zu vermitteln, dass an dem Tag "was gehen wird""
Wahrscheinlich meinst du folgenden Absatz in unserem Aufruf, wenn nicht, bitte korrigiere uns.
Wo wollen wir in diesem Absatz vermitteln, dass "was gehen wird"?
Videos:http://www.youtube.com
Videos:
http://www.youtube.com/watch?v=7Ly7sExzHSE
http://www.youtube.com/watch?v=lMuMouAoAJc