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Es sollte der Klarheit halber gesagt werden, dass diese Leute keine Linken sind, sondern Primitivisten. Das ändert natürlich nichts an dem schmutzigen Knastsystem, das angeprangert werden muß, sollte als Hintergrundinformation aber gegeben werden.

Ein paar Worte zu den beiden Quellen, die MOVE in eine "anti-emanzipatorische Ecke" stellen sollen:

Der Graswurzel (GWR) Artikel:

Haben der Autor oder die Redaktion jemals selbst mit MOVE Leuten gesprochen? Offensichtlich nicht.

Der Artikel ist voll von sachlichen Fehlern. Der offensichtlichste ist, dass Mumia Abu-Jamal Mitglied von MOVE gewesen sein soll. Mumia hat als Journalist lediglich etwas gemacht, was anscheinend sonst kaum jemand in seiner Berufsgruppe für notwendig hielt und hält: er hat mit ihnen geredet und ihre authentischen Stimmen in die Öffentlichkeit gebracht.

Zitat aus dem Artikel: "die MOVE-Leute bleiben unter sich! Kaum mehr als 30 hat es je in den USA gegeben" Das ist einfach Quatsch. Allein in Philadelphia gibt es mehrere Hundert Mitglieder dieser Gruppe.

MOVE wird in dem Artikel als Teil der Black Power/Liberation Bewegung in den USA dargestellt. MOVE wurde erst durch die Repression der "Rizzo-Jahre" zu einer afroamerikanischen Organisation. Es gab vorher auch weiße MOVE-Mitglieder, denen bei der 1978 einsetzen Polizeigewalt jedoch noch viele andere Möglichkeiten offen standen, weshalb sie vor dem Terror in Philadelphia fliehen konnten. Weder MOVE Gründer John Africa (1985 bei der Bombardierung eines MOVE Hauses in der Ossage Avenue durch die Polizei zusammen mit 10 weiteren Menschen ermordet) noch heute aktive MOVE Aktivist*innen beanspruchten, eine afroamerikanische Organisation zu sein. Dass sie es zu überwiegender Mehrheit heute sind, wirft auch ein Licht auf die Bereitschaft weißer Aktivist*innen, sich gemeinsam in Zeiten von Staatsterrorismus auf der Ebene der am weitesten ausgegrenzten Menschen zu stellen.  Aufschlussreich sind hier Debatten des us-amerikanischen SDS und der Gründungsphase des Weather Undergrounds um 1969, in denen diese antirassistischen Diskurse bereits ausführlich geführt und später wieder vergessen wurden - sicherlich kein US-Phänomen allein.

Im Graswurzel Artikel wird gleich zu Anfang auf die "persönliche Integrität" der in der Kritik stehenden Sprecherin von MOVE hingewiesen - Zitat: "An der menschlichen Integrität Ramona Africas besteht nicht der geringste Zweifel, ihre Haltung und Festigkeit trotz grauenhafter Erlebnisse und permanenten Drucks der Staatsorgane ist bewundernswert - das allein sollte genügen, auch mit berechtigter und scharfer Kritik an MOVE die Grenzen der Höflichkeit und des Respekts einem weitgereisten Gast gegenüber nicht leichtfertig zu verletzen."

Und weiter, hier kommt der Autor anscheinend bereits zum Kern seiner Motivation: " Auf der anderen Seite wird europäischen Linken sehr gerne jedes Recht abgesprochen, sich überhaupt zu Fragen des afroamerikanischen Widerstandes zu äußern - ob nun kritisch oder nicht."

Direkt danach dann die Überschrift: "Keule des "Eurozentrismus"  - geht es eigentlich noch? Hoffentlich sind Linke in diesem Land heute etwas weiter.

Danach werden z.T. sehr unrund übersetzte Zitate aneinander gereiht, die a) die Bedeutung der Gruppe ins Lächerliche ziehen sollen und b) ihnen unterstellen, dass sie homophob zu seien. Merkwürdig an dieser Stelle ist, dass es dem Autor in GWR ofensichtlich entgangenen ist, wie MOVE seit Jahrzehnten in Bündnissen arbeitet, in denen auch Schwule und Lesben offen aktiv sind, wie z.B. in der FREE MUMIA Kampagne.

Wikipädia Quellen - wow. Die Art und Weise, wie durch Moderation auf Wikipädia Definitionen und Meinungen festgeschrieben werden, sollte 2015 eigentlich auch bekannt sein. Selbst in jedem bürgerlichen Einführungskurs zu Journalismus wird in der ersten Recherche, ziemlich zu Anfang deutlich gesagt: Wikipädia ist KEINE Quelle.

Was bleibt, ist der Eindruck, dass es seit dem Heidelberger Eklat von 1999 noch immer einige deutsche Linke gibt, die jegliche Solidarität mit Opfern von Polizeigewalt angreifen, wenn sie im Zusammenhang mit MOVE stehen. Die dünne Wissenslage beschränkt diese Kritik dann auch meist auf Afroamerikaner*innen, denn 1999 war vielen vermutlich noch nicht bekannt, dass MOVE sehr weitreichend in der us-amerikanischen Linken akzeptiert ist. Die z.T. starken inhaltlichen Unterschiede verwundern vielleicht weniger, wenn wir uns vor Augen halten, wie groß die USA sind und wie schwer es Linke dort haben, sich gegen die massive Staatsgewalt zu wehren. Ohne je etwas ähnliches wie z.B. die ROTE HILFE aufgebaut zu haben, ist vielen dort Aktiven schon vor langer Zeit die Wichtigkeit "strömungsübergreifender Solidarität" deutlich geworden.