Den Kampf gegen Fahrscheine auch im Gerichtssaal führen!

Eines der Schilder (hier das, um das es vor dem Gießener Gericht geht)

Bisher war es normal, beim „Schwarzfahren“ möglichst nicht aufzufallen. Wird mensch erwischt, kann es Ärger geben – bis hin zum Knast. Die Heimlichkeit sollte das vermeiden. Doch es gibt noch eine andere Variante: Offenes „Schwarzfahren“, d.h. gekennzeichnet. Denn – eigentlich – wäre es dann nicht mehr strafbar. Gerichte und Staatsanwaltschaften macht das wütend. Sie sollen dem Kapital dienen und verbiegen dafür schon mal Paragraphen. Doch genau das schafft Chancen. Ein Anfang ist gemacht. Das Ziel: Viele, offen „Schwarzfahrende“, um den Gesetzgeber zu zwingen, zu reagieren. Und dann den Paragraphen 265a abschaffen, weil der Druck groß genug ist …

 

Wer „schwarz fährt“, aber das offen kennzeichnet, muss straffrei bleiben!

Am Mittwoch, 26.11.2014, fand im Amtsgericht Starnberg ein Prozess gegen einen vermeintlichen Schwarzfahrer statt. Doch dieser fuhr nicht heimlich ohne Fahrkarte, sondern kennzeichnete sich mit einen auffälligen Schild. Bestraft wurde er trotzdem – das Amtsgericht verurteilte ihn mit kreativen juristischen Verrenkungen zu 20 Tagessätzen. Der so Verurteilte legte Rechtsmittel ein, denn schon nach dem Wortlaut des § 265a im Strafgesetzbuch (StGB) erscheint die Strafe rechtswidrig. Denn danach kann nur bestraft werden, „wer … die Beförderung durch ein Verkehrsmittel … erschleicht.“ Bis vor wenigen Jahren waren die für die Rechtsauslegung im Gerichtssaal maßgeblichen Kommentarbücher sogar noch einhellig der Meinung, dass die klassische Form des sog. Schwarzfahrens bereits nicht strafbar ist. „Die bloß unbefugte Leistungserlangung reicht jedoch für ein Erschleichen nicht aus“, schrieb beispielsweise Urs Kindhäuser im Lehr- und Praxiskommentar zum StGB. Neuere Rechtsprechung hat das zwar in Zweifel gezogen. Doch klar war und ist sowohl in allen Kommentaren als auch den meisten höchstrichterlichen Urteilen, dass eine offene Kenntlichmachung der Fahrscheinlosigkeit ausreicht, um nicht bestraft zu werden. Aus genannter Quelle: „Kein Erschleichen ist es, wenn der Täter offen zum Ausdruck bringt, die Beförderung unentgeltlich in Anspruch zu nehmen.“ Das sah auch das Amtsgericht Eschwege am 12.11.2013 so, als es eine Person in gleicher Fallkonstellation freisprach: „Seine Einlassung, dass er jedoch in allen 3 Fällen vor Fahrtantritt deutlich sichtbar einen Zettel an seine Kleidung geheftet hatte mit der Aufschrift "Ich fahre umsonst" war nicht zu widerlegen. Damit hat er allerdings gerade offenbart, kein zahlungswilliger Fahrgast zu sein, weshalb bereits der objektive Tatbestand des § 265 a Abs. 1 StGB nicht erfüllt ist.“ Das Bundesverfassungsgericht bestätigte diese Auffassung (Beschluss 2 BvR 1907/97 vom 9.2.1998), in dem es „unter dem Erschleichen einer Beförderung jedes der Ordnung widersprechende Verhalten versteht, durch das sich der Täter in den Genuß der Leistung bringt und bei welchem er sich mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt“. Entsprechend empört reagierten Zuschauer_innen auf den heutigen Richterspruch: „Die denken sich jedes Mal etwas Neues aus, wie mensch sich verhalten müsste – wie soll ich mich da auf das Gesetz verlassen können“, war noch eine der harmloseren Bemerkungen. Tatsächlich hatten Gericht und Staatsanwaltschaft in der Verhandlung nach Tricks gesucht, mit denen die offensichtliche Straffreiheit noch zu umgehen sei. „Hier galt das Motto: Im geringsten Zweifel gegen den Angeklagten“, raunte eine Besucherin beim Hinausgehen.

 

Betroffene fordern Einhaltung des geltenden Rechts – und Nulltarif im öffentlichen Nahverkehr

Insgesamt sind Verfahren gegen Schwarzfahrer mit Hinweisschild an mindestens fünf Amtsgerichten anhängig. „Was hier passiert, ist nicht Schwarzfahren, sondern Schwarzstrafen – nämlich das Anklagen, Verurteilen und Einsperren ohne Rechtsgrundlage“, lautet ein Satz auf ihrer Internetseite www.schwarzstrafen.de.vu. Was dort auch sichtbar wird: Die Betroffenen wollen nicht nur für ihr Recht, im Fall des offen gekennzeichneten Fahrens ohne Fahrschein straffrei zu bleiben, sondern treten für die Abschaffung des Fahrpreiswesens insgesamt ein. Der nun in Starnberg verurteilte Dirk Jessen formuliert das so: „Hunderttausende von Menschen leben in diesem Land unter Armutsgrenzen und können sich ihre Mobilität kaum noch leisten. Tausende, die das trotzdem machen, sitzen im Gefängnis – nur wegen Schwarzfahrens.“ Fahrpreise seien sozial ungerecht, weil alle gleich viel bezahlen müssten. Nulltarif für alle würde dagegen die Chance zur echten Umverteilung bieten, wenn die Finanzierung aus einer Luxussteuer geschähe, wie Jessen noch im Gerichtssaal vorschlug. Kritisiert wurde auch die fehlende Effizienz von Fahrpreisen: Ein guter Teil der Einnahmen würde zu einem schon durch Fahrkartenverkauf, Automaten, Kontrolle und Werbung verschlungen – die Kosten für die Strafverfolgung und –vollzug nicht mit eingerechnet. Hinzu käme die Zerstörung von Lebensqualität und Umwelt durch den massiven Autoverkehr, der zudem umfangreiche Flächen und Bauten benötigt. Die Betroffenen wollen eine überregionale Kampagne für Gratis-Nahverkehr anstoßen. Ihre Strategie: „Wenn Schwarzfahren mit Kennzeichnung straffrei ist, darf mensch dazu aufrufen und dafür sorgen, dass es viele machen. Dann muss sich der Gesetzgeber bewegen.“ Es käme dann auf ausreichenden politischen Druck an, dass statt einer Verschärfung des Gesetzes die Einführung des Nulltarifs kommt.


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immer den fahrschein auf der falschen seite abstempeln: ups sorry is weil....

kieken ob man mit jemandem mitfahren kann, immer ab 20:00 und am WE!

 

Laufschuhe anziehen!

Niemals alleine fahren!

 

Ticket kaufen!

 

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