In der Nacht des 29.11.14 wurde das leerstehende Gebäude in der Eisenbahnstrasse 41 in Tübingen mit einer Party und ca. 400 Gästen besetzt. Seitdem bringen Menschen, laute Musik und Sprühlack Farbe und Leben in das ehemalige Jugendzentrum der TOS. Das Gelände samt Haus gehört noch der Deutschen Bahn, soll aber sehr bald an den Baustoffhandel Kemmler verkauft werden.
Unsere Zwischennutzung des erst vor wenigen Jahren sehr aufwendig renovierten Fachwerkhauses versteht sich als unkommerzieller, hierarchiefreier und emanzipatorischer Freiraum.
Das Haus wird nun für verschiedenste Veranstaltungen genutzt: mit Filmabenden, Vorträgen, familienfreundliche Märchenstunden und Konzerten werden die weitläufigen Räumlichkeiten in ein buntes Treiben verwandelt.
Das Haus bietet nun Gemütlichkeit, Raum für Ideen und Rückzugsraum. Das Wohnzimmer lädt zum Verweilen und Diskutieren ein, es gibt Getränke, Essen und Schlafgelegenheiten.
Gestern abend konnten wir (endlich) auf das Funktionieren der Heizung anstoßen! Seitdem weht auf dem Dach nicht nur eine schwarze Fahne, sondern auch Heizungsrauch, wie es sich für ein bewohntes Haus im Winter gehört.
Im oberen Stockwerk entsteht gerade ein Infoladen, und im Café gibt es Wandtafeln zur Geschichte der Zwangsarbeiter*innen, die während des zweiten Weltkrieges auf dem Güterbahnhofsgelände eingesetzt waren, u.a. auch von der Firma Kemmler. Sind das die Anfänge für ein Dokumentationszentrum, wie es von verschiedenen Gruppierungen für die Güterhalle gefordert wird und im Gemeinderat diskutiert werden soll?
Bisher fielen die Reaktionen von Stadt und Eigentümerin mehr als spärlich aus. Statt der seit langem erwarten Polizei kamen heute der Tübinger Baubürgermeister und der Stadtplanungsamtsleiter auch aus persönlichem Interesse zu Besuch und sprachen im Plenum mit uns über Wohnungspolitik, Leerstand und Gentrifizierung. Das Gespräch wurde zu einem interessanten Austausch über die Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt für junge Leute, über die Notwendigkeit und Problematik von unkommerziellen Räumen, über die rechtliche Situation von der Nutzung leerstehender Räume und über die Bebauungspläne des Geländes. So wurde nicht nur über die Eisenbahnstraße 41 gesprochen, sondern auch über das gesamte Güterbahnhofsgelände und andere Projekte.
Die Besetzung der E41 protestiert gegen die immer weiter vortschreitende Verdrängung und Schließung von unkommerziellen und emanzipatorischen Freiräumen.
Unsere Wut richtet sich auch gegen die vielen tollen Gebäude die entwohnt und leerstehen gelassen werden, um sie später abzureißen um Platz zu schaffen für teure Neubauten.
Wir protestieren gegen die steigenden Mietpreise und den fortschreitenden Wohnungsmangel, besonders in großen Uni-Städten wie Tübingen. Indem ein Wohnungsmarkt geschaffen wird, der nur von finanziell besser gestellten genutzt werden kann, wird Bildung vielerorts zum Luxusgut.
Wir fordern mehr sozialen, interkulturellen und bezahlbaren Wohnraum in den Städten!
Wie und wie lange das Haus genutzt werden soll, entscheiden die, die darin sind.
Für Donnerstag 4.12 ist um 18 Uhr ein großes offenes Plenum angesetzt, bei dem Perspektiven entwickelt werden sollen.
Wir laden alle herzlich ein am Projekt teilzunehmen und sich mit Ideen und Tatkraft ins Geschehen zu stürzen, oder auch einfach unser Bier und die Atmosphäre zu genießen!
Weniger Bauzäune, mehr Freiräume!
Fette Sache
Viel Glück euch, haltet durch. Boris und seine Wirtschaftsliberalen haben bestimmt nichts gegen ein wenig Raum zum Denken in einer Stadt in der sonst nur das Fair-Trade Siegel und das Preisschild zählen... Für mehr Anarchie - auch im Schwobeland!
Bericht im Schwäbischen Tagblatt über die Besetzung
http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/tuebingen_artikel,-Besetzer-woll...
Solierklärung vom cafecolectiva aus Tübingen
Wir begrüßen die Besetzung des zuvor leerstehenden und ungenutzten Gebäudes in der Eisenbahnstraße 41 in Tübingen! Sie ist eine Reaktion auf zunehmende Wohnungsnot, Mietpreissteigerung und die kommerzielle Durchdringung des öffentlichen Raumes. Die Schaffung eines kollektiv und selbst-verwalteten Ortes auf dem Gelände des Güterbahnhofsareals kann außerdem die Diskussion um die zukünftige Gestaltung und die dubiosen Besitzverhältnisse auf dem ganzen Gelände vorantreiben.
Wir erhoffen uns dadurch Impulse für die Kämpfe um bezahlbaren Wohnraum und Schaffung neuer unkommerzieller und offener Freiräume.
Alles Gute für die Menschen im Haus und solidarische Grüße!
Für ein soziales Zentrum!
euer cafecolectiva
https://cafecolectiva.mtmedia.org/2014/12/17/solierklaerung-fuer-die-e41/