Am 27.11.2014 jährt sich das Verbot der PKK in Deutschland. Aus diesem Grund mobilisieren die Gruppen des Internationalistischen Aktionsbündnis Frankfurt (IAB) am 29.11.2014 zu einer bundesweiten internationalistischen Demonstration in Frankfurt.
Seit dem 15. September 2014 ist der Kanton Kobanê in Rojava heftigen Angriffen des sog. ,,Islamischen Staats'‘ (IS), einer fundamentalistischen Miliz und ehemaliger Ableger der Al-Quaida, ausgesetzt. Aktuell wird die Stadt von drei Fronten mit schweren Waffen, die der IS u.a. zuvor als Teil der FSA (Freie Syrische Armee) durch den Westen erhalten hat, unter Beschuss gehalten. Doch mit Kobane wird nicht nur eine weitere Stadt in Syrien von den Dschihadisten bedroht, sondern das derzeit einzige revolutionäre und fortschrittliche Gesellschaftsmodell des Nahen und Mittleren Ostens.
Die Revolution in Rojava verteidigen!
Inmitten des Chaos des syrischen Bürgerkriegs hat die Bevölkerung der im Norden Syriens liegenden mehrheitlich kurdisch bewohnten Regionen ein Gesellschaftsmodell der multinationalen, friedlichen Koexistenz aller Völker und Religionen, der demokratischen Selbstverwaltung, des Sozialismus und der Geschlechterbefreiung aufgebaut (,,Demokratischer Konföderalismus'‘). Angesichts des ethnischen und religiösen Terrors der im gesamten ehemaligen Staatsgebiet Syriens tobt, bedeutet dieses Modell in Rojava einen vergleichsweise sicheren Hafen für die terrorisierte Zivilbevölkerung in Syrien. Dieses revolutionäre Gesellschaftsmodell droht nun nicht nur an den Angriffen des IS, sondern auch an der Großmachtpolitik der umliegenden Regionalmächte zu scheitern.
Zu den Ursprüngen des fundamentalistischen Terrors
Während alle Welt sich spätestens seit der propagandistisch inszenierten Enthauptung mehrerer westlicher JournalistInnen über die Gewalttaten des IS empörte, ging das vorangegangene ,,Engagement'‘ des Westens in Sachen IS weitestgehend unter. Bereits 2012 sicherten die USA der aus dem syrischen Aufstand hervorgegangenen und auch von islamistischen und fundamentalistischen Kräften getragenen ,,Freien Syrischen Armee'‘ (FSA) umfangreiche Waffenlieferungen zu. Vor allem die engen westlichen Verbündeten der Region Saudi-Arabien, Katar und der NATO-Staat Türkei unterstützten jene radikal-islamistischen Kräfte in der FSA (vor allem die Al-Quaida nahe Al-Nusra-Front und den IS) politisch, logistisch, finanziell und mit umfangreichen Waffenlieferungen – viele dieser Waffenlieferungen kamen zuvor aus Deutschland. Während jene radikalen Kräfte dank ihrer internationalen UnterstützerInnen schleichend die Oberhand gewannen, galten vor allem auch in den deutschen Massenmedien die KämpferInnen der FSA pauschal als KämpferInnen für Demokratie und Freiheit. Daneben schlossen sich gerade im Irak auch jene Teile des Widerstands und der lokalen sunnitischen Bevölkerung dem IS an, die durch das US-gestützte schiitische Al-Maliki Regime in Bagdad über die vergangenen Jahre systematisch benachteiligt worden waren. Der IS fiel also kaum von Himmel; es handelt sich bei ihm um ein hausgemachtes Problem der aggressiven ,,Teile und Herrsche'‘-Politik der USA im Nahen und Mittleren Osten.
Die Geister, die sie riefen…
Aufgrund des internationalen Drucks, der mit den weltweiten Großdemonstrationen der kurdischen Exil-Communities in den vergangenen Wochen auf die westlichen Regierungen ausgeübt werden konnte, aber auch des Aufstands (kurd: Serhildan) der nordkurdischen Bevölkerung in der Türkei, sahen sich die US-Regierung und ihre Verbündeten – die reaktionären Golfmonarchien – gezwungen, die von ihr gegen das Assad-Regime entfesselten dschihadistischen Milizen zumindest zu zügeln. Zu offen brutal und genozidal gingen die sunnitischen Fundamentalisten gegen alle Andersdenkenden in der Region vor. Traurige Bekanntheit erlangte in diesem Zusammenhang die nordirakische Stadt Shengal, in der die ezidische Minderheit massakriert und Schlimmeres nur durch das Eingreifen der Guerilla der syrischen KurdInnen und der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) verhindert werden konnte. Anstelle der syrischen KurdInnen sollten dennoch gerade jene kurdischen Einheiten, die die EzidInnen im Stich gelassen hatten – die Pershmerge Barzani-Kurdistans vom Westen mit Waffen beliefert werden. Diese Einteilung der westlichen Politik in ,,gute'‘ (nationalistische) und ,,böse'‘ (PKK) Kurden beginnt nun zu bröckeln.
Von der Kriminalisierung der kurdischen Bewegung
Die PKK ist seit über 20 Jahren in der BRD verboten: Damit ist auch beabsichtigt, eine gesellschaftliche politische Teilhabe zu reglementieren und zu kontrollieren. Aktuell – auch unter dem Druck der Anziehung von Rojava für viele Menschen, die sich bisher wenig mit der PKK und ihren Zielen beschäftigt haben – gibt es Diskussionen über eine Aufhebung des Verbots. Diesen Druck wollen wir erhöhen!
Hervorzuheben bleibt, dass Deutschland als Waffenlieferant an Saudi-Arabien und Katar, den inoffiziellen Freunden und Förderern des IS im Nahen Osten, sich mitverantwortlich macht. Auch Erdogan wurde für seine unterstützende Haltung gegenüber dem IS kaum öffentlich angegriffen. Kein Wunder: Es gibt eine enge Kooperation auf militärischer Ebene zwischen der BRD und der Türkei im Rahmen der NATO. Die Bundeswehr steht mit Patriot-Abwehrraketen weiterhin an der syrischen Grenze auf türkischem Gebiet. Die heuchlerische Politik des Westens, insbesondere der deutschen Regierung, zeigt nicht nur, dass eine sozialistische und demokratische kurdische Autonomie in Nordsyrien nicht in seinem Interesse ist, aber auch dass die Maßnahmen, die nun ergriffen werden, an geopolitischen und ökonomischen Interessen des Westens (Greater Middle East) und nicht am Schutz der Zivilbevölkerung oder gar einer fortschrittlichen gesellschaftlichen Entwicklung im Nahen Osten orientiert sind.
Wir fordern:
Weg mit dem PKK Verbot!
Ein Ende der Kriminalisierung
der kurdischen Befreiungsbewegung!
Stopp der Waffenlieferungen an Saudi-Arabien,
Katar und andere reaktionäre Regime der Region!
Abzug der deutschen Patriot-Raketensysteme
von der türkisch-syrischen Grenze!
Stoppt die imperialistische Neugestaltung des Nahen Ostens!
Verteidigt die Revolution in Rojava!
Freiheit für alle kurdischen revolutionären Gefangenen weltweit!
Aufrufende Gruppen
- ADGH Frankfurt
- ADHK Frankfurt
- AGIF Frankfurt
- Aktionsgruppe 3.Reihe
- ATIF Frankfurt
- Siempre*Antifa Frankfurt/M
- YDG Frankfurt
- YXK Frankfurt
UnterstützerInnen (stand 07.11.2014)
- ['Solid] Fulda
- ADKH - Demokratische Frauenbewegung
- Antifaschistisch Revolutionäre Aktion Berlin (ARAB)
- Arbeitskreis Internationalismus Stuttgart
- Ciwanen Azad
- MLPD Rhein-Main
- NAV-DEM
- Neue Antikapitalistische Organisation (NAO) Berlin
- Offenes Treffen gegen Krieg und Militarisierung Stuttgart
- Rebell Wiesbaden
- Revolution Fulda
- Revolutionäre Aktion Stuttgart
- SDAJ Frankfurt
- Tatort Kurdistan
- Young Struggle
- Zusammen eV
Mobiveranstaltungen
Eine regelmäßig aktualisierte Liste von Veranstaltungen, die zur Demonstration mobilisieren.
Frankfurt:
Mobilisierungsveranstaltung
,,Kobane und der IS: Ein Delegationsbericht und
eine geopolitische Einschätzung zur aktuellen Lage'‘
19.11.2014 | 18:30 Uhr | Internationales Zentrum (IZ) | Koblenzerstr. 17, 60326, Frankfurt/M
weitere Infos zur Veranstaltung: www.savekobane.blogsport.de/veranstaltungen/ - www.iz-ffm.de
Aktuelle Informationen zum 29.11.2014
Aktuelle Informationen rund um die Demo wie z.B. Busse, Anreise, Übernachtungen, Organisatorisch findet ihr hier: http://savekobane.blogsport.de/anreise/
Mobi-Materialien
Plakate, Flyer, Kleber, Banner und Werbematerial zum Blog etc. findet ihr auf der Mobiseite: http://savekobane.blogsport.de/material/
Mobizeugs zum Download: weiter unten.
Aktualisiert am 06.11.2014
Der erste Schub an Mobimaterialien werden am Montag den 10.11.2014 an alle Städte verschickt.
Kontakt
Unsere Emailadresse und PGP-Kontakt: savekobane.riseup.net
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Welche Revolution nochmal?
Wann war die genau, diese Revolution da?
antinationale Kritik
Am 29.11.2014 findet in Frankfurt am Main die bundesweite Demonstration „Weg mit dem PKK-Verbot – Verteidigt die Revolution in Rojava“ statt. In dem Aufruf des internationalistischen Aktionsbündnisses Frankfurt (IAB) heißt es: „Inmitten des Chaos des syrischen Bürgerkriegs hat die Bevölkerung der im Norden Syriens liegenden mehrheitlich kurdisch bewohnten Regionen ein Gesellschaftsmodell der multinationalen, friedlichen Koexistenz aller Völker und Religionen, der demokratischen Selbstverwaltung, des Sozialismus und der Geschlechterbefreiung aufgebaut“. Das kann sein, das kann aber auch nicht sein. Die kurdischen Demonstrationen in Deutschland zeigen sich in erster Linie in einem offenen zur schau gestellten Nationalismus und Führerkult aus. Als „Antinationale Gruppe Frankfurt“ nehmen wir dies als Anlass für einen Kommentar:
Unser Vorschlag, auf der Demo insgesamt keine Nationalfahnen zuzulassen, konnte sich im Vorbereitungskreis nicht durchsetzen. Nicht zuletzt, weil ein Großteil der Linken in Deutschland, etwa weite Teile der Linkspartei, immer noch der (antiimperialistischen) Ideologie von Staat, Volk und „nationaler Befreiung“ anhängt. Wir rufen verschiedene linke Gruppen dazu auf, diesen Anlass zu nutzen um auch dieses Jahr das nationalistische Spektakel nicht unwidersprochen geschehen zu lassen. Schließlich ist man sich auch sonst nicht dafür zu schade mit allen möglichen Reformisten auf die Straße zu gehen. Zudem lässt sich an diesem Anlass gut verdeutlichen, wie ein Antinationalismus heute in Theorie und Praxis aussehen sollte – und wie nicht. Denn gequält von der alltäglichen Erfahrung ihrer Ohnmacht und Vereinzelung in der kapitalistischen Konkurrenz suchen sie nach Anhaltspunkten einer versicherten, unzweifelhaften und widerspruchsfreien Zusammengehörigkeit. Der Fehler der NationalistInnen ist dabei allerdings ein doppelter: Einerseits erwarten sie sich vom Fortkommen ihres Staates eine reale Veränderung ihrer Situation im Teufelskreislauf der kapitalistischen Konkurrenz. Dabei kann eben dieser Staat aber bestenfalls die Ausgangsvoraussetzungen (z. B. „Bildung“) seiner Staatsbürger in jenem Hauen und Stechen verbessern, das er als Ganzes jedoch stets aufs Neue antreiben muss. Wer aber aktuell dem Nationalismus im Standort Deutschland/Türkeri/Kurdistan an den Kragen will, der muss den dominanten nationalistischen Diskurs als das kritisieren, was er im globalen Maßstab inzwischen ist: Die Normalkatastrophe.
Die Geschichte der radikalen Linken ist eine Geschichte von Enttäuschungen und Ersatzhandlungen. Unser Vorschlag an die antifaschistische Linke ist daher denkbar einfach: Die Aufgabe der Emanzipation sieht eine bedingungslose Solidarität mit einem staatlichen Gewaltapparat nicht vor. Nach dem mit der Verstaatlichung der Arbeiterbewegung schon das vermeintlich revolutionäre Subjekt im falschen abhanden gekommen war, der Reformismus sich in unzähligen Kriegen und Krisen blamiert und die antiimperialistische Vorstellung „nationaler Befreiung“ sich bestenfalls (zuletzt in der Globalisierungsbewegung) als Ideologie der nachholenden Entwicklung abgehängter Staaten in der Weltmarktkonkurrenz entpuppt hat, haben jene Linken, die diese Entwicklung immerhin zur Kenntnis nehmen, tendenziell ein politisches Identitätsproblem. Wo weder ein Subjekt noch eine Strategie zur grundsätzlichen Veränderung der Gesellschaft realistisch erkennbar und der Alltag in den sozialen Zentren und Kleingruppen häufig frustrierend bis nervtötend ist, da ist die Suche nach einem Ort, der eine ungebrochene Identifikation anzubieten scheint, nachvollziehbar.
Die radikale Kritik von Staat, Nation und Kapital braucht sich allerdings auch nicht auf eine Frage der richtigen Gesinnung zurückzuziehen und der praktischen Auseinandersetzung zu enthalten: Es ist nicht radikal, wenn die Linke die gesellschaftliche Ohnmacht theoretisch verdoppelt. Anstatt sich auch noch mit der eignen Ohnmacht zu identifizieren, gilt es dagegen die antinationale Kritik, wo immer möglich, als Vaterlandsverrat praktisch zu machen.
Ob solch ein praktischer Antinationalismus eine Perspektive für die grundsätzliche Veränderung dieser Gesellschaft eröffnet, lässt sich zwar nicht mit Sicherheit behaupten, dass es ohne ihn allerdings bestimmt nichts werden, wird ist sicher. Jene nämlich, dass jede Sorge um die Nation und jeder Appell an den Staat letztlich eine Parteinahme gegen die Menschen ist – hier und erst recht anderswo.
So oder so – kein Grund zum Feiern. Denn die Feier der Nation ist ein Angriff auf das schöne Leben und ein Hohn gegenüber der Gesellschaft, wie wir sie uns vorstellen: Nationalismus ist keine Alternative!
Antinationale Gruppe Frankfurt