Dieser Bericht dokumentiert die Wahlkämpfe 2009 in Pirmasens und Umland aus antifaschistischer Sicht. Der Bericht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Zweck dieses Berichts, ist es die Infos aus dem letzten Monat zu bündeln und eine Basis für antifaschistische Praxis liefern. Er richtet sich an alle, die sich mit den Erscheinungsformen der extremen Rechten in der Region aktionistisch, wissenschaftlich, beruflich, journalistisch und im Bildungsbereich auseinander setzen möchten. Vordergründig wird es hier um den Wahlkampf der NPD und ihr Aktionspotential gehen. Dabei wird diese Berichterstattung sich auf das Wesentliche, den Wahlkampf 2009 beschränken.
1.0 – NPD in Pirmasens
In Pirmasens konnten, neben den Republikanern, die zunehmend an Bedeutung und Mitgliedern verlieren, die NPD in den letzten Jahren die Zahl ihrer Mitglieder in Pirmasens und bundesweit steigern. Auch in Pirmasens ist sie, wie in vielen anderen Städten, die aktivste, rechte Partei. Sie konnte in den letzten Jahren ihre zentrale Position als politischer Akteur ausbauen. Dabei half in Pirmasens die Strategie, mit freien Kräften, sprich der Kameradschaft Zweibrücken, zusammen zu arbeiten. Die Zusammenarbeit reichte im Zusammenhang mit dem Wahlkampf vom gemeinsamen Organisieren einer Demo bis hin zur Unterstützung beim Verteilen von Propagandamaterial. Auf der Sonderseite einer NPD-Demonstration vom 8. August 2009 ist neben dem Logo der NPD auch das, der sich selbst als freie Kräfte, oder besser bekannt als freie Kameradschaften bezeichneten Gruppierungen zu sehen. Auch die Beteiligung der Redner, die auf der Demo sprachen, beschränkten sich keinerlei auf regionale NPD Politiker. So sprach neben dem NPD Kreisvorsitzenden der NPD Westpfalz und gleichzeitiger Abgeordneter im Stadtrat Pirmasens Marus Walter und Landesvorsitzender der NPD Saar Frank Franz auch der Vorsitzende der NPD im schweriner Landtag Udo Pastörs. Gerade das öffentliche Auftreten Pastörs auf der Demonstration, welche sich gegen eine Moschee in Zweibrücken richtete, legt mit erschreckender Realität offen, über welche Kontakte regionale Neonazi-Strukturen verfügen.
Udo Pastörs ist in der Vergangenheit schon öfters mit rassistischen und antisemitischen Äußerungen aufgefallen. So forderte er am 20. September 2007 bei einer Parlamentssitzung im Landtag von Mecklenburg Vorpommern die Unterstützung des Landtages für die Streichung des § 130 auf Bundesebene und damit die Abschaffung des Straftatbestands der Volksverhetzung. Oder bei seinen Reden am politischen Aschermittwoch, den die NPD in der Mehrzweckhalle Schafbrücke in Saarbrücken abhielt. Dort bezeichnete er die Bundesrepublik als Judenstaat und nahm bei den politischen Gesinnungsgenossen kein Blatt vor den Mund. Seit dem läuft ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wegen Volksverhetzung gegen Pastörs. Bei der Rede waren auch Mitglieder der Kameradschaft Zweibrücken anwesend, welche gut an ihren T-Shirts mit der Aufschrift die „Bombe fürs System“ und einer Abbildung eines Reichsadlers mit einer in Reichsfarben (schwarz rot weiß) gefärbten Bombe, gut zu erkennen waren.
Neben der üblichen Wortergreifung und Stimmungsmache ohne politischen Inhalt von Wert, welche eher in der sozial schwachen Bevölkerung Anklang findet, ist eine zunehmend offenere Haltung im Bezug auf den Nationalsozialismus beim Auftritt in der Öffentlichkeit zu erkennen. So wie am 11. September 2009 in Kaiserslautern, als die NPD mit Hilfe von Mitgliedern der Kameradschaft Zweibrücken einen Infostand organisierte, und neben Parteifahne auch eine Reichsfahne zu sehen war. Oder als am 21.09.2009 die Nationale Partei einen Infostand in der pirmasenser Fußgängerzone organisierte, bei der ebenfalls die Reichsfahne nicht fehlen durfte. Neben einigen NPD Mitgliedern, die vor Ort mit roten T-Shirts mit dem Logo der Partei zu erkennen waren, durfte mensch auch die ein oder andere Person antreffen, welche mit schwarzen T‑Shirts mit der Aufschrift „Nationaler Widerstand“ gekleidet waren. Am Tag zuvor waren NPD‑Aktivisten fleißig damit beschäftigt gewesen auf dem städtischen Spieltag Jungwähler zu mobilisieren. Dabei verteilten NPDler unter anderem Aufkleber der JN (Junge Nationaldemokraten), welche mit der Aufschrift „Jugend wählt NPD“ versehen waren. Die Aktion war jedoch von kurzer Dauer, da sie von antifaschistischen Personen aus dem bürgerlichen Lager gestört und nach langen Diskussionen beinahe mit einem Polizeieinsatz (1: pirmasenser Zeitung berichtete am 21.09.2009) beendet wurde.
1.1 – Publikationen von freien Kräften und der pirmasenser NPD
Neben Flugblättern und Aufklebern gehören seit mehreren Jahren verschiedene Zeitungen und Faltblätter zum Standardrepertoire der Öffentlichkeitsarbeit der pirmasenser NPD. So wurden in der gesamten Stadt NPD Faltblätter an die Windschutzscheiben von Autos gehangen oder in die Briefkästen geworfen. Doch auch das Web 2.0 nutzen die Neonazis gekonnt für ihre Zwecke. Die Pirmasenser NPD verfügt über zwei Internetseiten. Neben der Hauptseite (2: npd-westpfalz.de/), welche das zentrale Organ Walters und Wagners ist, gibt es noch eine Sonderseite (3: keine-moschee-in-zw.de/), welche eigens für die Demonstration am 8. August eingerichtet wurde. Beide Seiten sind auf dem gleichen Server gehostet. Die Hauptseite ist dabei die einzige, die regelmäßig aktualisiert wird. Sie enthält vor allem Berichte und Sitzungsprotokolle der Stadtratssitzungen, so wie Terminankündigungen zu Veranstaltungen.
Auch auf YouTube ist die Pirmasenser NPD mit eigens produzierten Videos vertreten. Mit dem YT-Account „nwp88“ wurde z. B. ein Wahlwerbevideo (4: youtube.com/watch?v=MMOU3DuWVaM) für die Stadtratswahl in Pirmasens ins Internet gestellt. Dabei steht die Abkürzung „nwp“ für Nationaler Widerstand Pirmasens, die Zahlensymbolik für 88 ist in der Neonazi-Szene weit verbreitet, wobei jede Zahl für den achten Buchstaben im Alphabet steht: 88 → HH → Heil Hitler.
Aber auch die Kameradschaft Zweibrücken macht mit ihrer, vor rund zwei Monaten frisch veröffentlichten Webseite (5: nationaler-widerstand-zweibrücken.org/), kein Geheimnis aus ihrer politischen Ideologie. So sieht mensch etwa beim Betreten der Seite Soldaten der Waffen-SS die sich zum Teil in Kampfhandlungen befinden. Über der Seite steht ein großer weißer Schriftzug: „Frei – Sozial – National“. Doch die Seite hat neben Hitler-Romantik noch ein wenig mehr zu bieten: Neben Videos, mit u. A. einem Bericht zur oben erwähnten Demo vom 8. August 2009, findet mensch auch einige Bilder, welche die Kameradschaft auf ihren veranstalteten Demonstrationen, Infoständen und Aktionen zeigen.
1.2 – Fazit: NPD
Die pirmasenser NPD konnte in den letzten Jahren ihre Rolle als extrem rechter Akteur ausbauen. Bei den Stadtratswahlen 2009 erreichten sie 1,5 % und bekamen somit einen Sitz im Stadtrat. Sie hat es somit teilweise geschafft in die Schlagzeilen zu geraten und sich in der Kommunalpolitik zu positionieren. Das bestätigen auch die Zahlen der Bundestagswahlen vom 27. September 2009. Hier erreichte der Kreisverband Westpfalz das beste westdeutsche Ergebnis für die NPD:
* Wahlkreis 210 Kaiserslautern (6)
o 2,6 % der Erststimmen [- 0,2 % zur letzten Wahl]
o 2,0 % der Zweitstimmen [- 0,3 % zur letzten Wahl]
* Wahlkreis 211 Pirmasens (Markus Walter) (7)
o 2,8 % der Erststimmen [- 0,5 % zur letzten Wahl]
o 2,0 % der Zweitstimmen [- 0,1 % zur letzten Wahl]
* Wahlkreis 212 Südpfalz (Sascha Wagner) (8)
o 2,6 % der Erststimmen [+ 0,8 % zur letzten Wahl]
o 2,0 % der Zweitstimmen [+ 0,2 % zur letzten Wahl]
* Kreisfreie Stadt Zweibrücken (9)
o 2,5 % der Erststimmen [- 0,2 % zur letzten Wahl]
o 2,3 % der Zweitstimmen [- 0,1 % zur letzten Wahl]
Dabei half unter Anderem die verstärkte Zusammenarbeit mit den freien Kameradschaften und anderen Akteuren. Begünstigt wurde die Entwicklung durch den ehemaligen Landesvorstand Sascha Wagner, der bei der Bundestagswahl 2005 als Direktkandidat für den Wahlkreis Pirmasens-Zweibrücken antrat und über sehr gute Kontakte zur aktionsorientierten Neonazi-Szene verfügt. Zu dem zeigt der Auftritt Pastörs in Zweibrücken dass die regionalen Strukturen bundesweite Kontakte und Netzwerke pflegen. Die in dem Bericht genannten Aktivitäten der NPD und der freien Kräfte zeigen, dass die rechte Szene Potential hat und dieses zu Aktivitäten entfalten kann.
Glaubt mensch den Ankündigungen der NPD, sich in näherer Zukunft verstärkt mit dem Thema Islamisierung zu beschäftigen, könnte mit den nächsten Wahlen die NPD neue Stimmhochs erzielen. Ziel der Rechtsextremen wird sein, durch Anschlussfähigkeit rassistischer Argumentationsmuster in weiten Teilen der Gesellschaft Befürworter für Ihre Politik zu gewinnen. Wahrscheinlich wird die Taktik, durch gemeinsame Anknüpfungspunkte Menschen für die Neonazi-Szene zu begeistern, vor allem in Mischszenen wie unter Rockern, Hooligans oder auch Jugendlichen Erfolg zeigen.
2.0 – Die Republikaner
Betrachtet mensch die Wahlergebnisse der Republikaner in Pirmasens, kann mensch annehmen, dass die Republikaner aufgrund ihren erheblichen Stimmen-Verluste keine ernstzunehmende Gefahr für Pirmasens und Zweibrücken darstellen. Jedoch muss mensch sich nach dem Einzug der NPD im Stadtrat vor Augen halten, wie deutlich sich das Gesellschaftliche Klima unter der Bevölkerung in ein extremere Richtung bewegt. So bedarf es keinem Geheimnis dass die NPD zunehmend mehr REP-Wähler für sich begeistern konnte. Die Partei erreichte bei den Pirmasenser Stadtratswahlen (10) 6,2 % der Stimmen – dass ist im Vergleich zu den Wahlen 2004 ein Verlust von 4 %. Die Republikaner zogen erneut in den Stadtrat ein, mussten jedoch 2 Plätze räumen. Die REPs in Pirmasens konnten sich trotz der erheblichen Wählerverluste erneut als 4.-stärkste Partei behaupten. Für die Republikaner sind die bisherigen Ratsmitglieder Andreas Burkhardt und Axel Ebelshäuser vertreten. Als neuer Vertreter der Partei im Stadtrat wird Heinz Hinkel einen Platz einnehmen. Trotz dem Urteil gegen den Fraktionsvorsitzenden der Republikaner Andreas Burghardt wegen Volksverhetzung, wählten 1.662 Wähler bei den Bundestagswahlen die Republikaner. Das sind 1,3 Prozent der Stimmen.
Das Landgericht Zweibrücken hat am 12.08.2009 ein erstinstanzliches Urteil wegen Volksverhetzung gegen Andreas Burkhardt ausgesprochen. Burghardt hatte zunächst einen Strafbefehl über 3.000 Euro bekommen. Nach seinem Einspruch dagegen hatte das Amtsgericht Pirmasens den 28-jährigen im Oktober 2008 verurteilt. Dagegen legte der REP-Mann Berufung ein, die jedoch vom Landgericht Zweibrücken zurückgewiesen wurde. Burghardt war vor Gericht vom früheren Vize-Bundesvorsitzenden der REP und Rechtsanwalt Björn Clemens aus Düsseldorf vertreten worden.
Aber auch sonst ist Burghard sehr aktiv. So pflegt er gute Kontakte zu seinen Parteifreunden nach Hessen und Baden-Württemberg, wo er auch gerne mal bei Wahlkampf-Veranstaltungen unter dem Motto „Mach mich nicht an, Ali!“ anzutreffen war. Auch auf Infoständen wirkte er mit, wie Ende 2007, als Burghard bei einem Infostand seiner Partei, der sich gegen Islamisierung und Moscheebau richtete, in Frankfurt am Main Flyer und seine Visitenkarten, mit der Adresse des Fraktionsbüros der Republikaner in der pirmasenser Schlossstraße, an interessierte Bürger verteilte.
2.1 – Fazit: Republikaner
Von einem großen öffentlichen Auftreten der Republikaner im Kreisverband Pirmasens-Zweibrücken kann mensch nicht sprechen. Zumal die Partei durch Mitgliederschwund und Wählerverluste geschwächt ist. Spätestens nach den Stadtratswahlen vom 7. Juni, als neben der Wiederwahl Andreas Burgharts erstmalig der Spitzenkandidat der Pirmasenser NPD Markus Walter in den Stadtrad gewählt wurde, kann mensch davon ausgehen, dass eventuell mit zukünftiger Zusammenarbeit und dem Aufgreifen gemeinsamer Themen zwischen NPD und den REPs zu rechnen ist. Darüber hinaus wird mensch einen Abwanderungsprozess bei den Republikanern beobachten können, bei dem viele Wähler zur NPD wechseln. Jedoch bleibt die politische Zukunft der REP ungewiss, erst die Zukunft wird zeigen, ob sich das Wählerpotenzial durch aktuelle Themen steigern lässt, oder ob mensch sich nur auf einen kleinen Stammwählerkreis beziehen wird.
* Wahlkreis 210 Kaiserslautern (6)
o 0,9 % der Zweitstimmen [- 1,3 % zur letzten Wahl]
* Wahlkreis 211 Pirmasens (7)
o 1,6 % der Zweitstimmen [- 0,8 % zur letzten Wahl]
* Wahlkreis 212 Südpfalz (8)
o 1,3 % der Zweitstimmen [- 0,8 % zur letzten Wahl]
* Kreisfreie Stadt Zweibrücken (9)
o 0,4 % der Zweitstimmen [- 0,2 % zur letzten Wahl]
Ein Thema, das in Zukunft aus der Sicht regionaler AntifaschistInnen für Ärger sorgen könnte, ist eine eventuelle Kampagne gegen Moscheen und Islamisierung in Pirmasens und Zweibrücken. Erste Anzeichen dafür liefert die Demo der NPD vom 8. August in Zweibrücken.
Antifa-Wahlbericht zur NPD und REP – Region Südwest-Pfalz
sehr schöne arbeit ;)
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http://zwantifa.blogsport.de/
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