Nach über 4 Jahren Intervention ins Geschehen im MAN-Werk München, haben wir die unabhängige Mitarbeiter_innenzeitung aufgelöst. Aus verschiedenen Gründen ist eine Weiterführung nicht möglich. Was bleibt sind Erkenntnisse, die wir eigentlich schon vorher hatten, ein wenig Hoffnung und Skepsis gegenüber dem Handeln vieler Leute in der radikalen Linken.
Zum 1. Mai 2010 brachten wir die erste Ausgabe raus und bis zuletzt erhöhte sich die Zahl auf 19 Ausgaben und einer Kampagne. Während anfangs vor allem über das MAN interne Geschehen geschrieben wurde und nur eher weniger Aufklärung stattfand, wurde das mit der Zeit anders. Die Schlussfolgerungen, die wir mit der Zeit ziehen konnten, wurden dabei den Leser_innen ebenfalls vermittelt. So zum Beispiel, dass man einfach keine Forderungen stellen braucht, denn man erkennt damit die Herrschenden als solche an und bekommt am Ende nur krumme Kompromisse.
Es ist essentiell, den eigenen Alltag als revolutionären Ort und Zeit anzuerkennen. Wer das Leben in Arbeit, chillen und Politik aufteilt, hat wohl noch nicht begriffen (oder will es nicht begreifen), dass alles was wir machen, in diesem kapitalistischen System passiert. Wer brav arbeiten geht und danach bisschen Politik macht, wird selbst die eigene Lebenssituation in der kapitalistischen Verwertung nicht ändern können. Egal ob in der Fabrik, einem Büro oder im sozialen Bereich, jegliche Lohnarbeit hält das System aufrecht. Wir wollen damit nicht sagen, dass jetzt alle ihre Arbeit kündigen müssen und hartzen sollen, auch wenn das das Konsequenteste wäre. Doch wer meint „Politik“ nur in der Freizeit machen zu können oder aufgrund der Arbeit im sozialen Bereich eine bessere Lohnarbeit zu machen, hat das eigene Sein und Handeln im Kapitalismus nicht verstanden. Die Revolution ist durch unsere Intervention auch nicht ausgelöst worden, aber wir haben die Zeit unseres Lebens in der Arbeit nicht mund- und tatenlos hingenommen und dabei noch vielen Menschen die Augen geöffnet. Es sind eben jene Menschen, die meist lustlos in die Arbeit gehen und ihr Leben als gottgegeben und somit widerstandslos hinnehmen.
Nachdem die Gewinne vieler Unternehmen nicht mehr durch Expansion zu steigern sind, versuchen sie es immer aggressiver durch die Ausbeutung der eigenen Mitarbeiter_innen. Immer mehr Arbeiter_innen wehren sich aber durch passive formen des Widerstands. Nicht nur bei MAN machen viele Menschen krank, um sich eine Verschnaufpause zu gönnen. Bisher findet solch ein Widerstand aber leider nur individualisiert statt und ist für Unternehmen somit auch noch keine Gefahr. Viele Arbeiter_innen wollen nur sich selbst in eine angenehmere Situation bringen, sei es durch einen angenehmeren Arbeitsplatz oder eine hohe Abfindung. Auch die Gruppen, die eigene Listen für die Betriebsratswahl machen wollten, stellten sich bei der MAN als egoistisch heraus, die sich lediglich ein gemütlicheres und sichereres Arbeitsleben erhofft hatten. Und trotzdem geben uns all diese Aktionen Hoffnung. Denn als bei einem Aufruf zum wilden Streik viele mitmachten, war uns klar, dass es immer noch sehr viele Menschen gibt, die sich einen gemeinsamen, organisierten Widerstand wünschen. Die anerzogene Konsumhaltung muss überwunden, ein eigenständiges Denken und gemeinsames Handeln dafür erlernt werden. Und das ist genau der Punkt, wo wir als fortschrittlich und libertär Denkende eingreifen sollten.
Wenn wir es schaffen, dass die Menschen ihre Wut in gemeinsamen Widerstand umwandeln, dann ist das wahrhaftig revolutionär. Doch mit hochgestochenen Texten, Demos durch schicke Innenstadtviertel oder Kampagnen, die nach kurzer Zeit wieder im Sand verlaufen und sich nur mit Symptomen und nicht der Ursache (Saat und Kapital) vieler Probleme auf der Welt beschäftigen, wird sich nichts ändern. Wenn man meint, dass man sich in der eigenen Szene und den Freiräumen vor der Realität verstecken kann, wird eines Tages böse erwachen, wenn die Realität an der eigenen Haustür nicht halt machen wird.
konsequent-konsens?
harzen als austieg aus der arbeitswelt, vielleicht gar aus dem kapitalismus?
also angesichts der umfassenden gängelung, der ständigen termine, der banalität mit dem diese institution einen an allen möglichen zeitpunkten attacken will, hat ja nicht viel zu tun mit ausstieg. eher mit einem einstieg in eine noch präkerere phase in der das "existenzminimum" auch noch weggenommen werden kann.
wenn schon aus der arbeitswelt aussteigen, dann mit selbstversorgung in kommunen, die einen sowohl von der ofieziellen als auch der harz arbeitswelt vernhalten. natürlich ist das auch nicht "der goldene weg", aber ich denke es ist trotzdem klar was ich meine.
(zumal ein relativer wiederspruch zwischen arbeitskämpfen ja, aber rüstungsunternehmen unterstützen (MAN) nein, immer noch besteht.)
Schade...
... das ihr nicht weiter macht.
frage
wo kann man denn mal so ne zeitung lesen? :)
hier
http://werkerinfo.blogsport.de/
In tiefer trauer
Bezeichnend die Nichtreaktion der „Indy-Gemeinde“. Die hier formulierte Kritik des Werkerinfo, Politik als exklusives Freizeitvergnügen abseits des Alltags oder der Lohnarbeit an sich zu verstehen, trifft voll ins schwarze.
Mit dem Werkerinfo verschwindet eine kleine, aber immens wichtige Initiative, die Klassenkampf primär als das verstand, was es sein sollte: Kampf gegen Ausbeutung im Betrieb. Und das fernab ideologischer Verkrustungen – operaistisch/syndikalistisch/wie auch immer – mit Blick auf die wesentlichen Bedürfnisse unserer Kolleg_innen, verbunden mit radikaler Gewerkschaftskritik und mit noch klarerem radikalen Klassenstandpunkt. Wo gab es denn sonst schon Aufrufe zu wilden Streiks? Die Grundaussage des Werkerinfo war immer klar: Was wir brauchen müssen wir uns nehmen! Dabei bleibt es! Leider in Zukunft ohne eine aktive Betriebsgruppe bei MAN. Aber umsonst ist es nie.
Liebe Genoss_innen, ihr habt was probiert, die radikale Linke hat's nicht interessiert. Aber eure Kolleg_innen werden sich an euch erinnern.
Anhänger_innen der Arbeiter_innenautonomie