Es war nicht alles Schlecht. Ein Kommtar zum 3. Oktober, der deutschen Einheit und dem Facebook der DDR

Wenigstens hat die BRD Facebook...

Das beliebteste Lob der Demokratie ist der Vergleich mit einer Herrschaftsform, die allgemein unbeliebter ist. Dieser Tage ist das gerne der IS, in dessen Blutbad sich die von allen Widerlichkeiten gesäuberte westliche Welt so wunderbar spiegelt. Damit ist aber auch festgehalten, dass jenes immer wieder zitierte “Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.” [Churchill] gar keine Aussage über die Demokratie ist sondern über ihre vermeintlichen Alternativen – und gerade damit dann doch etwas über diese passenste Regierungsform über die bürgerliche Gesellschaft gesagt wird: Das man diese eigentlich nur loben kann durch sorgsam aufgebaute und behütete Feindbilder.

 

Wenn heute in Feiertagslaune die deutsche Regierung versucht in Hannover die Einheit aus Volk und Führung zu präsentieren und selbst ein kleines Brandenburger Tor nachgebaut wird (1) darf dieses Feindbild nicht Fehlen, dass die Deutschen mehr “Vereint in Vielfalt” (2) als jedes erfundene, positive Gemeinsame. Wie beliebig das Reich des Bösen dabei ist zeigt sich nicht nur in dem schnellen Frontenwechsel dieses Bösen, illustriert heute einmal an Assad. Letztes Jahr war man sich in Form eines Richard Herzinger in der Welt noch sicher das “der Westen” endlich in Syrien einmarschieren sollte (3), heute ist Assad Kämpfer an einer der Frontlinien gegen den IS und damit Verteidiger der Zivilisation schlechthin geworden - auch wenn er dadurch nicht beliebter wurde.

 

Nein, es zeigt sich auch heute in ‘die Welt’, dass die Ausgeburten der Hölle auch direkt aus der Phantasie bürgerlicher Journalisten springen können und ihren Dienst für die Einheit der Deutschen trotzdem leisten können. Unter dem völlig debilen Motto: “Was wäre wenn” (4) – schon mein über jeden Marxismusverdacht erhabener Geschichtslehrer wusste, dass die Geschichte kein ‘wenn’ kennt – schreibt ein Frédéric Schwilden seine persönliche Horrorvision einer DDR 2.0 auf, die ihr Volk fest mit der sozialistischen Variante von Facebook in ihrer Hand hat. “So hätte Erich Honeckers Facebook ausgesehen” (4). Dabei wird an Horror nicht gespart: “Jeder, der ins volkseigene Netz möchte und eine der begehrten Zugangsboxen “Empfänger300″ erhält, muss seine Nationale Identitäts-Karte in die Box einführen.” (4)

 

Das der bürgerliche Staat natürlich auch jede einzelne Nachricht zurückverfolgen kann und das privatwirtschaftliche Unternehmen genügend Daten über jeden Einzelnen Nutzer sammelt um damit 1200 Seiten zu füllen (5), kann da schon mal in Vergessenheit geraten. Über die Demokratie will einer wie Schwilden aber gar nicht schreiben sondern lieber über eine Digitale DDR die es zwar niemals gab, aber die als Feindbild und damit immer auch als Rechtfertigung für die bestehende Scheiße immer noch taugt. Es war eben nicht alles Schlecht, als Reich des Bösen taugte die DDR durchaus für die Westpropaganda und tut es heute noch. Und damals wie heute ist es dafür auch völlig irrelevant ob diese DDR die da an die Wand gemalt wird mit der realen DDR auch nur noch irgenwas zu tun hat.

 

Die DDR muss eben gar nicht mehr existieren, um noch als schlechteres Deutschland Pate zu stehen – womit auch klar wäre, dass diese Journalisten immer gegen die Alternativen zur FDgO hetzen, selbst wenn es diese gar nicht mehr gibt oder diese in dieser Form nie gegeben hat und nie geben wird: ” Die ersten 450.000 Empfangsboxen sind bereits ausgeliefert. Der damit beauftragte Betrieb “VEB Solidarische Zukunft und Technik” kommt mit der Produktion kaum hinterher.” (4) Da sieht man es mal wieder – selbst die von bürgerlichen Vollpfeifen ausgedachte Planwirtschaft befriedigt nicht die Bedürfnisse der Fantasie-DDR Bürger.

 

Die Wolkenkukuksheimdiktatur ist nichtmal sonderlich Originell: ” Das Volk tauscht sich über Vkom (Volkskommunikation – die DDR-Alternative zu Facebook) und VEB Zwitscher (Twitterklon) aus.” (4) Quod erat demonstrandum – selbst die DDR 2.0 verarscht ihre Bürger mit billigen Westclonen und Überwacht alles bis ins letzte.

 

Was für ein Segen das ‘die Geschichte’ über die DDR triumphiert hat und die Deutschen heute in Hannover ihre Einheit feiern können. Mit dem echten Facebook und dem echten Twitter und der echten Freiheit ausgerüstet können diese doch eigentlich schon ganz zufrieden sein – zumindest verglichen mit einer DDR im Kopfe eines Frédéric Schwilden. So kann sich die BRD doch blicken lassen – im Vergleich mit einer DDR, die es nie gab.

Mehr auf www.keinort.de

(1) http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/tag_der_deutschen_einheit/Sonnenschein-zum-Tag-der-Deutschen-Einheit,einheitsfeier108.html
(2) Motto der diesjährigen Feierei
(3) http://www.welt.de/debatte/kommentare/article119405182/ Muss-der-Westen-in-Syrien-eingreifen-Ja.html
(4)
http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article132884523/So-haette-Erich-Honeckers-Facebook-ausgesehen.html
(5)http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.sammelklage-gegen-facebook-jurist-hat-25000-unterstuetzer.d58eee12-4e29-4496-abd1-e58f62b5d8ab.html

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Aud die Idee kam bereits vor Jahren der Eulenspiegel. Da gabs auch mal ein "Neues Deutschland" mit dem Szenario, die DDR hätte die BRD geschluckt.

Irgendwie hege ich Zweifel an der Identität der Motive von "die Welt" und "Eulenspiegel".

In hannover kann man sicherlich ähnlichkeiten festellen.

Andernfalls könnte er nicht so kalt und unreflektiert über den Überwachungsstaat der DDR schreiben.

Es macht einen sehr großen Unterschied, ob ein privatwirtschaftliches Unternehmen wie Facebook meine Daten sammelt. Zur Nutzung von Facebook wird schließlich niemand gezwungen. Auch dass der Staat den Datenverkehr filtert, kann man differenziert betrachten. Auf alle Fälle darf man ihn aber nicht mit den Stasi-Methoden der DDR gleich stellen.

Vielleicht hat der Autor ein paar Details über die Jahre vergessen. So unter anderem die Operative Personenkontrolle mit Komplettüberwachung des eigenen Wohnraumes. Oder die Zersetzung, als das Einsperren und psychische Foltern von politischen Gegnern.

Und selbst wenn man es auf die Demokratie herunter bricht: es gab keine freien Wahlen.

als jemand der DDR erlebt hat: sie war besser, als der Dreck der heute herrscht und der seit 1989 fünfhundert Millionen Toten hervorgebracht hat.

in der BRD seit 1989? Oder wie meinen?