Kurznachrichten...

Lucioles

Aus Lucioles, Bulletin anarchiste de Paris et sa region (Glühwürmchen, anarchistisches Bulletin von Paris und Umgebung), August 2014, N. 18

Die Glühwürmchen sieht man weil sie in der Nacht fliegen. Die Aufsässigen erleuchten die Nacht weil die

                                      Gesellschaft grau ist wie die Befriedung. Das Problem sind nicht die Glühwürmchen sondern die Nacht.

 

KURZNACHRICHTEN...

 

-GEGEN DIE ABSCHIEBER UND AUSBEUTER... - Als Antwort auf die Verhaftung von etwa 10 AnarchistInnen in Italien wurden am Sonntag 8. Juni 8 Bankautomaten mit Hämmern oder Bauschaum sabotiert und zwei Immobilienagenturen entglast, in Pré-Saint-Gervais und in Pantin.

 

-...UND GEGEN DIE RÄDERWERKE DER KNASTGESELLSCHAFT – Am 13. und 18. Mai verbrennen zwei Autos von ONET Sécurité und SPIE (mischt bei der Nuklear- und Kontrollindustrie mit, unter anderem mit Kameras in Paris) in Paris XIX und Montreuil. Am 24. Juni kommt in Pantin ein LKW von Boygues, Knast- und Haftzentrenbauer (und Betreiber) dran und löst sich in Rauch auf.

 

-ZU FUSS IST ES NOCH ÖKOLOGISCHER! - Ende Mai sind 27 Busse des Unternehmens Keolis, die normalerweise Reiche und TouristInnen vom Flughafen Rossy in die Hotels und umgekehrt herumkutschieren, von uns gegangen...Es blieben nur noch verkohlte Skelette im Depot von Mesnil-Amelot übrig (sieh mal an, gerade neben dem Knast für Sanspapiers – ob solche Busse wohl auch Menschen zur Abschiebung transportiert haben?). Bei Lilas gehen drei öffentliche Mietautos in Rauch auf und in Paris werden 453 Mietfahrrädern die Reifen zerstochen (sowie von 8 Autos der Gemeindeverwaltung). Zu Fuss, ihr Weicheierchen! Das ist noch viel ökologischer! Und etwas Verlust für die Unternehmen wie JCDecaux, die die Gefangenen ausbeuten.

 

-MAL ANDERSRUM! - Donnerstag 4. Juni gegen 18:20 wird in den Strassen von Cergy (Oisetal) ein Wärter vom Knast Osny von sechs Individuen erkannt, die ihm die Visage mit Fäusten und das Auto mit Steinen polieren bevor sie das Weite suchen. Ein gerechter Lohn für seine Arbeit!

 

-LIEBE UND MOLOTOW DEM GERICHT – Freitag 27. Juli vor Sonnenaufgang werden eine brennende Mülltonne und ein Molotow ans Berufungsgericht von Créteil geschmissen, auf der Höhe der Metalltür für die Gefangenen. Wahrscheinlich eine Liebeserklärung an die Freiheit!

 

-ZWEI FLIEGEN MIT EINEM FEUER, DIE URNE UND DIE SCHULE – Am 25. Mai fanden die Europawahlen statt, wozu die Zimmer der Schule Roland-Dorgeles in Chantelup-Les-Vignes (Yvelines), wie viele andere Kasernierungsorte für Kinder, als Wahlbüro dienten. Aber in der Nacht danach fand ein Brandstiftungsversuch im ersten Stockwerk des Gebäudes statt, wozu die BrandstifterInnen einen Notausgang aufgebrochen haben um sich Zugang zu diesem traurigen Etablissement zu verschaffen.

 

-ACAB – Kein Mensch liebt die Bullen und manchmal demonstrieren es einige auf „heisse“ Art und Weise. So deckten Ende Mai einige Unerschrockene eine Wanne, die gerade eine Verkehrskontrolle durchführte, mit Steinen ein. Sie halten auch den Verstärkungen der Blauen gut Stand aber zuletzt werden drei Personen verhaftet. Schlechter Abend auch für die Mannschaft der Blauen, die sich in ein falsches Quartier (Tarterêts in Corbeil-Essonnes) gewagt hatte und im Spital gelandet ist. Ebenfalls an diesem Frühlingsende hatten die Bullen mit reihenweise Hinterhalten im Quartier von Oly in Montgeron ihre liebe Müh und Not. In Genevilliers im Quartier Luth wurde ein 15jähriger verhaftet (anscheinend dank Überwachungskameras), während er versuchte zwei Bagger auf einer Baustelle anzuzünden. Kurz nach seiner Entlassung am Freitag 23. Mai wird er wieder verhaftet, während er mit einem Freund die Bullen mit Steinen beschmeisst. Anscheinend als Antwort auf die Verhaftungen griffen einige Menschen am Abend das Kommissariat mit Feuerwerk an. Vor den Bullen, kein Angriff ohne Antwort!

 

- ES IST DER 14. JULI, NIMM DIE BULLEN AUFs KORN! - Zur 14. Juli-Feier wurde das Kommissariat des XII Arrondissement von Paris und jenes von Choisy mit Feuerwerk angegriffen. In Argenteuil dauerte die Freudenfeier ganze drei Nächte mit brennenden Mülltonnen, Feuerwerk und Steine den Bullen im Val d ´Argent und anderen Quartieren. In Villeneuve-la-Garenne ist es ein Palettenfeuer, das die Bullen anzieht, dasselbe mit einem Mülltonnenfeuer in Villiers-sur-Merne... und wumm! In ihre Fressen! In der Essonne werden etwa zwanzig Austos abgefackelt, während in Gennevillers eine Schule abbrennt...

 

 

ZUSCHLAGEN WO ES AM MEISTEN WEHT TUT!

 

Am frühen Morgen Mittwoch 23. Juli kam es in einer Anlage (einem Weichenstellwerk) der SNCF in Vitry-sur-Seine zu einem Brand. Kaum erstaunlich, denn verfolgt man die lokale Schmierenpresse findet man oft solche Nachrichten. Technischer Unfall, menschliches Versagen, Überhitzung (?)... Oder böswillig. Die Tat von jemanden vielleicht um sich zu amüsieren oder um die gerechte Wut gegen ein Räderwerk dieser Welt loszuwerden – und nicht gegenüber eines der unwichtigsten, in diesem Einzelfall! Also eine mehr oder weniger spontane Tat ohne Planung und ohne sich zu fragen, was es im Gebäude denn so gibt? Oder die Alternative, die die Eisenbahn und die Bullen eher beunruhigen könnte: dass die mit dem Feuerzeug in den Händen sehr wohl wussten worum es ging und was die Folgen sein würden?

Nur, alles was wir über diesen Brand und seinen Ursprung wissen, steht in den Zeitungen – bzw. kommt von den Bullen. Und die lieben es nun mal nicht, dass man ihnen in die Karten schaut.

 

Denn ein Weichenstellwerk ist eine Kabine mit Vorrichtungen, die den Verkehr eines Eisenbahnsektors regeln. Die Reparatur des Stellwerks erforderte eine Stromabschaltung an den Oberleitungen der Züge der S-Bahn, die den Bahnhof Austerlitz (der direkt ob Vitry gelegen ist) anfahren und während des ganzen Mittwochs 23. Juli und teils 24. ausfielen.

 

Ende Februar 2013 kam es in Ville d´Avray zu einem ähnlichen Zwischenfall mit noch grösserer Wirkung (obwohl auf einer weniger wichtigen Linie). Auch dort zerstörte ein Brand (zufällig, wenn man der SNCF glauben will) „elektrische und elektronische Stellwerks-, Signalisierungs- und Sicherheitsanlagen“ [Le Parisien]. Auf der Linie U und einem Teil der Linie I. Dieses Abschnitts zirkulierten wochenlang keine Züge mehr.

Aber es gibt nicht nur Stellwerke... Grosse Verkehrsprobleme vor allem für den TGV gab es in der Region von Chambéry Anfang März 2012. An verschiedenen Stellen (in der freien Natur) wurden die Kabelstränge entlang der Schienen verbrannt (Sabotage in Solidarität mit NoTav-Verhafteten in Italien). Wer ein gutes Gedächtnis hat, wird sich an das Riesendurcheinander erinnern, das es in der Gare du Nord nach einem „kleinen Feuer“ in einem Signalisationsschaltkasten Anfangs 2008 gab. Für einige Stunden standen etwa 300 Züge der S-Bahn und TGV zur Verbindung mit Nordeuropa still.

 

Was an diesen kleinen Zwischenfällen festzuhalten interessant wäre: jede materielle Struktur – z.B. das Eisenbahnnetz – hat seine Schwachpunkte. Dasselbe Ereignis (Unfall, Sabotage) kann mehr oder weniger gewichtige Folgen haben, je nachdem wo es geschieht. Jedes Netz weist bestimmte Punkte auf, Knoten, die, wenn sie ausser Betrieb gesetzt werden, sich schwerwiegend aufs gesamte Netz auswirken können, es kann (wieso nicht?) sogar zum „Dominoeffekt“ kommen.

 

Die Netze, die diese Welt bewegen (Personen-, Waren-, Energie- Informationstransport), haben wir überall unter unseren Füssen, über unseren Köpfen, neben uns, in Kästen an allen Ecken und Enden im Freien und oft weit weg von den neugierigen Augen der Bullen und Kameras.

 

 

An alle Aufmerksamen...

 

                                                                                                                                    lucioles@riseup.net , luciolesdanslanuit.blogspot.fr

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Ich hab jetzt nicht bis zum Ende gelesen.
Aber:
"ihr Weicheierchen"
 - ernsthaft?
Wem nicht einfällt, was daran problematisch sein könnte, soll bitte nochmal scharf nachdenken.

Der absolut falsch als "Weicheierchen" übersetzte Begriff ist "bobo" im französischen Original. "Bobo" bedeutet "bourgeois-bohémien" und wäre mit "Yuppie" oder "Hipster" definitiv besser übersetzt. Man sollte allerdings auch bedenken, dass Camenisch im Knast kein Internet und wohl auch nicht besonders viele Wörterbücher zur Verfügung hat.