Antifa war gestern

Blaues Antifalogo
Als besonders lobenswert empfindet die „Gruppe gegen Kapital und Nation“ die Umbenennung der  „Autonomen Antifa [f]“ aus Frankfurt am Main in „Kritik & Praxis – Radikale Linke [F]rankfurt“. Auch wir haben an dieser Umbenennung nichts auszusetzen. Denn tatsächlich würde es sich bei ausbleibender Umbenennung um „Etikettenschwindel“ (1) handeln. Warum wir uns auch weiterhin Antifa nennen und warum wir es begrüßen, wenn Gruppen wie die „Autonome Antifa [f]“ das in Zukunft nicht mehr machen, soll im Folgenden dargelegt werden.

 

Die Antinationalen von heute
 
Nicht weniger als „(d)em fatalistischen Gefühl der Unveränderbarkeit des Bestehenden (…) die grenzübergreifende Arbeit an Alternativen zu Staat, Nation und Kapital entgegenzusetzen, die diesen Namen auch verdienen.“ (2) ist das auserkorene Ziel der „Kritik & Praxis – Radikale Linke [F]rankfurt“. Wenn in Deutschland und in Europa Synagogen angegriffen werden, wenn jüdische Menschen in ihren Wohnungen überfallen werden, israelische Fußballmannschaften attackiert werden, dann also, wenn sich das negative Potential der kapitalistisch vergesellschafteten Subjekte im Antisemitismus Bahn bricht, darüber nachdenken zu wollen, was man sich denn ansonsten so alles vorstellen kann, kann – gemessen am propagierten Anspruch – nur als grob fahrlässig beschrieben werden.
 
Linksradikale Gruppen dürften insbesondere die Chance, die sich aus der derzeitigen Krise ergibt, nämlich die Infragestellung der „neoliberale(n) Version des Kapitalismus“ (2) keinesfalls verpassen. Nicht erst seit der Lektüre des „Kommenden Aufstandes“ wissen wir ja alle: Der Tag der radikalen Linken kommt, wenn alles zusammenbricht. Die Annahme, Menschen wären ausgerechnet dann, wenn es ihnen am schlechtesten geht, offen für emanzipatorische Positionen, ist absurd. Ganz im Gegenteil zeigt sich doch gerade in Zeiten der ökonomischen Regression, zu welcher Barbarei der Mensch fähig ist.
 
Regressive Krisenbewältigung ist dabei kein Alleinstellungsmerkmal der gesellschaftlichen Mitte oder der auf sie zielenden Rechtspopulisten (2). Auch Teile der radikalen Linken tun sich immer wieder durch totalitäre Lösungsansätze hervor. Das ist für antinationale Gruppen aber kein Grund, irgendein Bündnis auszuschlagen. Getreu ihrem transnationalen Networkingansatz, arbeiten sie europaweit mit fast Allem zusammen, was sich noch irgendwie antinational gibt. Das ist Praxis, die von Theorie nichts mehr wissen will. Nicht nur die Beteiligung an den Blockupyprotesten ist Ausdruck dieser fehlenden Reflexionsleistung. Auch die Mitgliedschaft im sogenannten “Beyond Europe” Bündnis spricht Bände.

Der abstrakte Antinationalismus ist dabei in mehrerlei Hinsicht fatal. Er macht auch vor dem Staat Israel nicht halt. Eine klare Positionierung für das zionistische Projekt sucht man bei antinationalen Gruppen vergeblich. In ihren Bekenntnissen taucht Israel wenn überhaupt nur dann auf, wenn mal wieder gegen unreflektierte Nationalstaatsfetischisten auf den eigenen Demos gewettert wird. Die Sonderrolle der jüdischen Nation wird nicht thematisiert. Scheinbar fällt man hier in das alte linke Dilemma zurück, dass doch längst überwunden sein sollte. Die Solidarität mit Israel ist einer diffusen Akzeptanz des Existenzrechts Israels gewichen.  Das ganze erscheint wie ein zweites 68. Auch damals wandte man sich von Israel ab und schrieb sich den Antizionismus auf die Fahnen. Heute ist man statt Antizionist nur noch Antinationalist und meint dennoch dasselbe. Dabei, und das schrieb Detlev Claussen schon vor einigen Jahren, erspart  “die Flucht in die Weltanschauung [...] die Auseinandersetzung mit einer widersprüchlichen Realtität, die nicht in Dualismen wie Gut und Böse, Täter und Opfer und ähnlichen Schemata aufgeht.” (3)  Darüber hinaus vergessen Antinationale, dass gerade zwei der regressivsten Projekte der Aufhebung des Kapitalismus antinational waren, beziehungsweise sind: Die Sowjetunion und der Islamismus. Und selbst der längst totgelaubte Antiimperrialismus erlebt in der Phrase von der “relektion globaler Dominanzverhältnisse” (4) sein antinationales Comeback. Um mit den Verdammten dieser Erde marschieren zu können, wird deren Wahnsinn  kurzerhand einer “westlich-nationalistischen Dominanz”  zur Last gelegt. Angesichts der Tatsache, dass es gerade die Reste  dieser Dominanz sind, die derzeit noch das schlimmste verhindern, wirkt diese Parteinahme absurd. Ein alter Wahnsinn, der von der Totalität kapitaler Vergesellschaftung nichts wissen will, sondern sich  einzig nach der  ärmlichen Kuhwärme der antikapitalistischen Kameradschaft sehnt.
 
Antifaschistische Gruppen, die in ihrem Antinationalismus meinen, es gäbe unterschiedliche Sichtweisen auf Israel, und sich nicht entscheiden können, welche denn nun die richtige sei (4), haben tatsächlich nichts mit Antifa zu tun. Mit dieser Ausrichtung erkaufen sie sich die Möglichkeit, endlich mal wieder richtig mitmachen zu dürfen. Große Bündnisse wie die Blockupy-Bewegung laden zum antikapitalistischen Tanz. Marketing, Networking, die antinationale NGO arbeitet auf Hochtouren. Dabei bemerken sie nicht, dass sie genau das machen, was sie nach eigener Auskunft zu vermeiden versuchen: Zu Gunsten der Praxis auf jedwede Kritik und Reflexion der eigenen Verstricktheit und der sich daraus ergebenden Grenzen für die eigene Praxis zu verzichten. In entsprechender Art und Weise geht man dann auch auf kritische Gruppen los, und wirft diesen - in der Manier eines beleidigten Kindes - vor, sie können oder wollen keine eigenen Demonstrationen organisieren und hätten sowieso seit Jahren nichts mehr bewegt (5). Diese Kritik zielt nicht auf die inhaltliche Auseinandersetzung, sie steht symptomatisch für die Theoriefeindlichkeit der Antinationalen. Die “Gruppe gegen Kapital und Nation Hamburg” bringt dies auf den Punkt, wenn sie zum “Antinationalen Klönschnack” läd , einer Veranstaltung, die “ohne übertriebenes Expert*innengelaber” auskommen soll.

Hier nochmal der Hinweis: Antifa hat sich immer mit Kapitalismus und dessen Kritik beschäftigt. Antifa bedeutet aber auch zu erkennen, dass es nicht nur immer vorwärts geht. Den drohenden Rückfall hinter die Errungenschaften der Moderne zu verhindern, kann derzeit die einzige “Praxis” sein. Bei der aktuellen gesellschaftlichen Situation von der baldigen Revolution zu träumen erscheint uns mehr als nur weltfremd. Antifa heißt auch, die radikale Kritik nicht zu Gunsten einer linken Pseudopraxis aufzugeben. Antifa heißt auch, keine Zugeständnisse zu machen, an Leute die hinter die bestehenden Verhältnisse zurück wollen. Ein Rückfall erscheint aufgrund der kapitalistisch verfassten Gesellschaft mit ihren inhärenten Krisentendenzen und den entsprechenden Reaktionsmustern der zugerichteten Subjekte als wahrscheinlicher – die Geschichte bietet genügend Beispiele.
Die einzige “Praxis” kann die sein, den erreichten Grad der gesellschaftlichen Freiheit gegen ihre Gegner zu verteidigen und zu hoffen, dass das Ende der Feinde der Freiheit den Beginn jener Individuen markiert, welche mit dem gesellschaftlichen Reichtum Besseres anzufangen wissen, als sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Das ist Antifaschismus – Das ist die einzige Chance auf eine wahrhaft menschliche Gesellschaft.

(3) in: Léon Poliakov, Vom Antizionismus zum Antisemitismus, Freiburg 2006. 
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"Die einzige “Praxis” kann die sein, den erreichten Grad der gesellschaftlichen Freiheit gegen ihre Gegner zu verteidigen und zu hoffen, dass das Ende der Feinde der Freiheit den Beginn jener Individuen markiert, welche mit dem gesellschaftlichen Reichtum Besseres anzufangen wissen, als sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen."

 

Euch ist schon klar, dass dieser "erreichte Grad der gesellschaftlichen Freiheit" für z.B Geflüchtete nicht existiert? Oder für die Menschen , die unter der Repression der EU zu leiden haben? Oder dessen Krisenpolitik?

Und das dieser erreicht Grad nicht einfach so da ist sondern eben durch soziale Kämpfe & revolutionäre Bewegung erreicht wurde? 

Das heißt aber nicht, dass jede "revolutionäre Bewegung" deshalb unbedingt gut ist. Erst recht nicht heutzutage.

Dann viel Spaß beim Verteidigen und Hoffen.

Da habt ihr aber einen schönen Text geschrieben. Was sind eure Folgerungen daraus?

Gäähhhn... Schon wieder das Wort Israel fern ab von Nahost. Hat man hierzulande keine eigenen Themen? Gibt es hier keine Miβstände? Dann ist ja gut.

das eigene Versagen beim NSU Terror hat ihr gar nicht erst angefangen aufzuarbeiten, aber jetzt die Hilfsbullen spielen wollen und hier bunte Texte hinknallen - im Tal kommt wenig Luft an, wa?

 

Unglaublich, diese grenzenlose Verblödung in jenem diesen welchen, was sich "linksradikal" schimpft und nur, weil ihr zu feige seit, um Alternativen mit den vielen Anderen, die von Euch nichts wissen wollen, zu streiten und zu überzeugen.

 

Eine absolute Bankrotterklärung ist diese blaue Wunder hier - weitermachen, nur linksradikal seit irgendwo.

nö. danke, euch braucht keiner.

Im Moment sehe ich auch den Abwehrkampf gegen die "Barbarei" ;-) als wichtiges Feld an. Ich denke nur, dass ihr bei eurer Verurteilung etwas außer Acht lasst, dass es da verschiedene Methoden gibt und es bis zu einem gewissen Grad sinnvoll sein kann mal wieder "richtig mitmachen zu dürfen".

 "Darüber hinaus vergessen Antinationale, dass gerade zwei der regressivsten Projekte der Aufhebung des Kapitalismus antinational waren, beziehungsweise sind: Die Sowjetunion und der Islamismus." 

 

Ich weiß nicht, soll ich lachen oder weinen?

Bei den regressivsten Projekten fällt ihnen der Islamismus und die Sowjetunion ein. Billiger hätte es der Verfassungsschutz nicht formulieren können. Auch spannend, dass ihnen der Nationalsozialismus dabei nicht in den Kopf kommt.

der Kommentar war sinnlos. Der schreibenden Person ging es darum, darauf hinzuweisen das Sowjet Union und z.B. ISIS auch keine neuen Nationen erschaffen wollten bzw. wollen, von daher sowas wie "antinational" seinen und gegen den (westlichen) Kapitalismus kämpfen. Der NS Staat war ein Nationales Projekt mit krassen expansionswünschen. Daher hinkt der Vergleich.

Auch wird von "zwei der regressivsten Projekten" gesprochen und nicht von DEN zwei regressivsten Projekten. Also komm runter.

Der Artikel war scheiße, die Kommentare hier sind es aber auch!

Lernt mal mit Kritik umzugehen.

der ns hat sich auch gar nicht damit aufgehalten den kapitalismus abzuschaffen, sondern hat an seiner statt einen völkischen kapitalismus etabliert (sogenannte "arisierungen"; "arbeit" vs. zins; autarkie...). der antinationale charakter der su, so es ihn überhaupt gab, hat überdies auch nicht lange gehalten. spätestens bei stalin war schluss mit antinational. spannend aber die begriffsbattelei derzeit: [f] und campus benennen sich jeweils um, die alb löst sich auf und die atf regt sich auch mal wieder...

"c&p antifa task force jena"? So eine Gruppe gibt es doch garnicht!

 

Es ist mehr als offensichtlich, dass es sich bei dem Text um einen Fake handelt um die antideutsche Sache zu diffamieren. So etwas würde doch kein verbnünftiger Mensch schreiben!

der text steht aber auch auf der offiziellen Seite der ATF Jena... http://atfjena.blogsport.eu/

Ach die antideutsche Sache, wie Du sie nennst, diskretitiert sich selbst genug, da braucht es gar keine Fake Texte zu.

"Ein alter Wahnsinn, der von der Totalität kapitaler Vergesellschaftung nichts wissen will, sondern sich einzig nach der ärmlichen Kuhwärme der antikapitalistischen Kameradschaft sehnt." - was ich da lesen muss ist der Kuhmist einer Kameradschaft der Wahnsinnigen!

"Unterschiedliche Sichtweisen auf Israel" findet ihr auch bei http://www.haaretz.com oder bei vielen Isralis. Sind das jetzt auch alles Antisemiten und Antizionisten?

Ich kenne AnarchistInnen aus Israel und wir sind uns einig in unserem Antinationalismus. Warum ein nationalistischer Text auf Linksunten, passt diese Propaganda hier? Oder weil sie zeigt, wie Teile der Antifa ticken? Mit diesen Leuten diskutieren bringt doch nichts, es gibt doch genügend Texte, die ihren nationalen Müll entlarven.

Den Nationalismus in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel (aus Jena) auf.

 

Wieder ein Theoriezirkel der Nichts verstanden hat.

Wir, die Antifa Task Force Jena, möchten darauf hinweisen, dass der Kommunismus nicht dafür erstellt wurde, um ihn an Hauswänden oder in sonstigen öffentlichen Einrichtungen anzubringen, sondern nur um ihn auf Papier und in anderen privaten Räumlichkeiten auszuprobieren.

Hat das was mit linker Politik oder deren Reflexion zu tun? Wohl kaum. Ein Regressives Pamphlet, das hinter einer progressiven Fassade nichts anderes macht, als linke Standards wie Antimilitarismus und die Überwindung von Nationalstaatlichkeit zu beseitigen. Damit steht ihr voll auf Seiten von  Bundesregierung, Herrschenden und der bürgerlichen Mitte. Die sind auch alle "gegen Antisemitismus". Die Moderatoren auf Linksunten sollten mal einen Querfront-Kurs belegen und solche Texte gleich rausschmeissen, damit man sich hier wieder auf die wirklich wichtigen Themen konzentrieren kann...