28. September 2014 Refugees Welcome Schanzenfest Hamburg zur offenen Stadt machen - Bleiberecht und Bewegungsfreiheit für alle!
Am Sonntag, den 28. September findet das diesjährige Straßenfest im Schanzenviertel statt. Wir wollen damit das Politikum Schanzenfest in die Waagschale werfen, für die Kämpfe von Lampedusa Geflüchteten und allen Refugees und Gruppen, die gegen rassistische Abschiebepolitik aktiv sind.
Wir erklären Hamburg mit dem Schanzenfest zur offenen Stadt. Wir halten
dagegen, wenn der Senat und andere im Sinne von kapitalistischen Standortinteressen
Ausgrenzung legitimieren. Wir gehen auf die Straße und erklären unseren
Widerstand gegen das verlogene Gerede von einer Weltoffenheit, die
Bewegungsfreiheit primär für Waren und Lager für Menschen bedeutet. Dieser
symbolische Schritt beschreibt einen solidarischen Alltag, der jenseits des
staatlichen Gewaltmonopols, der rassistischen Kontrollen und Gefahrengebiete
(auch) Realität geworden ist. Sabotieren wir die Festung Hamburg und laden alle
Welt ein, die Plätze, Häuser und Paläste zu besetzen. Wir sind Schlepper_innen
und Verräter_innen in eigener Sache und öffnen Hintertüren und Geheimgänge.
Während über den Hamburger Hafen täglich Waren im Wert von 3,5 Millionen Euro
angespült werden, sind in den letzten 14 Jahren mehr als 23.000 Menschen an den
Grenzen Europas umgekommen, die meisten von ihnen ertrunken. Die Abschottung
der europäischen Außengrenzen wird durch die EU-Grenzschutzagentur Frontex
organisiert. Kriegsschiffe gegen Flüchtlingsboote sowie Abschiebungen stellen
die Antwort des europäischen Grenzregimes dar, das Migration als Bedrohung
ansieht. Refugees und Menschen, die die postkoloniale Ausbeutung zur Piraterie
zwingt, erscheinen als technisches Problem, das es militärisch zu lösen gilt.
Deutschland tut sich hier nicht nur in Sachen Ausbildung der Grenzpolizeien der
europäischen Mitgliedstaaten hervor, sondern auch was die Bereitstellung von
Personal und Einsatztechnik für die Frontex-koordinierten Einsätze angeht.
Eine europäische Interventionspolitik mit zunehmenden Kriegseinsätzen in
Ländern wie Afghanistan oder Libyen haben für mehr verfolgte und verarmte
Flüchtlinge gesorgt. Die kapitalistische Krise und ein zunehmender sich
ausbreitender Rassismus in Europa haben die Lebenssituation für viele Menschen,
vor allem auch für Sinti und Roma, dramatisch verschlechtert.
Wir sind auf den Straßen für das Ende einer kapitalistischen Ordnung, die Armut
und Elend in weiten Teilen der Welt bedeutet. Die Grenzen und Kriegsflotten
braucht, um Warenströme und Privilegien zu verteidigen, und das Meer zu einem
Massengrab macht. Internationale Abkommen sind nach mehr als 500 Jahren
Kolonialismus immer noch nicht mehr als das Recht des Stärkeren. Ein
postkoloniales, globalisiertes Regime, das die Regeln selbst festlegt und sich
selbst den Anschein moralischer Integrität verleiht.
Die Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ hat mit organisiertem Widerstand Zeichen
gesetzt, viele Menschen weit über Hamburg hinaus haben sich solidarisiert. Der
Senat setzt dennoch auf eine harte Haltung; dieser setzen wir unseren
Widerstand entgegen. Lagerunterbringung, Abschiebeknäste, und die regelmäßigen
Abschiebungen von Roma, Flüchtlingen aus Afghanistan und anderen Ländern sind
Ausdruck eines rassistischen Alltags, den wir nicht zulassen wollen.
Rassismus ist eine mächtige, ausgrenzende Dominanzkultur,
vor der wir die Augen weder in Gesetzen, Parlamenten und Parteien, bei
polizeilichen Kontrollen und in Gefahrengebieten noch im Stadtteil oder bei uns
selbst verschließen.
Wir setzen ein unangemeldetes Fest gegen den alltäglichen Rassismus, dem
Menschen ohne deutschen Pass oder legalen Aufenthaltsstatus, mit nicht-weißer
Hautfarbe oder Migrationshintergrund ausgesetzt sind. Wir stellen Gewohnheiten
in Frage und gehen auf die Straße, um der repressiven Normalität unsere
Vorstellung von Zusammenleben entgegenzusetzen. Es ist möglich, in der Stadt
Selbstbestimmung zu leben. Nicht, indem wir beten oder fordern, sondern indem
wir andere Zustände herstellen.
Vernetzung und Kommunikation, Protest und Widerstand entstehen nicht aus einem
sozialen Vakuum. Illegalisierte sind Teil des gesellschaftlichen Lebens, sind
Nachbar_innen und Genoss_innen in sozialen Kämpfen um das Recht auf Stadt und
im Protest gegen kapitalistische Verhältnisse. Wir wollen mit dem „Refugees
Welcome Schanzenfest“ ein deutliches Signal gegen die unmenschliche
Abschiebepolitik des SPD-Senates und das europäische Grenzregime setzen.
Das Fest soll unterschiedlichen politischen Spektren ein Forum bieten, um dem
Hamburger Senat mit der gemeinsamen Forderung nach Bleiberecht und
gesellschaftlicher Teilhabe zu begegnen: dies schließt Bewegungsfreiheit und
die selbstbestimmte Möglichkeit zu arbeiten ebenso ein wie das gleiche Recht
auf Stadt für alle Bewohner_innen und alle, die sich hier bewegen.
Es ist ein politisches Fest, das in diesem Jahr am Sonntag, dem 28.9.
stattfindet und über die Bartelsstraße, Schanzenstraße, Ludwigstraße und
Sternstraße bis zum Centro Sociale führen wird. Mit dem Fest und den Ständen
wird Geld gesammelt für die Arbeit von Refugees und antirassistischen Gruppen.
Es wird Musikbühnen, einen unkommerziellen Anwohner_innenflohmarkt und
Infostände geben, aber auch Bereiche, in denen inhaltliche Veranstaltungen im
Vordergrund stehen.
Wir wollen dabei gemeinsam und entschlossen auf Übergriffe und Provokationen
reagieren, aber auch besonnen auf die Sicherheit von Teilnehmenden ohne Pass
oder traumatisierten Menschen achten. Stärke entsteht nicht durch Heldentum und
Männlichkeitsrituale, sondern durch die Herstellung einer gemeinsam getragenen
Basis zur Aktion. Mit dem Schanzenfest wollen wir einen Teil dazu beitragen,
diese weiter aufzubauen. Dies ist unser Ziel an diesem Tag und wir fordern alle
auf, dazu beizutragen.
Wir bleiben auf der Straße für uneingeschränktes Bleiberecht und
Bewegungsfreiheit für alle. Beteiligt euch am „Refugees Welcome Schanzenfest“
mit eigenen Ideen, politischen Ständen, Veranstaltungen und Diskussionen auf
der Straße, mit Aktionen und Überraschungen.
Lampedusa is here to stay!
Lager abschaffen! Bewegungsfreiheit für alle Refugees!
Das europäische Grenzregime stürzen!
Kontakt: rwsf@nadir.org
Logo
hi ihr! das bild das ihr oben eingefügt habt wird mittlerweile auch von nazis verwendet - natürlich mit entsprechender anderer beschriftung ("flüchtlinge raus" etwa). mit selbstbewußten kämpfen von geflüchteten um ihre rechte ist dieses bild kaum zu vereinbaren. bitte denkt darüber nach, ob ihr dieses bild weiter nutzen wollt, oder nicht doch zu einem anderen bild greift, dass die kämpfe der geflüchteten angemessener darstellen kann. danke.
Re: Logo
Wir haben auch schon darüber diskutiert, aber aus einem anderen Grund: es wird ein ziemlich konservatives Familienbild transportiert. Hast du einen Vorschlag?
bild
das "kein mensch ist illegal"- bild maybe?
Hmmmm
Es gibt Gruppen, die sich "Kein Mensch ist illegal" nennen, deswegen würden wir das ungerne generell als Symbolbild für Antirassismus/Flüchtlingspolitik nehmen. Wir haben das übrigens im Artikel oben nicht ausgetauscht, weil diese Gruppe das Bild verwendet.
logo - kontext
Bei aller berechtigter genannter Kritik an dem Logo, es ist andererseits aber auch die bewusste Aneignung und Umdeutung eins etablierten Symbols (zumindest in den USA); als subversiven Akt der positiven Besetzung eins eigentlich negativen Symbols finde ichs wiederum ok es zu nutzen. Von der Symbolik her, es haben sich halt keine Aktivist_innen ausgedacht, sondern vielleicht irgendein US-Beamter...