Eigentlich sollte am 07.08. der Dokumentarfilm „Mietrebellen“ nach vielen Monaten in den Kinos das erste Mal öffentlich und kostenlos im Beisein des Regisseurs, Matthias Coers, vorgeführt werden. Als Ort hatte sich das veranstaltende „Hände Weg Vom Wedding“-Bündnis den Leopoldplatz ausgesucht. Mit dieser Aktion sollte auf Probleme, wie steigende Mieten und eine immer stärkere Verdrängung auch im Wedding, aufmerksam gemacht und gleichzeitig Gegenstrategien vorgeführt werden.
Doch die Evangelische Nazarethkirchengemeinde am „Leo“ stellt sich quer. Ihr gehört der vordere Teil des Leopoldplatzes, auf dem die Kundgebung stattfinden sollte. Mit dem Verweis auf ihre politische Neutralität wurde die Platznutzung vom Vorsitzenden des Gemeindekirchenrates, Sebastian Bergmann, verweigert. Doch das Bündnis lässt sich eine solche Schikane nicht gefallen und wird sein Recht auf freie Meinungsäußerung auf dem Platz bei Gericht einklagen. Auch wenn der „Leo“ im Besitz der Gemeinde ist, handelt es sich immer noch um einen öffentlichen Platz. Hier baden und spielen Kinder, hier trinken Menschen ihren Kaffee und ihr Bier, hier finden Wochenmärkte statt und hier wird auch demonstriert werden.
Die Grundlage für diese Forderung bildet das so genannte „Fraport-Urteil“ des Bundesverfasungsgerichts vom Februar 2011. Hiernach unterliegen auch privatisierte Orte, wie Flughäfen, Bahnhöfe oder Malls, aufgrund ihres Charakters als „öffentliches Forum“ einer unmittelbaren Grundrechtsbindung, sodass Demonstrationen nicht ohne Weiteres verboten werden können. Worum es dem Bündnis geht, ist somit die Rückeroberung des öffentliches Raumes – notfalls mit gerichtlicher Hilfe.
Demgegenüber verdeutlicht die Verweigerungshaltung der Kirchengemeinde, dass ihr die Verteidigung ihres Privateigentums wichtiger ist als Grundrechte. Es zeigt sich, dass der Leopoldplatz nach seiner Sanierung im Jahr 2013 mitnichten ein „Platz für alle“ ist, wie in den öffentlichen Mitteilungen der Kirchengemeinde immer vollmundig behauptet wird. Politisch unliebsame Meinungen sollen draußen bleiben. Stattdessen lädt sie sich lieber die Akteure einer unsozialen Stadtpolitik von oben, wie Carsten Spallek oder Matthias Müller, zur feierlichen Platzeröffnung im letzten Oktober ein. Das ist kirchliche Politik, die an den Bedürfnissen der Menschen im Wedding vorbei geht. Anstatt die sozialen Probleme vor Ort anzusprechen und anzupacken, werden sie von der Kirchengemeinde einfach ausgeblendet. Sie erweist sich somit als idealer Partner einer immer schneller voranschreitenden Stadtumstrukturierung, welcher die Menschen im Wedding komplett egal sind.
Doch das „Hände Weg Vom Wedding“-Bündnis lässt sich den Mund nicht
verbieten. Der Kampf um den öffentlichen Raum ist eröffnet. Doch egal,
wie die Gerichte entscheiden, am 07.08. wird um 19 Uhr der Film „Mietrebellen“ auf
dem „Leo“ gezeigt. Notfalls auf dem öffentlichen Teil am Rande des vorderen
Platzes. Mit dabei sind u.a. der Regisseur von „Mietrebellen“, Matthias
Coers, und als Music-Acts YANSN und DROB DYNAMIC.
Mietrebellen United!
Weitere Informationen:
http://haendewegvomwedding.blogsport.eu/
Nun ja...
Die Entscheidung gegen die Veranstaltung ist sicherlich ärgerlich bis blöd. Daraufhin zu behaupten der Nazarethkirchgemeinde wären :"...die Menschen im Wedding egal...", ist dann aber doch etwas heftig und ihr versucht so euch auf ein Podest zu stellen, welches ihr mitnichten verdient.
Klartext: Das HWVW Bündnis versucht einfach Menschen zu politisieren, nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Die Kirchengemeinde, aber auch Einzelpersonen aus dessen Umfeld machen seit Jahren aktiv soziale Arbeit, organisieren Nachbarschaftshilfe usw. Ihr Umgang z.B mit Drogen und übermäßigem Alkoholkonsum, in ihren Einrichtungen, welcher anderorts schon kritisiert wurde, entspricht wie viele Angebote dem was die linke Szene früher nicht nur gepredigt hat, sondern eben oft auch noch umsetzte, abseits vom Event. Aber es ist eben Arbeit, voller Widersprüche.
naja...
...Podest hin oder her, im Fokus steht hier sicherlich der Fakt der eingeschränkten kontrollierten Nutzung von zentralen Plätzen. Nach Absprachen und Deals mit dem Bezirk ist dieser hier nun in "privater Hand" und so für mobilisierende, vernetzende Aktionen im Kiez laut Aussage der Kirche nicht nutzbar.
Den sozial Aktiven in der Kirche vorzuwerfen sie würden nicht sehen was in ihrer Umgebung passiert ist naiv. Allerdings kann gerade bei dieser Entscheidung nicht ernsthaft davon gesprochen werden, das hier mit sondern nur über die Menschen geredet bzw. bestimmt wird. Irgendwie Elfenbeinturm...
Protestieren gegen Protestanten!
Die evangelischen Christen waren schon immer die moralischen Brandbeschleuniger des Kapitalismus. Uns sind es scheinbar immernoch. Manche Dinge ändern sich nie.