Die Krise bestreiken: Abschlusserklärung von Venaus

Venaus20140713

Eine Antwort auf die Streichung des ursprünglich für den 11. Juli geplanten EU-Gipfeltreffen zur Jugendarbeitslosigekeit bzw. über "Jugendbeschäftigung" in Turin ist die Veranstaltung eines italien- und europaweiten Treffens in Venaus im Susa tal, dem Schauplatz der Kämpfe gegen den Tunnel für das Großprojekt TAV. Das Ergebnis des Treffens ist in eriner Abschlusserklärung zusammengefasst, die hier in deutscher Übersetzung dokumentiert wird.

 

Bestreiken wir die Krise: auf in einen Herbst der Kämpfe!

 

13. juli 2014

 

Die Konsolidierung des Regierungsblocks um Renzi und der Reformen im Kontext der europäischen Präsidentschaft Italiebs kennzeichnet eine zweite Phase der Sparpolitiken, durch die zaghafte Zugeständnisse an die mittleren Schichten zum Zweck einer Stabilisierung der Gleichgewichte zwischen sozialen Blöcken mit der Vertiefung des Angriffs auf die Einkommen und die verschlechterung der Lebensbedingungen insgesamt unter einen Hut gebracht werden. Das Modell dieser sozialen Reproduktion in der Krise ist mittlerweile explizit durch die Ausübung einer Tätigkeit der Ausplünderung der Territorien und von deren Ressourcen, durch die Disziplinierung der Armut durch Arbeit sowie durch die Fragmentierung und Schwächung von breiten sozialen Schichten gekennzeichnet. Die von der kapitalistischen Initiative hergestellten Marginalisierungsprozesse vertiefen die existierenden Unterschiede und sie vollziehen neue soziale Einschnitte: unter den anderen ist eine Generationsgruppe sowohl sozial als auch auf der Produktionsebene das Objekt einem beispiellosen Ausschluss von den Möglichkeiten, die eigenen Fähigkeiten zu verwerten und die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Die inistitutionelle Antwort konkretisiert sich im Modell Expo 2015: immense Profite für diejenigen, die spekulieren, rigoros befristete und prekäre, kostenlose oder unterbezahlte Arbeit für uns.

 

 

Wenn die gewaltsame Proletarisierung der Jüngeren aber darauf ausgerichtet ist, deren revindikatives Potenzial zu schwächen, ist es exakt auf dieser Ebene, der Ebene einer Inklusion nicht in der Produktion, sondern im Konflikt dass sich uns die Möglichkeit zur Neubildung - gegen ein fragmentiertes und zerstreutes soziales Territorium. Die politische Neubildung der Gegenseite ist in dem Maße, wie sich mit dem Konsensblock um Renzi für die Subjekte, die für die Krise zahlen jeder Repräsentationsspielraum in der institutionellen Arena schließt nämlich nicht frei von Zwiespältigkeiten. Von dieser spontanen, diffusen, sich jedoch bei der Erlangung einer kollektiven Dimension schwer tuenden sozialen Kontraposition wollen wir Vereiniger und Katalysatoren sein.

 

Deshalb hegen wir den Wunsch, im kommenden Herbst, Formen des sozialen und metropolitanen Streiks zu erproben, die es vermögen, sowohl die klassischen und spartenbezogenen Formen der Enthaltung von der Arbeit zu überwinden vermögen als auch die exklusive Aktivierung von bereits vorhandenen Strecken der Auseinandersetzung, in dem wir die Herausforderung der Blockade der Stadt und von deren Ströme annehmen, des Angriffs auf die Gegenseite an ihren Akkumulations- und Wertschöpfungsstellen. Das Ganze, ausgehend vom reichen Gehalt der lämpfe, die unsere Territorien durchdrungen haben, im Bewusstsein, dass wir uns nicht damit zufrieden geben können. Im Laufe des jahres haben zahlreiche Erfahrungen der Wiederaneignung und des Kampfes ums Wohnen es vermocht, das Thema des Einkommens einzubringen, ausgehend von konkreten Bedürfnissen, eine soziale Front der Opposition gegen die Krise aufwerfend und die Bedingungen für eine neue Bereitschaft zum kampf herstellend - weil die Verarmungsprozesse auch einen Angriff auf unsere kollektiven Kraftverhältnisse darstellen. Jetzt denken wir, dass es wichtig ist, auf das Gespräch mit neuartigen, atypischen Teilen des sozialen Gefüges zu setzen, die außerhalb von unseren Zusammenhängen stehen, deren gärender Charakter aber jenseits vom Klischee des Stimmvolkes für die Rechten und Populisten liegt und in dieses nicht hineinpasst. Deswegen könnte die Opposition gegen die Steuern, die sich bereits in doppelbödigen und/oder individuellen Formen als Terrain der sozialen Konfrontation erwiesen hat, im Angesicht der Funktion der Steuern als direkte Form der Einkommensentziehung zur Alimentierung des Systems der Großprojekte und der Vermögenskonzentration, die bei Abwesenheit jedweder umverteilerischen Absicht mittlerweile von der Erhebung von Steuern dargestellt wird, ein zu erprobendes politisches Thema werden. Gleichwohl können das italienische EU-Präsidentschaftssemester und die Termine ihrer Kirmes für uns einen Horizont bilden, der Möglichkeiten für einen ausgedehnten sozialen Konflikt gegen die Politiken der Europäischen Union und der Trojka in Bezug auf Arbeit, Einkommen, Migrationsströme, Fiskus, Finanzwesen und Großprojekte eröffnet.

 

 

Wir laden daher alle Kampfzusammenhänge, alle territoriale Bewegungen, alle konflikt- und basisorientierten Gewerkschaften ein, in ihren Territorien Aktivierungsprozesse zu erproben, die uns dazu bringen, Wegstrecken hin zum Aufbau von zwei kollektiven Mobilisierungstagen im Herbst mit Sediment zu versehen, die da wären: ein metropolitaner Generalstreik am 16. Oktober, der sich in die europäische Mobilisierungswoche für das Recht auf Wohnen "Stop evictions – take the city"einfügt, und ein weiterer, ebenfalls auf europäischer Ebene, am 14. November, in zeitlicher Nähe zu den internationalen studentischen Kampftagen. Mit Blick auf die Proteste gegen die Expo im Mai 2005 laden wir alle Kampfzusammenhänge dazu ein, an den landesweiten Versammlungen zum Zweck des Austauschs, der Reflexion und der Entwicklung von politischen Vorschlägen teilzunehmen, die man in mailand einberufen wird, um gemeinsam eine europäische opposition gegen die politiken der Krise zu ersinnen.

 

 

Abschließend kommen wir mit auf den Herbst, der uns erwartet und auf einen Sommer der territorialen Kämpfe im Susa tal und auf das Sizielen des No Muos gerichteten Blick nicht umhin, an Paolo, Luca, Graziano, francesco, Lucio und alle Genossen und Genossinnen zu denken, die wegen der weitherzigkeit, mit der sie sich an unsere gemeinsame Kämpfe beteiligt haben derzeit in Haft oder im Hausarrest sind. Wir wollen sie so schnell wie möglich an unserer Seite zurück. So wie wir, während der isarealische angriff auf den Gazastreifen anläuft an der Seite von allen palästinensischen Männer und Frauen sind, die Opfer eines x-ten Angriffs gegen kämpfende Völker sind. Mit auf das Grab im Mittelmeer gerichtetem Blick, wo sich die Tragödie von so vielen abgewiesenen Leben vollzieht, können wir nicht anders, als Kriege, Invasionen und Grenzpolitiken als ebensoviele kapitalistische Einrichtungen zu betrachten, gegen die der Horizont unserer Kämpfe angelegt gehört.

 

 

Plenarversammlung der Bewegungen gegen Sparzwänge und Prekarität in Venaus - 13. Juli 2013

 

 

 

 http://www.notav.info/movimento/scioperiamo-la-crisi-verso-un-autunno-di-lotte/

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Der EU Gipfel traut sich nicht: 11. Juli in Turin gestrichen

 

https://linksunten.indymedia.org/de/node/117015

... mit Jahreszahlen habt Ihr's nicht so? Hallo AutorInnen, bitte schaut da mal drüber, da sind offenbar mehrere verständnishemmende Fehler drin.