Wir sind Aktivist*innen und Vertreter*innen von Bewegungen aus Europa und dem Mittelmeerraum, die sich vom 13. bis 15. Juni in Mailand getroffen haben, um ein Netzwerk aufzubauen, das den Kampf um ein Recht auf Wohnen für alle ebenso umfasst, wie ein generelles Recht auf Stadt. Uns ist bewusst, dass unsere jeweilige Ausgangslage in unseren Ländern sehr unterschiedlich ist. Die Kämpfe und Auseinandersetzungen sind jedoch dieselben.
Die Politik der Mächtigen versucht uns zu spalten. Sie versucht künstliche Mauern zwischen Nord und Süd zu ziehen, zwischen Ost- und Westeuropa, zwischen Ländern in der EU und Ländern außerhalb der EU, versucht uns zu spalten zwischen Einheimischen und Migrant*innen, zwischen sogenannten legalen und sogenannten illegalen Menschen. Wir sind überzeugt, das die Grundlage jeder Bewegung grenzenlos ist und der einzige Unterschied, den wir im Auge haben sollten, der ist zwischen dem einen neoliberalen Prozent an der Macht und den 99% von ihnen Unterdrückten. Sie wollen und getrennt, aber sie werden sie uns vereint vorfinden.
Die Sparpolitik der Europäischen Regierungen und der Finanzinstitutionen beschneiden vorsätzlich unsere Rechte und soziale Netze, versperren den Zugang zu Ressourcen und so Wege zu einer selbstbestimmten Zukunft. Mit der Krise haben wir Freiheiten und Einkommen verloren, während der Neoliberalismus immer stärker in unsere alltäglichen Leben eingreifen kann. Um diesen Angriffen auf unsere Leben etwas entgegen zu setzen, müssen wir beginnen uns selbst und andere zu verteidigen und uns über Grenzen hinweg in sozialen Bewegungen zusammenfinden. Gleichzeitig versuchen dumpfe und reaktionäre nationalistische Strömungen die Not der Menschen zu nutzen und ihre Wut auf die Europäische Zentral Bank und die technokratischen EU-Strukturen zu manipulieren. Wir verweigern uns autoritätsgläubigen, faschistischen, rassistischen, sexistischen Tendenzen und anderen Formen von Diskriminierungen und den Versuchen unsere Rechte zu beschränken, mehr noch, wir bekämpfen sie: „Eine Zukunft, die wie die Vergangenheit aussieht ist nicht unsere.“
Während die Wohnungsnot vor unseren Augen weltweit Tag für Tag wächst, schaffen erfundene Großereignisse und sinnlose Magaevents, angeblich zum Wohle der Allgemeinheit, Gestaltungsfläche in urbanen Regionen ausschließlich für Spekulanten und die Immobilienindustrie, um deren Hunger nach verwertbaren Neubauten zu stillen, egal was es für Konsequenzen für die Bevölkerung hat. Einige Tendenzen dieses globalen Prozesses sind nun in ganz Europa zu spüren: Längst sind nicht nur die Ärmsten und Obdachlosen von Wohnungsnot betroffen, sondern auch mehr und mehr Menschen, die Hypotheken aufgenommen haben und diese nicht mehr bedienen können oder Menschen die schlicht ihre Miete nicht mehr zahlen können.
Gleichzeitig bereichert die Spekulation mit jedem Tag die Finanzinstitutionen und den Immobilienmarkt, auch durch den gezielten Verfall ganzer Territorien und die verschwenderische Ausbeutung von ländlichen und urbanen Flächen. Sie lassen auf der einen Seite Millionen von Häusern, Wohnungen und Gebäuden leer stehen, während Millionen Menschen ohne Bleibe sind. Nur um diese Notsituation zur Steigerung ihrer Profite zu nutzen, die sie (z.B. mit dem sogenannte öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau) aus Wohnungsbauprogrammen ziehen können. So wird mehr und mehr gebaut, jedoch nur für den Profit einiger weniger. In diesen Tagen ist deshalb der Kampf in den Städten und Metropolen für und um selbstbestimmte Räume und eine faire und gerechte Stadtentwicklung ein Grundwert. Wir haben mit Aktionen gegen Zwangsräumungen angefangen, aber wir wollen viel mehr als uns immer nur zu verteidigen. Wir suchen nach Lösungen für unsere Bedürfnisse und nach Antworten auf unsere Sehnsüchte.
Wir haben uns neue Räume des Widerstandes erschlossen und wir verbreitern uns offensiv und überall. Wir setzen längst nicht mehr allein auf Forderungen an die Politik: Wir wollen unsere Städte von der Basis her ändern, durch soziale Auseinandersetzungen, nachbarschaftliche Unterstützung und den direkten Zugang zu den Ressourcen. Und wir brauchen nicht nur Wohnraum, wir brauchen Einkommen, kostenfreien Nahverkehr, Gesundheitsvorsorge, Bildung ohne Kosten und freie öffentliche Dienstleistungen. Wir kämpfen für eine Veränderung von den Randbezirken bis zu den Stadtzentren in widerständige Gebiete, in denen solidarisches Miteinander, ein anderes Leben und eine andere Umwelt in den Metropolen möglich ist. Wir handeln selbstbestimmt, wir vertrauen dabei mehr auf unsere eigene politische Stärke, als auf die Versprechen von Politiker*innen.
Wir besetzen verlassene Gebäude und leerstehende Häuser auch, um Erfahrungen mit solidarischen Systemen zu machen und um zu zeigen, dass ein Leben auf der Basis von Nachbarschaftshilfe funktioniert. Wir entlarven dabei auch die Pläne von Politik, Verwaltung und Immobilienindustrie durch Demonstrationen und Kampagnen. Wir nehmen uns den öffentlichen Raum zurück und entwickeln und verbessern die bestehenden Netzwerke. Auf unserem Treffen haben wir beschlossen, alle Aktivist*innen und Bewegungen aufzurufen sich diesen beiden Kampagnen anzuschließen:
1. Eine Europäische Kampagne gegen Zwangsräumungen. Als gemeinsames Logo und Namen schlagen wir vor: Stop Eviction – Take the City (Stopp Zwangsräumungen – Nehmt Euch die Stadt). Jede*r kann sich dieser Kampagne anschließen und lokal den Widerstand in seiner/ihrer Stadt organisieren.
2. Eine transnationale Aktionswoche gegen Banken und Immobilienwirtschaft und für das Recht auf Wohnen für alle und das Recht auf Stadt. Inder Woche zwischen dem 13. und 19. Oktober 2014. Dabei soll es am 18. Oktober überall zu lokalen Großdemonstrationen kommen. Diese Woche wollen wir mit Demonstrationen, direkten und kommunikativen Aktionen, Leerstandsmarkierungen und Besetzungen füllen. Macht dezentrale Aktionen zur gleichen Zeit. Verbindet und verbreitet Eure Aktionen und Treffen.
Wir laden jede*n Einzelne*n, jedes Kollektiv, jedes Netzwerk, jedes soziale Zentrum überall in Europa und dem Mittelmeerraum und darüber hinaus ein, sich diesem Netzwerk anzuschliessen und sich mit lokalen Aktionen an dieser Aktionswoche zu beteiligen. Wir werden regelmässig zu Treffen aufzurufen (das erste wird am Rande der Squatting Days 27. – 31.8. in Hamburg stattfinden).
Wir solidarisieren uns mit jeder lokalen, transnationalen Mobilisierung gegen die Immobilienindustrie und die Finanzspekulation und für das Recht auf Wohnen und das Selbstbestimmungsrecht von unterschiedlichen Territorien.
Wir solidarisieren uns auch mit den sozialen Bewegungen in Brasilien, die massiven Repression ausgesetzt sind, weil sie die dunkle Seite der FIFA-WM anprangern: Eine Welt aus Korruption, Verdrängung, Gentrifizierung
Wir sind auch bei unseren Türkischen Genoss*innen und senden ihnen unsere Liebe, Solidarität, Wut und Kraft. Wir trauern mit ihnen um das Leben eines Jungen, getötet von der Polizei Erdogans.
Deutschsprachige Version via info aut
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An dem Treffen in Mailand haben Gruppen und Zusammenhänge aus mehreren europäischen Ländern teilgenommen, aus der BRD waren Leute aus HH dabei, u.a. von Recht auf Stadt und der Flora. Liste der Gruppe.
Weitere Infos in mehreren Sprachen auf Living In The Crisis. Ich pack das mal auf linksunten, weil das bisher eher "Insiderwissen" ist und vielleicht auch andere Leute Bock drauf haben... Auch wenn der obige Text jetzt nicht gerade vom Hocker haut.