Aufbau der polizeilichen Sicherheitsarchitektur zum G8-Gipfel in Elmau, Oberbayern

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Langsam regt sich die linke Mobilisierung zum G8-Gipfel, der am 4./5. Juni 2015 unter deutscher Präsidentschaft im bayerischen Elmau stattfinden soll. Die Wahl des Austragungsortes in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald in etwa 1000 Metern Höhe folgt der Entwicklung nach den heftigen Protesten 2001 in Genua: Seitdem finden die Gipfeltreffen nur noch in abgelegenen, ländlichen Regionen statt. Dennoch müssen in der Nähe genügend Kapazitäten zur Unterbringung vorhanden sein, auch die Nähe zu einem Flughafen sowie eine gute Anbindung an die Verkehrsinfrastruktur gehören zu den Kriterien für die Auswahl eines Tagungsortes.

 

Mittlerweile ist auch der Verfassungsschutz aktiv geworden und meldet, deutsche Sicherheitsbehörden würden vor „linksextremistischen Störaktionen“ gegen das G8-Treffen warnen. Die Nachricht wurde exklusiv vom FOCUS berichtet, das Blatt hat anscheinend eine „vertrauliche Lageeinschätzung“ des Verfassungsschutzes Baden-Württemberg zugesteckt bekommen. Der VS im Ländle war auf ähnliche Weise kurz vor dem NATO-Gipfel 2009 aufgefallen, als dort ein „Internetkompetenzzentrum” (IKZ) eingerichtet wurde um linken DemonstrantInnen das Fürchten zu lehren. Dumm nur, dass die Schnüffler selbst wenig Kompetenz im Internet zur Schau tragen: Auf einem Foto der Lokalzeitung anlässlich der Eröffnung des „IKZ” sind deutlich die Leitz-Ordner mit der Aufschrift „Internetkompetenzzentrum Bedienungsanleitung” zu erkennen.

 

Auch zum kommenden G8 haben die Internetausdrucker vom „IKZ“ ihre Suchmaschinen angeworfen und sind fündig geworden: Die „Mobilisierung gewaltbereiter Linksextremisten“ sei bereits „angelaufen“. Als Beleg dient ein Aufruf der Gruppe [3A], die einen „Sturm auf den Gipfel“ verspricht. Mittlerweile dürfte der schwäbische Inlandsgeheimdienst auch auf weitere Aufrufe und Berichte gestoßen sein, etwa zu einer Auftaktdemonstration in Nürnberg. Auch die Einladung zu einer bundesweiten Aktionskonferenz zur Vorbereitung der Proteste dürfte den geheimen nicht entgangen sein.

 

Zu Details über den Aufbau von Sicherheitsarchitekturen bei Gipfeltreffen lohnt die Lektüre über entsprechende Anstrengungen zum G8-Gipfel in Heiligendamm, der 2007 ebenfalls unter deutscher Präsidentschaft stattfand. Damals war eine „Besondere Aufbauorganisation“ unter dem Namen „Kavala“ eingerichtet worden, der die Koordination sämtlicher Vorbereitungen oblag. Als erstes ging dort ein Stab „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ an den Start. Von Beginn an wurden verfälschende Berichte platziert. Die späteren Falschmeldungen beim Gipfel wurden von JournalistInnen kritisiert und sogar vom damaligen Polizeisprecher eingestanden. Dennoch wurden Nachrichten über Clowns, die mit Säure spritzen oder 500 teils schwer verletzte PolizistInnen bei der Auftaktdemonstration nie dementiert.

 

Zuständig für den Gipfel 2015 ist die Polizei im oberbayerischen Krün. Laut Medienberichten werden bereits Straßen ausgebaut, ein Hubschrauberlandeplatz angelegt und Parkplätze planiert - teilweise ohne Genehmigung und unter Protest von Umweltschutzorganisationen. Der CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer war selbst vor Ort, um Verständnis für die hektischen Maßnahmen zu wecken, in Krün fand bereits eine Informationsveranstaltung statt um die Bevölkerung zu besänftigen, aber auch vor DemonstrantInnen zu warnen. Eine gute Rechtfertigung für weitere Ausgaben: Die bayerische Polizei bekommt im Eiltempo ein flächendeckendes Digitalfunknetz spendiert.

 

Als Pressezentrum ist das Olympia-Eisstadion in Garmisch-Partenkirchen im Gespräch, laut dem Krüner CSU-Bürgermeister würden aber auch Kasernen in Mittenwald in Betracht gezogen. Die bayerische Staatskanzlei spricht von voraussichtlichen Kosten im „niedrigen zweistelligen Millionenbetrag“. Das hatte auch die 2007 zuständige Polizei in Rostock zunächst behauptet. Die tatsächlichen Ausgaben explodierten dann allerdings auf mehr als 100 Millionen, die allerdings teilweise vom Bund übernommen wurden.

 

Bereits im Februar hat ein erstes Treffen zwischen dem bayerischen Polizeiführer und dem höheren ebenen des BKA stattgefunden, Anfang März und Mai folgten weitere hochrangige Zusammenkünfte. Auf welche Weise Bayern durch Polizeikräfte des Bundes unterstützt wird, ist noch nicht festgelegt.

 

Die Rahmenkonzeption für die Sicherheitsarchitektur wird bei solchen Ereignissen gewöhnlich von einer Projektgruppe des Unterausschusses Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung der Innenministerkonferenz ausgearbeitet. Das BKA und die Bundespolizei entwickeln normalerweise eigene Sicherheitskonzepte.

 

Kürzlich hatte das Bundesinnenministerium im Innenausschuss einen Sachstand zur Vorbereitung der Sicherheitsmaßnahmen vorgelegt. Dort wird erklärt, auf welche Weise so ein Tagungsort für internationale Konferenzen und Gipfeltreffen ausgesucht wird. Die Bundesregierung lege nämlich Wert darauf, bei der Auswahl „die regionale und kulturelle Diversität Deutschlands“ zum Ausdruck zu bringen.

 

Wichtigeres enthält der Bericht zur Sicherung der gesamten Anlage: Erinnert wird, dass der innere Ring (beim G8 in Heiligendamm die „Rote Zone“) vom Bundeskriminalamt (BKA) gesichert wird, das für die Sicherheit für Mitglieder von „Verfassungsorganen des Bundes und ihrer Gäste“ zuständig ist. Der angrenzende Gürtel wird wieder von der Bundespolizei gesichert. Wie bei solchen Gipfeln üblich (und gerade erst in Brüssel praktiziert) wird auch das Schengener Abkommen teilweise ausgesetzt, um temporäre Grenzkontrollen einzuführen. Auch dies liegt in der Verantwortung der Bundespolizei.

 

Die Polizei aus Bayern ist dann für die Sicherung der Veranstaltungsorte in Elmau, Garmisch-Patenkirchen, des Flughafens München zuständig. Als Versammlungsbehörde obliegt ihr auch die Entscheidung über Demonstrationen sowie ihre polizeiliche Handhabung. Über das Bundesamt für Verfassungsschutz heißt es in dem Sachstand, dieses würde die „Erkenntnissteuerung sowie den Informationsaustausch über potentielle Störer sicherstellen“. Dies geschieht auch mit den internationalen Partnerdiensten: Beim G8 2007 war Deutschland in vier Regionen aufgeteilt, die sich jeweils mit Geheimdiensten der Nachbarländer getroffen hatten. Dabei wurden auch gemeinsame Zwangsmaßnahmen eingefädelt, etwa Repressalien gegen eine grenzüberschreitende Fahrradkarawane die vor dem Gipfel aufgebrochen war.

 

Die Bundesregierung sprach später von insgesamt 17.800 PolizeibeamtInnen, davon 1.250 des BKA sowie etwa 4.500 der Bundespolizei (unterstellt der Bundespolizeidirektion Rostock, dem BKA und „Kavala“). “ Nicht mitgezählt sind 33.000 Angehörige der Bundespolizei an anderen Standorten, die zum G8 “anlassbezogen” Kontrollen an Grenzen, Bahnhöfen und Flughäfen durchführen oder mit anderen “Sicherungsaufgaben” betraut sind.

 

Die Liste der Repressalien ist lang (hier auf englisch): Zehn Versammlungen wurden verboten, mindestens 1.057 Personen in die Gefangenensammelstellen eingeliefert, 140 Personen nach Richterbeschluss in Langzeitgewahrsam genommen 850.000 Personen wurden an Grenzen kontrolliert, 155 wurden zurückgewiesen. Bei weiteren Kontrollen an den Schengen-Außengrenzen wurden den Angaben zufolge 401 Menschen zurückgewiesen.

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Innsbruck ist nur 40 km entfernt von Schloss Ellmau ;)