Verdi: "Zeichen stehen auf Streik"

Tausende Gewerkschafter demonstrierten am Mittwoch auf dem Münchner OdeonsplatzFoto: Rene Ruprecht/dpa
Erstveröffentlicht: 
27.03.2014

Zeichen stehen auf Streik Zehntausende beteiligen sich an Protesten im öffentlichen Dienst. ver.di bereitet sich auf mehrwöchigen Ausstand vor. »Arbeitgeber« stellen sich stur

 

Von Claudia Schröppel, München

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat am Mittwoch ihre bundesweiten Warnstreiks im öffentlichen Dienst fortgesetzt. In mehreren Bundesländern wurde der Nahverkehr lahmgelegt. »Wir haben eine annähernd 100prozentige Streikbeteiligung«, freute sich der Sprecher des ver.di-Bezirks Nordrhein-Westfalen, Günter Isemeyer, am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Landesweit hätten sich rund 12000 Beschäftigte am Ausstand beteiligt. In Bayern blieben ebenfalls zahlreiche Verwaltungen und Einrichtungen ganztägig geschlossen. In der Landeshauptstadt München demonstrierten mehr als 6000 Gewerkschafter auf dem Odeonsplatz. Bei strahlend blauem Himmel bekräftigten sie lautstark die Forderung nach einer Tariferhöhung um 100 Euro und zusätzlich 3,5 Prozent für alle, nach unbefristeter Übernahme der Auszubildenden und nach einer Erhöhung von deren Vergütung um 100 Euro monatlich. Außerdem soll allen mindestens 30 Tage Urlaub zustehen. Auch in anderen Orten der Region demonstrierten mehrere tausend Menschen. Die Beschäftigten waren mit unzähligen Bussen aus allen Teilen Südbayerns nach München gekommen, doch auch in anderen Orten der Region demonstrierten mehrere tausend Menschen. Die Nordbayern kamen in Nürnberg zusammen, wo nach Polizeiangaben mehr als 9000 Menschen auf die Straße gingen.

Die Gewerkschaft bereitet sich inzwischen offenbar auf einen wochenlangen »echten« Streik vor. Wie junge Welt aus Kreisen der ver.di-Verhandlungsdelegation erfuhr, stellen sich die Bundesregierung und die Kommunen bislang stur und wollen ihren Beschäftigten maximal eine Einmalzahlung anbieten. Gesprächsbereit sei man auf der Gegenseite ansonsten lediglich bei der Frage der Übernahme aller Auszubildenden, beklagte ein Gewerkschafter. Besonders Bundesinnenminister Thomas de Maizière habe sich als Einpeitscher hervorgetan, der jeden Kompromiß abblockt. »Das ärgert die Kollegen besonders, denn immerhin hält er selbst die Hand auf«, erklärte eine Gewerkschafterin im Gespräch mit jW. Während sich die Bundestagsabgeordneten kräftige Diätenerhöhungen erlaubten, die trotz ihrer ohnehin hohen Bezüge weit über der Forderung von ver.di liegen, verweise man bei den Tarifverhandlungen in Potsdam gebetsmühlenartig auf »leere Kassen«. Dieses Argument wird von den Gewerkschaften zurückgewiesen. »Es ist genug Geld da für die Reichen, es ist genug Geld da für den Krieg – Holen wir es uns!« hieß es etwa auf einem Transparent von ver.di und GEW bei der Kundgebung in München.

Die Landesbezirke der Dienstleistungsgewerkschaft sind von ihrer Führung inzwischen darauf orientiert worden, sich auf einen mindestens vier Wochen langen Streik vorzubereiten. »Eine solche Anweisung habe ich in meiner aktiven Dienstzeit noch nie erhalten«, kommentierte dies eine Gewerkschaftssekretärin, die sich bereits auf heiße Wochen freut. Offenbar ist man in der ver.di-Zentrale inzwischen der Ansicht, daß die »Arbeitgeber« die Beschäftigten praktisch zu Kampfmaßnahmen zwingen.

Am heutigen Donnerstag konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf mehrstündige Warnstreiks an mehreren großen Flughäfen, unter anderem Köln/Bonn, Frankfurt am Main, München und Hamburg. Betroffen von den Arbeitsniederlegungen der Frühschicht sind Bodenverkehrsdienste und Abfertigung, Gepäckförderanlagen, Instandhaltung und Wartung. Die Lufthansa hat bereits rund 600 Verbindungen abgesagt.