Die Erben Bolívars

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Simón Bolívar ist eine Persönlichkeit, die immer wieder von der herrschenden Klasse missbraucht und vereinnahmt wird. Auch in Europa gibt es Diskussionen um seinen politischen Werdegang. Ein Blick auf den „Libertador“, Kolumbien und den Bolivarismus…

 

Mitten in einer Gesellschaft, die von tiefgehenden Klassen- und Schichtunterschieden geprägt war, wurde als Teil der damals entstehenden kreolischen Bourgeoisie, die sich während der Zeit der Republik wie der Monarchie in einer seltsamen politischen wie kulturellen Symbiose bewegte, in Venezuela am 24. Juli 1783 Simón José Antonio de la Santísima Trinidad Bolívar y Palacios geboren. Er ging in die Geschichte ein als der Befreier, El Libertador – ein Titel, der ihn mit Stolz erfüllte und den er jedem anderen vorzog.

Aus der Oberschicht seiner Zeit stammend, erbte er ein immenses Vermögen. Er widmete sein Leben dem Kampf für die Unabhängigkeit der amerikanischen und karibischen Staaten des spanischen Imperiums. Dafür investierte er sein persönliches Erbe und sein kurzes Leben.

Seinem Handeln gingen verschiedene geschichtliche Ereignisse voraus, die Bolívar zum Teil selber miterlebte, wie der Unabhängigkeitsruf in Mexiko und die Etablierung der neuen venezolanischen Regierung 1810. Trotz der vorhergehenden Niederlagen konnte Bolívar so als Staatsmann reifen, um das Befreiungsheer zu führen, das zu Recht wegen der Beteiligung aller Klassen und Hautfarben berühmt war.

Die Beteiligung der verschiedenen sozialen Schichten im Befreiungsheer, von der Oberschicht bis zu den Sklaven, erzeugte einen Wirrwarr politischer und wirtschaftlicher Interessen, was die Initiative Bolívars beim Aufbau eines Groß-Kolumbiens einschränkte. Nie aber gelang es, ihn seiner Visionen von einer neuen amerikanischen und weltweiten Wirklichkeit zu berauben.

Er musste eine dieser Unterschiedlichkeit angemessene Bündnispolitik entwickeln, die ihm die Verfolgung seines Hauptziels erlaubte, die Erreichung der Unabhängigkeit. Aber es gelang ihm weder, sie zu erlangen noch das fortschrittliche Regime einzurichten, das er erstrebte. Durch die Schuld der kreolischen Oligarchie und der entstehenden Nationalbourgeoisie – sie kennzeichnete Unterwürfigkeit gegenüber dem US-amerikanischen Imperium – scheiterte das Ziel Bolívars. Es hat aber auch weiterhin seine volle Berechtigung.

Die Notwendigkeit des Kampfes für Freiheit und Unabhängigkeit, der Vorschlag der Integration in einem großen lateinamerikanischen Vaterland und die militärische Konzeption sind Wegweiser, die unseren Völkern verloren gegangen sind durch die politische Niederlage Bolívars. Seit jener Zeit beuten die herrschenden Klassen unsere Heimat aus, ohne die Interessen der Völker zu berücksichtigen, die ihnen nichts bedeuten.

Den Anfang machte Francisco de Paula Santander, Instrument und Teil des Winkeladvokatentums und der rückschrittlichsten Bereiche der Gesellschaft jener Zeit. Er sah die Gringos als nachahmenswertes Beispiel an, stets dazu bereit, sich auf die Knie zu werfen, um sie zufriedenzustellen. Das war für ihn der Grund, den Kongress in Panama zu sabotieren. Schon damals entdeckten die herrschenden Schichten den Mord als politische Waffe, ein erstes Beispiel war die Ermordung des Marschalls von Ayacucho, Antonio Jose de Sucre en Berruecos, vor 184 Jahren.

Weiter geht es mit den konservativen Präsidenten zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die die USA anhimmelten, obwohl die den Raub an Panama mit allen Konsequenzen vollzogen und obwohl sie als „Entschädigung“ von Roosevelt den Schaden durch das große imperialistische Würgeisen erhielten.

Schließlich kommen wir zu den aktuellen Ereignissen in Kolumbien, in der die USA durch Präsidenten wie Pastrana, Uribe und Santos hofiert wurden, um das Land zu militarisieren und den bewaffneten Konflikt anzuheizen. Mit Drohnen und moderner Kriegstechnologie werden die Interessen der transnationalen und US-amerikanischen Konzerne vertreten. Die permanente Einmischung der USA und die Ausbeutung des Landes durch ihre kolumbianischen Helfershelfer ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte.

Am Ende stehen die Repräsentanten des Establishments, der dominierenden Klasse, Erben der Unterordnung und des Winkeladvokatentums, und bemächtigen sich des bolivarischen Triumphs.

Das sind die Gründe, warum Bolívar aus dem kalten Marmor der Museen und der dürren offiziellen Geschichtsschreibung herausgeholt werden muss, wo die, die ihn verraten haben, und ihre Nachkommen ihn in der Hoffnung verstecken, dass seine Lehren nicht zum Volk durchdringen.

In Kolumbien nährt man sich weiterhin vom bolivarischen Ideengut und wird der Kampf für die zweite und endgültige Unabhängigkeit mit kolumbianischen Stolz, Würde und Souveränität mitsamt seiner Ideen fortgeführt.

Mehr als 220 Jahre nach seiner Geburt wirkt Simón Bolívar, El Libertador, immer noch inspirierend für ganz Kolumbien, wiedergeboren in seinen legitimen Erben, den Kämpferinnen und Kämpfern der FARC-EP. Das bedeutet nicht, dass sie sich ausschließlich seines Vermächtnisses bedienen. Die FARC-EP uns ihre nahestehenden Organisationen bedienen sich eher eines Bolivarismus, der mittlerweile in Lateinamerika gar nicht mehr so fremd ist.

 

Der Bolivarismus

Der Bolivarismus ist eine theoretische Strömung im aktuellen politischen Denken, die auf das Leben und das Werk von Simón Bolívar beruht. Der Bolivarismus wurde im Laufe der Jahre zu einer politischen Denkweise in den Bolivarischen Ländern wie Bolivien, Kolumbien, Ecuador, Panama, Peru und Venezuela. Es ist eine Ideologie, welche den bürgerlich-humanistischen Republikanismus und nach Ansicht linker Organisationen Ansätze des Sozialismus vereint.

Heute werden die Ideen des Bolivarismus durch die diversen politischen Führer gemäß ihrer eigenen Projekte und Ziele verschiedenartig ausgelegt. Zu den derzeit bekanntesten Politiker, die den Bolivarismus eigenständig interpretieren zählen die Präsidenten Hugo Chavez (Venezuela), Rafael Correa (Ekuador) und Evo Morales (Bolivien), die die Ideen von Simón Bolívar als Teil des sogenannten Sozialismus des 21. Jahrhunderts ansehen, die als politische Regierungsform mit der bolivarischen Revolution in Venezuela entstanden sind.

In Kolumbien standen die bolivarischen Ideale im Mittelpunkt der politischen Orientierung  der Konservativen Partei Kolumbiens, sind aber heute besonders im Hinblick auf die sozialistische Betrachtungsweise des Bolivarismus Bestandteil in der linken Partei Polo Democrático Alternativo (Demokratischer Alternativer Pol) und in Teilen der Liberalen Partei (Flüger der Santanderistas) wie bei der Ex-Abgeordneten Piedad Córdoba. Aber auch andere linke Organisationen und Gruppen berufen sich auf die Ziele Simón Bolívars, so zum Beispiel die FARC-EP.

 

Die Ideologie

Die bolivarische Ideologie hat ihren Ursprung in den Schriften von Simón Bolívar und im Hinblick auf den Sozialismus des 21. Jahrhunderts wird versucht, sich daran zu orientieren und die Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Die Herkunft des Bolivarismus ist eine Mischung aus den Ideen und Prinzipien der Revolutionäre Jean-Jacques Rousseau und Karl Marx und hat nach Ansicht verschiedener Politiker wie Hugo Chavez, der die Schriften Simón Bolívars interpretiert und zitiert, außerdem eine politische Strömung des kubanischen Castrismus (Theorie Fidel Castros).

Die politische Ideologie innerhalb einer Regierung hat sich 1999 in Venezuela etabliert und anschließend über den ganzen Kontinent ausgebreitet. Bestandteile des Bolivarismus als politische Ideologie in Form einer linken Theorie wurde aber schon von Gruppen wie der Stadtguerilla M-19 in den frühen 80er Jahren und Ende der 80er Jahre von den FARC-EP in Kolumbien aufgegriffen.

Die Schriften von Simón Bolívar während des Unabhängigkeitskampfes sind sehr wichtig für die geistige Grundlage des "bolivarischen" Projekts doch die Umsetzung und Konsolidierung der Theorie nahm besonders in Kuba ihre Gestalt an.

Zu den wichtigsten Dokumenten und Quellen gehören das Dokument „Carta der Jamaica“ (Brief von Jamaika), „Discurso de Angostura“ (Überlegungen von Angostura) und das „Manifiesto de Cartagena“ (Manifest von Cartagena). All diese Dokumente waren zum Beispiel die Grundlage des Prozesses für die Demokratisierung Venezuelas in den Jahren 1958 bis 1999.

Dieser Idealismus versucht, „das Recht auf freie, obligatorische und öffentliche Bildung", die Einmischung „fremder Länder in den bolivarischen Idealismus" in den bolivarischen und allen anderen amerikanischen Ländern zu vermeiden sowie „die wirtschaftliche Dominanz der europäischen Mächte oder eines jeden anderen Landes zu vermeiden“. Außerdem soll die Integration und Zusammenarbeit der lateinamerikanischen Länder in den Bereichen Energie, Wirtschaft und Politik bis zu einer bolivarischen Einheit gefördert werden.

 

Personen und Organisationen

 Venezuela steht aufgrund der bolivarischen Revolution im Mittelpunkt des Interesses und der Berichterstattung über den Bolivarismus. Doch außerhalb hat diese Ideologie ebenfalls eine enorme politische Zugkraft. Erinnert sei nur an die drei Präsidenten der Länder Bolivien, Ekuador und Nicaragua mit Namen Evo Morales, Rafael Correa und Daniel Ortega.

Alle politischen Organisationen, die sich als bolivarisch betrachten, sind in der auf Initiative Venezuelas gegründeten Plattform „Bolivarischer Kongress der Völker“ integriert, die auf internationaler und kontinentaler Ebene tätig ist.

In Kolumbien sind, wie oben erwähnt, die Ideen des Bolivarismus Bestandteil des politischen Theorie einiger Parteien, aber im besonderen Maße bei den linken Organisationen, darunter die Guerilla FARC-EP verankert. Auch die FARC-EP haben in Bezug auf die Interpretationen der Schriften von Simón Bolívar im Laufe der Zeit die bewährten politischen bolivarischen Ideale mit ihren eigenen politischen Betrachtungsweisen weiter entwickelt.

Wichtige Punkte in der Programmatik sind unter anderem die politische und wirtschaftliche Souveränität Kolumbiens (Anti-Imperialismus), die politische Teilhabe der einfachen Bevölkerung an politischen Prozessen (zum Beispiel im Hinblick auf Volksabstimmungen), eine gerechte Verteilung und Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, die Bekämpfung der Korruption und die Vermittlung eines humanistischen und bolivarischen Patriotismus.

 

 

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An und für sich fand ich den Text super und spannend zu lesen - bis es dann zur Weihräucherung der FARC-EP kam. Bei aller Liebe, aber diese noch als revolutionäre Bewegung zu bezeichnen, finde ich etwas weit hergeholt. Hatten die Anfänge durchaus vertretbare Ansätze, so ist die FARC (realistisch gesehen) inzwischen doch jeglich zu einem weiteren Drogenkartell verkommen, welches nur die eigenen Interessen vertritt.