“Glauben sie wirklich, daß ich Ihnen hier etwas sage, was ich unter wochenlanger türkischer Folter nicht gesagt habe ?!“ Hüseyin Özaslan Am 21.3. 2014 kam es im Düsseldorfer §129- Prozeß zu einem Verhör des türkischen revolutionären Freiheitskämpfers Hüseyin Özaslan per Videoschalte. Dieser wird seit 1994 in türkischen F-Typ-Isolationsknästen als „Rädelsführer“ der DHKP-C gefangen gehalten. Das zunächst verhängte Todesurteil wurde in lebenslänglich umgewandelt; eine Freilassung ist vor 2024 nicht möglich.
Das Verhör sollte offiziell dem Zweck dienen, den Vorwürfen der Bundesanwaltschaft nachzugehen, der Angeklagte Faruk Ereren habe per Telefon 1993 den Befehl zur Ermordung von zwei Polizisten erteilt. Tatsächlich versucht man Beweise zu sammeln, daß auch Faruk „Rädelsführer“ der DHKP-C war und somit als führendes „Mitglied einer ausländischen terroristischen Organisation“ (§129b) verurteilt werden kann.
Das ganztägige
Verhör befasste sich nur am Rande mit den Umständen des Todes der
beiden Polizisten. In erster Linie unternahmen Gericht und
Bundesanwaltschaft den Versuch, Hüsein über die Aktivitäten und
innere Struktur der DHKP-C auszufragen und
Belege für Faruks leitende Funktionen zu gewinnen. Hintergrund
ist, daß eine Verurteilung zu lebenslänglich wegen Mordes ohne die
Aussage des Kronzeugen Genc nicht möglich ist, sein Auftritt vor dem
Gericht aber bislang von Justiz und Geheimdienst in der Türkei
verhindert wird, weil man befürchtet, daß er sich in Widersprüche
verwickeln könnte. Darum konzentriert man sich auf eine
Verurteilung Faruks wegen Mitgliedschaft nach §129.
Man hatte
ständig den Eindruck nicht einer Zeugenbefragung beizuwohnen
sondern einem polizeilichen Verhör. Im Detail interessierte man sich
dafür, wer sich wann, wo, warum mit wem getroffen hat, wer für was
verantwortlich war, wer genau welche Funktionen hatte. Dabei
bediente man sich aller von den türkischen Repressionsorganen
größtenteils mittels Folter gesammelten Unterlagen.
Allerdings traf man hier auf einen Gefangenen, der auch nach 20
Jahren Isolationshaft, Folter und Todesfasten ungebrochen ist.
Hüseyin konnte es teilweise nicht wirklich fassen, wie dummdreist
Gericht und BA versuchten, von ihm
Informationen zu erlangen über Interna der Organisation, die er
unter schärfster Folter nicht preisgegeben hatte. Gleich zweimal rief
er ungläubig leicht amüsiert aus: “Glauben sie wirklich, daß ich
Ihnen hier etwas sage, was ich unter wochenlanger türkischer Folter
nicht gesagt habe ?!“
Hüseyins Auftritt, seine Geradlinigkeit
und Standhaftigkeit waren sehr beeindruckend. So vertrat er den
Standpunkt, daß Folter kein Grund sei, gegen seine Genossen und die
Organisation auszusagen. Es sei eine Frage der Persönlichkeit
standhaft zu bleiben. Das sogenannte Reuegesetz in Anspruch zu
nehmen, auf Grund dessen der Verräter und Kronzeuge Genc sich
Freiheit erkaufte, sei für ihn „ein ehrloser Zustand“.
Verlauf des Verhörs
Hüseyin war schon in den 80ger
Jahren in der Dev-Genc (Jugendorganisation) aktiv. Nach dem
Militärputsch ging er aufs Land als Kommandant einer
Guerillaeinheit.
Richterin: Was genau heißt das ?
Hüseyin: Es handelte sich um eine halboffene Guerilla ohne Waffen. Es ging um die Durchführung von Propaganda.
R: Das war der Grund für die jetzige Haft ?
H: Ja, später war ich wieder in Istanbul. 1989 wurde ich dort zusammen mit Faruk und weiteren Genossen festgenommen. Faruk wurde bald freigesprochen und freigelassen. 1993
habe ich zur Zeit des Putsches versucht, die Probleme in den Griff zu
bekommen. Faruk hat mir dabei aus der Jugendorganisation heraus
geholfen. Er stand unseren Überzeugungen nahe.
R: Wer war beim Gründungskongreß der DHKP-C 1994 alles dabei ?
H: Faruk war dabei, doch er hatte keinerlei Verantwortung. Er
hatte damals schon eine schwere neurologische Erkrankung, eine
Gemütskrankheit. Am Kongreß nahmen auch Vertreter von demokratischen
und Massenorganisationen teil, die nicht stimmberechtigt waren.
R: Wissen sie was Faruk hier vorgeworfen wird ?
H: Das weiß ich nicht genau. Ich wurde aufgefordert, schriftlich meinen Umgang mit ihm niederzulegen.
R: Herr Ereren soll den Befehl erteilt haben, zwei Polizisten in Istanbul zu ermorden.
H: (sichtlich empört) Das ist unsinnig, idiotisch, ganz und gar unmöglich !
R: Wir verhandeln aber darüber
H: Das ist
eine unqualifizierte faschistische Beschuldigung. Ich weiß das, weil
ich der Verantwortliche damals war, der einen solchen Befehl hätte
erteilen können. Der einzige, der einen solchen Befehl hätte erteilen
können war der Parteichef Karatas und ich als Kommandant der
Guerilla hätte ihn ausgeführt. Es geht nicht, daß jetzt unschuldige
und obendrein kranke Menschen beschuldigt werden !
Gleiches
hatte in vorangegangenen Befragungen Zeugen bereits ausgesagt:
Zur Zeit des Putsches wurden alle exekutiven Befugnisse in der Hand
des Parteichefs vereint.
R: Bitte sagen sie nichts Politisches. Es geht hier nur um Aussagen zur Sache.
H: Ich will hier gar keine politische Propaganda machen, sonst dauert das 12 Tage
R: Wann genau waren sie Verantwortlicher ?
H: Ich war bis Juni 1993
in Istanbul. Nach dem Putsch kamen Anweisungen vom Parteichef nur an
mich. In der Zeit davor gingen solche auch an andere Genossen.
R: Wo hat sich Karatas zur Zeit des Putsches aufgehalten ?
H: Das werde ich ihnen nicht sagen
R: Wie wurden ihnen seine Anweisungen übermittelt ?
H: Es wurden alle Möglichkeiten genutzt, z.B. das Telefon
R: Haben sie mit Karatas telefoniert ?
H: Ja
R: Sagt ihnen der Name Günduz etwas ?
H. Es handelte sich um einen Studenten, der damals Wohnungen etc. organisierte
R: Kennen sie Genc ?
H: Den kenne ich sehr gut, er war Krieger in meiner Einheit in der
Landguerilla. Genc war ein normaler Kämpfer, wurde verhaftet, floh aus
dem Gefängnis, versteckte sich in einer der von Günduz beschafften
Wohnungen und wurde von mir dann übernommen.
R: Wo war er genau bevor sie ihn übernahmen ?
H: In der Wohnung. Karatas sagte mir, ich solle ihn nicht dort
abholen. Andere Genossen, die ihn dort abholen wollten, wurden
erschossen. Er wurde mir überbracht.
R: Wie hat sich Genc bei Ihnen gemacht ? Er wurde zuvor als Verräter bestraft.
H: Die Strafe bestand in einem Funktionsverbot und einer Bewährung im praktischen Kampf.
R: Wurden alle militanten Aktionen von ihnen veranlasst ?
H: Es gab auch unkontrollierte Operationen auf Grund der
chaotischen Situation zur Zeit des Putsches wo viele Einheiten von
der Führung abgeschnitten waren und auf eigene Faust operierten.
R: Also gab es nicht nur Aktionen via Karatas zu ihnen
H: Ja. Zur Zeit des Putsches ging alle Entscheidungsgewalt von Karatas aus. Nur seine Anweisungen wären befolgt worden
R: Aber trotzdem gab es autonome Aktionen ohne Anweisung von Karatas.
Demnach
hätte es theoretisch sein können, daß Faruk einer autonomen Einheit
telefonisch von Deutschland aus den Befehl erteilt hätte zwei
Polizisten zu töten. Doch nach der Aussage von Hüsein handelte es
sich um Einheiten, die sich keineswegs von Karatas abgewandt hatten
und darum eventuell von einem neuen Anführer Anweisungen
entgegengenommen hätten, sondern um loyale Einheiten, die allein
auf Grund getrennter Kommunikationswege autonom handelten.
Umgekehrt hätte Faruk schon allein deshalb einen solchen Befehl nicht
erteilt, weil er politisch zu Karatas stand und wusste, daß allein er
befugt zu solchen Anweisungen war.
R: Haben sie gemeinsam mit Herr Ereren versucht, die Dinge in der Organisation zu regeln ?
H: Nein, Faruk hatte keine politische Leitungsfunktion. Er hat aus
der Jugend heraus Gündüz im logistischen Bereich geholfen.
R: Das steht
aber im Gegensatz zu ihrer schriftlichen Aussage. Sie haben
geschrieben, sie hätten sich mit Faruk vielfach in Istanbul
getroffen. Das klingt nicht nach einer Helferfunktion.
H: Es muss sich um eine Verwechselung handeln.
R: Sie schrieben: „versuchten Faruk und ich die Putschprobleme zu lösen“
H: Es handelt sich dennoch um eine Verwechselung
R: Faruk sollte beim Gründungskongreß ins ZK gewählt werden
H: Das ist ein falscher Eindruck, sonst wäre er 1994 angeklagt worden. Er war Mitglied, doch wegen seiner Erkrankung wurde er in keine Leitungsfunktion gewählt.
R: Genc hat ausgesagt, er sei gefoltert worden und habe nur deshalb das Geständnis unterschrieben.
H: Folter oder nicht, er darf nicht aussagen. Das ist eine Frage der
Persönlichkeit. Auch bei Folter ist eine Aussage ein Makel
R: Jedes Mitglied musste einen politischen Lebenslauf schreiben ?
H: Der geht an die Organisation
R: An wen genau ging das ?
H: Einem Boten wird so was übergeben
R: Wer genau war Mitglied im ZK ?
H: Zur Zeit des Putsches wurden alle Funktionen des ZK auf Karatas übertragen
R: Wer war noch im ZK ? Sie auch ?
H: Ich war Mitglied des Generalkomitees,. Dem ZK gehörten normalerweise 3 Personen an.
R: Faruks Deckname war Kemal und laut einem Dokument (wurde Hüseyin gezeigt in Kopie) war ein Kemal im ZK. War also Herr Ereren im ZK ?
H: Beim Dokument handelt es sich um einen Vorschlag, der nicht so umgesetzt wurde. Es gab auch andere Kemals. Sie können ganz sicher sein, daß die Organisation keinen psychisch schwerkranken Mann ins ZK berufen hätte.
Nun übernimmt die Bundesanwaltschaft das Verhör:
BA: Wann fand der Gründungskongress wo statt (mutmaßlich ja in Syrien) ?
H: Das war am 30.3.94. Den Ort sage ich nicht. Grund war, daß die Dev-Sol in eine Partei umgewandelt werden sollte.
BA: Worin besteht der Unterschied ?
H: Die Dev-Sol war ideologisch nicht gefestigt
BA: Ging es um Satzung, Struktur, Ideologie ?
H: Ja
BA: Wer wurde alles eingeladen ?
H: Die Kader der Dev-Sol kamen zusammen, legten Weg der Revolution fest.
BA: Alle Kader ?
H: Nur die Verantwortlichen der bestehenden Einheiten
BA: Welche genau ?
H: Es handelte sich um Vertreter demokratischer Organisationen,
Gewerkschafter und Kommandanten der Guerilla. Diese brachten
politische Vorschläge ihrer Einheiten ein.
BA: Vieviele Leute nahmen teil ?
H: 10 – 10.000
BA: Nennen sie eine Größenordnung
H: Viele kamen. Ich habe genug Polizeiverhöre überstanden. Glauben Sie, sie erfahren hier mehr ?
BA: Wurden Schriftdokumente erstellt ?
H: Natürlich. Es wurde Tag und Nacht diskutiert, recherchiert. Wir
taten das, was eine Organisation so tut auf einem Parteitag.
BA: Gab es schriftliche Ergebnisse ?
H: Es gab sogar ein Buch
BA: War Herr Ereren anwesend ?
H: Ja
BA: Wurde die Entscheidungsfindung dokumentiert ?
H: Ja sicher
BA: Wie sind Sie ins Generalkomitee gekommen ?
H: Die Parteimitglieder haben gewählt
BA: Gab es mehrere Vorschläge ?
H: Aus den Grundeinheiten gab es verschiedene Vorschläge. Nicht alle konnten gewählt werden
BA: Wurde er auch gefragt, wer für die Wahl geeignet war ?
H: Ja, ich machte viele Vorschläge
BA: Machten Sie auch Vorschläge für das ZK ?
H: Ja
BA: Wen haben Sie vorgeschlagen ?
H: Ich habe Karatas vorgeschlagen
BA: Geschah das mündlich oder schriftlich ?
H: Was gesagt wurde wurde protokolliert
BA: (hält Hüsein ein Dokument vor mit einem Vorschlag für das ZK) Das haben Sie unterschrieben.
H: Das ist meine Schrift, ja.
BA: Da stehen weitere Namen als Vorschlag für das ZK, nicht nur Karatas.
H: Worauf
wollen Sie hinaus ? Damals mag ich Faruk vorgeschlagen haben. Das war
im frühesten Zeitpunkt des Ablaufs als es darum ging, wer generell in
Betracht kommt. Mir war bewusst, daß Faruk sehr krank war. Der
Vorschlag sollte nur zeigen, daß er eigentlich qualifiziert wäre.
BA: Also war Faruk Kemal
H: Nein, es gab viele Kemals
BA: Hat er Faruk für das ZK vorgeschlagen ?
H: Ich habe den vorgeschlagen, der mir am nächsten stand.
BA: Kemal alias Faruk wurde vorgeschlagen und gewählt, dann aber wieder wegen Krankheit abgezogen.
H: Dies belegt doch gerade, daß diese Wahl rein formal war, denn es
war von Anfang an klar, daß Faruk schwer krank war und daß er
außerstande war, irgendeine Funktion zu übernehmen. Er hat auch nie
Verantwortung übernommen. Hier wird ein schwerkranker Mann
beschuldigt für Dinge verantwortlich zu sein, die er nie hätte tun
können und nie getan hat. Ich habe 30 Tage schwere Folter überstanden. Ich sage jetzt auch nicht mehr aus.
R: Hier in Deutschland wurde Herr Ereren nicht gefoltert und inzwischen ist er frei
H: Ich freue mich von Faruks Freilassung zu hören, aber einen psychisch kranken Menschen 7 Jahre lang Isolationshaft auszusetzen ist Folter.
Jetzt beantragt die Verteidigung den Abbruch des Verhörs wegen des Gesundheitszustandes Hüseins.
H: Ich musste dreimal operiert werden und dürfte eigentlich maximal 1 Stunde sitzen, da ich einen extrem schwankenden Blutdruck habe.
BA: Ich hätte noch eine letzte Frage, wirklich nur noch eine
Verteidigung:
Herr Özaslan hätte sich wegen seiner Erkrankung auch gar nicht auf die
Befragung einlassen müssen und sitzt hier nun seit 6 Stunden.
R: Abbruch der Befragung wird beschlossen
Die Videobefragung von Hüsein wird am 31.3.2014 um 10 Uhr fortgesetzt.
Wir werden berichten
Von wegen revolutionär...
Pah von wegen revolutionär... Die DHKP-C unterscheidet sich von Jihadisten nur insofern, das sie das Wort Scharia durch Revolution ersetzt haben. Rhetorik und Praxis is die selbe.
Antideutsche Differenzierung
Ich bin auch nicht unbedingt ein grosser Anhänger von marxistisch-leninistischen Guerillas und es gibt sicher vieles, dass man kritisieren kann, aber was du sagst, ist einfach nur Quatsch. Oder jagt die DHKP-C etwa Quartiermärkte in die Luft?
Der antideutsche Manichäismus hat dazu geführt, dass das Niveau der politischen Diskussion in der deutschsprachigen Szene wirklich verdammt tief ist. Es herrscht eine historische Krise und es gibt überall Aufstände, doch statt diese Situation zu reflektieren, seid ihr damit beschäftigt, die ganze Welt ausser euch selbst als Antisemiten zu beschimpfen. Ihr unterscheidet euch von der CDU nur insofern, dass ihr das Wort Realpolitik durch Antifaschismus ersetzt habt.
Titel
Da steht gar nichts von Antideutsch. Seit wann sind Leute die etwas gegen die Scharia haben gleich automatisch antideutsch?
Titel
Warum ist dieser oben genannte Mensch gleich ein Revolutionär?
Kommt mal herunter von Eurem hohen Ross.