[Spanien] Streiks bei Coca-Cola: Die "rote Flut"

Streik von Coca-Cola-Arbeitern in Madrid (12. März)

Die Beschäftigten von Coca-Cola im Spanischen Staat kämpfen gegen Standortschließungen und Entlassungen JedeR Vierte hat keine Arbeit, 500.000 Haushalte sind ohne Einkommen, 350.000 Wohnungen wurden zwangsgeräumt – die Wirtschaftskrise hat den Spanischen Staat in eine soziale Katastrophe geführt. Dagegen entstehen zahlreiche Protestbewegungen – mittlerweile sind es so viele, dass sie sich durch die Farbe ihrer Bekleidung optisch voneinander absetzen.

 

Bei der Riesendemonstration in Madrid am 23. Februar auf der Puerta del Sol konnte man das Farbspiel bewundern, das die spanische Presse flugs in "Fluten" aufteilte: Die "weiße Flut" der Beschäftigten im Gesundheitswesen, die "grüne" gegen Kürzungen im Bildungswesen, die "orangefarbene" für soziale Gerechtigkeit und die "violette" gegen die Abschaffung des Abtreibungsrechts. Neben noch nicht farbkodierten Gruppen, etwa gegen Repression oder für Umweltschutz, gab es auch eine "rote Flut": Die der Arbeiter von Coca-Cola, die mit roten Streikwesten gegen Standortschließungen und Entlassungen protestieren.

 

Coca-Cola Iberian Partners, die das Zuckerbrause für Spanien, Portugal und Andorra herstellt, hatte am 22. Januar bekanntgegeben, dass im Rahmen einer Umstrukturierung vier der elf Standorte schließen sollen: In Fuenlabrada (Madrid), Colloto, Alicante und Palma de Mallorca. Dadurch sollten 750 Stellen komplett wegfallen – weitere 500 Beschäftigte müssen umziehen, wenn sie an anderen Standorten beschäftigt werden wollen.

 

Der multinationale Konzern lässt seit 1953 in Spanien produzieren und hat im Laufe der Zeit Riesengewinne kassiert. Doch die goldenen Zeiten scheinen vorbei zu sein – in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres lagen die Verkaufszahlen unter dem Wert des Vorjahrszeitraums. Vorsichtshalber verzichtete der Konzern darauf, für 80 Millionen Euro die Namensrechte des Stadions von Real Madrid zu erwerben.

 

Die Umstrukturierung soll nun wieder für höhere Gewinne sorgen. Der Öffentlichkeit gegenüber argumentiert die Firma, ihr Angebot an die Beschäftigten sei "großzügig": Die von der Schließung betroffenen MitarbeiterInnen könnten an anderen Standorten eingesetzt werden, über 56jährigen Beschäftigten werde die Frühverrentung angeboten. Und wer wirklich den Job verliere, könne eine Abfindung von 45 Tagen Lohn pro Arbeitsjahr kassieren. Eigentlich gebe es daher gar keine Entlassungen ...

 

"Die Angebote des Unternehmens sind vollkommen absurd für die Arbeiter", kommentierte vor Journalisten Alberto Pérez Mayoral, Mitglied der Gewerkschaft CCOO und des Betriebsrats in Fuenlabrada. "Hier in Madrid beharren wir auf der Forderung nach Wiedereröffnung der Fabrik." Umzüge lehnt er ab: "Drei Monate danach können sie dich auf die Straße werfen, wenn du nicht dem erwarteten Profil entsprichst." Ein Umzug komme für viele Arbeiter schon allein deswegen nicht Frage, weil sie wegen ihrer Familie oder einer Hypothek an ihre bisherigen Wohnungen gebunden sind. Es sei daher eine platte Lüge, von "Großzügigkeit" zu sprechen – ein Begriff, den auch große spanische Medien übernommen haben.

 

Im Februar hatte an den betroffenen Standorten ein unbefristeter Streik begonnen. Die Streikenden forderten die Bevölkerung sogar zum Boykott von Coca-Cola auf. Am 15. Februar nahmen viele von ihnen gemeinsam mit Streikenden anderer Branchen an einer Demonstration in Madrid teil – die Vorsitzenden der beiden Gewerkschaften CCOO und UGT, Ignacio Fernández Toxo und Cándido Méndez liefen an der Spitze der ersten "roten Flut". Sie solidarisierten sich mit vielen anderen Kämpfen, z.B. mit dem Streik bei der Donutfabrik "Panrico" in Barcelona (http://www.klassegegenklasse.org/weiter-streik-bei-panrico/).

Coca-Cola zeigt sich bisher unbeeindruckt. Auch wenn etwas bessere Abfindungen zur Diskussion stünden, "ist der Beschluss zur Schließung unumkehrbar, vor allem nachdem die Konzernzentrale in Atlanta zugestimmt hat", sagte der Spanien-Chef der Firma, Marcos de Quinto, vor JournalistInnen.

 

Wie bei vielen Arbeitskämpfen im Spanischen Staat stehen zahlreiche Frauen in der ersten Reihe. Auch Marisa S., die seit 25 Jahren in der Kundenbetreuung von Coca-Cola in Madrid arbeitet, war ein Job in einem anderen Werk angeboten worden. "Ich habe nicht einmal darüber nachgedacht," sagte sie. "Hier habe ich mein ganzes Leben: mein Haus, meine Hypothek, meine Tochter, die gerade studiert. Ich kann doch nicht weggehen!"

 

Teresa G., die seit 30 Jahren bei dem Getränkekonzern tätig ist, betrachtet das Umzugsangebot als verlogen: "Wie auch immer sie es nennen, sie wollen uns entlassen!" Ihre pensionierten Eltern – auch der Vater arbeitete ein Leben lang bei Coca-Cola – kann sie nicht alleine lassen. Wenn ihr Leben an dem Standort ist, "haben sie kein Recht, es zu beenden." Die meisten Frauen am Madrider Standort arbeiteten bislang in der Kundenbetreuung oder im Büro, in der Produktion sind vorwiegend Männer eingesetzt.

 

Am 10. März hat die Gewerkschaft den unbefristeten Streik am Standort Colloto in Asturien erst einmal beendet. Sie will aber weiterhin mehrere Stunden pro Woche zur Arbeitsniederlegung aufrufen und alle MitarbeiterInnen auffordern, an den landesweiten Protesten teilzunehmen. An den anderen Standorten wird jedoch weiter gestreikt. Für den 22. März ist erneut eine große Demonstration in Madrid geplant, außerdem soll es Kundgebungen vor der Konzernzentrale sowie vor der US-Botschaft geben. "Die Firma Coca-Cola will sich immer als Firma des Glückes vorstellen, aber sie hat uns alle sehr unglücklich gemacht, aufgrund ihrer Gier," sagt die Arbeiterin Virginia S..

 

von Wladek Flakin, Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO), http://www.klassegegenklasse.org

eine kürzere Version dieses Artikels erschien in der jungen Welt vom 14. März, http://www.jungewelt.de/2014/03-14/020.php

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Und in Kolumbien läßt die Konzernzentrale zusammen mit Paramilitärs GewerkschaftlerInnen umbringen!

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