Der 8. März als feministischer Kampftag hat für uns an seiner Dringlichkeit und Aktualität nichts verloren! Darum finden wir es wichtig, dass es an diesem Tag vielfältige feministische Aktionen gibt. Allerding muss auch immer hinterfragt werden, was unter dem Label „Feminismus“ verstanden wird und welche Perspektiven und Herrschaftsverhältnisse mitgedacht oder eben ignoriert werden.
*Wir verstehen uns als Teil einer linksradikalen, queer-feministischen Szene, sind weiß-deutsch, unterschiedlich betroffen von Diskriminierung bzw. priviligiert aufgrund der sozialen Klassen aus denen wir kommen (Klassismus), sind cis (also nicht trans), abled bodied (der körperlich/geistigen Norm von „gesund“ weitestgehend entsprechend)und konnten alle auf die Uni gehen. Aus diesen Positionen heraus möchten wir eine Kritik an manchen Aufrufenden zu dieser Demo und deren Verständnis von „Feminismus“ äußern.
Wir wollen hier und heute eine linksradikal queerfeministische Perspektive auf den 8. März stark machen. Das heißt für uns patriachale, rassistische und andere Machtverhältnisse, die auch immer durch den Staat getragen, erhalten und (re-)produziert werden, zu kritisieren, aufzubrechen, zu bekämpfen.
*Mit dem Begriff Patriachat soll die Herrschaft von Männern* über Frauen* beschrieben werden. Oft wird dieser aber aus einer zweigeschlechtlichen, weißen, akademischen Perspektive geäußert, bei der jedoch die zahlreichen unterschiedlichen Verwebungen von Herrschaftsverhältnissen nicht mitgedacht werden. Mehrfachdiskriminierungen von zum Beispiel Women of Color, der Zwang nach Zweigeschlechtlichkeit und kapitalistische Ausbeutungsverhältnisse werden unsichtbar gemacht. Patriachat steht aber immer in Beziehung mit anderen Machtverhältnissen und kann deswegen nur mit diesen zusammen gedacht und bekämpft werden*
*Parteien, die mit zu dieser Demo aufgerufen haben, sind Vertreter_innen des Staates. Der Staat - und damit auch alle Parteien – erhalten aber eben genau solche Machtverhältnisse aufrecht und legitimieren somit Unterdrückung: Deutschlands Grenzen und die Festung Europa werden durch Staatspolitik aufrecht erhalten. Deutsche Kriegseinsätze werden mit dem vermeintlichen Eintreten für „Frauenrechte“ legitimiert und damit Unterdrückung von Frauen* als Problem der „anderen Kulturen“ dargestellt.
Durch die deutsche Vormachtstellung in den aktuellen Krisen und Nationalismus werden Bilder von „selbstverschuldeter Verarmung“ hergestellt und aufrechterhalten. Das verdeckt, dass die entscheidend von Deutschland diktierte Sparpolitik die Wettbewerbsfähigkeit der südlichen Länder Europas systematisch niedrig hält, um den eigenen Wohlstand zu erhalten und ein „Warnsignal“ an andere kriesenerschütterte Staaten zu senden. Damit bleibt ein mörderischer, rassistischer, kolonialistischer, kapitalistischer Ist-Zustand bestehen, wird reproduziert und ausgedehnt.
*Außerdem fördert der Staat aktiv die bürgerliche, weiße, heterosexuelle Kleinfamilie und damit bestimmte Rollenbilder und Klischees. Beispielsweise durch Gesetzgebungen werden Menschen, die nicht der zweigeschlechtlichen Scheiße entsprechen/entsprechen wollen, systematisch und institutionalisiert diskriminiert.
*Somit stehen für uns der Staat und Parteien einer linksradikalen, queerfeministischen, emanzipatorischen Perspektive entgegen*
*Die weißen akademisierten Teile der Queer-feministischen linksradikalen Szene, da schließen wir uns selbst mit ein, haben sich in den letzten Jahren zu wenig in die Vorbereitungen für einen 8.März mit eingebracht und schaffen es häufig nicht aus ihrem dominanten weiß-akademisierten Rumgeklüngele hinauszutreten.
Gerade deswegen geht es uns hier nicht darum diese Demo zu bashen. Es ist wichtig feministische Inhalte auf die Straße und damit ins Bewusstsein der Menschen zu bringen. Eine derart große und breite Demo zu organisieren ist verdammt viel Arbeit. Trotzdem haben wir uns – aufgrund der beschriebenen Kritikpunkte- dazu entschieden nicht direkt an der Demo teilzunehmen. Statt dessen wollten wir hiermit einige kritisch-solidarische Anmerkungen „fallen lassen“*
*Für einen Feminismus der Rassismen konsequent mitdenkt und reflektiert. In Solidarität mit Women in Exile und allen PoCs *
*Für einen Feminismus, der Inter*- und Trans*-Positionen konsequent mitdenkt! In Solidarität mit dem Inter* und Trans* Block*
*Für einen Feminimus der sich mit dem FatupBlock und seinen Zielen solidarisch erklärt!*
*Für einen Feminimus, der sich solidarisch mit den Zielen und Aktionen des Sexarbeiter*innenBlocks erklärt*
*Und in Solidarität mit allen emanzipatorischen Blocks auf dieser Demo, von denen wir zum Zeitpunkt des Schreibens noch nichts wissen*
*Für einen linksradikalen Feminismus, ohne Parteien, der alle Herrschafts- und Machtverhältnisse und den Staat bekämpft*
*Für einen Queer-Feminismus jenseits von zweigeschlechtlichem Denken, der ALLE Formen von Sexualität mit einbezieht*
*Für eine linksradikale, queerfeministische Perspektive auf den 8. März*
Eine revolutionäre, dekonstruktivistische Perspektive ...
... auf die 8. März-Demo in Berlin:
Eine feministische Kapitulation! – Warum ich die 8. März-Demo in Berlin verlassen habe, bevor sie losging
http://theoriealspraxis.blogsport.de/2014/03/08/eine-feministische-kapitulation-warum-ich-die-8-maerz-demo-in-berlin-verlassen-habe-bevor-sie-losging/.
Eine vielleicht 'kritisch-konstruktiv' zu nennende Perspektive auf die gleiche Demo:
http://lowerclassmagazine.blogsport.de/2014/03/08/reclaim-feminism/
Texte - gewissermaßen ;-) - zum Unterschied zwischen "queer" und "dekonstruktivistisch":
http://arschhoch.blogsport.de/2011/10/07/queere-identitaetspolitik-contr...
Immer noch die Frage,
was daran linksradikal sein soll? Nur weil ihr jede erdenkliche Minderheit lobpreist? Das macht euch zu guten Diversity-Managern, aber linksradikal??? Nicht wirklich!
@ anonym
Falls ich auf Deine Polemik jetzt auch noch eine Polemik draufsetzen soll (was aber vermutlich nicht besonders produktiv ist, wozu ich mich aber um 3/4 2 doch verlocken lassen), so würde ich sagen:
Ebendas (Lobpreisen "jede[r] erdenkliche[r] Minderheit" versus Verfügen über einen, wenn auch teilweise fragwürdigen und teilweise unausgearbeiteten, Strategievorschlag) ist genau der Unterschied zwischen "linksradikal" und "revolutionär". - Insofern würde ich dem Artikel seinen Anspruch "linksradikal" nicht absprechen wollen...
Weitere Berichte
Weitere Artikel-Hinweise zu gestern (9:55, 18:37, 18:46 und 19:56) und zu anderen Themen:
http://maedchenmannschaft.net/selbermach-sonntag-9-3-2014/#comments
Resümee zum 8. März in der BRD
Revolutionär-feministische Antwort
Eine (ausführliche) Antwort auf den Artikel:
Eine revolutionär-feministische Perspektive auf die „linksradikale, queerfeministische Perspektive“ (von Samstag) auf den 8. März
https://linksunten.indymedia.org/de/node/108153
ein kurzer Auszug daraus:
Revolutionärer Feminismus od. Queerfeminismus
http://de.indymedia.org/2014/03/353024.shtml