Am Samstag, den 08. Februar gingen 450 Menschen in Stuttgart auf die Straße, um ihre Solidarität mit dem Prozess Rojava in die Öffentlichkeit zu tragen. Verschiedene Organisationen aus der mirgantischen und deutschen Linken hatten zur Demo aufgerufen; aus München, Villingen-Schwenningen, Mannheim und Heilbronn wurden gemeinsame Anreisen organisiert.
Ein paar Sätze zum Hintergrund...
Rojava - wie Westkurdistan auf kurdisch benannt wird – befindet sich im Norden des heutigen Syriens. Dort wurden im Zuge der Proteste gegen das Assad-Regime, im Sommer 2012, die staatlichen Truppen vertrieben. Seitdem werden in diesem Gebiet, das mehrheitlich von KurdInnen bewohnt ist, vielfältige selbstverwaltete Strukturen aufgebaut und ein basisdemokratischer Prozess in die Wege geleitet.
Während die Entwicklungen in Rojava immer konkretere Züge annehmen und es gelungen ist Ende Januar 2014 die demokratische Autonomie auszurufen – ist Syrien seit bald drei Jahren von Krieg gebeutelt: Einem Stellvertreterkrieg zwischen den westlichen Mächten und ihren Verbündeten auf der einen und Russland und China mit ihren Verbündeten auf der anderen Seite. Islamisten gewinnen immer mehr an Einfluss und rufen zu einem Heiligen Krieg auf. Allen involvierten Kräften ist der Aufbauprozess in Rojava ein Dorn im Auge.
...auf die Straße für Solidarität!
Die
Auftaktkundgebung gegenüber des Stuttgarter Hauptbahnhofes begann um
kurz nach 14.00 Uhr bereits kämpferisch mit einer Transpiaktion vom
Dach des Bahnhofes aus. Feuerwerk sorgte zudem für gute Stimmung.
Die erste Rede wurde von einer Vertreterin des Offenen Treffen gegen
Krieg und Militarisierung Stuttgart (OTKM) gehalten. In dieser wurde
auf die aktuelle Situation in Syrien und die Rolle Rojavas
eingegangen und auf die Notwendigkeit internationaler Solidarität
hingewiesen. Darauffolgend sprach Young Struggle im Konkreten
über den Aufbauprozess und beschrieb dessen Errungenschaften.
Gegen 14.30 Uhr setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung. Sofort zog die Polizei im vorderen Bereich einen Spalier auf. Die DemonstrantInnen wurde von Beginn an abgefilmt, zunächst aus einem weißen Zivisprinter, dann mit einem Kameraauto das vor der Demo fuhr. Erst nachdem die komplette Demonstration zum dritten Mal stehen blieb und sich die TeilnehmerInnen weigerten so die Demonstration fortzuführen, ließ der Spalier nach.
Die Route der Demonstration, führte direkt durch die Innenstadt. Auf der Königstraße, dem Rotebühlplatz und Schlossplatz konnten sehr viele interessierte PassantInnen mit Flyern und Durchsagen erreicht werden.
Bei der Zwischenkundgebung ging der Mesopotamischen Kulturzentrum (MKM), auf die zentrale Rolle der Frauen in Rojava ein. Sie verfügen über eigene Strukturen und müssen in den politischen Gremien mit mindestens 40 % vertreten sein. Der Arbeitskreis Internationalismus Stuttgart stellte in seiner Rede dar, dass Rojava nicht nur für den Nahen Osten von Bedeutung ist, sondern für uns alle die gegen imperialistische Kriege, Ausbeutung und Unterdrückung aktiv sind und für eine Gesellschaft jenseits der herrschenden Verhältnisse kämpfen.
Kurz vor dem Abschluss der Demonstration auf dem Schlossplatz in der Innenstadt provozierten am Rande etwa 10-15 Salafisten. Zunächst stellten sich die anwesenden BFE-Einheiten schützend vor diese und orderten Verstärkung. Nachdem jedoch klar wurde, dass sich die DemonstrantInnen nicht von ihnen einschüchtern lassen würden oder schweigend über die Provokation der Salafisten hinwegsehen, wurden sie von den BFE-Einheiten weg gedrängt und mussten sich von der Demonstration entfernen.
Bei der Abschlusskundgebung wurden noch kurdische Lieder gesungen, ein paar der TeilehmerInnen tanzten Halai und es wurde betont, dass die Demonstration nicht den Abschluss der Solidaritätsarbeit zu Rojava und Syrien darstellt.
Vielmehr gilt es internationale Solidarität wieder praktisch werden zu lassen, sich mit den Prozessen in Rojava oder auch in anderen Regionen auseinander zu setzen, von den gemachten Erfahrungen zu lernen und diese zu nutzen um auch hier die Verhältnisse zu ändern!
Internationale Solidarität organisieren – Widerstand aufbauen – eine andere Gesellschaftsordnung ist nötig!
Die verschiedenen Aufrufe zur Demonstration findet ihr hier:
Bündnisaufruf, Aufruf aus Heilbronn, Aufruf von Solid, Revolutionärer Aufruf
Ein Mobivideo zur Demo gibt es hier.
Ein Radiointerview zur Demo und Rojava gibt es hier.
Wenn ihr euch weitergehend zu dem Thema Rojava informieren möchtet, findet ihr unter folgenden Seiten interessante Texte und Berichte:
www.ceni-kurdistan.com,www.civaka-azad.org,www.revolutionaere-aktion.org,www.syrien-tagx.tk, www.tatortkurdistan.blogsport.de.
StellvertreterKrieg?
Schöne Information. Mal gut was aus Syrien zu hören.
Um einen Stellvertreter Krieg handelt es sich in Syrien aber nicht. Worte lieber korrekt benutzen und nicht als generell passenden Kampfbegriff. Das ist lächerlich und ausserdem nutzt es das Wort ab.
sehr selektive internationale Solidarität
Internationale Solidarität praktisch werden zu lassen ist nicht vereinbar mit dem Verbreiten nationalistischer Illusionen! Ihr reißt Rojava aus dem Zusammenhang heraus und tut so, als hätte es nichts mit den anderen Aufständen im nahen Osten zu tun. Und ihr tut so, als sei Rojava mit der de-facto Herrschaft der nationalistischen PYD auf dem Weg zum Sozialismus. Die kurdische Autonomie in Rojava wäre unmöglich ohne die syrische Revolution. Die PYD arbeitet mit dem Baath-Regime zusammen, obwohl die Kurden unter Assad jahrzehntelang Staatsbürger_innen zweiter Klasse waren. Der dreijährige Aufstand der syrischen Massen gegen Assad kommt nicht vor, auch nicht dass er trotz unvorstellbarer Repression lokal zu wirklicher Selbstverwaltung geführt hat (z.B. Raqqa). Ihr verschweigt auch dass eure PYD sich durchaus an die westlichen Regierungen anbiedert, dass sie im Kampf gegen den internationalen Terrorismus doch mit ihr zusammenarbeiten mögen (nur hat die PYD dabei weniger Erfolg als der SNC). Wenn Assad den Krieg gewinnen sollte ist Rojava zuende, gleiches wenn die von ihm geförderten und bezahlten Islamisten (ISIS usw.) gewinnen sollten, also geht die Befreiung der Menschen im Nahen Osten nur mit echter internationaler Solidarität. Meine Unterstützung gilt nicht den kurdischen Nationalisten sondern den Millionen (Araber, Kurden uvm.), die seit drei Jahren kämpfen, den Tausenden die heute in Folterkellern sitzen oder mit Fassbomben massakriert werden uvm. Wer denen nicht mal eine Träne nachweint, ist kein Internationalist.