Merkel lässt lesen, Riesenhuber leugnet

Pressemitteilung 10.09.09

Merkel lässt lesen, Riesenhuber leugnet
BI Umweltschutz appelliert an die Energiewirtschaft,  keinen Cent mehr in Gorleben zu investieren

"Das Missing-Link, der Beleg für die Einflussnahme der Kohl-Regierung auf die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), ist da. Bisher waren wir auf den philologischen Vergleich der unterschiedlichen Fassungen jener Expertise angewiesen, die in der Fachbehörde des Bundes 1983 dreimal umgeschrieben wurden, um die flagranten Sicherheitsdefizite des Salzstocks Gorleben als nukleares Endlager zu vertuschen".

Der Bericht fasste die Ergebnisse von Tiefbohrungen aus der Erkundungsphase des Salzstocks Gorleben zusammen. Die PTB warnte, sollte in Gorleben hochradioaktive Abfälle eingelagert werden, könnten bereits nach 600 bzw. 1170 Jahren kontaminierte Wässer die Oberfläche erreichen.

Die Fachbehörde schlug zunächst vor, andere Standorte zu untersuchen, das wurde jedoch nach Intervention aus Bonn aus dem Bericht gestrichen. Am 13.07.83 stimmt das Bundeskabinett der sogenannten "untertägigen Erkundung", also dem Bau des Endlagerbergwerks zu.


Statt eines Eignungsverfahrens reichte der Politik der Fabelbegriff "Eignungshöffigkeit" für die Milliarden schwere Investition.


Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, die Ende August nach Akteneinsicht im Bundesamt für Strahlenschutz den Stein ins Rollen brachte, widerspricht vor allem dem ehemaligen Forschungsminister Heinz Riesenhuber (CDU). Riesenhuber hatte auf die Veröffentlichung eine Telefaxes aus dem Forschungsministerium vom 13.05.83 an die Adresse der PTB einer Presseerklärung jede Verantwortung von sich gewiesen und geleugnet, dass auf die PTB Druck ausgeübt wurde. Das Telefax, das der BI ebenfalls vorliegt, belegt hingegen das Gegenteil.

Als Zeitzeuge hatte der  damalige PTB-Abteilungsleiter Röthemeyer schon 1985 presseöffentlich erklärt, dass dem Amt seitens der Kohlregierung ein Maulkorb verpasst wurde (Frankfurter Rundschau 25.7.85). Im April hatte er im Gespräch mit der Berliner Tageszeitung weitere Details geliefert: Zu einem Treffen mit den Experten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover, auf dem der Sachverhalt und die Empfehlung, die Standortsuche zu erweitern, besprochen werden sollten, erschienen unerwartet aber auch Vertreter des Bundeskanzleramtes und der Bonner Ministerien für Forschung und Technologie und des Inneren - ein Bundesumweltministerium existierte vor dem Reaktorbrand in Tschernobyl nicht.

Die Ministeriumsvertreter forderten die Physikalisch-Technische Bundesanstalt zur Änderung ihres Gutachtens auf. "Es gab nichts Schriftliches, keine schriftliche Weisung, aber wir mussten das Gespräch klar als Weisung auffassen", sagt Röthemeyer (TAZ 18.4.09).

Interessant ist vor diesem Hintergrund vor allem die Eingangszeile des Telex mit dem Bezug zur Besprechung in der BGR am 11.5.1983. "Das ist genau die Besprechung, bei der laut Röthemeyer uneingeladen die Vertreter des Bundeskanzleramtes und der beiden Ministerien erschienen", erläutert die BI.

"Riesenhuber leugnet, was nicht mehr zu leugnen ist, und die Bundeskanzlerin lässt lesen, das ist nur noch peinlich", kommentiert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke die Haltung der CDU-Politiker. Angela Merkel hatte als Reaktion eine Prüfung der Akten zugesagt.

Die Gorleben-Gegner appellieren unterdessen an die Energiewirtschaft, "keinen müden Cent" mehr für Gorleben auszugeben. Die Atomruine Gorleben wurde zu 90 Prozent von der Energiewirtschaft finanziert. Grundlage ist die Endlagervorausleistungsverordnung. Nach dem Atomgesetz ist der Bund zuständig für die Suche und Errichtung eines Endlagers, bittet aber die Atomstromproduzenten anders als bei der Asse und in Morsleben zur Kasse.

"25 Jahre lang wurde die Öffentlichkeit getäuscht. Eine rein politisch motivierte Standortwahl, geschönte Gutachten nach Auswertung des Tiefbohrprogramms, ohne atomrechtliches Genehmigungsverfahren wurde das Bergwerk in Teilen schon als Atommülllager ausgebaut, nun steht das Projekt vor dem Aus - der klare Verzicht auf Gorleben dient der pekuniären Schadensbegrenzung."

Wolfgang Ehmke 0170 510 56 06


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An audacious project was unveiled in Germany on Wednesday to install mini gas-fired power plants in people's basements and produce as much power as two nuclear power stations within a year.

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By ROBIN WOOD,

 

Hamburg, den 10. September 2009

Die Atommüllentsorgung ist am Ende. Die jetzt bekannt gewordenen politischen Manipulationen bei der Auswahl des Salzstocks in Gorleben müssen nun endgültig dazu führen, dass dieses Projekt für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle aufgegeben wird.

„Allein aus politischen Motiven ist Gorleben zum Standort für die Endlagersuche gemacht worden – das ist jetzt eindeutig. Die von Gutachtern und Wissenschaftlern dargelegten Sicherheitsmängel wurden ignoriert und ins Gegenteil verdreht. Nur mit Lügen und Verdrehungen war es offenbar möglich, die erforderliche Entsorgung für die gefährlichen Atomkraftwerke vorzutäuschen“, sagt Dirk Seifert, Energiereferent von ROBIN WOOD.

„Damit ist das gesamte Entsorgungskonzept für die Lagerung hochradioaktiver Abfälle endgültig gescheitert. Die Voraussetzung für den Betrieb von Atomkraftwerken – die gesicherte Entsorgung – ist jetzt nicht mal mehr auf dem Papier vorhanden. Eine weitere Produktion von Atommüll in den Atomkraftwerken muss jetzt sofort gestoppt werden“, so Seifert weiter.

Die gesamt Atommüllentsorgung wird immer mehr zu einem umweltpolitischen Desaster. Wie in Gorleben sind auch in den Atommülllagern ASSE II und Morsleben aus politischen Motiven sämtliche Sicherheitsbedenken vom Tisch gewischt worden. In Morsleben trägt die Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür die Verantwortung. Als damalige Bundesumweltministerin genehmigte sie die Einlagerung großer Atommüllmengen aus westdeutschen AKWs, obwohl Sachverständige aus dem Bundesamt für Strahlenschutz und den zuständigen Behörden in Sachsen-Anhalt warnten, dass die Stabilität des Salzstocks in Morsleben nicht gewährleistet sei.

Seit Jahren wird nun auf Kosten der SteuerzahlerInnen mit Notmaßnahmen versucht, den Einsturz des Lagers zu verhindern. Die Kosten liegen bei etwa 2,5 Mrd. Euro. Trotz dieser Maßnahmen droht derzeit ein schwerer Deckeneinsturz in Morsleben, der möglicherweise an der Oberfläche wie ein Erdbeben wahrgenommen werden könnte.

Auch für ASSE II ist inzwischen bekannt, dass Hinweise auf gravierende Sicherheitsmängel ignoriert worden sind. Als Forschungsstätte getarnt, diente ASSE II dazu, den beim Betrieb der AKWs anfallenden Strahlenmüll auf billige Weise zu vergraben. Nur so konnte in der Öffentlichkeit der Eindruck aufrecht erhalten werden, als habe man die Endlagerung von Atommüll im Griff. Heute dringen großen Mengen Wasser unkontrolliert in den maroden Salzstock ein und auch der Einsturz dieses Lagers ist nicht auszuschließen.

„Die Atommülllagerstätten Morsleben und ASSE II drohen zu einer Katastrophe zu werden, Sicherheitsbedenken wurden dort ebenso ignoriert, wie bei der Standortwahl von Gorleben. Jetzt muß endlich damit Schluss sein: Gorleben muß als Standort für die weitere Erkundung sofort beendet werden!“ fordert Dirk Seifert.

Weitere Informationen: Dirk Seifert, Energiereferent, 040-3808 92-21

ROBIN WOOD e. V., Nernstweg 32, 22765 Hamburg, Tel. +(0)40 380 892-21; Fax: -14, www.robinwood.de

Fresh allegations about government misconduct involving a controversial nuclear waste storage facility at Gorleben have rekindled political debate about atomic energy in Germany, just weeks before the country goes to the polls. Media commentators speculate that the issue could affect the national election. http://www.spiegel.de/international/germany/0,1518,648149,00.html