Das Noborder Camp auf Lesbos aus anarchistischer Sicht.

No Border, No Nation

Dieser Beitrag ist ein persönlicher Bericht und damit individuell und subjektiv. Es wurde sich aber bemüht Erkenntnisse, die im gemeinsamen Gespräch vor allem mit den lokalen AnarchistInnen gewonnen werden konnten in den Bericht einfließen zu lassen. Die Ergänzungspalte könnte genutzt werden, um das Bild über das Grenzcamp aus anarchistischer Sicht zu vervollständigen.

 

Die meisten Menschen, die das No Border Camp besuchten, waren deutschsprachig. Griechische AnarchistInnen waren zu Beginn nur als Einzelpersonen und in einer Kleingruppe vertreten, die einen Infotisch auf dem Camp gestaltete. Als Gründe für die Abwesenheit konnte ich in Erfahrung bringen:

 

A)Drohende und bereits durchgeführte Attacken von Polizei und Faschisten auf Projekte in griechischen Großstädten, z.B. in Athen. Mehr dazu auf: http://athens.indymedia.org/?lang=en Weil die lokalen Strukturen vorrangig geschützt werden mussten, war vielen AnarchistInnen aus den von Attacken betroffenen Städten der Besuch auf dem Grenzcamp leider nicht möglich.

 

B)Zusammenarbeit mit den von den Anarchistinnen als „Lefties" bezeichneten Gruppen auf dem Camp. Hintergründe nachzulesen auf http://de.indymedia.org/2009/09/259902.shtml Die Trennung zwischen „Links“ und „Anarchismus“ ist in Griechenland grundsätzlich. Selbst der Kontakt zu undogmatischen Linken wird abgelehnt und es herrscht ein großes Misstrauen gegen diese. Die OrganisatorInnen des Grenzcamps umgingen, ob bewusst oder unbewusst den Kontakt zu den AnarchistInnen aus Mytilini und planten gemeinsam mit den "Lefties".

 

C)Die Zusammenarbeit mit bürgerlichen Medien, wird insgesamt abgelehnt. Sie sehen sich in direkter, radikaler Opposition zu den Massenmedien. Obwohl JournalistInnen der Zutritt auf dem Camp vewehrt wurde, suchten die OrganisatorInnen bewusst Kontakt zu bürgerlichen Medien, um das Thema einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die AnarchistInnen informieren in Mytlini, der Hauptstadt von Lesbos dagegen über einen unabhängigen Radiosender und über ihre eigenen Publikationen.Ein wichtiges Verbreitungsmittel für griechische AnarchistInnen ist z.B. Indymedia. Als weitere Mittel eigene Inhalte zu verbreiten wurden genannt: Poster, Banner, Broschüren, Fotos, Bilder, Flugblätter, Broschüren, Internet, Web und FM Radio, die Möglichkeit eigene Reportagen und Videos zu produzieren bis hin zur Besetzung von Mainstream Radios für kurze Übertragungen. D)Unbedingte Gewaltfreiheit, die kein griechischer Anarchist bzw. AnarchistIn verstehen kann. Ziel der lokalen AnarchistInnen war nicht der große Riot, einhergehend mit möglichst großen Sachschäden in der Stadt. Sie lehnten es ab, das Klischee von AnarchistInnen, das die Medien bereits vorher schürten, zu erfüllen. Die Militanzfrage war auf Lesbos vor allem auf die Frage ausgerichtet, sich im Bedarfsfall verteidigen zu können. Aggressoren waren hier vor allem die bekannt faschistischen Riot - Cops aus Athen, die mit drei Bussen angereist waren.Gefahr drohte zudem von Faschisten und Bürgern, die dem Anlass des Camps negativ gegenüberstehen und sich evtl. Außerdem wäre ein Aufstand der Gefangenen von Mitilini mit Sicherheit von AnarchistInnen aktiv unterstützt worden. Dennoch war die lokale anarchistische Gruppe aus Lesbos Teil des No-Border Camps. Ihr Squat Bineo bot z.B. Platz für das Medienzentrum. Er war ein wichtiger Teil für die Infrastruktur des Grenzcamps, weil er die technischen Möglichkeiten besaß die auf dem zwanzig Kilometer außerhalb gelegenen Camp nicht vorhanden waren. Es darf offiziell von der Polizei nicht betreten werden , weil er sich auf dem Unigelände befindet. Einigen AktivistInnen bot dieser Freiraum einen sicheren Schlafplatz für die letzte Nacht vor der Rückreise. Besonders wichtig war aber die Solidarität, die wir bei Aktionen durch die lokalen und einigen anderen griechischsprachigen AnarchistInnen erfuhren. Bei einem Besuch einer Delegation von CampteilnehmerInnen im Gefängnis von Pagani kam es zu brutalen Polizeiübergriffen. Umgehend eilten die lokalen AnarchistInnen herbei (wie bei allen Aktionen mindestens fünfzig Prozent Frauenanteil) und gemeinsam mussten wir uns einer heftigeren Polizeiattacke erwehren. Im Anschluss daran gab es dann eine gemeinsame Demo zurück in die Stadt, die von der Polizei unbehelligt blieb.

 

Als am Sonntag, im Anschluss an der regelmäßig Sonntagsabend stattfinden Militärparade ein Mob aus ungefähr sechzig nationalistischen Bürgern, lokalen und wahrscheinlich auch zugereisten Faschisten den Infopoint in der Innenstadt von Mytilini für eine viertel Stunde belagerten und ein Angriff drohte, waren innnerhalb kürzester Zeit hauptsächlich die lokalen AnarchistInnen zur Stelle. Am Infopoint hatten übrigens auch viele Flüchtlings (Familien) ihr Notquartier eingerichtet. Die Athener Riot Cops zeigten hier deutlich, welch Geistes Kind sie sind, indem sie sämtliche Banner und Plakate auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Infopoints entfernten und beschlagnahmten.. Zum Glück blieb es dann bei verbalen Provokationen durch den ekelhaften Mob. Nach ca. 20 Minuten zogen sie geschlossen ab. Wir wurden darüber informiert, dass es auf Lesbos die erste dermaßen offensichtliche Kooperation von Faschisten und Polizei seit zwanzig Jahren gewesen wäre. Beim gemeinsamen Plenum wurde dann entschieden, eine Nachtwache durchzuführen, sodass eine versuchte Provokation durch zwei Faschisten gegen sechs Uhr morgens dann sehr erfolgreich, im Keim erstickt wurde. Viele lokale Anarchistinnen unterstützten die Nachtwache durchgehend bis zum Morgen.

 

Die OrganisatorInnen und BesucherInnen des No Border Camps zeigten sich nicht immer so solidarisch. Der Anblick von bei bestimmten Aktionen teilweise vermummten und mit Knüppeln bewaffneten Anarchos und Anarchas löste bei ihnen einen gewohnten No-Violence Reflex aus, ohne die genauen Hintergründe für die Art des Auftretens auch nur erahnen zu können.

 

Von vielen AnarchistInnen geteilte Kritik ist auch, dass das Camp keine besonders offene Entscheidungsstruktur hatte. OrganisatorInnen planten vorab im eigenen kleineren Kreis und stellten ihre Aktionen im Camp-Plena vor. Dort wurden dann per Handzeichen mehr oder weniger wild mit beiden Händen gewedelt. So konnte schnell erkannt werden, wer wie stark im Plenum zustimmte oder ablehnte oder einfach bei den Gebärden einen besonderen Enthusiasmus an den Tag legte. Die eigentliche Konsensfindung wurden dann aber mit dem Hinweis auf die fortgeschrittene Zeit öfter mal abgeblockt, während über weniger grundlegendere Fragen oft länger debattiert wurde. Der No-Violence Begriff wurde gerade von den OrganistorInnen breitwillig ausgedehnt und eigenwillig sämtlichen Aktionsformen übergestülpt.

Die Vielfalt der Aktionen wurde aktiv behindert. So kam es zu dem gewohnten Bild, das bei Aktionen einige, vor allem deutschsprachige AntirassistInnen bemüht waren, Menschen die ihrer Meinung nach Gewalt im Sinne hatten z.B. zur Ablegung von Vermummung, zu bewegen. Selbst bei Aktionen, wo es keinen Konsenz über Gewaltfreiheit gab oder dieser nur für einen eingegrenzten Ort galt. Lt. Aussage wurde dann wohl auch auf Flüchtlinge in Pagani eingewirkt, unbedingt ruhig zu bleiben, obwohl es zum Wahl der Mittel hierzu auch unterschiedliche Ansichten bei den Internierten gab. https://at.indymedia.org/node/15518 Diese unterschiedlichen Stimmungen bei den Betroffenen wurden von den OrganisatorInnen nichts mit ins Plenum eingebracht.

Leider wirkte die Atmosphäre bei den großen Versammlungen recht angespannt. Viele gaben sich ungeduldig und intolerant den Meinungen von Minderheiten gegenüber. Einfacher hatten es Menschen, die sich in perfektem Englisch ausdrucken und schnell verständlich machen konnten. Mit Sicherheit gab es auch überflüssige, unnötige Beiträge oder kleinere Störungen auf die mit größer Gelassenheit reagiert werden könnte, als vom zumeist deutschsprachigen PlenumbesucherInnen praktiziert. Außerdem wurde von anarchistischer Seite kritisiert, das das durch die Aktionen Erreichtes von Vielen allzu leichtfertig abgefeiert wurden.

 

Gab es denn überhaupt Erfolge? Ein Teilziel wäre mit Sicherheit die Schließung von Pagani gewesen. Wer jemals vor diesem perverserweise "Welcome Center" genannten Lager stand, weiß, dass diese Teilforderung unabdingbar ist. Aus diesem humanitären Grund hätten die AnarchistInnen jeden Aufstand in Pagani unterstützt, der evtl. dazu geführt hätte das Lager unbewohnbar zu machen. Das Camp hat immerhin erreicht, das über eine Schließung von offizieller Seite diskutiert wird. Was in Griechenland erst einmal aber tatsächlich wenig bedeutet, weil es in der Politik zumeist bei reinen Lippenbekenntnissen bleibt. Außerdem bot das Camp (sowie Infopoint in der Stadt) Platz und Essensversorgung für Flüchtlinge, die aus Pagani entlassen wurden und stellte auch Kleidung zur Verfügung. Diese direkte Unterstützung sollte nicht unterschätzt werden und wurde von den Flüchtlingen dankbar angenommen. Insgesamt war es ein Camp mit und für die Flüchtlinge. Dennoch besaßen viele Aktionen einen großen Eventcharakter.. Es schien, dass sich auf dem Camp viele Menschen befanden, die sich kaum Gedanken darüber machten, wie die weitere Perspektive für die Flüchtlinge aussieht und was mit ihnen z.B. in Athen geschieht. Auf dem Camp führte alleine die Nachricht, dass Flüchtlinge nach Athen ausreisen durften zu breitem Wohlgefühl. Wussten die Flüchtlinge selbst, was sie in Athen erwartet? Wurde mit dem Entlassungen nicht auch Platz für die auf dem Meer Neankommenden geschaffen? Reicht es aus ein Ende der Abschiebung zu fordern oder wird es im Kapitalismus Grenzen und Abschottung immer geben müssen? Was ist mit den Millionen Menschen die den Weg nach Europa nicht antreten können, weil sie über keine ausreichenden finanziellen Mittel verfügen? Was passiert nach dem Camp?

 

Am vorletzten Tag gab es dann noch ein von lokalen AnarchistInnen angeregtes Plenum, andem mit Sicherheit mehr teilgenommen hätten, wenn darüber besser informiert worden wäre.

 

Die aktuelle, berechtigte Kritik am No-Border Camp lässt deutlich werden, wie schlecht die Vernetzung von den unterschiedlichen anarchistischen und autonomen Gruppen gewesen ist und wie leichtfertig die Chancen einer Selbstorganisation verspielt wurden. Es klappte noch nichtmal der Austausch von Information untereinander. Das Ziel eigene basisdemokratische, handlungsfähige Strukturen zu schaffen wurde leichtfertig verspielt.

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Inzwischen ist er der Beitrag dann doch mit über einem Tag Verspätung auf Indymedia erschienen. Dort finden sich dann auch rechte interessante Ergänzungen.  Hoffentlich folgen noch einige Berichte über die Aktionen vom No-Border Camp auf Lesbos, hier sieht es bisher leider recht dürftig aus.

folgender beitrag ist eine ergaenzung zu https://at.indymedia.org/node/15494 (ident mit obenstehendem!) - aber auch fuer sich zu lesen. er greift die geschehnisse rund um eine moegliche schliessung von pagani auf und versucht aus individueller und subjektiver sicht zu erklaeren, warum es in zwei wochen noborder camp nicht dazu kam.

 

weiter lesen: https://at.indymedia.org/node/15518

Weil der Text jetzt in der Mitterspalte von Linksunten erschienen ist, habe ich ihn noch einmal strukturell verbessert und um wenige Inhalte ergänzt. Wäre nett, wenn die alte Fassung ersetzt werden könnte.

 

Das Noborder Camp auf Lesbos aus anarchistischer Sicht

 

 

Dieser Beitrag ist ein persönlicher Bericht und damit individuell und subjektiv. Es wurde sich aber bemüht Erkenntnisse, die im gemeinsamen Gespräch vor allem mit den lokalen AnarchistInnen gewonnen werden konnten in den Bericht einfließen zu lassen. Die Ergänzungspalte könnte genutzt werden, um das Bild über das Grenzcamp aus anarchistischer Sicht zu vervollständigen.

 

Die meisten Menschen, die das No Border Camp besuchten, waren deutschsprachig. Griechische AnarchistInnen waren zu Beginn nur als Einzelpersonen und in einer Kleingruppe vertreten, die einen Infotisch auf dem Camp gestaltete. Als Gründe für die Abwesenheit konnte ich in Erfahrung bringen:

 

A)Drohende und bereits durchgeführte Attacken von Polizei und Faschisten auf Projekte in griechischen Großstädten, z.B. in Athen. Mehr dazu auf: http://athens.indymedia.org/?lang=en Weil die lokalen Strukturen vorrangig geschützt werden mussten, war vielen AnarchistInnen aus den von Attacken betroffenen Städten der Besuch auf dem Grenzcamp leider nicht möglich.

 

B)Zusammenarbeit mit den von den Anarchistinnen als „Lefties" bezeichneten Gruppen auf dem Camp. Hintergründe nachzulesen auf http://de.indymedia.org/2009/09/259902.shtml Die Trennung zwischen „Links“ und „Anarchismus“ ist in Griechenland grundsätzlich. Selbst der Kontakt zu undogmatischen Linken wird abgelehnt und es herrscht ein großes Misstrauen gegen diese. Die OrganisatorInnen des Grenzcamps umgingen, ob bewusst oder unbewusst den Kontakt zu den AnarchistInnen aus Mytilini und planten gemeinsam mit den "Lefties".

 

C)Die Zusammenarbeit mit bürgerlichen Medien, wird insgesamt abgelehnt. Sie sehen sich in direkter, radikaler Opposition zu den Massenmedien. Obwohl JournalistInnen der Zutritt auf dem Camp vewehrt wurde, suchten die OrganisatorInnen bewusst Kontakt zu bürgerlichen Medien, um das Thema einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die AnarchistInnen informieren in Mytlini, der Hauptstadt von Lesbos dagegen über einen unabhängigen Radiosender und über ihre eigenen Publikationen.Ein wichtiges Verbreitungsmittel für griechische AnarchistInnen ist z.B. Indymedia. Als weitere Mittel eigene Inhalte zu verbreiten wurden genannt: Poster, Banner, Broschüren, Fotos, Bilder, Flugblätter, Broschüren, Internet, Web und FM Radio, die Möglichkeit eigene Reportagen und Videos zu produzieren bis hin zur Besetzung von Mainstream Radios für kurze Übertragungen. D)Unbedingte Gewaltfreiheit, die kein griechischer Anarchist bzw. AnarchistIn verstehen kann. Ziel der lokalen AnarchistInnen war nicht der große Riot, einhergehend mit möglichst großen Sachschäden in der Stadt. Sie lehnten es ab, das Klischee von AnarchistInnen, das die Medien bereits vorher schürten, zu erfüllen. Die Militanzfrage war auf Lesbos vor allem auf die Frage ausgerichtet, sich im Bedarfsfall verteidigen zu können. Aggressoren waren hier vor allem die bekannt faschistischen Riot - Cops aus Athen, die mit drei Bussen angereist waren.Gefahr drohte zudem von Faschisten und Bürgern, die dem Anlass des Camps negativ gegenüberstehen und sich evtl. Außerdem wäre ein Aufstand der Gefangenen von Mitilini mit Sicherheit von AnarchistInnen aktiv unterstützt worden. Dennoch war die lokale anarchistische Gruppe aus Lesbos Teil des No-Border Camps. Ihr Squat Bineo bot z.B. Platz für das Medienzentrum. Er war ein wichtiger Teil für die Infrastruktur des Grenzcamps, weil er die technischen Möglichkeiten besaß die auf dem zwanzig Kilometer außerhalb gelegenen Camp nicht vorhanden waren. Es darf offiziell von der Polizei nicht betreten werden , weil er sich auf dem Unigelände befindet. Einigen AktivistInnen bot dieser Freiraum einen sicheren Schlafplatz für die letzte Nacht vor der Rückreise. Besonders wichtig war aber die Solidarität, die wir bei Aktionen durch die lokalen und einigen anderen griechischsprachigen AnarchistInnen erfuhren. Bei einem Besuch einer Delegation von CampteilnehmerInnen im Gefängnis von Pagani kam es zu brutalen Polizeiübergriffen. Umgehend eilten die lokalen AnarchistInnen herbei (wie bei allen Aktionen mindestens fünfzig Prozent Frauenanteil) und gemeinsam mussten wir uns einer heftigeren Polizeiattacke erwehren. Im Anschluss daran gab es dann eine gemeinsame Demo zurück in die Stadt, die von der Polizei unbehelligt blieb.

 

Als am Sonntag, im Anschluss an der regelmäßig Sonntagsabend stattfinden Militärparade ein Mob aus ungefähr sechzig nationalistischen Bürgern, lokalen und wahrscheinlich auch zugereisten Faschisten den Infopoint in der Innenstadt von Mytilini für eine viertel Stunde belagerten und ein Angriff drohte, waren innnerhalb kürzester Zeit hauptsächlich die lokalen AnarchistInnen zur Stelle. Am Infopoint hatten übrigens auch viele Flüchtlings (Familien) ihr Notquartier eingerichtet. Die Athener Riot Cops zeigten hier deutlich, welch Geistes Kind sie sind, indem sie sämtliche Banner und Plakate auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Infopoints entfernten und beschlagnahmten.. Zum Glück blieb es dann bei verbalen Provokationen durch den ekelhaften Mob. Nach ca. 20 Minuten zogen sie geschlossen ab. Wir wurden darüber informiert, dass es auf Lesbos die erste dermaßen offensichtliche Kooperation von Faschisten und Polizei seit zwanzig Jahren gewesen wäre. Beim gemeinsamen Plenum wurde dann entschieden, eine Nachtwache durchzuführen, sodass eine versuchte Provokation durch zwei Faschisten gegen sechs Uhr morgens dann sehr erfolgreich, im Keim erstickt wurde. Viele lokale Anarchistinnen unterstützten die Nachtwache durchgehend bis zum Morgen.

 

Die OrganisatorInnen und BesucherInnen des No Border Camps zeigten sich nicht immer so solidarisch. Der Anblick von bei bestimmten Aktionen teilweise vermummten und mit Knüppeln bewaffneten Anarchos und Anarchas löste bei ihnen einen gewohnten No-Violence Reflex aus, ohne die genauen Hintergründe für die Art des Auftretens auch nur erahnen zu können.

 

Von vielen AnarchistInnen geteilte Kritik ist auch, dass das Camp keine besonders offene Entscheidungsstruktur hatte. OrganisatorInnen planten vorab im eigenen kleineren Kreis und stellten ihre Aktionen im Camp-Plena vor. Dort wurden dann per Handzeichen mehr oder weniger wild mit beiden Händen gewedelt. So konnte schnell erkannt werden, wer wie stark im Plenum zustimmte oder ablehnte oder einfach bei den Gebärden einen besonderen Enthusiasmus an den Tag legte. Die eigentliche Konsensfindung wurden dann aber mit dem Hinweis auf die fortgeschrittene Zeit öfter mal abgeblockt, während über weniger grundlegendere Fragen oft länger debattiert wurde. Der No-Violence Begriff wurde gerade von den OrganistorInnen breitwillig ausgedehnt und eigenwillig sämtlichen Aktionsformen übergestülpt.

Die Vielfalt der Aktionen wurde aktiv behindert. So kam es zu dem gewohnten Bild, das bei Aktionen einige, vor allem deutschsprachige AntirassistInnen bemüht waren, Menschen die ihrer Meinung nach Gewalt im Sinne hatten z.B. zur Ablegung von Vermummung, zu bewegen. Selbst bei Aktionen, wo es keinen Konsenz über Gewaltfreiheit gab oder dieser nur für einen eingegrenzten Ort galt. Lt. Aussage wurde dann wohl auch auf Flüchtlinge in Pagani eingewirkt, unbedingt ruhig zu bleiben, obwohl es zum Wahl der Mittel hierzu auch unterschiedliche Ansichten bei den Internierten gab. https://at.indymedia.org/node/15518 Diese unterschiedlichen Stimmungen bei den Betroffenen wurden von den OrganisatorInnen nichts mit ins Plenum eingebracht.

Leider wirkte die Atmosphäre bei den großen Versammlungen recht angespannt. Viele gaben sich ungeduldig und intolerant den Meinungen von Minderheiten gegenüber. Einfacher hatten es Menschen, die sich in perfektem Englisch ausdrucken und schnell verständlich machen konnten. Mit Sicherheit gab es auch überflüssige, unnötige Beiträge oder kleinere Störungen auf die mit größer Gelassenheit reagiert werden könnte, als vom zumeist deutschsprachigen PlenumbesucherInnen praktiziert. Außerdem wurde von anarchistischer Seite kritisiert, das das durch die Aktionen Erreichtes von Vielen allzu leichtfertig abgefeiert wurden.

 

Gab es denn überhaupt Erfolge? Ein Teilziel wäre mit Sicherheit die Schließung von Pagani gewesen. Wer jemals vor diesem perverserweise "Welcome Center" genannten Lager stand, weiß, dass diese Teilforderung unabdingbar ist. Aus diesem humanitären Grund hätten die AnarchistInnen jeden Aufstand in Pagani unterstützt, der evtl. dazu geführt hätte das Lager unbewohnbar zu machen. Das Camp hat immerhin erreicht, das über eine Schließung von offizieller Seite diskutiert wird. Was in Griechenland erst einmal aber tatsächlich wenig bedeutet, weil es in der Politik zumeist bei reinen Lippenbekenntnissen bleibt. Außerdem bot das Camp (sowie Infopoint in der Stadt) Platz und Essensversorgung für Flüchtlinge, die aus Pagani entlassen wurden und stellte auch Kleidung zur Verfügung. Diese direkte Unterstützung sollte nicht unterschätzt werden und wurde von den Flüchtlingen dankbar angenommen. Insgesamt war es ein Camp mit und für die Flüchtlinge. Dennoch besaßen viele Aktionen einen großen Eventcharakter.. Es schien, dass sich auf dem Camp viele Menschen befanden, die sich kaum Gedanken darüber machten, wie die weitere Perspektive für die Flüchtlinge aussieht und was mit ihnen z.B. in Athen geschieht. Auf dem Camp führte alleine die Nachricht, dass Flüchtlinge nach Athen ausreisen durften zu breitem Wohlgefühl. Wussten die Flüchtlinge selbst, was sie in Athen erwartet? Wurde mit dem Entlassungen nicht auch Platz für die auf dem Meer Neankommenden geschaffen? Reicht es aus ein Ende der Abschiebung zu fordern oder wird es im Kapitalismus Grenzen und Abschottung immer geben müssen? Was ist mit den Millionen Menschen die den Weg nach Europa nicht antreten können, weil sie über keine ausreichenden finanziellen Mittel verfügen? Was passiert nach dem Camp?

 

Am vorletzten Tag gab es dann noch ein von lokalen AnarchistInnen angeregtes Plenum, andem mit Sicherheit mehr teilgenommen hätten, wenn darüber besser informiert worden wäre.

 

Die aktuelle, berechtigte Kritik am No-Border Camp lässt deutlich werden, wie schlecht die Vernetzung von den unterschiedlichen anarchistischen und autonomen Gruppen gewesen ist und wie leichtfertig die Chancen einer Selbstorganisation verspielt wurden. Es klappte noch nichtmal der Austausch von Information untereinander. Das Ziel eigene basisdemokratische, handlungsfähige Strukturen zu schaffen wurde leichtfertig verspielt.

Eine Auswertung des No Border Camps http://www2.de.indymedia.org/2009/09/259902.shtml

Pagani wird so schnell nicht geschlossen werden: https://at.indymedia.org/node/15518

Einige Aktionsberichte finden sich auf:

 

 

http://antifasozialbetrug.siteboard.de/antifasozialbetrug-about3126.html

 

 

Hey people, can non-german speakers be a part of this discussion? it would be nice to have all these in greek or english!

An anarchist view on no border Camp / Lesbos
από (A) 1:40μμ, Πέμπτη 10 Σεπτεμβρίου 2009
(Τροποποιήθηκε 8:21μμ, Παρασκευή 11 Σεπτεμβρίου 2009)

This is an personal article, it is an indivudual and subjective statement. But it is also based on contacts and talkings with local anarchists. Perhaps there are people to add their own backgrounds and opinions to round up the anarchist view on Lesbos Camp.

An anarchist view on no border Camp / Lesbos

Most people visited the No Border Camp were German – speaking. Greek Anarchists visited the camp mostly as individuals. Local anarchists you could sometimes met at their info-desk. I found out the following reasons for absenteism.

A)

Imminent danger and conducted attacs of anarchist projects in cities in Greece e.g. Athen. More information about this you find on  http://athens.indymedia.org/?lang=en

Because there is an urgent need to defend own local structures a lot of anarchists could not visit the no border camp.

B)

Another reason was the cooperation between the organisation team and „lefties“ More information about the backgrounds you find on  http://de.indymedia.org/2009/09/259902.shtml

In Greece the seperation between „the left“ and anarchism is strictly. Even contacts to the undogmatic left are disliked. There are big distrusts against them. The Organizer of no-border Camp planned from the beginning togehter with the „lefties“,they did not search the contact to the local anarchists..

C)

The cooperation between no-border camp and the main-stream media. The local anarchists are in radical opposition to the mass-media. Even though journalists did not had acces to the camp, the organizer searched direct contact to common medias, to submit the topics of this year no border camps to the public. In Mytlini, the anarchists instead inform about an independant radio station and their own publications. An important Medium for anarchists in Greece e.g. is Indymedia. More mentioned instruments to spray own contents are: Posters, banners, brochures, photos, pictures, flyer, internet, web and fm radios, the possibility to create own reports and videos to the point of squatting mainstream radios for short transmissions.

D)

Absolute Non Violence, no greek anarchist can really understand. The intention of local anarchists was not the great riot, to come along with the biggest property damages. They refused to perform the sterotype of anarchists you could read days before in the local newspapers of Mytlini. The questions of militance was mainly based on defending ourselves against agressors like fascist riot cops from athen (arrived with 3 buses on the island). Another danger could be fascists and people who are in opposition to the no border camp and could act agressive. Furthermore a revolt of the Mitlini Prisoners would find active support by anarchist groups.



However the local anarchist group has been a part of the no-border camp. The squat Bineo in Mitlini offered place for the media centre. This space was an important part of the infrastructure, because there are technical options you did not found in the outlying camp. Officially police is not allowed to enter the squat because it is a building within the university. Furthermore this free space offered sleeping places the last night before return trip.

But we should not forget the direct solidarity support by local anarchists on the streets. When a deligation of the camp visited Pagani, there was a brutal police – attack. Promptly local anarchists joined (like always more than 50 per cent women) and to togehter we had to defend the attacs of the riot cops. After that there was a collecitive demonstration, without police.

On Sonday, after the weekly military parade there was a mob of approx. 60 national citicens, local and other fascists besieged the infopoint in the city of Mitlini. At this point there was the danger of an attack and you do not forget that next to the infopoint you could find a tent with a lot of refugee families, too. Now the riot cops of Athen showed their standing. They took away all info point banners and posters you find on the other side of the street.

The local anarchists mobilized very quick to defend the info-point and there was a great support by ca. 50 anarchists.

Fortunately there was only verbal provocation of this horrible mob. After 20 minutes the scum leave the info-point. Locals informed us that this was the first cooperation between fascists and police in such obviously way since 20 years.

After a plenum we decided to build up a night watch. A lot of local anarchists joined it until the next morning. Because of this decision a 2 fascists provocation was stopped very quickly.


The organizers and visitors of No Border Camp did not always show their solidarity. The look of sometimes hooded and with woods armed anarchists lead to a normal Non – Violence reflex, without knowing the backgrounds why the anarchists acting in this manner.What is the reason for this behaviour?



A lot of anarchists criticized that there was no real open structures on this year no border camp. The small group of organization team planned the actions before the open plenum starts and after that their ideas was submit to the plenum. As reaction the audience used hand signals that means indeed that you e.g. shake less or more wild with your hands. So it was visable if there was people with acceptance or not or you could find out wich people showed more enthusiam in expressing themselves with gesticals. But to develop a real consencus was often blocked-the main important reason told us that there was no time for such long processes. By the way, it was possible to dicuss less important questions extensively.

The organizing team expand No-Violence into all actions of Noborder Camp. They ignore the fact that their never was such a consencus, it was only worked out for special parts and areas of our actions. The result was that mainly german speaking acitvists did not accepted e.g. hooded acitivists at all. In their opinion people wearing masks and holding sticks in their hands only have chaos and violence in their minds and want to destroy.

And the dominant groups even influenced the prisoners of pagani to stay calm in every minute. They never inform the camp public that there was completely different views within in Pagani about action forms. An interesting text "Pagani will not be closed in the near future" you find on  https://at.indymedia.org/node/15518

(It describes a situation at Pagani when a revolt in Pagani was possible. It tells how no border camp delegation succesfull managed it to calm down the refugees. "Go back to your cells!) They told them that it was not the right tim for such a direct action.).


Unfortunately the plenum atomsphere could be described as quiet stressy. There seems to be permanent impatience and you find an intolerance against minority-opinons. It seems to be much easier for people who are able to express themselves in perfect english. Certainly you have heard wasted , superfluous words or harmless troubles. But it would be better to react more calm than presented by the audience of the assemblies.



Furthermore anarchist criticized that to many people celebrated the results of the camp too much.

Is there any succes? One step would be the closing of Pagani. Who ever stood before this so called „Welcome Centre“ know that there is no other solution than shutting it down. Because of this humanity step all anarchists had supported a revolt in pagani . We schould not forget the camp offered a place to stay, clothes and food for refugees, wich have been released from Pagani. This concrete, direct help should not be underrated.



At least know, after the camp official political sides of Lesbos discussed the closing of Pagani. But it is well known that this statements mean nothing more than a lip service.

Though, a lot of actions you could describe as events with relative high fun-factor.

It seems, a lot of people did not think about further perspectives for the refugees e.g. what happens with them if they arrive in Athen. On the Camp just the information that refugess could take the next ferry to Athen was the reason for well feelings. Did the refugees really know what happens with them in Athen? If hundreds released from Pagani, is it not the sad true that know there is more place for knew refugees?

Is the parole enough „Stop Deportation“ or is capitalism impossible without borders and exclusion? And is more effident to fight against capitalims at all. Whats about millions of people who do not find their way to Europe, because they do not not have enough money to pay for this journey. What happens after closing the camp?



The next to last day there was a, by local anarchist motivated, plenum. If more people had informations about it more people would have joined it.


The actual, meaningful debate refering no border camp make clear, the insufficient crosslinking between anarchists respictevely autonomous groups. . . We did not manage self organization and we did not build up grass – roots structures. We even did not manage the sufficient exchange of informations.