Am 9. Dezember 1981 schoss ein Polizist in Philadelphia den afroamerikanischen Journalisten und ehemaligen Black Panther Mumia Abu-Jamal nieder. Der Polizist verletzte auch seinen Bruder schwer und wurde darauf hin von einem weiteren Anwesenden selbst erschossen. Später verurteilte ihn eine von Staatsanwalt und Richter manipulierte Jury ohne Beweise in einem weltweit kritisierten Verfahren paradoxerweise, den Polizisten ermordet zu haben. Mumia erhielt die Todesstrafe. Gegen seine Hinrichtung und für die Freilassung haben sich seit dem mehrere Generationen von linken Aktivst*innen überall auf der Welt eingesetzt. 2011 gaben die Behörden ihre Mordabsichten endgültig auf, hielten Mumia aber weiter in Haft. Trotz gerichtlich anerkannter Verfassungsbrüche durch alle Instanzen der US Justiz weigert sich diese bis heute, den afroamerikanischen Journalisten freizulassen.
Heute ist Mumias 32. Haftjahrestag.
Die Gründe für Mumia Abu-Jamals Verurteilung 1981 sind zum einen darin zu suchen, dass Teile der Behörden den couragierten Journalisten zum Schweigen bringen wollten. Mumia hatte in den Jahren vor seiner Inhaftierung regelmäßig mit seinen Berichten über behördliche Korruption im sozialen Wohnungsbau, über die damals wöchentlich tödliche Polizeigewalt und die Klassenjustiz seiner Stadt für Aufsehen gesorgt. Nicht umsonst erhielt er schon Jahre vor seiner Verhaftung den Beinamen "The Voice Of The Voiceless" - die Stimme der Unterdrückten, und das ausgerechnet von einem ehemaligen Arbeitgeber, der Tageszeitung „Philadelphia Inquirer“, wo er zuvor wg. seiner kritischen Berichterstattung entlassen worden war. Nach seinem Verständnis von revolutionärem Journalismus nahm Mumia immer wieder die Perspektive der von Rassismus, Ausbeutung und staatlicher Willkür Betroffenen ein und machte sich schnell viele einflussreiche Feinde. Dies eskalierte vor allem, als er 1980 der für Pennsylvania zuständige Nachrichtenredakteur des US- und weltweit ausgestrahlten Senders NPR wurde. Mumia war zum Zeitpunkt seiner Verhaftung Vorsitzender der Afroamerikanischen Journalist*innen Vereinigung in Pennsylvania.
Auf der anderen Seite war und ist die in vielen Büchern und Dokumentationen (1) beschriebene Ignoranz und Manipulation in seinem Verfahren kein untypisches Verhalten in US-amerikanischen Gerichtssälen. Mangelhafte Verteidigung sind den meisten der knapp 2,5 Millionen Gefangenen in den USA vertraut, schlicht, weil sie sich keine angemessene Verteidigung leisten können. Gerade in einem Todesstrafenverfahren belaufen sich die Durchschnittskosten einer erfolgreichen Verteidigung bis heute auf über 200.000 $, welche die Angeklagten selbst mobilisieren müssen. In den Todestrakten der USA sitzen keine Reichen. Ferner gibt es das massenhafte Phänomen der rassistischen Jury-Auswahl weit über Pennsylvania hinaus zu beobachten, welches von der Staatsanwaltschaft eingesetzt wird, um möglichst Arme und People Of Color aus den Jurys herauszuhalten, um so eine Verurteilung zu erreichen. Ausgesprochene Todesstrafengegner*innen dürfen auch nicht in Jurys sitzen, in denen es um Kapitalverbrechen wie z.B. eine Mordanklage geht. Die Mehrheit der Gefangenen in den US kommt daher aus den Communities of Color, obwohl diese nur eine Minderheit in der Gesellschaft ausmachen.
Mumia und viele andere kritisieren das Justizsystem der USA seit Jahrzehnten als eine Säule der modernen Sklaverei unter anderem Namen, die ihren offensichtlichsten Ausdruck in der Gefängnisindustrie findet.
Als es der weltweiten aktiven Solidaritätsbewegung für Mumia Abu-Jamal 2011 gelang, endgültig die Hinrichtung zu verhindern, sorgte das für ein Aufatmen bei vielen, die sich über mehrere Jahrzehnte für seine Freilassung engagiert hatten. Verständlicherweise verlagerten viele ihre Aktivitäten danach auf andere Gebiete und Themen und nahmen selbst nicht mehr aktiv Einfluss auf die weitere Entwicklung. Trotz des zahlenmäßigen Rückgangs der Aktivitäten hat sich jedoch eine Bewegung konsolidiert, die die Freilassung des Journalisten durchsetzen will. Dabei geht es um weitaus mehr als das Schicksal eines von der Repression schwer angegriffenen Genossen. Die jahrzehntelange Kampagne für Mumia Abu-Jamal hat bereits etliche Mythen der bürgerlichen Klassenjustiz bloßstellen können. Niemand glaubt heute mehr an eine faire und für alle zugängliche Justiz in den USA oder an ein Ende des Rassismus, wie es Präsident Obamas Demokratische Partei nach seiner ersten Wahl so gerne propagierte. Mumias Fall ist auf gar keinen Fall der einzige, indem die Behörden massive Rache an Revolutionär*innen in den USA genommen haben (2).
Die moderne Anti-Todesstrafenbewegung hat ganz wesentliche Impulse aus den Mobilisierungen gegen Mumias Hinrichtung 1995 und 1999 erhalten, nicht zuletzt durch Mumias eigene Veröffentlichungen über die vergessenen Hochsicherheitstrakte, in denen Verurteilte oft Jahrzehnte auf ihre Hinrichtung warten. Sein 1995 erschienenes Buch "Live From Death Row" eröffnete die Thematik für ein weltweites Publikum, entwickelte sich zu einem Bestseller und wird bis heute in vielen verschiedenen Sprachen aufgelegt. Darüber hinaus setzt sich Mumia kontinuierlich für Mitgefangene ein und nimmt an vielen Kampagnen gegen Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung teil.
Dachten die Behörden 1981, einen unliebsamen Kritiker durch Ermordung ruhig stellen zu können, ist Mumia mit seinen Berichten und Kommentaren heute medial weitaus präsenter als er es vor seiner Verhaftung war (3). Mumias fortgesetzte Inhaftierung und die sich wiederholenden Versuche der Behörden, ihn von der Außenwelt zu isolieren, sind dank der engagierten Solidarität bisher letztendlich immer ins Leere gelaufen. Sollte es der Solidaritätsbewegung in naher Zukunft gelingen, den vermutlich bekanntesten Gefangenen der USA entgegen dem enormen politischen Druck zu befreien, wäre das ein großer Schritt in Richtung einer Gesellschaft ohne Gefängnisse.
(1) Mumias Fall wurde von sehr vielen Autor*innen und Künstler*innen in Büchern, Filmen und CDs behandelt. Eine (vermutlich unvollständige) Auflistung findet ihr hier:
http://mumia-hoerbuch.de/buecherfilme.htm
(2) siehe dazu z.B. das "Postamt für Gefangene"
http://mumia-hoerbuch.de/post.htm
(3) Mumia Abu-Jamal wird wöchentlich im Original auf Prison Radio veröffentlicht:
http://www.prisonradio.org/
Regelmäßig ist er via Telefon im Democracy Now Medien-Netzwerk und zahlreichen lokalen Radiostationen der USA präsent. Weltweit wird er in weit über 100 Medien veröffentlicht. In deutscher Sprache erscheinen seine Kolumnen ebenfalls wöchentlich in der Tageszeitung Junge Welt und kleineren Medien, z.B. Radio Aktiv Berlin http://cba.fro.at/250940
Bundesweites FREE MUMIA Netzwerk, Dezember 2013
http://www.freiheit-fuer-mumia.de
Schreibt Mumia - Escríbe a Mumia - Write to Mumia!
Mumia Abu-Jamal
#AM 8335
SCI Mahanoy
301 Morea Road
Frackville, PA 17932
USA
Post schützt Gefangene - es macht den Behörden klar, dass sie unter Beobachtung stehen.
weitere Infos: http://mumia-hoerbuch.de/bundnis.htm#SchreibtMumia
(Bln) Morgen Filmvorführung in der LUNTE
Vor einigen Monaten erschien der Film "MUMIA - Long Distance Revolutionary" mit dt. Untertiteln. Morgen, am Tag der Menschenrechte, wird er im Berliner Stadtteilladen Lunte als Teil einer Filmreihe über Widerstand und Repression in den USA gezeigt.
Lunte
Weisestr. 53
12049 Berlin-Neukölln
U8-Boddinstr
Beginn 20 Uhr - Eintritt frei
http://dielunte.de
Mumias Sohn im Januar in der BRD
Jamal Hart, selbst für 13 Jahre inhaftiert, setzt sich seit den 1990ern für die Freiheit seines Vaters ein. Er besucht im Januar die BRD und wird an Veranstaltungen in Berlin, Heidelberg und weiteren Orten (noch in Vorbereitung) teilnehmen.
Sa. 11. Januar 2014 auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz, Berlin
Mo. 13. Januar 2014 bei der Filmvorführung von "MUMIA - Long Distance Revolutionary" im Sputnik-Kino Südstern, Berin
Mi. 15. Januar 2014 im Anglistischen Seminar, Heidelberg
weitere Veranstaltungen in Vorbereitung
http://freiheit-fuer-mumia.de/rlk2014.htm
Bring Mumia Home!
Video zur Online Demo: Bring Mumia Home!
https://www.youtube.com/watch?v=ffovZq_CJ0Q&feature=youtu.be
Mumia supporters liken his imprisonment to Mandela's
Vor einigen Tagen erschien ein erstaunlich positiver Artikel über Mumia Abu-Jamal in der Wochenzeitung Philadelphia Weekly:
Mumia supporters liken his imprisonment to Mandela's (Dec. 10, 2013)
By Randy LoBasso
http://www.philadelphiaweekly.com/news-and-opinion/Long_Imprisoned-23529...
Anlass waren lokale Solidaritätsaktivitäten für Mumia in Philadelphia. Diese Art der Berichterstattung ist zumindest in bürgerlichen Medien der USA sehr selten. Seit der Veröffentlichung von dem neuen Film "MUMIA - Long Distance Revolutionary" ist allerdings bereits eine in Teilen objektivere, mediale Haltung gegenüber Mumia Abu-Jamal zu beobachten.