Vorab soll klargestellt werden, dass Rechtshilfe- und Antirepressionsarbeit keine „Serviceleistung“ ist, wo mensch sich einfach bedient, sondern ein Ausdruck von Solidarität in einem gemeinsamen politischen Kampf und genauso wie inhaltliche Arbeit, Vorbereitung von Protesten und deren „Durchführung“ etc Bestandteil von politischem Engagement ist. Wie leider zu erwarten, schlägt nach den doch positiv abgelaufenen Protesten gegen den rechtsradikalen Wiener Akademikerball – dem Nachfolger des WKR-Balles - die Repression zurück.
Die Wiener Tageszeitung Kurier berichtet von 242 Identitätskontrollen, 182 Anzeigen (87 Strafrechtliche, 95 Verwaltungsrechtliche) und 17 Festnahmen im Zuge der nowkr Proteste. Diese Zahlen wurden vom Innenministerium im Zuge einer dringlichen Anfrage der FPÖ im Bundesrat bestätigt.
Grundsätzlich sollte diese Repressionswelle nicht verwundern, sind doch die nowkr Proteste die größten antifaschistischen Proteste in Österreich und ist die Kriminalisierung dieser Proteste eine nicht überraschende Antwort des Staates auf Proteste, die nicht erwünscht sind und schon in den letzten Jahren zu vielfacher Repression geführt haben.
Dennoch überrascht diese hohe Zahl von 182 Anzeigen – 2012 gab es im Vergleich „lediglich“ 48 Anzeigen (28 Strafrechtliche, 20 Verwaltungsrechtliche) und wie die mittlerweile aufgelöste Rechtshilfe Wien berichtete eine Vielzahl an gewonnen Verfahren.
Sehr überraschend ist aber, dass dieses Jahr diese Repressionswelle von den nowkr Bündnissen in keiner Weise thematisiert – fast schon ignoriert - wird und dieses Jahr offenbar auch keinerlei Nachbereitung und Unterstützung von Repressions-Betroffenen statt findet. Die Proteste gegen den Akademikerball sind mittlerweile ein Monat her und die hohe Zahl der Anzeigen bekannt. Die Berufungsfrist für wegen Verwaltungsstrafen Festgenommene ist schon lang verstrichen, das erste Strafverfahren wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt findet bereits Anfang März statt und die ersten gelben Briefe wegen Verwaltungsstrafen werden bereits verschickt!
Dennoch hat bisher kein einziges Nachbereitungstreffen statt gefunden und es wird keinerlei Information und/oder Anlaufstelle für Repressions-Betroffene angeboten. Die Betroffenen werden leider vielmehr alleine im Regen stehen gelassen. Die Homepage des nowkr Bündnisses begnügt sich damit, auf die Seite der aufgelösten Rechtshilfe Wien und eine tote Email zu verlinken und auf der Homepage der Offensive gegen Rechts findet mensch keinerlei Infos für von Repression Betroffene.
Dieser Umstand ist nicht nur schade und ein Ausdruck mangelnder Solidarität und Weitblick, sondern auch überraschend – ist doch im Vorfeld kommuniziert worden, dass eine Rechtshilfe nicht nur für während der Demo organisiert sei.
Es scheint, dass der langsame Trend der letzten Jahre in Wien hin zu festen Antirepressionsstrukturen heftig einknickt und Antirepressionsarbeit wieder in elitäre Muster zurückfällt, wo mensch nur Unterstützung und Hilfe bekommen kann, wenn er oder sie gut genug in der Linken vernetzt ist um die etablierten aber leider unbekannteren „Anlaufstellen“ nützen zu können. Der Großteil der Betroffenen bleibt aber mangels Unterstützung auf den Strafen sitzen und wird mitunter resigniert politischem Aktivismus den Rücken kehren. Es sollte aber eigentlich keine Neuigkeit sein, dass wenn Repression nicht bekämpft und ihr Solidarität entgegen gesetzt wird, Repression leider wirkt!
Betroffenen sei daher empfohlen sich auf der Homepage des Rechtsinfokollektivs (Riko) über rechtliche Möglichkeiten zu informieren und
bei laufenden Verfahren bei folgenden Antirepressionsstrukturen um Hilfe zu fragen:
Passt aufeinander auf und macht keine Aussage!
Allein machen sie dich ein!
Vielleicht als Ergänzung:
Es wäre auch wesentlich geschickter die Rechtshilfe-Nummer nicht erst am Tag der Demo bekannt zu geben, sondern diese schon viel früher raus zu hauen - eine öffentliche Nummer soll ja nicht geheim sein...
gute idee
Gute idee - die nummer mindestens eine woche vor dem ball bekannt geben und überall posten, so daß alle ballbesucher die line blockieren können
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Solche Nummern (Rechtshilfe, Infotelefon etc. ) erst wenige Stunden vor den Aktionen zu veröffentlichen ist absolut sinnvoll! Dadurch kann man Störversuche von Nazis oder Polizei erschweren, die Nummer ist dann auschließlich an diesem Tag aktiv, eine extra und nur für diesen Tag verwendete SIM. Dadurch ist solche wichtige Infrastruktur und die Menschen dahinter zumindest ein bißchen sicherer (jaja, mit genug Aufwand kann der Standpunkt sicher mehr oder weniger genau rausgefunden werden, solange man die Nr. weder vorher noch nachher an anderen Orten verwendet ist das Finden bzw. die Zuordung dann aber auch nicht ganz so einfach...). Die Veröffentlichung kurz vorher über das Internet, Aktionsradio, Flyer und Lautis ist doch immer recht flächendeckend, hab es nie geschafft die nicht rauszufinden, zur Not muß man mal nachfragen...
Das im Nachhinein eine Rechtshilfe erreichbar sein sollte, ist klar, dafür braucht man ja keine Telefonnummer (lieber ein Treffen und/oder eine verschlüsselte Mail...)
Eure Argumente gehen ins Leere
Das Argument, die Nummern spät bekannt zu geben, um so Störaktionen hintanzuhalten, gehen imho vollkommen ins Leere. Wer die Nummern blockieren will, wird die Nummer rausfinden, wenn sie öffentlich bekannt gegeben wird. In Zeiten von Smortphones können auch blockierte Burschis im Taxi zum Zeitvertreib so die Nummer rausfinden. Da macht es keinen Unterschied, ob die Nummer jetzt erst am Tag der Demo oder schon viel früher im Netz bekannt gegeben wird.
Für die Demoteilnehmer_innen hat jedoch ein spät oder gar nur auf der Demo direkt bekannt gegebene Nummer weitreichende negative Folgen - nämlich dass nur wenige die Nummer wissen. Manche stoßen ev erst später zur Demo oder zu Aktionen dazu, wo keine Flyer mehr ausgeteilt werden oder kommen nicht dazu die knapp davor bekanntgegebene Nummer noch im Internet zu checken. Viele würden so die Nummer nicht haben bzw ein anderer Teil, der die Nummer hat, nur in Form eines Flyers oder im Handy gespeichert und nicht auf der Haut stehen haben. Festgenommene haben dann keine Nummer bei der Polizei, weil ihnen im Falle einer Festnahme alles - auch Flyer/Handy - abgenommen wird.
Die Möglichkeit ev. ein paar Störanrufe mehr zu bekommen, muss daher imho in Kauf genommen werden. Es ist wichtiger, dass möglichst viele, am besten alle die Nummer haben! Antirepressonsstrukturen in Deutschland zeigen imho vor wie es geht: Ermittlungsausschüsse haben fixe und immer gleich bleibende Nummern. Ständig Nummern zu wechseln, ist imho der falsche Zugang zu Antirepressionsarbeit. Eine fix angemeldete Nummer hätte auch den Vorteil im Falle einer Überwachung im Nachhinein davon verständigt zu werden, bei unbekannten Nummern, wird natürlich nie wer verständigt.
Dass die Polizei versucht die Nummer rauszufinden, ist in Österreich zwar denkbar, aber imho eher unrealistisch. Auch wenn ich eine Repressionsgefahr bei Rechtshilfe und Infonummern nie ausschließbar ist, so sind doch die Menschen in der Straße vor Ort oder Menschen mit Lautis einem wesentlich größeren Risiko ausgesetzt.
kein mitleid
mensch_in sollte sich vielleicht mal vorher gedanken zur rechtshilfe machen. aber viele demonstrant_innen haben eh nur mitgemacht, weil es gerade "cool" war und nicht weil sie davon überzeugt waren. selbst schuld! wer regelmässig an demos teilnimmt, weiss auch wo mensch_in hilfe bekommt.
Sehr solidarisch...
Sehr solidarisch, du bist wohl schon als DemonstrantIn und SzenekennerIn geboren worden und wusstest von Anfang an wo was abgeht?
Soll aber durchaus auch Leute geben die erst mit Aktivismus anfangen, weil sie entweder noch sehr jung sind oder aus welchen Gründen auch immer erst später dazustoßen und bin schon der Meinung, dass auch solche Leute unterstützt gehören, kann einen immerhin auch durchsaus auf ihrer/seiner ersten Demo erwischen!
Gar nicht gut...
Muss mensch jetzt schon regelmäßig auf Demos gehen, um sich überhaupt politisch beteiligen zu dürfen? Solches elitäre Denken finde ich ziemlich bedenklich.
Nicht jede_r realisiert, dass es sinnvoll ist, sich vorher Gedanken zur Rechtshilfe zu machen. Auch manche Menschen nicht, die schon öfter auf ner Demo waren.
Und dass es gerade cool war, diese Demo zu unterstützen sollte doch eigentlich Ausgangspunkt sein, um Menschen weiter aufzuklären, die mit der Antifaschistischen Idee der Demo sympathisieren und diese zu unterstützen, bzw weiteres Interesse zu wecken. Und nicht, sie von oben herab zu behandeln und später mit Repression alleine zu lassen.
immer noch kein mitleid
mensch_in muss nicht in der szene geboren sein, um zu wissen, wo man hilfe bekommt. es reicht, wenn mensch_in sich schon vor der demo in die szene einbringt. oder meinetwegen auch danach. aber viele demonstrant_innen verachten unsere szene sogar und huldigen privat dem kapitalismus. mit denen habe ich kein mitleid! wer von der sache wirklich überzeugt ist, und in der szene aktiv ist, erhält auch hilfe.
Zustimmung
stimmt schon! wer wirklich am richtigen teil der demo teilnimmt (also möglicher weise auch die rechtshilfe brauchen wird) muss sich schon davor inormieren! die "coolen" mitmacher solln halt im ruhigeren teil der demo mitgehen.
Irgendwie Schade...
Irgendwie Schade - seit es die Rechtshilfe Wien nicht mehr gibt, scheint da vieles zusammen zu brechen :(