M31-Nachbereitung des „sozialrevolutionären & antinationalen Krisenbündnis“ Frankfurt

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Das folgende Nachbereitungspapier soll noch einmal kurz die Idee hinter der M31-Vernetzung und dem Aktionstag am 31. März rekapitulieren [1]  und selbstkritisch auf ihre (bisherige) Verwirklichung eingehen sowie Perspektiven andeuten, in deren Richtung eine weitere Vernetzung voranzutreiben ist.

 

 

1. Die Krise als Ausgangssituation

Wir wollen an dieser Stelle verdeutlichen, warum wir es in der gegenwärtigen Situation für wichtig und richtig halten eine antikapitalistische, antinationale und antiautoritäre Ausrichtung, wie sie von M31 vertreten wurde und wird, klar und deutlich zu artikulieren.

Auch wenn sich im Laufe des letzten Jahres in Deutschland die Ansicht durchgesetzt hat, aus der Krise gerade noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein, war man sich in großen Teilen der Linken dennoch der Tatsache bewusst, dass die Krise noch lange nicht ausgestanden ist. Dies rückt auch heute wieder zunehmend ins Bewusstsein – nicht nur auf Grund der sich zuspitzenden Situation in Griechenland, Spanien, Portugal und Italien sondern auch auf Grund einer global einbrechenden Wachstumsdynamik, die auch dem deutschen Export so langsam die Basis in und um Europa zu entziehen droht. Eine „Lösung“ der Krise scheint nirgends in Sicht. Die Krisenpolitik der europäischen Staaten, die immer wieder als souveräne Instanzen adressiert werden und mal wieder Ordnung in das bestehende Chaos bringen sollen, befindet sich in einer Sackgasse: weder die bisher dominierende Austeritätspolitik, noch die – häufig auch von links-reformistischer Seite aus geforderten – Konjunkturmaßnahmen weisen einen Weg aus der Krise. Abgesehen davon, dass die Sparmaßnahmen immer auf Kosten der Lohnabhängigen durchgedrückt werden, blockieren sie jegliche Wachstumsdynamik und drohen so lediglich, die Krise noch weiter zu verschärfen. Die im Gegenzug oft geforderten Konjunkturmaßnahmen beruhen wiederum auf einer weitergehenden Staatsverschuldung, die sich bei genauerem Hinsehen selbst als Teil der sich zuspitzenden Krisendynamik entpuppt. Die politischen Instanzen sind also in der gegenwärtigen Situation mehr oder weniger handlungsunfähig – zumindest sind sie nicht in der Lage einen Weg aus der Krise zu finden, der nicht über massive Angriffe auf die Lebensverhältnisse insbesondere derer führt, die sowieso schon mit der Verarmung zu kämpfen haben. Es ist diese Situation, die Ausgangsbedingungen schaffen könnte für eine antikapitalistische Kritik, die nicht der Illusion verfällt, der Staat bzw. die Staatengemeinschaft könne, wenn sie nur wolle, die Dynamik des Kapitals kontrollieren und zum Wohle der Menschen nutzbar machen. Für einen solchen staats- und systemkritischen, nicht bloß auf die Finanzsphäre fokussierten Antikapitalismus, sollte am 31. März deutlich Position bezogen werden.

Während die Regierung in Europa zwischen den beiden Eckpunkten von Spar- und Konjunkturmaßnahmen hin und her manövrieren, befinden sich gleichzeitig verschiedene Formen nationalistischer, autoritärer und rassistischer Ideologien im Aufwind. In ganz Europa erhalten rechtspopulistische Parteien Zulauf, die Hetze gegen Minderheiten verschärft sich und führte bereits in verschiedenen Ländern zu Pogromen, zuletzt unter Anderem in Griechenland, Ungarn und Bulgarien.

Aufgrund der Krise und deren sozialen Folgen wird zunehmend von sozialen Bewegungen bis hinein ins bürgerliche Feuilleton die Frage gestellt, ob der Kapitalismus wirklich die beste aller möglichen Gesellschaftsformen ist. Trotzdem werden die Einschnitte in das alltägliche Leben immer größer aber auch die ausbrechenden sozialen Konflikte verstärken sich. Um so eher Proteste ausbrechen (oder auszubrechen drohen), desto mehr werden die ideologischen Mechanismen und repressiven Apparate gegen jegliche Kritik in Stellung gebracht und weiter ausgebaut, um diese einzudämmen und unter Kontrolle zu halten. Bei der massiven Kriminalisierung der Blockupy Proteste in Frankfurt am Main - unter anderem als Reaktion auf M31 - wurde dies sogar in Deutschland sichtbar.

 

 

2. Die Idee von M31

Auf die oben genannten Zustände sowie den Angriff auf unsere Lebensverhältnisse und Kämpfe sollte entsprechend durch eine grenzüberschreitende, solidarische Vernetzung reagiert werden. Die leider noch relativ häufig anzutreffende nationale Fixiertheit der radikalen Linken sollte überwunden und die verschiedenen, verstärkt stattfindenden lokalen Kämpfe in einen gemeinsamen Kontext gestellt werden, auch wenn sie angesichts der unterschiedlichen, regionsspezifischen Krisenauswirkungen durchaus sehr unterschiedliche Formen annehmen.

Die Idee zu einem europaweiten Aktionstag wurde anlässlich der Krisenzuspitzung, die sich derzeit am offensichtlichsten in Griechenland zeigt, von dem seit mehreren Jahren aktiven antinationalen und sozialrevolutionären Krisenbündnis FFM (krise.blogsport.de) mithilfe bereits bestehender internationaler Kontakte entwickelt. Nach mehreren größeren und kleineren Demonstrationen anlässlich der Krise entstand hier das Bedürfnis auf das weltweite Diktat des Kapitalismus mit seinen zahlreichen Verlierer_innen zu antworten. Zumindest innerhalb Europas sollte die Zusammenarbeit des für die Abschaffung des Kapitalismus und die Etablierung antiautoritärer Gesellschaften kämpfenden Spektrums langfristig intensiviert werden. Dabei wurde deutlich gemacht, dass eine emanzipatorische Alternative jenseits der etablierten Parteien und Gewerkschaften gesucht werden muss.

Im Vorlauf des M31 Aktionstages kam es zu mehreren Treffen in verschiedenen Ländern wie Griechenland, Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Italien. Dabei wurde die Idee des Frankfurter Krisenbündnis vorgestellt und gemeinsam weiterentwickelt. Gleichzeitig gab es eine rege Kommunikation mit Gruppen aus anderen Ländern. Dass es nicht bloß um einen Event am 31. März gehen soll (wie das Label vermuten lässt), wurde auf dem ersten großen internationalen Treffen im Dezember 2011 verabschiedet. Es nahmen Gruppen aus Spanien, Polen, Griechenland, Deutschland und Österreich teil. Neben diesem gemeinsamen Treffen fanden und finden immer wieder kleinere Treffen zwischen einzelnen Gruppen aus verschieden Ländern statt. Selbstermächtigung und die Weigerung, die Auswirkungen der sich verschärfenden Krise mitzutragen, stehen hierbei im Vordergrund.

Der Aktionstag sollte vor diesem Hintergrund den Auftakt für die notwendige internationale Vernetzung der radikalen Linken geben. Das Frankfurter Krisenbündnis versuchte dabei einen Ansatz zu verfolgen, in dem es nicht primär um eine Massenmobilisierung mit Eventcharakter ging (wie zum Beispiel die Proteste zum G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm), sondern vor allem darum, eine radikale antikapitalistische Kritik öffentlich präsent zu machen [2].  Wir wollten nicht nur an einem speziellen Datum eine einzelne Aktion durchführen. Vielmehr geht es um eine langfristige transnationale Vernetzung, mit dem Ziel einer gegenseitigen solidarischen Unterstützung in konkreten lokalen Kämpfen. Dabei war es uns besonders wichtig mit einer klaren inhaltlichen Orientierung zu mobilisieren. Dies war uns in der gegenwärtigen Situation wichtiger als sich in eine breite, inhaltlich aber kaum bestimmte Massenmobilisierung zu begeben.

Es gab viele Gründe dafür, den Aktionstag dezentral zu organisieren und sich nicht lediglich auf Frankfurt zu konzentrieren, auch wenn es als ein Zentrum der europäischen Krisenverwaltung gelten kann: die Differenzen in den Krisenauswirkungen und die Spezifik der lokalen Situationen, die bereits existierenden Kämpfe, die weiter geführt werden mussten, aber auch das Bewusstsein darüber, dass jene, die allen Grund dazu haben, gegen Kapital und Krisenpolitik aktiv zu werden, mit ihren stark begrenzten finanziellen Mitteln nicht unbedingt die Möglichkeit haben, sich an einem zentralen Aktionstag zu beteiligen.

In Deutschland wurde bundesweit nach Frankfurt mobilisiert, um hier die Europäische Zentralbank (EZB) als Teil der Troika zum Angriffspunkt der Proteste zu machen. Gleichzeitig wollten wir darauf aufmerksam machen, dass sich Kapitalismuskritik eben nicht ausschließlich im Angriff auf zentrale Institutionen erschöpft, sondern weitaus mehr Dimensionen hat. Im Zuge der Demonstration gegen die EZB sollte auch an lokale Kämpfe angeknüpft werden, wie beispielsweise in der Kritik der Gentrifizierung von Stadtteilen wie des Frankfurter Ostends, die durch den Bau des neuen EZB-Gebäudes massiv voran getrieben wird.

Zudem sollte die unangemessene bzw. mangelnde Auseinandersetzung mit der Geschichte der Großmarkthalle, auf deren Gelände der neue EZB-Tower gebaut wird thematisiert werden. Von dort aus wurden während des Nationalsozialismus die Frankfurter Jüdinnen und Juden deportiert.

 

 

3. Das Bündnis

M31 ist ein europaweites Bündnis verschiedener anarchosyndikalistischer und basisorientierter Gewerkschaften, linksradikaler und antifaschistischer Gruppen sowie Organisationen aus dem antiautoritären Spektrum, welches gemeinsam zu dem „european day of action against capitalism“ am 31. März 2012 aufgerufen hat. Da es stets erklärtes Ziel des Bündnisses war, die Vernetzung der radikalen Linken nicht nur bundesweit sondern vor allem auf europäischer Ebene voranzutreiben, steht für uns jetzt schon fest, dass es nicht bei diesem einen Aktionstag bleiben kann und dieser lediglich den Startpunkt eines Prozesses einer transnationalen Vernetzung der radikalen Linken über Ländergrenzen hinweg markiert. Auf bundesweiter Ebene wurde sich bei einem Nachbereitungstreffen im April hierbei bereits dafür ausgesprochen, M31 als Netzwerk weiter bestehen zu lassen. Auf europaweiter Ebene steht diese Entscheidung derzeit zwar noch aus, die bisherigen Rückmeldungen der beteiligten Gruppen stimmen uns jedoch zuversichtlich dass auch weiterhin ein großes Interesse an einer langfristigen, länderübergreifenden Vernetzung emanzipatorischer Kräfte – und zwar auch jenseits von kurzlebigen Großevents und ritualisierten Gipfelspektakeln – besteht.

Inwiefern dies gelingen wird, oder ob auch dieses Bündnis wieder an den – nicht nur organisatorischen Hürden – einer länderübergreifenden Vernetzung scheitern wird, lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Fakt ist jedoch, dass am 31. März – mehr oder weniger erfolgreich - in mehr als 40 Städten mehrere zehntausend Menschen ihren Protest gegen die autoritäre Krisenverwaltung und die alltäglichen Zumutungen des kapitalistischen Produktionssystems auf die Straße gebracht haben. Dabei gab es viele unterschiedliche Aktionsformen in verschiedener Größenordnung, teilweise auch von der M31-Struktur unabhängig organisierte (Eine Auflistung dessen, was an dem Tag gelaufen ist, gibt es am Ende dieser Auswertung). Daran gilt es anzuknüpfen und eine Perspektive auf gemeinsam zu führende Kämpfe, auch über Ländergrenzen hinweg aufzuzeigen.

 

 

4. Der Tag in Frankfurt

Rund 6000 Menschen demonstrierten am 31. März vom Kaisersack geschlossen und lautstark durch den Frankfurter Stadtkern. Hierbei kamen sie an der alten EZB vorbei und gingen weiter in Richtung der Baustelle der neuen EZB im Ostend. Das Spektrum der Teilnehmer_innen erstreckte sich über antifaschistische Gruppierungen, anarchosyndikalistische Gewerkschaften, migrantische Jugendverbände, linke Hochschulgruppen, bis hin zu Sambagruppen und vielen mehr, darunter auch viele nichtorganisierte Gruppen oder Einzelpersonen. Unterwegs gab es vielfältige Redebeiträge. Hinter dem Willy-Brandt-Platz ereigneten sich gehäuft militante Aktionen inklusive Glasbruch. Es kamen Farbbeutel und Pyrotechnik zum Einsatz. In Folge dessen kesselte die Polizei in der Battonstraße einen Teil der Demonstration und hielt diesen bis in die Nacht dort fest. Der verbliebene Teil der Demonstration zog zunächst in Richtung der EZB-Baustelle weiter, lenkte dann jedoch am Main in Richtung Innenstadt ein, um sich dort nach massivem Druck seitens der Polizei aufzulösen. Im Anschluss zogen einzelne Gruppierungen in die Innenstadt, um dort ihrer Wut auf der Zeil und am Frankfurter Rathaus weiter Ausdruck zu verleihen. Unter anderem gingen auch am Arbeitsamt in der Fischerfeldstraße sowie weiteren systemstabilisierenden Institutionen Fensterscheiben zu Bruch. Die Aktionen setzten sich noch bis in die Nacht fort.

Am 31. März war eines unserer Ziele, als Demonstrationszug zur Baustelle des neuen EZB-Gebäudes im Ostend zu gelangen und an diesem Ort für symbolträchtige Bilder des Protestes zu sorgen. Im Vorfeld wurde der von Seiten des Bündnisses gewünschte „offene Charakter“ der Demo betont, um das manche abschreckende Bild eines riesigen Black-Blocks zu vermeiden. Stattdessen ging es uns darum, dass all die, die eine inhaltliche Kritik an Staat, Nation und Kapitalismus mit uns teilen, sowie die Auseinandersetzung für eine befreite Gesellschaft führen wollen, an diesem Tag mit uns auf die Straße gehen können. Anders als mit diesem Konzept mobilisiert, kam es schon bald nach Beginn der Demonstration zu militanten Aktionen.

Unsere Bewertung dazu fällt zwiespältig aus. Zum einen wurde im Vorfeld auf diversen Mobilisierungsveranstaltungen das Ziel kommuniziert die Auseinandersetzung um die Krisenpolitik an die Baustelle des neuen EZB-Gebäudes zu tragen, um hier öffentlichkeitswirksame und symbolträchtige Bilder aktiven Protests zu produzieren. Solche Bilder - gerade an diesem Ort, der der neuen EZB ein Zuhause geben soll - wären sicherlich gut geeignet gewesen, um im Sinne antikapitalistischer und antinationaler Solidarität ein motivierendes Zeichen zu setzen.

Gleichzeitig ist die Wut vieler Demonstrant_innen, die sich in Farbbeutel-, Stein-, und Flaschenwürfen gezielt gegen symbolträchtige Institutionen richtete, verständlich. Im Kontext der autoritären Krisenpolitik vor allem Deutschlands, nahm die Demonstration einen Ausdruck an, der jeden Dialog mit der herrschenden Politik ausschließt. Die Demonstration wurde auch aufgrund dieser stattgefundenen Militanz international (z.B. in der griechischen Presse) als wichtiges Zeichen des Protests wahrgenommen und als Solidaritätsbekundung aus dem Land, dass die autoritäre Krisenpolitik europaweit vorantreibt.

Leider verließen in der Folge der anfänglichen Aktionen größere Menschengruppen den Demonstrationszug. Dies ist dem exklusiven Charakter mancher militanter Aktionen und dem anschließenden Vorgehen der Polizei geschuldet. Der anfänglich betonte "offene Charakter" wurde nur an der organisierten Demospitze umgesetzt, weite Teile des Demonstrationszuges bestanden trotzdem aus einem Black Block und machten die Demo somit nur wenig anschlussfähig für eine breite Öffentlichkeit. Es gelang uns nicht für Menschen, die aus berechtigten Gründen nicht an militanten Aktionen teilnehmen wollen oder können, einen sicheren Raum innerhalb der Demo anzubieten.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch in unserem Bündnis die Frage danach, welche Formen von Aktionen und Militanz in der derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Situation angebracht, erfolgversprechend, zielführend und vermittelbar sind. Auf diese Frage findet sich derzeit keine Masterantwort. Allerdings hat die Debatte um M31 - wie wir sie auch hier mitführen - etwas dazu beigetragen verschiedene Antwortmöglichkeiten an der Realität zu messen.

Neben den hauptsächlich durch die Polizei erlittenen Verletzungen, gab es unter den Demonstrationsteilnehmer_innen bedauerlicherweise auch einige, die durch das unverantwortliche Verhalten aus den eigenen Reihen verletzt wurden. Wir kritisieren dabei vor allem die Verantwortungslosigkeit mit der teilweise „militante“ Aktionen durchgeführt wurden. Nicht nur in Einzelfällen wurden umstehende Demonstrationsteilnehmer_innen (und Passant_innen) durch zurückfliegende Steine und Pyrotechnik in Gefahr gebracht und teilweise auch verletzt. Auch wenn sich unsere Praxis nicht an bürgerlichen Gesetzbüchern orientiert, setzt ein „militantes“ Vorgehen aus unserer Sicht immer ein besonderes Maß an Verantwortlichkeit voraus; Genoss_innen zu gefährden oder aggressiv anzugehen, wenn diese solch ein Verhalten kritisieren und versuchen zu intervenieren, gehört nicht dazu. Dass militante Auseinandersetzungen nicht immer planbar sind und eine Eigendynamik entwickeln, in der das Nachdenken über Sinn und Unsinn einzelner Aktionen oftmals nicht stattfindet, wurde hier auf unerfreuliche Weise deutlich.

Indem die Polizei in der Battonstraße den hinteren Teil der Demo kesselte, machte sie es uns unmöglich, den Demozug wie geplant fortzusetzen. Die Einkesselung zeigt, dass nach den vorangegangenen „Ausschreitungen“ das Auftreten des Demozugs hätte geändert werden müssen. Es wäre zum Schutz der Teilnehmer_innen notwendig gewesen die Reihen enger zu ziehen und in Ketten zu laufen. Nachdem klar war, dass der Kessel bestand und nicht wieder aufgelöst werden würde, traf der Demo-Rat nach längerer Diskussion den Beschluss, die Route zu ändern und zurück in die Innenstadt zu gehen und sich so dem Kessel von der anderen Seite wieder zu nähern. Diese Entscheidung schien bei der Abstimmung mit den verbliebenen Teilnehmer_innen auf breite Zustimmung zu stoßen.

Insgesamt müssen wir als Orgastruktur eingestehen, dass vieles bei der Organisation des Aktionstags, an dem sich erfreulicherweise rund 6000 Menschen beteiligt haben, nicht wie von uns geplant abgelaufen ist. Durch die Fokussierung auf einen von uns geplanten Ablauf erwiesen sich die sich auftuenden Situationen für uns als schwierig, da schnell und spontan ein gemeinsames Handeln koordiniert werden musste.

Nicht zuletzt fehlte uns die nötige Routine bei der Organisation eines ‚Events’ in dieser Größenordnung, dass es in Frankfurt in dieser Form lange nicht mehr gab. Zudem lief der Tag in vielen Punkten anders als gedacht, was die Orgastruktur nach der Demonstration deutlich zu spüren bekam. Auf manches waren wir nicht vorbereitet, hoffen jedoch dennoch, die Leute einigermaßen aufgefangen zu haben. An dieser Stelle möchten wir noch einmal allen danken, die uns in der Orga unterstützt haben – vor allem dem Ermittlungsausschuss, dem Sanitätsteam, der Roten Hilfe und den vielen Helfer_innen, die sich um die Betreuung der Eingefahrenen gekümmert haben. Und natürlich bei allen Demonstrationsteilnehmer_innen, die den Tag zu einem Erfolg gemacht haben!

 

 

5. Repression…

Wie bereits in der Zusammenfassung des Tages beschrieben wurde, zeigte die Polizei an diesem Tag erneut, dass die Ausübung von Gewalt nicht nur ihr Beruf ist, sondern teilweise offensichtlich auch ihre Berufung. Durch das Abspalten und Einkesseln ihrer Ansicht nach „gewaltbereiter“ Teilnehmer_innen in der Battonstraße verhinderte sie die Fortsetzung der Demo in ihrer ursprünglich geplanten Form.

Der Kessel, in dem sich auch Minderjährige befanden, umfasste rund 500 Personen und wurde von der Polizei über neun Stunden, bis in die Nacht hinein, rechtswidrig und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt aufrecht erhalten. Eine Versorgung durch die Polizei fand nicht statt. So waren es erneut die Demosanitäter_innen, die – unterstützt durch Anwohner_innen – Getränke, Snacks und Rettungsdecken besorgten, um zu vermeiden, was leider dennoch geschah: zwei Menschen mussten aufgrund einer Panikattacke und eines Kreislaufzusammenbruchs aus dem Kessel mit einem Krankenwagen abgeholt werden. Abgesehen von den willkürlichen Ingewahrsamnahmen, die die Polizei den ganzen Abend bis in die Nacht hinein im Innenstadtbereich vornahm, hat die Polizei ca. 130 Verletzte zu verantworten – darunter auch Schwerverletzte (Knochenbrüche, Sehnenrisse).

Die festgenommenen Personen wurden anschließend in verschiedene Gefangenensammelstellen im Rhein-Main-Gebiet transportiert, also teilweise in Städte, von denen aus sie nach ihrer Freilassung Frankfurt gar nicht mehr erreichen konnten.

Gegen die in Gewahrsam genommenen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet: teilweise „lediglich“ wegen Landfriedensbruch, aber auch wegen Körperverletzung, Bildung bewaffneter Banden, bis hin zu versuchtem Totschlag. Hierzu wurde eine 25-köpfige Sonderkommission eingerichtet.

Die Repression gegen die Festgenommenen fand ihren vorläufigen Höhepunkt darin, dass anlässlich der Aktionstage von Blockupy im Mai, großflächige und mehrtägige Stadtverbote an 465 Menschen verteilt wurden, deren Personalien während M31, unter anderem im oben genannten Kessel, aufgenommen worden waren. Die Absurdität dieser Maßnahmen wurde sogar in der amtsgerichtlichen Verhandlung und der dortigen Argumentation der Polizei deutlich. Seitens der Polizei wurde dieses Vorgehen damit begründet, dass man bei all jenen Menschen zu erwarten habe, dass sie gewalttätig seien – ganz gleich, was konkret den Einzelnen im Zusammenhang mit M31 vorgeworfen wurde. Dass dieses Verfahren völliger Unsinn war, sahen auch die Richter_innen so und so blieb der Polizei letztendlich nichts anderes übrig als die Verfügungen zurück zu ziehen.

Gegen die rechtswidrige Festsetzung der Beteiligten Personen im Kessel am 31. März wurde bereits Klage eingereicht. Des Weiteren ist an dieser Stelle auf die Kampagne der Roten Hilfe (www.rhffm.blogsport.eu) (http://antirep.march31.net) hinzuweisen, die sich mit den Repressionsstrukturen rund um M31 auseinander setzt und dazu Beratung und Unterstützung anbietet. Besonders wichtig ist nach wie vor sich bei einer Vorladung zunächst an die Rote Hilfe zu wenden und/oder anwaltlichen Rat einzuholen. Macht keine Aussagen, ergeht euch nicht in Spekulationen!

 

 

…und Medien

Maßgeblich eingebunden und unterstützend in die Repressionsstrukturen zeigten sich in der Folge von M31 auch die bürgerlichen „Qualitätsmedien“. Auf der einen Seite erzielte M31 eine Medienresonanz in Frankfurt, wie lange keine andere Aktion und durchweg wurde der antikapitalistische Charakter und der internationale Aspekt des Aktionstags erwähnt. Aber auf der anderen Seite reagierten nahezu alle Medien und die etablierten Parteien lediglich auf die zu Bruch gegangenen Scheiben und die Auseinandersetzung mit der Polizei mit überzogener Empörung und beständiger Hetze. Der Gewaltdiskurs führte zu einer verzerrten Berichterstattung der Proteste. Die Zeitungen, von Frankfurter Rundschau bis FAZ veröffentlichten tagelang ungeprüfte Falschinformationen der Pressestelle der Polizei über einen angeblich lebensgefährlich verletzten Polizisten. Inzwischen ist bekannt, dass der angeblich lebensgefährlich verletzte Communicator Pfefferspray abbekommen hatte, von Demo-Sanitätern versorgt und schließlich ins Krankenhaus gebracht wurde. Dort wurde er für die bei Verdacht auf Augenverletzungen üblichen 24 Stunden zur Beobachtung behalten. Der hessische Innenminister Boris Rhein verbreitete jedoch auch noch Wochen später wider besseren Wissens weiter das Märchen vom lebensgefährlich verletzten Polizisten, obwohl es zu diesem Zeitpunkt selbst im Innenausschuss des hessischen Landtags bereits detaillierte Informationen über die Fakten gegeben hat. Das Skandalisieren dieses Vorfalls erscheint besonders kurios vor dem Hintergrund, dass Verletzungen durch Pfefferspray und Reizgas durch die Polizei zu den Standardverletzungen bei Demonstrationsteilnehmer_innen gehört. Diese Tatsache wird jedoch in den Medien mitnichten jemals so skandalisiert, wie es bezüglich des Vorfalls mit dem Communicator geschah.

Die daraus resultierende Befangenheit überschattete jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Aktionstag, sofern sie überhaupt stattfand. Dies wurde vor allem immer wieder dann in Zeitungs- und Fernsehinterviews sichtbar, in denen sich die Fragestellung ausschließlich an der Positionierung zum Gewaltdiskurs orientierte und inhaltliche Aspekte des Protestes trotz häufiger Verweise auf diese völlig außer Acht gelassen wurden. Auch das Verunglimpfen und Verleumden von beteiligten Einzelpersonen war in der FAZ gängig In der FR wurde der Vorfall mit dem Communicator gar mit dem Angriff deutschen Hooligans auf einen Polizisten während der EM 1998 verglichen, bei dem dieser in ein sechswöchiges Koma geprügelt worden war.

Da eine solche Propaganda seitens der bürgerlichen Presse üblich ist, haben wir es als äußerst positiv empfunden, wie von verschiedensten linken Zusammenhängen daran gearbeitet wurde, eine eigene (Gegen-)Öffentlichkeit zu schaffen – durch Aufrufe, Zeitungen, Beiträge in Zeitungen und auf Websites, Videos, Veranstaltungen etc. Auch hieran gilt es anzuknüpfen. Leider haben wir es aus verschiedenen Gründen (Überarbeitung, mangelnder Informationsstand etc.) nicht geschafft, diese Strukturen nach dem 31. März schnell genug mit Infos über den Stand der Dinge zu versorgen oder haben sie selbst teilweise erst zu spät bekommen. Um auf die Situation besser reagieren zu können, hätte bereits in unserer ersten Pressemitteilung bspw. gefordert werden müssen, dass sich die Presse unabhängige Informationen über den Gesundheitszustand des angeblich schwer verletzten Polizisten einholen soll, anstatt Meldungen der Pressestelle der Polizei ungeprüft zu verbreiten.

 

 

6. Perspektiven

Wir glauben, dass die radikale antiautoritäre Linke ihre gesellschaftliche Isolation aufbrechen muss, wenn sie längerfristig erfolgreich sein will; dies wird auch weiterhin zentraler Bestandteil unserer Debatte sein. Dazu gehört auch, sich ernsthafte Gedanken über den Angebrachtheit von Aktionsformen zu machen und diese den jeweiligen Gegebenheiten entsprechend zu modifizieren. Auch in solchen Fällen gilt es sich international über politische Konzepte und Aktionsformen auszutauschen.

Eines unserer Hauptanliegen der Nachbereitung ist, wie bereits mehrfach erwähnt, dass M31 nicht nur auf den einen Samstag reduziert wird. Wir wollen transparent machen, was eigentlich tatsächlich unter diesem Label in den letzten Monaten an neuer und wichtiger Arbeit gelaufen ist und wie es geschafft worden ist, sich selbst ein Datum zu setzen an dem wir ohne konkreten Anlass unsere Wut und unsere Kritik an den bestehenden Verhältnissen gemeinsam auf die Straße tragen. Deshalb ist es für die Diskussion der Perspektiven enorm wichtig die im Vorfeld geschaffenen Strukturen zu erhalten und in konkrete Kämpfe zu überführen. Um diese Diskussion zu führen, laufen auch bereits Vorbereitungen für ein weiteres internationales Treffen noch in diesem Jahr.

Den gegenseitigen Bezug auf- und die Verknüpfung der verschiedenen sozialen Kämpfe miteinander (nicht nur im europäischen Kontext, sondern auch darüber hinaus) halten wir nach wie vor für einen grundlegenden Bestandteil des Konzeptes von M31. Denn diese Kontextualisierung ermöglicht es erst, die Ebene der lediglich abstrakten und, notwendigerweise stets nur symbolischen, Solidarität zu verlassen und diese durch direkte Aktionen auf eine konkrete(re) Ebene zu heben. Auch wenn dies beim Aktionstag am 31.März noch nicht überall geklappt haben mag, gibt es hierfür noch genügend Anknüpfungspunkte dies in Zukunft noch zu thematisieren; seien es, um zwei Beispiele zu nennen, Unternehmen wie Fraport oder Siemens, die an der Privatisierungswelle in Griechenland beteiligt sind, oder der im Herbst stattfindende Generalstreik in Spanien.

In Frankfurt stand das Anknüpfen an lokale soziale Kämpfe durch die Wahl der EZB als Ziel der Demonstration an diesem Tag nicht im Vordergrund. Wir haben zwar in unseren Redebeiträgen auf  existierende Kämpfe Bezug genommen und im Vorfeld versucht bspw eine Auseinandersetzung über die Gentrifizierung im Stadtteil Ostend anzustoßen, was uns bei unseren begrenzten Kapazitäten aber nicht gelungen ist. Ebenso haben wir es nicht geschafft den Begriff der  „Selbstermächtigung“ zu einem breiter diskutierten Thema zu machen.

Trotz alle dem ziehen wir vor allem wegen der internationalen Vernetzung und dem weiter bestehenden Austausch, der vielen neu gegründeten (Krisen-)Bündnisse und der Beteiligung unterschiedlicher Gruppen ein positives Zwischenfazit. Auch gab es einen kraftvollen antikapitalistische Ausdruck weit über die Grenzen der BRD hinaus mit sehr symbolträchtigen Bildern und einer Zusammenarbeit unterschiedlicher linker Zusammenhänge, Gruppen und Bündnisse auf internationaler und Bundesebene. Dies bewerten wir als durchweg positiv und glauben dadurch einen Prozess angestoßen zu haben, der unausweichlich für eine radikale Linke seien sollte, nämlich eine Organisierung gegen Staat, Nation und Kapital über die Staatsgrenzen hinaus. Außerdem sehen wir die Kombination von lokalen Kämpfen, Krisenprotesten und einer kapitalismuskritischen Bewegung im Kontext der beschriebenen transnationalen Vernetzung als adäquate Antwort auf die Angriffe auf das Leben uns aller durch das Kapital an.

Deswegen möchten wir nochmal bundesweit und international zur Beteiligung am Organisierungsprozess und dem Netzwerk M31 einladen. Es gibt schon zwei weitere internationale Termine:

Das nächste internationale M31-Treffen soll vor Ende des Jahres in Spanien stattfinden, ein genauer Termin wird noch bekannt gegeben.

Außerdem soll bereits im nächsten Jahr das neue Gebäude der EZB eingeweiht werden – auch das wird nicht ohne uns geschehen.

 

Wir sehen uns auf den Barrikaden!

 

Sozialrevolutionäres und antinationales Krisenbündnis FF/M

autonome.antifa [f] * autonome linke offenbach * campusantifa frankfurt * FAU – Gewerkschaft für alle Berufe Frankfurt/M * ÖkoLinX – Antirassistische Liste Frankfurt/M * Ökologische Linke Frankfurt/M

 

[1] Vieles von dem, was in den ersten beiden einleitenden Abschnitten steht, lässt sich genauer in den verschiedenen Aufrufen, Interviews und Redebeiträgen nachlesen, die vor und während des Aktionstags erschienen sind bzw. gehalten wurden.

 

[2] Diese Ausrichtung stand in den unterschiedlichen Phasen der Mobilisierung und bei den verschiedenen Gruppen unterschiedlich stark im Fokus.

 

 

 

Aktionen international (Übersicht)

 

Brasilien

In Brasilien organisierte die COB-AIT mehrere dezentrale Aktionen in verschiedenen Städten zur Unterstützung des AIT Aktionstages und des M31. In Sao Paulo gab es am 31. März eine Demonstration dazu.

 

Frankreich

Die französische CNT-AIT hat an den AIT-Aktionstagen mit Aktionen in Le Mans, Pau, Bordeaux und Amiens teilgenommen. 2.000 Menschen auf M31-Demo in Bayonne, M31-Infostände und Kundgebung in Besançon.

 

Griechenland

Mehrere hundert Menschen in Athen auf der M31-Demo “We don’t want to reform capitalism, but get rid of it” zu den Büros der EU-Kommission. In Thessaloniki gab es zum M31 ebenfalls eine Demonstration von mehreren hundert Menschen in der Innenstadt.

 

Italien

In Mailand demonstrierten 10.000 Menschen gegen die Krisenpolitik der EU, zu der auch die USI im Rahmen des M31 mobilisierte. Außerdem Infostände und Kundgebungen der USI-AIT zum M31 und der Krisenpolitik der EU in Modena.

 

Kroatien

500 Menschen auf der Demonstration und Kundgebung “Stoppt die Gewalt des Kapitalismus”, mit Teilnehmer_nnen aus Kroatien, Slowenien und Serbien.

 

Mexiko

Solidaritätskundgebung von Zapatistas mit M31 in Mexico-City.

 

Niederlande

Mehrere dezentrale Aktionen im Zusammenhang mit M31, unter andrem in Tilburg, Nijmegen, Amsterdam, Den Bosch und Maastricht. Zudem 400 Menschen auf der zentralen M31-Demo in Utrecht.

 

Österreich

300 Menschen beim “sozialrevolutionären Auflauf” in Wien und anschließendem Straßenfest.

 

Polen

Mehrere hundert Menschen auf der Demonstration der ZSP-AIT in Warschau unter dem Motto „Kapitalismus ist Kannibalismus“.

 

Portugal

Kundgebung der Gewerkschaft AIT-SP und anschließende Demonstration zusammen mit den Beschäftigten einer selbstverwalteten Schule – dem sozialen Zentrum ’Es.Col.A’ – in Porto. Zudem mehrere Infostände in der Lissabonner Innenstadt.

 

Russland

Kundgebung in Moskau, zu welcher die KRAS-IAA aufgerufen hatte und an der sich Vertreter_innen verschiedener sozialer Bewegungen (Autonome Aktion, Komitee des 19. Januar, eine Lehrer_innen-Gewerkschaft, zivile Initiativen) beteiligten.

 

Repubik Baschkortostan

Antikapitalistische Gruppen aus Ufá gingen am 31. März auf die Straße, um ihre Solidarität mit- und Zugehörigkeit zum M31-Netzwerk und dem Europäischen Aktionstag gegen den Kapitalismus auszudrücken. Während der Demonstration durch die Innenstadt kam es zu Angriffen durch Neonazis und einige Menschen wurden durch Waffen verletzt.

 

Schweiz

Demonstration und anschließendes Fest in der Berner Innenstadt mit 500 Teilnehmer_innen. Zudem Transpiaktionen in Zürich sowie eine Demo von Studierenden gegen die Sparmaßnahmen.

 

Spanien

Der landesweite Generalstreik am 29.3. in Spanien hat neue Maßstäbe setzen können. Die Mobilisierung der syndikalistischen Gewerkschaften CNT, CGT und SO im Bündnis mit regionalen Gewerkschaften hat dazu geführt, dass letztendlich selbst die sozialdemokratischen Gewerkschaften UGT und CC.OO am Ende genötigt sahen mitzumachen. Das Arbeitsleben in Spanien stand weitgehend still – und unsere GenossInnen waren am 31.3. völlig ausgepowert, so dass die geplanten Aktionen für den M31 natürlich viel bescheidener ausfielen, als geplant:

 

          Etwa 100 Menschen bei einer Kundgebung in Aranjuez.

 

          Versammlung auf der ’Plaza de San Francisco’ in Badajoz, anschließend fand den ganzen Tag über ein offenes Treffen mit Kundgebungsbeiträgen zum europäischen Aktionstag gegen den Kapitalismus statt.

 

          Infostände auf dem zentralen Platz von Castro Urdiales.

Aktion “schließen Sie die Bank wegen Bankraub” in Donostia.

 

          Versammlung in León für den europäischen Aktionstag gegen den Kapitalismus und den internationalen Aufruf der AIT gegen die kapitalistische Krisenpolitik, Ausbeutung und Unterdrückung.

 

          4.000 Menschen demonstrieren am 29.März in Madrid für den Generalstreik und für die Aktionstage gegen den Kapitalismus am 31.März.

 

          Konferenz der ’GLAD – Libertäre Gruppe’ in Madrid in der über die M31-Initiative informiert- und über Ursachen und Folgen des Kapitalismus diskutiert wurde.

 

          Kundgebung der CNT an der ’Plaza de Europa’ in Murcia.

Mehrere hundert Menschen auf einer Demo der CNT in Toledo. Anschließend

fand eine Konferenz über die Reform des Arbeitsmarktes und ihre Folgen unter dem Thema “Wie können wir uns gegen die neuen Arbeits-Reformen verteidigen” statt.

 

          Kundgebung vor dem Gebäude des Arbeitgeberverbandes in Zaragoza sowie „freies antikapitalistischen Essen“ im ’Parque de los Pinos’.

 

Ukraine

Mehrere hundert Menschen auf der Demonstration zum Gebäude des Arbeitgeberverbandes und des Ministeriums für Bildung in Kiev.

 

UK

Landesweite Proteste zum – “Day of action against workfare” im Rahmen der Aktionstage gegen den Kapitalismus am 31.März mit Aktionen u.a. in: Bournemouth, Brighton, Bristol, Edinburgh, Glasgow, Halifax, Hastings, Huddersfield, Inverness, Kilburn, Lewisham, Lincoln, Liverpool, London, Manchester, Newcastle, Northampton, Stroud, Swindon, Truro, Wakefield, und York.

 

USA

Solidaritätskundgebung mit dem europäischen Aktionstag gegen den Kapitalismus M31 am Union Square in New York City.

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Dazu ergänzend hat die campusantifa frankfurt vor einigen Tagen den Text. "Fragment zur Gewalt" rausgebracht:
http://campusantifa.blogsport.de/2012/09/20/fragment-zur-gewalt/

Eine Sammlung von Videos, Fotos & Berichten zum M31 gibt es bei http://www.anarchismus.at/blog-diverse/7061-m31-rueckblick

Der Artikel kündigt eine selbstkritische Auseinandersetzung an.  Tatsächlich muss man sich dann durch mehrere Absätze glattgeschliffene und für mich langweilige Beschreibung des Aktionstags kämpfen.  Nun gut, ist vielleicht wichtig für Leute, die mit diesem Artikel erst ins Thema einsteigen...

Zu ein bisschen wirklcher Auseinandersetzung kommt es dann glücklicherweise doch noch.

 

Die Problematisierung liest sich so:

Am 31. März war eines unserer Ziele, als Demonstrationszug zur Baustelle des neuen EZB-Gebäudes im Ostend zu gelangen und an diesem Ort für symbolträchtige Bilder des Protestes zu sorgen. Im Vorfeld wurde der von Seiten des Bündnisses gewünschte „offene Charakter“ der Demo betont, um das manche abschreckende Bild eines riesigen Black-Blocks zu vermeiden. Stattdessen ging es uns darum, dass all die, die eine inhaltliche Kritik an Staat, Nation und Kapitalismus mit uns teilen, sowie die Auseinandersetzung für eine befreite Gesellschaft führen wollen, an diesem Tag mit uns auf die Straße gehen können. Anders als mit diesem Konzept mobilisiert, kam es schon bald nach Beginn der Demonstration zu militanten Aktionen.

  • Ziel der Orga:  symbolträchtige Bilder produzieren, die Offenheit ausdrücken und Inhalte transportieren
  • Ziel vieler Teilnehmer_innen:  Bildung eines schwarzen Blockes, der Unversöhnlichkeit ausdrückt,  und direkte militante Aktionen.
  • vermutliches Ziel anderer Teilnehmer_innen:  weitgehende Übereinstimmung mit dem Konzept der Orga

Das Problem scheint für mich eine fehlende Übereinstimmung über das strategische und politische Konzept der Demo zu sein.  Der Konflikt verläuft dabei zwischen der Orga und Teilen der Demo auf der einen Seite und dem "schwarzen Block" auf der anderen Seite. 

 

Problematisierung der Orga: 

  1. Die Demo verlief, trotzt umfangereicher Kommunikation ihrerseits, nicht wie geplant, viele Teilnehmer_innen handelten nicht nach Konzept
  2. Die auf der Demo stattgefundene Militanz wird nach ihrer Sinnhaftigkeit in Frage gestellt
  3. Die exklusive Wirkung von Militanz ( da nicht alle mitmachen können und wollen) und des Auftretens in schwarzen Blöcken (keine offene Wirkung)

Zu der anfangs angekündigten selbstkritischen Auseinandersetzung fehlen meiner Meinung nach einige Dimensionen:

 

Zu 1.)

  • Die Kommunikation im Vorfeld war offensichtlich einseitig: das Konzept wurde zwar vermittelt, aber davon abweichende Vorstellungen wurden auf den Veranstaltungen entweder nicht geäußert oder nicht gehört. Liegt das nicht schon in der Idee einer Infoveranstaltung, die Menschen informieren soll, aber nicht als Ort der Mitbestimmung konzipiert ist? 
  • das "nicht nach Plan verlaufen" der Demo wird implizit als Problem dargestellt.  Während mir einsichtig ist, dass das für die Orga ein logistisches Problem ist, ist mir nicht klar, dass weniger Berechenbarkeit politisch und strategisch ein Problem sein muss.  Während sich die Selbstkritik auf das "nicht darauf vorbereitet sein der Orga" beschränkt, dass ich als relativ pragmatisches Problem sehe (nicht so schlimm, Jungs, Mädels & Co, macht ihr halt beim nächsten Mal besser), wird das positive Potential von Unberechenbarkeit nicht angesprochen. 
  • Das "nicht nach Plan Verlaufen" wird nicht als Ausdruck fehlender Mitbestimmung bei der Entscheidung über das politische Konzept verstanden
  • die Machtposition der Orga, Inhalte und Strategie zu bestimmen, wird nicht selbstkritisch thematisiert.  Während sich das Problem bei überregionalen Demos dieser Größenordnung meiner Meinung nach nicht völlig lösen lässt (eine Alternative wäre die Einbindung aller Teilnehmer_innen in die Vorbereitung, evtl. über Delitreffen, was aber auch einen erhöhten Aufwand an Zeit und Energie von allen Beteiligten fordert, zu dem es meiner Erfahrung nach oft wenig Bereitschaft gibt, wenn es "nur" um eine Demo geht), kann so auch nicht über andere Möglichkeiten nachgedacht werden, die Diskussion im Vorfeld mit Interessierten zu führen und nicht nur Möglichkeiten, sich zu informieren anzubieten, sondern auch Möglichkeiten, das Konzept mitzubestimmen zu erfinden.

Zu 2.)

  • Während das eigenmächtig durchgesetzte Konzept einiger Demonstrant_innen problematisiert wird, wird das eigene Konzept, das Produzieren von symbolträchtigen Bildern, durch die angeblich alleine Inhalte ausgedrückt werden können, nicht problematisiert.  Dieses Verständnis ist für mich sehr nah an der staatlicherseits vermittelten Vorstellung von legitimen Protest:  Nur durch das brave befolgen der demokratischen Regeln politischen Protests erwirbt mensch sich das Recht, inhaltlich ernst genommen zu werden.  Gleichzeitig kann solcher Protest aber bequem ausgesessen werden, da er niemandem weh tut, und während die Massenmedien nach militanten Aktionen entsetzt aufschreien und friedlichen Protest mit schönen, medientauglichen Bildern anmahnen, ignorieren sie eben solchen häufig genug.  Bei vielen Menschen, die keinen Kontakt zu Szenezusammenhängen haben, herrscht diese von Medien und Politik in letzter Zeit intensiviert durch die unsägliche Extremismustheorie vorgetragene Meinung in den Köpfen. 
  • Für wen sollten denn die Bilder produziert werden, was sollte damit erreicht werden?  Für die Medien, die, was ja auch hier niemand bezweifelt, sowieso ihre Propaganda betreiben?  War die Hoffnung, vermittelt über die Medien die Köpfe von Menschen mit Inhalten zu erreichen, die sich von schwarzen Blöcken abgestossen fühlen?  Ist das nicht aufgrund der Massenmedien ein sehr dünner Stohhalm, und rechtfertigt das, große Teile der Teilnehmer_innen vor den Kopf zu stossen, die sich von dem Anbiedern an staatlicherseits geforderten braven Protest abgestoßen fühlen?  Wird nicht hier die Luft ganz schön dünn, sich von weniger folgsamen Formen des Widerstands zu distanzieren und damit der staatlichen Aufstandsbekämpfung in die Hände zu spielen?  Oder ging es um das Produzieren von schönen Bildern für einige Teilnehmer_innen und Menschen, die die Demo direkt beobachten?  Um sie, mit der Extremismustheorie im Kopf, da abzuholen, wo sie nun einmal sind?  Bräuchte es dann nicht einer Strategie, wie man sie abholt, ohne von ihnen und dem Extremismusgeschwafel abgeholt zu werden?   Ist die Form, diese Diskussion über Bilder zu führen, nicht gerade dazu geeignet, über Inhalte und Strategien nicht zu sprechen?  

Zu 3.)

  • während, durchaus richtig, von der Exklusivität von Militanz geredet wird, wird die Wirkung des Verzichts darauf nicht themaitisiert.  Die Ablehnung von Militanz schießt genau so Menschen aus, die sich aus ihren Erfahrungen mit friedlichem Protest davon abgewendet haben. 
  • die Problematik, dass sich Militanz und Ablehnung von Militanz oft zur selben Zeit am selben Ort ausschließen, wird hier einseitig der Militanz in die Schuhe geschoben. 
  • Damit wird die absolut wichtige Frage verhindert, wie sich verschiedene Aktionsformen und Strategien ergänzen können, ohne sich gegenseitig zu schaden.  
  • Während der Artikel durchaus versucht, Militanz als strategisch diskutierbares Mittel und nicht als Identität zu begreifen, verkennt er, dass die Befürwortung und Anwendung dieses strategischen Mittels bei vielen Menschen aus frustrierenden Erfahrungen mit friedlichem Protest, oft mit schmerzhaften Erfahrungen von Repression und einer tief empfundenen Unversöhnlichkeit verbunden ist.  Während, falls ich die Strategie der Bilder halbwegs richtig erraten habe,  auf die eine Seite des Konflikts übermäßig Rücksicht genommen wird, inklusive der Gefahr, selber abgeholt zu werden, wird auf die andere Seite ziemlich rücksichtslos "draufgehauen".  Wie das dazu führen soll, eine strategischere Diskussion über den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Ort von Militanz zu führen, ist mir absolut unklar.