In Bern wurden am frühen Morgen des 17.02.2009 acht Wohnungen und Büros durchsucht. Sieben Personen wurden festgenommen, zwei weitere vorgeladen und eine Person ist noch immer in Fribourg im Gefängnis. Neben Wohnungen wurde auch linke Büros durchsucht und dabei diverse Computer und Akten beschlagnahmt. Die Razzien wurden von der Fribourger Polizei durchgeführt, die Berner Polizei leistete Amtshilfe. Am 20.02.2009 wurden in Bern erneut zwei Wohnungen durchsucht. Zwei Personen wurden festgenommen und im Laufe des Tages wieder freigelassen. Vorwand der Hausdurchsuchungen war die Zerschlagung eines Nazikonzerts am 11.10.2008 in Fribourg. In der Bar „Elvis et moi“ wurde ein von der Nazigruppe „Soleil Noir“ organisiertes Dark-Wave-Konzert der Band „Camerata Mediolanense“ von rund 30 AntifaschistInnen durch die Zerstörung des Mobiliars und der Instrumente verhindert.
In Zürich wurden am 20.01.2009 zwei Wohnungen von der schweizer Bundespolizei durchsucht. Ein Mitglied des Revolutionären Aufbaus Schweiz wurde festgenommen und sitzt seitdem in Pfäffikon im Gefängnis. Als Vorwand gibt die Polizei an, sie habe in dem Mietshaus Material gefunden, das sich zum Bau von Brandsätzen eigne. Mit einer ähnlichen Begründung wurden bereits am 06.05.2008 zwei Hausdurchungen bei Mitgliedern des Revolutionären Aufbaus Schweiz durchgeführt. Auch damals dienten angebliche Sprengstoffdelikte als Vorwand, der im Nachhinein nie konkretisiert wurde.
In Lausanne, Genf und Bern hat die private Sicherheitsfirma „Securitas“ die linke Szene im Auftrag der Großkonzerns Nestlé infiltriert. Mindestens drei private Spitzel wurden unter falscher Identität in verschiedene Gruppen eingeschleust, darunter Attac Vaud und die Antirepressionsgruppe Lausanne. Securitas wies nach der Enthüllung des Skandals darauf hin, dass die Polizei über die Infiltrationen und die Ergebnisse informiert worden sei. Das Verfahren gegen die Securitas wird eingestellt, da nach Ansicht des waadtländer Untersuchungsrichters weder Securitas noch Nestlé den Persönlichkeits- oder den Datenschutz verletzt hätten.
Ganz anders hingegen ist der Umgang der schweizer Justiz und Polizei mit Nazis. Obwohl die „Partei National Orientierter Schweizer“ in aller Öffentlichkeit den Nationalsozialismus plant und propagiert, wurde die Führungsriege am 29.01.2009 wegen Verstoßes gegen das Antirassismusgesetz lediglich zu geringen Geldstrafen verurteilt, die teilweise sogar noch zur Bewährung ausgesetzt wurden. Auch ein PNOS-Vorstandsmitglied und Nazisänger wurde nach dem gleichen Gesetz lediglich zu einer Geldstrafe verurteilt, obwohl er die Miss Schweiz als „Geschwür“ bezeichnet hatte, „welches die freie, unabhängige Eidgenossenschaft bereits am Auffressen ist“.
In der Schweiz ist Antifaschismus kein Konsens: Linke werden verfolgt, Rechte protegiert. Die Attentäter des Nazibrandanschlags am 04.08.2007 auf die mit 1.500 Menschen gefüllte Reithalle in Bern wurden nie ermittelt, der Anschlag wurde in den schweizer Medien fast komplett verschwiegen. Die rassistische SVP konnte am 06.10.2007 nur mit Gewalt am „Marsch auf Bern“ gehindert werden. Sie erhielt trotz ihres offenen Rassismus bei den Bundesratswahlen den höchsten Stimmenanteil und ist mittlerweile wieder im Bundesrat vertreten. Im Kanton Luzern marschieren jedes Jahr im Juli 750 Spießbürger zusammen mit 250 Nationalsozialisten durch Sempach, als sei Faschismus eine Meinung und kein Verbrechen.
Helvetia, häb dr Latz!
Communiqué vom 25.02.2009
Hintergrundinfos zum Fribourger Filz (PDF)