Kritik an Martin Luther: Aktion an Johanneskirchen in Gießen und weitere Vorhaben

Martin Luther - seine Gedanken und Sprüche machten ihn zum geistigen Brandstifter des Nationalsozialismus

Zwei Vorträge/Infoabende im Oktober galten der Kritik an Martin Luther und an einer Kirche, die diesen christlichen Fundamentalisten mit Vernichtungsphantasien gegen alle möglichen Andersgläubigen verehrt. Unter martin-luther.tk war diese Kritik zusammengetragen worden, so dass sich alle Menschen immer ein Bild machen konnten. Der Gießener Anzeiger lud den Gießener Dekan Tilo Becher sogar zu einem Interview ein, das recht kritisch ausfiel.

 

Am 31.10. folgte dann der Reformationstag. Aktivisten aus der Antifa R4 und der Projektwerkstatt luden zu einer Protestaktion vor der Johanniskirche, wo der einzige Reformationsgottesdienst in der Stadt gefeiert wurde. Sie waren nur zu dritt, was zunächst als Zeichen schwächelnder politischer Bewegungen gedeutet werden konnte. Viele Gruppen und Akteur_innen versauern nur noch in ihren Gruppentreffs, ehemals oder Virtuell-Aktive hocken zuhause und jammern über die Lage. Die großen Verbände beschränken sich auf Themen, die Spenden locker machen.
Außerdem startete die Aktion äußerst zurückhaltend. Die drei verteilten auf dem Weg zu Kirche einfach nur Flyer an die Menschen, die zum Gottesdienst kamen. Die meisten nahmen die auch an - bis eine Religionslehrerin erschien und zunächst in einem (noch nicht eskalierenden) Streitgespräch die Behauptung aufstellte, dass die Angaben im Flyer falsch wären. Sie wüsste das besser, da sie eben Religionslehrerin sei. Nach einiger Zeit ging auch sie ins Kirchengebäude, kam aber dann mit Verstärkung wieder. Nun überraschte die heftige Reaktion: Keifende bis schubsende, drohende ("ich weiß wo du wohnst") und beleidigende ("ich bringe Ihnen ein Stück Seite mit") Kirchenleute versuchten die Flyerverteilung zu stören und Besucher_innen zu beeinflussen, keine Flyer anzunehmen. Schließlich holten sie sogar die Polizei. Drei Streifenwagen samt Besatzung sicherten nach einiger Zeit die Kirche vor Kritik - ein später Dank für Martin Luthers Forderung, sich den Herrschenden immer zu unterwerfen. Zudem kontrollierten Uniformierten Personalien und behaupteten anschließend in der Presse, auch Platzverweise erteilt zu haben, obwohl das gegenüber einer Versammlung gar nicht zulässig wäre. Das alles geschah, obwohl außer Flyerverteilen und ein paar Kreidesprüche (alles vom Versammlungsrecht locker gedeckt) nicht passierte. Aufgeregt informierten die Kirchenleute noch selbst die Presse, die einen größeren Text schrieb.
Die Aussagen der Lutherschützer_innen sind nicht nur beunruhigend verharmlosend. Absurd auch der Vorwurf des anonymen Vorgehens angesichts dessen, dass die Protestierenden sichtbar und ansprechbar vor der Kirche standen und mit "wir wissen, wo du wohnst" von den Kirchenleuten bedroht wurden. Zudem waren Internetadresse und eine Veranstaltung angegeben.

Dokumentiert: Der Flyertext
Luther 2017 - 500 Jahre Reformation
Am 31.10.16 beginnt das Lutherjahr und endet genau ein Jahr später mit dem 500-jährigen Jubiläum des vermeintlichen Thesenanschlages in Wittenberg. Im Laufe dieses Jahres werden in Deutschland im Rahmen des Lutherjahres Veranstaltungen von den evangelischen Kirchen sowie von öffentlichen Einrichtungen ausgerichtet. Hierbei ist zu befürchten, dass das Wirken Martin Luthers nicht in seinem gesamten Ausmaß dargestellt wird. Luther vertrat Einstellungen, die aus heutiger Sicht in keinster Weise tolerierbar sind. Ein Beispiel über seine Meinung über Frauen ist hierfür:"Die größte Ehre, die das Weib hat, ist allzumal, dass die Männer durch sie geboren werden."
Menschen mit Behinderung waren für ihn Besessene des Teufels ohne jegliche Daseinsberechtigung, die am besten ersäuft gehören. Wobei die Umsetzung dessen auch kein Mord sei, da es sich hierbei ja nicht um Menschen handle.
Des Weiteren verehrte er Obrigkeiten und verurteilte jede Form des Widerstandes gegen solche: "Es ist besser, wenn Tyrannen hundert Ungerechtigkeiten gegen das Volk verüben, als dass das Volk eine einzige Ungerechtigkeit gegen die Tyrannen verübt."
Andersgläubigen gegenüber war er ebenfalls nicht freundlich gesonnen, so forderte er zunächst, dass diese christlich getauft werden. Je älter er wurde desto größer wurde sein Hass. "Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. [...]: Mann sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken,..." So sollte es wenig wundern, dass sich ebenfalls Nationalsozialisten positiv auf ihn beziehen. So äußerte Julius Streicher während der Nürnberger Prozesse, dass ihm das Buch "Die Juden und ihre Lügen" von Luther beschlagnahmt worden sei und dieser an seiner Stelle auf der Anklagebank hätte sitzen können.
Deshalb werden wir eine einseitige Darstellung und Glorifizierung Luthers nicht hinnehmen. Wir werden uns zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Person Martin Luther sowie zur Planung von Veranstaltungen bzw. Aktionen treffen, welche auch andere Menschen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit Luther anregen sollen. Wir laden ein:
Aktions- und Organisationstreffen am
23.11.16 ab 20:00 im
Antiquariat Guthschrift
(Bahnhofstr. 26, Gießen)
http://www.martin-luther.tk

Fortsetzung folgt?
Insgesamt war das Ganze ein überraschend wirksamer Auftakt für mehr. Luther- und Religionskritiker_innen laden daher zu einem weiteren Treffen am Mittwoch, den 23.11. um 20 Uhr im Antiquariat Guthschrift (Bahnhofstr. 26, Gießen) ein. Dort soll nach einer kurzen Einführung in die Kritik des Lutherschen Fundamentalismus über weitere Aktivitäten im sogenannten Lutherjahr nachgedacht werden.

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Kann ich kaum glauben- habt ihr vergessen wie Nazis in den Infoladen kamen, Projektwerkstättler mit ihnen diskutierten, Telefonnummern austauschten und sich schützend vor die Nazis stellten, als Antifas eingriffen. Im Anschluss hat Jörg B. übrigens dieses intervenieren der Antifa mit der Stimmung in national befreiten Zonen verglichen...Projektwerkstatt ist ein No - Go!

kommt drauf an wann es war. kann schon sein, dass aktuell aktive in gießen nichts von den reibereien und zwischenfällen in der geschichte beider zusammenhänge wissen, ist halt auch nicht die allergrößte kontinuität bei beiden, weil gießen eine stadt ist aus der man auch wieder wegzieht... und über saasen müssen wir kein wort verlieren;-)