Leipzig. Rücken Polizeibeamte den Bewohnern des alternativen Stadtteils Connewitz zu häufig auf die Pelle? "Zahlreiche Erfahrungsberichte über verdachtsunabhängige Polizeikontrollen im Süden der Stadt Leipzig" bewogen Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke) zu einer Kleinen Anfrage an die Sächsische Staatsregierung. Die Antwort sorgte bei ihr für Erstaunen.
Die Politikerin wollte wissen, wie viele Kontrollbereiche von Anfang
Januar 2013 bis Ende September 2014 im Stadtbezirk Süd eingerichtet
wurden. Innerhalb solcher Kontrollbereiche sind nach sächsischem
Polizeigesetz sogenannte anlassunabhängige Fahrzeug- und
Personenüberprüfungen zulässig, die sonst strengen Kriterien
unterliegen. So richtete das Innenministerium etwa in der
Eisenbahnstraße seit 2004 bereits acht Mal solche Areale ein, weil
dieses Viertel als Schwerpunkt der Straßen- und Rauschgiftkriminalität
gilt.
Doch der größte Unmut über Polizeikontrollen regt sich
nicht etwa dort, sondern in Connewitz. In den vergangenen Monaten waren
hier immer wieder Vorwürfe laut geworden, die Polizei würde ohne
jeglichen Anlass Passanten überprüfen. Von "behördlichen Übergriffen"
ist gar die Rede. Die jetzt erteilte schriftliche Auskunft des
sächsischen Innenministeriums passt allerdings so gar nicht zum
Empfinden der in dieser Hinsicht sensiblen Connewitzer Szene: "Im
Stadtbezirk Süd wurden in dem genannten Zeitraum keine Kontrollbereiche
eingerichtet", stellte Innenminister Markus Ulbig (CDU) klar.
Einzige Ausnahme zur Fußballweltmeisterschaft
Einzige Ausnahme: Während der Fußballweltmeisterschaft sei vom 20. Juni
bis 14. Juli jeweils von Mitternacht bis 6 Uhr die
Karl-Liebknecht-Straße zwischen Härtel- und Alfred-Kästner-Straße als
"gefährlicher Ort" im Sinne des Polizeigesetzes ausgewiesen worden.
Demnach können Identitätsfeststellungen an einem Ort durchgeführt
werden, "an dem erfahrungsgemäß Straftäter sich verbergen, Personen
Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben, sich ohne erforderliche
Aufenthaltserlaubnis treffen oder der Prostitution nachgehen".
Aus dem Ruder laufende WM-Partys hatte Nagel mit ihrer Anfrage jedoch
weniger im Sinn. Ulbigs Antwort, so bekannte sie auf LVZ-Anfrage,
"wundert mich sehr". Schon 2011 hatte sie Kritik an einem "massiven
Polizeiaufgebot und Personenkontrollen" in Connewitz geübt. Damals
hatten Razzien im Zusammenhang mit Ermittlungsverfahren wegen der
Bildung krimineller Vereinigungen Teile der linken Szene in Aufruhr
versetzt. Zuletzt arbeiteten sich Teile der Einwohnerschaft an dem im
Februar eröffneten Polizeiposten in der Wiedebachpassage ab. Anfangs war
es hier zu Zwischenfällen gekommen. Wohl in diesem Zusammenhang habe
auch die Kontrolldichte deutlich zugenommen, so Nagel. Handfeste,
konkrete Belege dafür gebe es aber nicht.
Politisches Straßenfest "Kontrollbereich 04277"
Das will die Initiative "Für das Politische!" nun ändern. "Eines
unserer Themen ist die Dokumentation von Identitätsfeststellungen der
Polizei ohne Verdacht auf eine Straftat", erklärt die Gruppe, die im
September auf dem Herderplatz sogar ein politisches Straßenfest
"Kontrollbereich 04277" veranstaltete. Neuerdings stellt sie im Internet
Fragebögen zur Verfügung. Darauf sollen Connewitzer Polizeikontrollen
detailliert protokollieren: Namen der Beamten, Kennzeichen von
Einsatzfahrzeugen, Symbole oder Zahlen auf Uniformen. "Auf diese Weise
bekommen wir eigene Daten", sagt Nagel.
Die Landtagsabgeordnete
hat nach der für sie überraschenden Antwort aus Dresden bereits eine
neue Anfrage an die Staatsregierung formuliert. Unter anderem will sie
wissen, welche Straßen in Connewitz, Marienbrunn, Lößnig, Dölitz-Dösen
und der Südvorstadt im Sinne des Polizeigesetzes "von erheblicher
Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität" sind. Denn auch
unter diesen Voraussetzungen wären anlassunabhängige
Identitätsfeststellungen zulässig.
Aktuell habe sich die Lage im
Stadtteil übrigens etwas entspannt, bekannte Juliane Nagel: "Die
Kontrolldichte ist inzwischen nicht mehr so hoch."
Connewitz
Hinnehmbar...connewitz ist ja nun wirklich kein Hort der Bürgerlichkeit...... und "Empfinden" ist echt keine juristische Hausnummer.
Wie oft haben in Connewitz eigentlich die Kameras gebrannt???
Hinnehmbar?
Die Kameras (eigentlich: die eine am Kreuz) haben ziemlich oft gebrannt und mussten ausgetauscht werden.
Wieso Polizeiwillkür hinnehmbar sein soll, müsstest du dann noch erklären.