Anarcha-Feministischer Lesekreis

Sheherazade

Der Freiburger Anarcha-Feministische Lesekreis ist ein Ort für die, die daran interessiert sind über Feminismus und Anarchismus zu lesen und die Schnittstelle der zwei Strömungen zu diskutieren.


Wir wollen gemeinsam mit anarcha-feministischem Blickwinkel Hierarchien, Geschlechternormen und Privilegien in unserem eigenen Leben ausfindig machen und in Frage stellen. Auch wollen wir persönliche Erfahrungen und Ideen teilen.


Es soll ein Platz für Gemeinschaft sein, um gehört zu werden und von anderen zu lernen. Wir wollen einen Raum schaffen, um die negativen Einflüsse des Patriarchats auf persönlicher Ebene zu ENT-lernen und Feminismus als Heilungsprozess zu sehen. Genauso wollen wir dazu beitragen, gesellschaftliche Konstrukte bezüglich Sex und Gender1 zu überdenken und neu zu formen. Wir hoffen, dass wir  diesen Prozess durch Literaturanalyse und persönliche Erfahrungen anstoßen können.


Dabei würden wir uns freuen, so viele Blickwinkel wie möglich zu haben. Das schließt unter anderem auch Cis-Männer und Frauen und die LGBTQ Gemeinde, Alt und Jung, und alle Menschen, sowohl mit oder ohne Erfahrung in den Bereichen des Anarchismus und Feminismus (vom Akademiker bis hin zu denen die nur ein Interesse haben) ein. Jede/r, der anderen zuhören und sich der Konfrontation mit Sex und Gender1 öffnen möchte, ist eigeladen mitzumachen. Ausgeschlossen sind Misogynsten, Faschisten und Rassisten- Hass ist nicht willkommen.


Die Richtung und der Fokus dieses Lesekreises werden gemeinsam von den Anwesenden determiniert. Die Bücher, die wir lesen und diskutieren, werden wir gemeinsam bestimmen. Auch die Struktur der Treffen sind in keinem Fall statisch oder festgelegt. Im Gegenteil, die Struktur soll nicht fest umrissen sein, sondern an unsere gemeinsamen Bedürfnisse und Interessen anpassbar sein, denn die befinden sich natürlich in stetem Wandel.


Warum ist der Lesekreis „anarcha-feministisch“? In einem Online Artikel auf theanarchistlibrary.org erklärt die Autorin Kytha Kurin: „Der Anarchismus hat den Ansatz, dass der Prozess Revolution zu machen nicht trennbar von den Zielen dieser Revolution ist und scheint das Politische oft auf gleiche Weise zu verstehen wie der Feminismus. Anarchisten erkannten, dass eine autoritäre und ausbeuterische Bewegung niemals eine anti-autoritäre und nicht ausbeuterische Gesellschaft hervorbringen kann. Aber was die Anarchisten erkannten, forderten die Feministinnen.“ (Zitat aus dem Englischen übersetzt).


Anarchisten fordern eine hierarchielose Gesellschaft, in der nicht ein mächtigerer Teil der Gesellschaft die Stimmen und Bedürfnisse des anderen unterdrückt. Feminismus fordert die sozialen und politische Gleichheit aller Menschen, ungeachtet Sex oder Gender1.


Für uns ist Feminismus ein Prozess der Identifikation, des Infrage stellens, des Ent-lernens von Geschlechternormen und den hierarchischen Strukturen die durch Geschlechterkonstrukte gefördert werden. Die Ziele von Anarchismus schließen die Ziele des Feminismus mit ein. Wir glauben jedoch, dass die Existenz von Hierarchien und Ungleichheiten weiter existent bleiben,  wenn wir unsere zwischenmenschlichen Interaktionen nicht mit Hilfe von Feminismus neu definieren.

 

Warum der Name “Sheherazade”? Geschichten helfen uns zu verstehen. All jenes, was unser Verstand längst verdrängt hat. Geschichten zeigen uns Welten, wie sie auch existieren könnten. Sie entführen uns aus der Gegenwart, um uns zum Kern dessen zu bringen, was uns umtreibt und antreibt.


Die junge Sheherazade aus Tausendundeiner Nacht erzählt ihrem misstrauischen Gatten jeden Abend eine neue Geschichte, dessen Ende sie sich stets für den Folgetag aufhebt. Voller Spannung den Ausgang der Erzählung zu erfahren, lässt der Ehemann von seinem Wahn ab, seine Gattin nach der ersten Nacht töten zu lassen, aus Angst sie könne ihn betrügen, und lauscht während tausendundeiner Nacht gebannt Sheherazades Erzählungen.


Sheherazade gelingt es den Bann aus Misstrauen, Gewalt und Besitzgier zu brechen, den der persische König in Bezug auf jegliche Frauen entwickelt hat, indem sie mit fantasievollen und bilderreichen Worten das wieder zusammenknüpft und heilt, was die Realität beim Zuhörenden, aber auch bei der Erzählerin selbst, einst zerstört hat.


In diesem versöhnlichen Sinne wollen auch wir zu Erzählenden und Zuhörern werden.

 

Mögliche Themen: Wellen des Feminismus; Anarchismus und die Schnittstelle mit Feminismus, Sex vs. Gender/Identität; Religion; Patriarchat; Monogamie und andere Beziehungskonzepte; Ehe; Die Rolle der Medien; Die Rolle des Kapitalismus/Konsum; Schnittstelle von Gender, Rasse und Klasse.

 

Die Treffen wurden bisher auf Englisch organisiert, um (hoffentlich) eine größere und diversere Gruppe anzusprechen. Fühlt euch bitte auch Willkommen geheißen, wenn ihr nicht sicher im Englischen sprechen/lesen/diskutieren seid. Es werden sowohl Englisch als auch Deutsche Muttersprachler anwesend sein und euch bei Verständnisproblemen unter die Arme greifen.


1 Im Deutschen ist der Unterschied zwischen sex (biologisches Geschlecht) und gender (sozial konstruierten und eher psychologisch zu verstehendem Geschlecht)  schwer zu machen, da beides mal das Wort „Geschlecht“ verwandt wird. Wir verwenden in diesem Text daher die englischen Begriffe sex und gender. Wir schließen damit nicht aus, dass auch das biologische Geschlecht als gesellschaftlich definiert verstanden werden kann,  wenn man es als kulturelle Interpretation des Körperlichen auffasst (wie z.B. die Theoretiker_in Judith Butler). Auch schließen wir nicht aus, dass die Zweispaltung in sex und gender selbst hinterfragt werden kann.