Karstadt-Schließungen: Menschen wie Abfall behandelt

Besagte Kaufhäuser sind in vielen Städten ein fester Bestandteil urbaner Einkaufskultur. Sie sind dort nicht wegzudenken. Doch dies soll sich nun radikal ändern. René Benko, als Karstadt-Eigentümer eine "Heuschrecke" par exzellence, will per Aufsichtsratsbeschluß sechs Filialen zerschlagen. Dafür sollen dort so etwas wie Luxus-Boutiquen für Superreiche entstehen. Der von Benkos Aufsichtsräten einesetzte Karstadt-Chef Stephan Fanderl soll das Zerstörungswerk durchziehen, obschon die meisten Standorte wirtschaftlich gesund und umsatzstark sind. Außer Stuttgart sollen die Modeketten "K-Town" in Köln und Göttingen, sowie zwei Schnäppchenmärkte in Paderborn und Frankfurt/Oder "dran glauben".

Besonders Stuttgart ist ein Umsatzrenner. Ausgerechnet dieses bei den EinwohnerInnen höchst beliebte Haus will Benko als erstes profitträchtig verscherbeln, denn es gehört, wie alle anderen Filialen auch, zu seinem österreichischen Immobilien-Konzern "Signa-Holding".  (Siehe auch: de.wikipedia.org/wiki/) Was dann an Karstadt-Häuern übrig bleibt, könnte womöglich mit Kaufhof-Filialen verschmolzen und an die Börse gebracht werden.
Über solche Szenarien denkt die Immobilien-Mafia um Benko verschärft nach. 2000 Angestellte gehen damit einer höchst ungewissen Zukunft entgegen. Was wieder einmal zeigt, wie solche Leute ticken: Benko und seiner gesamten Führungsriege sind die Angestellten und KundInnen völlig egal. Hier geht es nur noch um Profit, Profit und nichts als Profit!
Auf der Strecke bleiben die Beschäftigten. Da die meisten um die 50 Jahre alt sind und kaum anderweitig eine Stelle finden werden, die ihrer Qualifikation entspricht, droht ihnen Existenzverlust und letztlich der ausweglose Albtraum von Hartz IV.
Hier ist die Gewerkschaft Ver.di gefordert, alle Kräfte zu mobilisieren und alles Menschenmögliche zu tun, damit diese neoliberale Wahnsinnstat verhindert wird!
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Das ist kein Neoliberalismus, das ist Kapitalismus. Produktion, Handel, Logistik und alles andere auch sind einer permanenten Effizienzsteigerung unterworfen. Kosten müssen gesenkt werden um (nach Möglichkeit steigende) Profite zu generieren. Amazon, Zalando und Co. sind eben effizienter als Karstadt. Der Einzelhandel wird wegrationalisiert. Das spart global gesehen Kosten. Der nächste logische Schritt sind automatisierte Logistikzentren, in 10 Jahren werden die Heerscharen an Niedriglöhnern in diesem Bereich dann auch wegrationalisiert. Auf lange Sicht sind wir alle im Kapitalismus überflüssig. Aber da braucht man sich auch nicht an den "Heuschrecken" abarbeiten, die diesem Prozess ein Gesicht geben. Selbst ohne bösen Investor, wenn die Angestellten von Karstadt ihre Läden besetzen würden, und das alles in Eigenregie durchführen würden, würde es ihnen vielleicht ein wenig Zeit verschaffen, aber ihr grundlegendes Problem nicht lösen.

"Auf lange Sicht sind wir alle im Kapitalismus überflüssig."

 

Falsch. Abgesehen davon, dass die Kapitalverwertung ohne Arbeit nicht funktionieren kann und wird müssen irgendwelche Leute die ganzen schönen Waren ja auch noch kaufen und verbrauchen. "Automatisierte Logistikzentren" werden das kaum übernehmen. Das "Wegrationalisieren" ist nun mal kein Selbstzweck.

wie der englische kapitalismus zum industriezeitalter zeigte, braucht es keine riesigen konsumentenschichten die die sachen kaufen. damals hatten die heere der arbeiter nicht mal genug um vernünftig zu essen und dennoch funktionierte dieser kapitalismus eine ganze weile. hinzu kommt, wer mit "wir alle" gemeint ist. natürlich werden nicht alle überflüssig, jedoch zeigt die konzentration von reichtum schon heute, wo es in zukunft hingehen kann. eine nochmals verkleinerte schicht genügt völlig als alibikonsument_innen, zu dehnen weder du, noch ich, noch irgendein_e andere_er dazugehören die heute in kartstadt einkaufen oder indy lesen. für die riesige restmenge gibt es andere verwertungsmöglichkeiten, sie zb. mit secruity, polizei und militär in schach halten. denn auch das ist ein markt der abgedeckt werden kann. 

es ist zwar richtig das die kapitalverwertung ohne arbeit nicht stattfinden kann, allerdings ist der kapitalismus nicht rational. schon mit der "elektronischen revolution" hat dieser produktionszyklus mehr menschen aus der arbeit ausgeschlossen als sein vorgänger (fordistischer kapitalismus) noch beschäftigte.

meine meinung ist, das 1984 von george orwell zwar als anprangern der sowjetunion und als mahnmal gegen übrwachung gesehen werden kann, es sich aber AUCH um ein zukunftsbild handelt, welches die kapitalistische welt von morgen oder übermorgen darstellt.

Naja, klar müssen Leute kaufen. Aber zumindest meiner Chefin ist das egal. Wenn ich da argumentiere dass sie mir doch mehr Lohn zahlen sollte, damit ich mehr komsumieren kann, und letztlich die Wirtschaft rette, zeigt die mir den Vogel.

Und guck dir doch mal an was gerade bei Amazon in den Logistikzentren abläuft. Da wird auch keine_r in der Entscheidungsebene von Amazon so weit denken, dass die Lohnforderungen der Streikenden ja wirtschaftlich eigentlich sinnvoll sind. Wer nur soviel verdient um Miete, Auto und Essen zu bezahlen, konsumiert eben den ganzen Krempel nicht mehr. Glaub die werden eher an "Innovationen" tüfteln die einen Streik ausschließt, und das heißt in letzter Konsequenz Menschen durch billigere Menschen anderswo oder eben Maschinen zu ersetzen.

"Wegrationalisieren" ist kein Selbstzweck, sondern der Profit. Und aus Profitsicht ist wegrationalisieren eben das rationalste was "das Kapital" tun kann. Dass es sich damit langfristig selbst gefährdet, hingestellt. Quartalszahlen sind das Entscheidungskriterium, nicht so abstrakte Dinge wie die Zukunft unserer Kinder.

Karstadt steckt nicht in der Krise, weil da etwa eine Verschwörung am Werk wäre, das Einkaufen künftig wie auch immer vorgestellten "alibikonsument_innen" zu übertragen, sondern weil die Leute ihr Geld schlicht und einfach woanders ausgeben. DAS ist Kapitalismus.