Die norddeutsche Neonazi-Szene unterhält traditionell rege Kontakte zu Strukturen aus Skandinavien, insbesondere in das nördliche Nachbarland Dänemark. Auch umgekehrt blicken dänische Neonazis immer wieder nach Deutschland. Diesen Verbindungen liegen unterschiedliche Interessen und Tragweiten zugrunde – sie reichen von dem gegenseitigen Besuchen der Aufmärsche und Konzerte über neonazistische Parteiarbeit bis hin zu militanten Neonazi-Netzwerken zwischen organisierter Kriminalität und Rechtsterrorismus. Während in den vergangenen Jahren vor allem Seilschaften um deutsch-skandinavische Projekte des “Blood and Honour”-Netzwerks (B&H) das Geschehen bestimmten, suchen zuletzt auch verstärkt NPD-Kader aus Schleswig-Holstein den Kontakt zu der dänischen Neonazi-Partei “Danskernes Parti” (DP).
Wir wollen in diesem Artikel einen Überblick über einige Aktivitäten
deutscher und dänischer Neonazis geben, die bis zu gemeinsamen Ausflügen
mit dem “NSU” reichen. Daran anschließen soll der Versuch, die
inhaltliche und organisatorische Bedeutung der nordeuropäischen
Neonazi-Verbindungen für rechte Politik abzuleiten.
Hintergrund
Seit den Neunzigern pflegen insbesondere Neonazis aus dem Umfeld des
inzwischen verbotenen “Blood and Honour”-Netzwerks Kontakte in
Nordeuropa. So nahmen 1995 an dem von B&H-Aktivist_innen dominierten
Hess-Gedenkmarsch in Roskilde (Dänemark) u.a. der Deutsch-Däne Marcel
Schilf, Führungsfigur von B&H Dänemark, und Anke Zapf, Oliver Dobitz
und Birger Lüssow aus dem Umfeld der B&H-Sektion Mecklenburg teil.
Die Kontakte intensivierten sich über die Jahre und beschränkten sich
nicht auf die gemeinsame Teilnahme von Szeneveranstaltungen.
Insbesondere die Produktion von Musik geriet mehr und mehr in den
Mittelpunkt. Durch grenzübergreifende Zusammenarbeit sollten behördliche
Ermittlungen erschwert und Kapazitäten geteilt werden. Insbesondere der
2001 verstorbene Schilf war an diversen Produktionen beteiligt, u.a. an
Werken der Neonazi-Kultband “Landser”.
Doch auch nach dem Verbot in Deutschland im Jahr 2000 spannen sich zahlreiche neonazistische Netze um B&H bzw. wurden die Aktivitäten nur mäßig kaschiert weiter geführt. Eine zentrale Figur der Vernetzung ist dabei Lars Bergeest. Der ursprünglich aus Cismar im Kreis Ostholstein stammende Bergeest wohnte zwischenzeitlich in Dänemark in einer Wohngemeinschaft mit Flemming Muff Christiansen, Führungsfigur von B&H in Dänemark und Betreiber des Labels “Celtic Moon”. Zusammen mit Stephan Günther organisierte Christiansen Produktion und Vertrieb der B&H-Band “Kommando Freisler”, insbesondere die CD “Geheime Reichssache”. Der maßgeblich von Thorsten Heise, einer der B&H-Führungsfiguren in Deutschland, geplante Vertrieb von illegaler Neonazi-Musik bezog neben Neonazis aus Skandinavien und Australien auch den alten Freundeskreis von Lars Bergeest mit ein. So wurde der ebenfalls aus Ostholstein stammende Alexander Hardt dafür gerichtlich verurteilt, das Booklet von “Geheime Reichssache” mit einem Hakenkreuz versehen zu haben. Der inzwischen in Neumünster lebende Alexander Hardt hatte, scheinbar im Gegenzug, Bergeest zeitweilig in seinen Einbruchswerkzeug-Versand “PLS-Werkzeuge” eingebunden. Der Status von Bergeest spiegelt sich auch in seinen Auftritten im Jahr 2007 wider: den Neonaziaufmarsch in Salem (Schweden), einer der wichtigsten jährlichen Termine im Kalender der neonazistischen Rechten Skandinaviens, durfte er anführen und bei der B&H-nahen Veranstaltung zum Gedenken an den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess in Kolding (Dänemark) gab er den Tonangeber der Reisegruppe aus Deutschland. Diese bestand neben ihm u.a. aus Daniel Tamm, Mitglied der Band “Words of Anger” um Marco Eckert, deren Mitglieder dem ostholsteiner Freundeskreis von Bergeest entstammen. Nach dem Tod von Marcel Schilf spielte die Deutsche Neonazi-Band “Oidoxie” ein Konzert zu Ehren des B&H-Dänemark Anführers. An dieser Band sind inzwischen auch Teile von “Words of Anger” beteiligt. Neben den Kontakten zu B&H pflegt Bergeest Verbindungen zu der “Dansk Front”, mit deren Kadern er diverse neonazistische Veranstaltungen besuchte und für die er Schutzaufgaben übernahm. So besuchte er 2010 mit dem “Dansk Front”-Aktivisten Morten Borup den “Trauermarsch” in Lübeck.
Wie in vielen Gegenden Deutschlands verlagerten sich in Schleswig-Holstein Seilschaften aus dem B&H-Umfeld nach dem Verbot in Richtung Rockergruppierungen. Insbesondere die “Bandidos” zogen mit Alexander Hardt und Björn Schmidtke B&H-Akteure oder mit dem ehemaligen NPD-Landesvorsitzenden Peter Borchert einen Waffenhändler der militanten Neonazis in ihre Strukturen. Als das “Bandidos Probationary Chapter Neumünster” 2010 aufgrund der Verstrickungen in der organisierten Kriminalität verboten wurde, reagierten die Rocker wie schon zuvor das B&H-Netzwerk: sie verlagerten ihre Aktivitäten offiziell über die Grenze ins dänische Padborg. Aus dem Umfeld der Neumünsteraner Neonazi- und Rockerstrukturen ist insbesondere Tim Bartling, Betreiber der neonazistischen Kampfsportschule “Athletik Klub Ultra”, öfter in Dänemark anzutreffen.
Neben den Rocker- und B&H-Netzwerken pflegt auch die regionale Kameradschaftsszene grenzübergreifende Kontakte. So fiel beispielsweise Niels Kristensen aus Rødekro (Süddänemark) schon mehrfach im Zusammenhang mit deutschen Neonazis auf. Während er 2007 bei dem maßgeblich von deutschen Neonazis mitgestalteten Hess-Aufmarsch in Kolding festgenommen wurde, nachdem er eine Passantin geschlagen hatte, beteiligte er sich 2011 bei dem Angriff von Neonazis auf die Kundgebung zum 1. Mai des DGB in Husum. Nach dem Angriff floh er zusammen mit Alexander Kuhr in dessen Auto. Der aus Heide stammende Kuhr pflegte insbesondere zu Hochzeiten der “Autonomen Nationalisten” in Schleswig-Holstein Kontakte zu der “AG Neumünster” um Nico Seifert und Alexander Hardt und der “AG Kiel” um Peter Borchert, Daniel Zöllner und Peter von der Born.
Ein spezielles Kapitel grenzübergreifender Beziehungen im Rahmen des B&H-Netzwerks stellt der Besuch des “NSU” auf dem Hess-Aufmarsch zusammen mit der deutschen Reisegruppe um die ostholsteiner Neonazis Lars Bergeest und Alexander Hardt in Kolding 2005 dar. Die Strukturen des “NSU” nutzten Schleswig-Holstein vielfach als Rückzugsraum. So steht auf der Kontaktliste des “NSU”, die Uwe Mundlos vor dem Untertauchen in der Bombenwerkstatt deponierte, eine Adresse in Quickborn. Der “NSU” hielt sich öfter dort auf. Bekannt wurden auch diverse Aufenthalte auf Campingplätzen beispielsweise in Ascheberg, Behrensdorf oder nahe Flensburg. Ein lokaler Schwerpunkt des “NSU” befand sich insbesondere im nördlichen Ostholstein, namentlich ihrem Lieblingscampingplatz “Wulfener Hals” auf Fehmarn, im Eselpark des Neonazis Eckhart August in Nessendorf oder in Grömitz und Neustadt i.H.. Außerdem nahmen sie an Treffen und Szeneveranstaltungen in Neumünster teil und hatten Anschlagspläne für Kiel. Auch gibt es Aussagen, dass der “NSU” in Kiel Waffen gekauft hätte. Diese lokalen Häufungen sind deshalb so pikant, da eben das nördliche Ostholstein, Neumünster und Kiel ein Schwerpunkt der lokalen B&H- und “Combat18″-Zusammenhänge bildet. Die Verstrickungen der ostholsteiner Neonazi-Szene um Lars Bergeest, Alexander Hardt und Marco Eckert haben wir jüngst in einem Artikel beschrieben. Inzwischen lebt Alexander Hardt in Neumünster, wo er Kontakte zu anderen militanten Neonazis und Rockergruppierungen um den “Club88″ pflegt, in dessen Umfeld sich auch zahlreiche andere Personen mit Nähe zu B&H und “Combat18″ bewegen oder bewegt haben, so Björn Schmitdke, Peter Borchert oder der ehemalige Anführer von “Combat18 Pinneberg”, Klemens Otto. Der zur Zeit noch inhaftierte Peter Borchert, eine zentrale Figur militanter neonazistischer Bestrebungen in Schleswig-Holstein, wohnte lange in Kiel und zuletzt auch in Neumünster.
Die Nähe vom “NSU” zu B&H ist augenscheinlich und wird selbst von
den Behörden mittlerweile anerkannt. Unterstützer_innen wie Andre
Eminger (zur Zeit in München angeklagt im Rahmen des NSU-Prozesses),
dessen Bruder Maik Eminger (wie auch der “NSU” 2005 auf einem Aufmarsch
in Salem, Schweden), Jan Werner oder Thomas Starke sind für ihre Nähe
zum B&H-Netzwerk bekannt. Auch liegen dem BKA Angaben des
Verfassungsschutzes Thüringen vor, in dem der oben erwähnte Thorsten
Heise mit der V-Person und “NSU”-Geburtshelfer Tino Brandt über mögliche
Fluchthilfe gesprochen habe.
Der maßgeblich von deutschen Neonazis zum Zweck der Umgehung der Verbote
der Hess-Aufmärsche in Deutschland organisierte Aufmarsch in Kolding
2005 rückt so auch die ostholsteiner B&H-Strukturen näher an den
“NSU”. Schließlich waren diese, wie auch 2007, maßgeblich an der
Organisation beteiligt. Die kleinen Aufmärsche mit ca. 80 Personen am
Rande von Kolding wirkten fast wie ein Familientreffen militanter
Neonazi-Strukturen. Alexander Hardt und Lars Bergeest kam sogar die
“Ehre” zu teil das Fronttransparent zu tragen. Mit dem theoretischen
Überbau des “NSU”, dem “Führerlosen Widerstand” von “Combat18″, ist
zumindest Alexander Hardt bestens vertraut: er war angeklagt im Rahmen
von “Combat18″-Aktivitäten ein Mahnmal für die Opfer des
Nationalsozialismus in seiner früheren Heimatstadt Neustadt i.H.
geschändet zu haben. Zu seinem Prozess erschienen weitere Neonazis aus
dem Umfeld der lokalen B&H-Verbindungen, u.a. Lars Bergeest, Marco
Eckert (“Words of Anger”, “Sturmwehr”, “Oidoxie”, “Rassenhass”) und
Alexander Dietrich (“Rassenhass”).
Beziehungen der NPD nach Dänemark
Aktuell fällt vor allem der NPD Kreisverband Nordfriesland-Schleswig-Flensburg mit Verbindungen zu der “Danskernes Parti” auf. Die 2011 gegründete Dänische Neonazi-Partei um den Parteichef Daniel Carlsen strebt ihrerseits eine internationale Vernetzung an, bei der insbesondere die NPD und neonazistische Organisationen aus Schweden als Vorbild für die junge Partei dienen. Aus der NPD suchen insbesondere der Dänisch sprechende Kreisvorsitzende der NPD Nordfriesland Günther Lönne und Johannes Thomsen, Landesschulungsleiter der NPD Schleswig-Holstein und Mitglied des Kreisvorstands in Nordfriesland, den Kontakt zu der DP. So trat Johannes Thomsen auf dem Sommerfest der DP am 30.6.2012 als Redner auf. Um Thomsen und die Funktionär_innen der DP mit Daniel Carlsen, Morten Schjetne und Rune Lauritzen geriet das Sommerfest zu einem informellen Treffen von Neonazis aus Nordeuropa. Aus dem B&H-nahen aktionistischen Umfeld waren die oben schon erwähnten Morten Borup und Stephan Günther anwesend und von der “Svenskarnas Parti” (SVP) aus Schweden gab sich Dan Eriksson die Ehre. Als Liedermacher trat Viktor Sjölund auf, Mitglied der schwedischen Bands “Svensk Ungdom” und “Ferox”.
Bei der diesjährigen Neuauflage des DP-Sommerfests am 20.8.2013 in
Kopenhagen kam es erneut zu einem Neonazi-Treffen europäischer
Dimension, neben Günther Lönne von der NPD nahmen Stefan Jakobsson
(SVP), abermals Morten Borup und Adriy Illenko, Funktionär der
ultranationalistischen und antisemitischen Partei “Svoboda” aus der
Ukraine teil.
Im Gegenzug für die Beteiligung an den Veranstaltungen in Dänemark
besuchten am 25.8.2012 die DP-Funktionäre Morten Schjetne und Kenneth
Hellesøe das Sommerfest der NPD Nordfriesland.
Am 6.7.2013 beteiligten sich Johannes Thomsen und Günther Lönne an einem “Heldengedenken” in Fredericia, Dänemark. Mit DP-Parteifunktionär_innen um Daniel Carlsen
und Morten Schjetne legten sie einen Kranz nieder und erhielten eine
Fahne der DP als Gastgeschenk. Günther Lönne versuchte in diesem
Zusammenhang auch dem Prinzen des Dänischen Königshauses sein Leid über
vermeintlich unpatriotische Zustände in Deutschland zu klagen. In einer
Art Erklärung mit den Führungspersonen der DP vereinbarten die NPDler,
dass sich “Dänen und Schleswig-Holsteiner […] niemals mehr als Feind uns
gegenüberstehen”, vielmehr gegen den wirklichen “Feind”
zusammenarbeiten, der die “einzelnen Völker” zerstöre um “glückliche
Konsumsklaven zu züchten”. Neben der fragwürdigen Tragweite und
Verbindlichkeit dieser Vereinbarung in Anbetracht der aktuell
weitgehenden Bedeutungslosigkeit der nordfriesischen NPD, wird auch
bewusst unklar gelassen wer denn nun der umschriebene “Feind” sei. Der
Grund dürfte auf der Hand liegen: um NPD-Funktionär_innen eine weitere
Anklage wegen Volksverhetzung zu ersparen bleiben Jüdinnen und Juden
unerwähnt, aber ihrer antisemitisch geneigten Stammklientel dürfte die
Anspielung deutlich genug sein.
Eine Einordnung der deutsch-dänischen Beziehungen
Die Neonazi-Szene scheint auch jenseits von persönlichen Beziehungen von
der internationalen Vernetzung zu profitieren. Zunächst birgt die
internationale Beziehungspflege Organisations- und
Mobilisierungspotentiale, die insbesondere die schwachen rechten
Strukturen in Schleswig-Holstein nur zu gern abschöpfen. Besonders
exemplarisch wird dies deutlich an dem fast schon staatstragenden
Gehabe, dass der NPD-Kreisvorsitzende Günther Lönne in Dänemark an den
Tag legt, wo doch sein Kreisverband, wie viele andere auch, zuhause kaum
in der Lage ist die rudimentären Parteiaufgaben zu erledigen. Umgekehrt
blicken dänische Neonazis über die Grenze nach Deutschland und bedienen
sich programmatisch und organisatorisch bei dem reicheren
Erfahrungsschatz der deutschen Strukturen. So ist das Programm der DP an
das der NPD angelehnt.
Ein weiterer Aspekt bestimmt insbesondere die Vernetzung im Umfeld von
B&H und Rechtsterrorismus. Das dänische Rechtssystem stellt viele in
Deutschland strafbare Handlungen, wie das Zeigen von Hakenkreuzfahnen,
nicht unter Strafe. In Kombination mit der geographischen Nähe ergibt
sich so ein vermeintlich idealer Rückzugsort, in dem sich Ermittlungen
unterlaufen lassen. Das dies oftmals ein Trugschluss ist, bewiesen die
Verurteilungen nach den BKA-Ermittlungen zum “Kommando Freisler”-Komplex
um Thorsten Heise, Stephan Günther, Flemming Muff Christiansen und
Alexander Hardt.
Zuletzt steht bei der Vernetzung zwischen nordeuropäischen Neonazis
wieder einmal völkisches Gedankengut Pate. Nicht umsonst schreibt die
NPD Nordfriesland sie werde auch in Zukunft den Kontakt zu den
“Nordischen Ländern” suchen. Immer wieder besuchen deutsche Neonazis
Fundstätten aus der Wikinger-Zeit und geben sich mythologischen
Vorstellungen hin. Diese Affinität für Kult und Mythologie aus
Nordeuropa spielt insbesondere in Teilen der Kameradschafts- und
Rechtsrockszene eine große Rolle.
In Dänemark wird dieser Fakt wie üblich kleingeredet
Die Dänische NAZItruppe um Daniel Carlsen (Danskernes Parti) erhielt bei den gestern abgehaltenen Kommunal- und Regionalwahlen in Dänemark knapp 7000 Stimmen, dazu kommen noch die Stimmen anderer rechtsextremer Kleingruppen....In Dänemark wird dieser Fakt wie üblich kleingeredet und als "Niederlage" deklariert. In Wirklichkeit ist "Danskernes Parti" aus der DNSB hervorgegangen, die vor ein paar Jahren nur 800 Kreuze sammelte. Danskernes Parti baut ihrer eigenen Grundsätze auf "Führerprinzip" und will die "Ausweisung" aller Menschen "nichtwestlichen" Blutes !
Neben des Erfolges der rechtsradikalen und rassistischen Dänischen Volkspartei, welche bei diesen Wahlen sich auch in den Kommunen etablierte und damit DK's drittstärkste Partei wurde, ist des Entwicklung des RealNazismus in DK alarmierend !
http://ekstrabladet.dk/nyheder/politik/danskpolitik/article2153653.ece