[B] Bei Verdacht auf THC endet die Rechtsstaatlichkeit

Als P. für ein linkes, nicht kommerzielles Werkstattprojekt Transporte erledigte, geriet er in eine Verkehrskontrolle. Beim Gericht wurde unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ein Beschluss für eine Blutprobe erlangt. Zwei Untersuchungen der selben Blutprobe auf THC ergaben unterschiedliche Ergebnisse: Einmal positiv, einmal negativ.


Jetzt geht es vor Gericht um ein hohes Bußgeld und eine Menge Undurchschaubarkeiten im Vorgehen des Gerichts und der Polizei. Richter Muhmood ist dennoch nicht gewillt, das Verfahren einzustellen.
Für die Unterstützer*innengruppe stellt sich die Frage, ob P. bei dieser „Gelegenheit“ nicht aufgrund seines politischen Aktivismus hartnäckiger verfolgt wird...
Zur Fortsetzung der Verhandlung wünscht sich P. Unterstützung:
Montag 16.9.2013, 12:30 Uhr im Amtsgericht Tiergarten (Kirchstraße 6), Raum 2108.

 

Vor über einem Jahr geriet P. in eine Verkehrskontrolle. Er hatte sich an diesem Tag einen Lieferwagen gemietet und transportierte für ein linkes, nicht kommerzielles Werkstattprojekt den ganzen Tag Dinge von A nach B. Da er nach der ganzen Schlepperei etwas müde wirkte, kam bei der Polizei gleich ein schwerwiegender Verdacht auf: Dieser „Fahrzeugführer“ könnte unter Drogen stehen.
Den freiwilligen Pipi-Test lehnte P. ab, denn dieser ist für seine Unzuverlässigkeit bekannt, vor Gericht prinzipiell nicht verwendbar und schon daher abzulehnen. Im Übrigen ist der Test freiwillig – und Kooperation mit der Polizei liegt nicht in P.s Natur.

Da P. aber wegen der gleichen Thematik vor etlichen Jahren schon einmal Probleme hatte, ließ die Polizei natürlich nicht locker. Telefonisch wurde ein richterlicher Beschluss erwirkt, der eine erzwungene Blutentnahme ermöglichte.

Bei der Analyse vom LKA wurde in der Blutprobe die homöopathische Menge von 1,1 Nanogramm/ml aktives THC festgestellt – 1,0 Nanogramm sind der „erlaubte Grenzwert“, der neueren Gutachten und wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge jedoch weit ab jeder bewusstseinsbeeinflussenden Wirkung liegt.
Daraufhin setzte sich die Bürokratie- Maschine in Gang. P. erhielt einen Bußgeldbescheid und es startete ein "Führerscheinentziehungsverfahren".
Dagegen wehrt sich P. jetzt.
Er holte sich anwaltliche Hilfe und es wurden Widersprüche eingelegt.
Alles was bei jener Verkehrskontrolle gelaufen war, wurde überprüft.

Das 2. Gutachten
Da bei einer Blutprobe immer zwei Probenröhrchen mit Blut gefüllt werden, um eventuell eine Gegenprobe machen zu können, wurde beantragt, den Inhalt des zweiten Röhrchens auch untersuchen zu lassen. Diese Untersuchung wurde beim Toxikologischen Institut der Charité vorgenommen, welches, wie das LKA- eigene Institut ebenfalls für diese Analyse speziell zertifiziert ist.
Die Auswertung ergab, dass sich zwar die exakt gleiche, geringe Konzentration Abbauprodukte von THC in der Blutprobe befand, aber – anders als bei der Auswertung des LKA- Labors – kein aktives THC.

Im Gutachten der Charité steht: „In der Serumprobe ließ sich der Hauptmetabolit des Tetrahydrocannabinols THC- COOH nachweisen. Es handelt sich um ein nicht wirksames Abbauprodukt der psychoaktiven Komponenten. Die belegt einen Cannabiskonsum innerhalb der Tage vor der Probennahme. Eine akute Beeinflussung durch Cannabinoide konnte von hiesiger Seite nicht nachgewiesen werden. Es ist anzumerken, dass die bei der Untersuchung vom 30. 07. 2012 gemessene THC- Konzentration bereits relativ gering war. Unter Berücksichtigung der relativ langen Lagerzeit der Probe bis zur Nachuntersuchung sowie der methodenbedingten Messunsicherheit, kann erklärt werden, dass der THC- Befund nicht bestätigt werden konnte.“

Unvoreingenommenheit?
Normalerweise hätte das Verfahren an diesem Punkt enden müssen. Wenn die B- Probe bei einer Doping- Untersuchung negativ ist, geht für jede*n Sportler*in die Karriere einfach weiter und das Ergebnis der A- Probe ist damit aus der Welt geschaffen.
Hier läuft es jedoch anders – Das Verfahren wird von Richter Muhmood weiter vorangetrieben.So fand am Montag, den 2.9.2013 eine erste, über 3- stündige Verhandlung bezüglich des Widerspruchs gegen das Bußgeld statt.

Ein Kontrollbulle als Zeuge
Der als Zeuge geladene Kontrollbulle Oldenburg konnte sich nicht an P. erinnern, wirkte so, als wüsste er nicht genau, warum er eigentlich anwesend sein sollte, gab aber an, dass er damals eine Anordnung für eine Blutprobe von einem Richter eingeholt hätte, indem er diesen direkt anrief. Das ist völlig unüblich, was auch den Richter Muhmood für einen kleinen Moment lang stutzig machte, denn normalerweise läuft der Kontakt zum Bereitschaftsrichter über den Lagedienst der Polizei.
Im Bericht des Bereitschaftsrichters findet sich eine Notiz, die P. unterstellt, dass er acht Wochen zuvor schon einmal mit Drogen im Straßenverkehr aufgegriffen worden sei, was nachweislich nicht wahr ist. Wie es zu dieser Notiz kam, konnte nicht geklärt werden. Natürlich konnte sich der Herr Oldenburg auch an diese Angabe nicht erinnern. Es gibt insofern erhebliche Differenzen zwischen den Aussagen des Kontrollbullen und dem vom Bereitschaftsrichter angefertigten Bericht, wenn nicht gar erwogen werden kann, ob Fakten aus verschiedenen Anzeigen, die bei jener Verkehrskontrolle gefertigt wurden, vertauscht worden sind. Fehler passieren einfach, wenn sie jedoch offensichtlich sind und deren Auswirkungen vor Gericht gegen Personen verwendet werden, sind sie in jedem Fall aufzuzeigen.Auf dieser nicht vorhandenen Grundlage hat allerdings damals die Polizei der Notwendigkeit einer Blutentnahme möglicherweise den nötigen Nachdruck verliehen. Der Bereitschaftsrichter stimmte dem mutmaßlicherweise erst infolgedessen zu. Mindestens ist zu hinterfragen, ob unter diesen Umständen die auf nicht rechtmäßiger Grundlage zustande gekommene Blutprobe überhaupt vor Gericht verwertbar ist. Der entsprechende Antrag von P.s Anwalt wurde natürlich sofort abgelehnt. Die dreisten Vorgehensweisen der Polizei spielen wohl für den Richter Muhmood keine Rolle – Anscheinend müssen sich besonders in so einem Fall der Rechtsstaat und seine Institutionen nicht an ihre eigenen Spielregeln halten.

Der sachverständige Vertraute
Am ersten Verhandlungstag wurde als Sachverständiger Dr. Benno Rießelmann geladen, seines Zeichens jahrelang Leiter des toxikologischen Instituts beim LKA, mittlerweile pensioniert. Wenig verwunderlich war es demnach, dass er mit seiner Expertise untermauerte, dass das Gutachten seines ehemaligen Arbeitgebers natürlich völlig korrekt sei. Alle Zweifel suchte er mit teilweise fragwürdigen Feststellungen auszuräumen, so auch sehr ausführlich begründend die Wahrscheinlichkeit, dass zertifizierten Laboren Messungenauigkeiten oder gar Fehler passieren könnten, denn sonst wären sie ja nicht zertifiziert. Auffallend ist, dass beide Labore – das vom LKA und das der Charité – zertifiziert sind, allerdings bei ein und derselben Blutprobe zu sehr unterschiedlichen Messergebnissen kommen.

Der Gutachter sagte aus, es sei in seiner Laufbahn schon vorgekommen, dass Plastikröhrchenwände bei längerer Lagerung das THC der in ihnen befindlichen Probe absorbiert hätten. Ob diese Art von Probenbehältnisse heute noch verwendet werden, blieb unklar.
Wohl bedarf es auch keiner zweifelsfreien Klärung, welche Art Probenröhrchen hier konkret verwendet wurden (Hersteller/ Chargennummer), keines Vergleiches mit erwähnten dysfunktionalen Röhrchen – Schlussendlich ist es anscheinend irrelevant, ob hier ein solcher Sachverhalt überhaupt bestand, solange es der ehemalige Leiter des toxikologischen Instituts des LKA ist, der ihn beiläufig als Anekdote aus seiner Laufbahn erwähnt. Zwinkern und vertraute Gesten mit dem Richter machten sehr deutlich, auf welcher Seite dieser Gutachter stand.

Auch sagte Herr Rießelmann aus, dass das THC aus der Probe unter Umständen zerfallen sein könnte. P.s Anwalt legte mehrere wissenschaftliche Untersuchungen vor, unter anderem eine Studie, die zu dem Ergebnis kommt, dass THC mindestens fünf Monate lang stabil bleibt und erst dann der Zersetzungsprozess langsam beginnt. Allerdings nur, sofern die Blutprobe ordnungsgemäß gelagert wird – und von sachgemäßer Lagerung ist ja schließlich auszugehen, wenn das LKA eine solche Blutprobe für eventuelle Zweitauswertung bereithält.

Die vom Anwalt vorgelegte Studie wurde erst 2013 veröffentlicht und der bestellte Gutachter hatte keine Kenntnis von deren Inhalten, denn dass das Ergebnis schon veröffentlicht wurde, war ihm bisher unbekannt. Er zeigte Interesse an der Studie, hielt jedoch weiterhin an seinem bisherigen Erkenntnisstand fest. Sich nicht zu allem positionieren zu müssen, oder Dinge, die er nicht genau weiß, zumindest nicht zu bestätigen oder einfach mal auszulassen, scheint nicht in seinem Interesse zu liegen.

Voreingenommenheit
Da zwischen Blutentnahme und Zweituntersuchung etwas mehr als fünf Monate lagen, wurde auch das Heranziehen der Erkenntnisse dieser Studie vom Richter zurückgewiesen. Dafür, dass die 2. Probe viel später geprüft wurde und somit länger lagerte, ist P. in keiner Weise verantwortlich – die entsprechend zeitnahe Untersuchung hätte das Gericht bei derart knappen Messwerten auch längst früher veranlassen können. Dass die Probe überhaupt untersucht wurde, war nur mit Nachdruck von P.s Anwalt zu erreichen.Richter Muhmood allerdings berücksichtigt die Ergebnisses der Untersuchung der B- Probe nicht, muss die sachverhaltsimmanenten Gründe dafür noch nicht einmal angeben und erkennt lediglich die Analyse der ersten Probe für die einzig gültige an. Daraus lässt sich folgern, dass die Zweitanalyse überhaupt nur aus Gründen der Vollständigkeit und Absicherung des korrekten Verfahrensverlaufes mit einbezogen wurde, um Unvoreingenommenheit vorzutäuschen.
Zur Verabschiedung gratulierte Sachverständiger Rießelmann P.s Anwalt noch wohlwollend zu dessen guter Vorbereitung – eine solche hätte er selten erlebt – jedoch hilft dies P. an dieser Stelle keinen Schritt weiter.

Gleich zu Beginn des Prozesses beantragte P.s Anwalt zum wiederholten Male, als Pflichtverteidiger eingesetzt zu werden, da aufgrund der „Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint“ (§ 140 Abs. 2 StPO). Dies wurde ihm nicht gewährt, denn die Sach- und Rechtslage erschien dem Richter eindeutig und P. könne sich ja auch selbst verteidigen.
Wie ausgeführt, ist eine der relevanten Fragestellungen, ob die mit fragwürdigen Mitteln beschaffte Blutprobe überhaupt verwertbar ist. P. wäre als Laie gezwungen, sich allein mit dem Sachverständigen und den Argumenten, die Gutachten verschiedener Institute lieferten, auseinander zu setzen, sowie dabei nichts zu behaupten, was nicht auch gegen ihn verwendet werden könnte. Unter diesen Umständen wirkt die Ablehnung des „Unparteiischen“, P.s Anwalt als Pflichtverteidiger einzusetzen, unbegreiflich und nicht nachvollziehbar.
In diesem Fall hätte wegen der offensichtlichen Komplexität des Sachverhalts der von P. gewählte Verteidiger als Pflichtverteidiger anerkannt werden müssen.
Erstaunlicherweise gibt es in diesem Prozess – eben „nur“ einem Bußgeldverfahren – keinen Staatsanwalt, der als Ankläger auftritt. Der Richter agiert wie Richter und Ankläger in einer Person: Jegliche Einwände von P.s Anwalt werden rundheraus abgewiesen.

Im Zweifel gegen den Angeklagten!
Am Ende des ersten Verhandlungstages stellte sich heraus, dass die Klassenjustiz trotz vieler berechtigter Zweifel und Unklarheiten keinesfalls gewillt ist, das Verfahren einzustellen. P.s Anwalt ist überzeugt davon, dass andere Richter dies bei einer solchen Sachlage getan hätten.
Die Auswirkungen eines negativen Ausgangs des Prozesses für P. werden zudem völlig außer Acht gelassen: Wenn der Bußgeldbescheid rechtskräftig wird, sind die Grundlagen dafür geschaffen, das Führerscheinentziehungsverfahren voran zu treiben. P. ist auf Hartz IV angewiesen und der dauerhafte Verlust seines Führerscheines – und damit einer unabhängigen Transportmöglichkeit für Werkzeug und Material – würde P. die Ausübung seiner Selbstständigkeit sowie Unterstützung verschiedener Projekte erheblich erschweren. Zusätzlich zu dem Bußgeld wären natürlich auch die Kosten für die Labor- Untersuchungen, sowie die Anwalts- und Gerichtskosten erheblich.
Leider hatten P.s Anwalt aus dem Mehringhof und dieser Law- and Order- Richter schon unabhängig von P.s Prozess Differenzen, dies könnte die gereizte Stimmung zwischen den beiden Akteuren erklären.Für die Unterstützer*innengruppe stellt sich allerdings die Frage, ob P. bei dieser „Gelegenheit“ nicht aufgrund seines politischen Aktivismus unbarmherziger verfolgt wird...
Denn P.s Lieblingsgerichte sind eigentlich: Häuserkampf, gewalttätiger Verdrängung etwas entgegensetzen, Flyer verteilen, Redebeiträge halten, bei gewissen Veranstaltungen direkt seine Meinung äußern, verschiedene technische Infrastrukturen stellen und am Leben erhalten, Soli- Events organisieren, Freiräume ausbauen...

P. ist wütend und wir sind es mit ihm!
Er will seinen Führerschein nicht aus schikanösen und bürokratischen Gründen verlieren!
Der Eindruck von Rechtsstaatlichkeit und die formale Unabhängigkeit der Richter*innen wird hier einmal mehr ad absurdum geführt, denn welcher noch so gut informierte und motivierte Anwalt vermag schon gegen Staatsanwalt und Richter in einer Person etwas auszurichten?

Die Erfahrung mit Gerichten besagt, dass Richter*innen besonnener urteilen, wenn es ein großes öffentliches Interesse am Ausgang von Prozessen gibt.

Daher, unterstützt ihn bitte zahlreich zur Fortsetzung der Verhandlung:
 

 

Montag 16.9.2013
12:30 Uhr im Amtsgericht Tiergarten (Kirchstraße 6)
Raum 2108

 

Solidarität ist eine Waffe – schauen wir dem Richter gemeinsam auf die Finger!

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Are you in a good mood or are you Muhmood?!

...und Öffentlichkeit!

Alles andere dürfte bei so einem Arschloch als Richter wohl wenig helfen...

 

Gegen Repression - Gegen Prohibition - Gerichte sind zum Essen da!