Spontaner Protest anlässlich des rassistischen Mordes in Kaufbeuren

Kein Vergeben. Kein Vergessen.

Am Sonntag den 21.07.2013 versammelten sich um 17:00 Uhr ca. 20 Menschen, spontan und unangemeldet, auf dem Tänzelfestgelände um auf den rassistischen Mord am vergangenen Mittwochabend aufmerksam zu machen. Mit Megaphon, Flyern und einem Transparent mit der Aufschrift „Nicht einfach so weiter wenn Nazis morden. Kein vergeben. Kein Vergessen.“ forderten sie die Zuhörer_innen dazu auf aktiv gegen Nazis zu werden und ihnen jeglichen Handlungsraum zu entziehen.

 

Die Gruppe Antifaschist_innen hielt die erste Kundgebung direkt vor dem Bierzelt ab und zog dann mit antirassistischen Sprechchören über das Festgelände um dort inmitten der Vergnügungsanlagen eine weiter Kundgebung abzuhalten. Dabei verteilten sie ca. 400 Flyer an die Besucher_innen. An dem von der Stadt Kaufbeuren abgelegten Kranz wurden Kerzen angezündet und ein Schild mit der Aufschrift „This Show wont go on!“ hinterlassen. Anschließend begaben sich die Aktivist_innen in die Kaufbeurer Fußgängerzone um dort an mehreren weiteren Stellen Menschen über die Naziproblematik aufzuklären. Kontakt: nonaziskf@hushmail.com

 

Flyertext:

Mittwochabend, den 27.07.2013, gegen Mitternacht Auf dem Tänzelfest in Kaufbeuren spielt gerade noch die Blaskapelle „Harmonie Oberbeuren“. Das Tänzlefest schreibt von sich selber „Kaufbeurens fünfte Jahreszeit: Das Tänzelfest. Die vielen Besuche Kaiser Maximilians in seiner "viellieben Stadt" werden alljährlich am vorletzten Wochenende vor den Sommerferien für Kaufbeurens Kinder zum Anlass, die Geschichte ihrer Stadt vom ausgehenden Mittelalter bis zur Biedermeierzeit mit Begeisterung nachzuempfinden.“

 

Eine Gruppe von mindestens sieben Männern Alter von 22 bis 53 Jahren versuchen nun zum Ende des Fests, auf der kleinen Straße hinter dem Zelt drei Spätaussiedler zu provozieren. Ein 36-jähriger Thüringer und andere aus der Gruppe beleidigen die drei jungen Männer zuerst mit rassistischen Beschimpfungen, schließlich greifen sie sie auch körperlich an. Die Angegriffenen setzen sich gegen die rassistischen Schläger erfolgreich zur Wehr, mehrere Personen erleiden allerdings leichte Verletzungen.

 

Der zweite Angriff von rechts

 

Eine unbeteiligte Gruppe von fünf Personen, darunter auch ein 34-jähriger aus Kasachstan stammender Mann, folgt auf dem Tänzelfest aus bloßem Interesse den Security-Kräften, die sich zum Ort der Auseinandersetzung begeben. Die Thüringer Schläger provozieren nun am Festzelt-Biergarten auch die dazukommende, unbeteiligte Gruppe - und werden schließlich erneut gewalttätig: Der 36-Jährige Rassist schlägt ohne Ankündigung auf den zufällig anwesenden 34 Jährigen ein, der daraufhin bewusstlos zu Boden geht. Der Angegriffene muss vor Ort reanimiert werden, leider ohne Erfolg, der Mann verstirbt am Donnerstag Nachmittag. Einsatzkräfte der Polizei nehmen aufgrund einer Personenbeschreibung noch am Abend in unmittelbarer Tatortnähe den 36-jährigen Haupttäter und einen 22-Jährigen aus seiner Gruppe fest. Der 36 Jährige ist wegen "rechtsmotivierten Taten" polizeibekannt, wegen des dringenden Verdachts des Totschlags erlässt ein Richter Haftbefehl gegen ihn. Der 22 Jährige kommt wieder auf freien Fuß.

 

Rassismus, das Allgäu und der Mord

 

Nach dem Mord hat die Polizei in der Pressemitteilung zuerst den rassistischen Hintergrund der Angriffe und den rechten Hintergrund des verhafteten 36-Jährigen verschwiegen. Dies sei "ermittlungstaktischen Gründen" geschuldet, erklärt Jürgen Krautwald, der Sprecher der Kriminalpolizei Kaufbeuren, später gegenüber der Lokalzeitung "Augsburger Allgemeine". Es folgt eine Flut an rassistischen Kommentaren in diversen lokalen Online-Medien, in denen in rassistischer Täter-Opfer-Verdrehung "Ausländer" und "Russen" für den Tod eines Menschen auf dem Kinderfest verantwortlich gemacht werden. Nachdem die Polizei die Presseaussendungen am Freitag um die tatsächlichen Hintergründe der Tat ergänzt, gehen die Hetzbeiträge teilweise dennoch weiter.

 

"The show must go on"?

 

Die "Allgäuer Zeitung" zitiert den Tänzelfestvereins-Vorstand Horst Lauerwald: "Das wirft einen Schatten aufs Tänzelfest und wird auf das Kinderfest bezogen, obwohl es nichts damit zu tun hat – das geht mir an die Nieren." Das Fest, das noch bis zum 22. Juli andauert, wird am nächsten Tag ungehindert fortgesetzt. Dem Kaufbeurer Oberbürgermeister Stefan Bosse zufolge wird das "Tänzelfest-Boxen" abgesagt, das "Tänzelfest-Feuerwerk" soll aber stattfinden. User "Stefan" aus Kaufbeuren ist trotzdem nicht in Trauer um den Ermordeten oder in Sorge um die Bedrohung durch mordende Neonazis, sondern bangt um das schöne Feuerwerk. Auf der Webseite des "Tänzelfests" schreibt er ins Gästebuch: "Lieber Tänzelfestverein, bitte sagt das Feuerwerk NICHT ab! Der schreckliche Todesfall ist schlimm, aber deswegen das Feuerwerk absagen? (...) Es klingt blöd aber es stimmt 'THE SHOW MUST GO ON!'"

 

Dies war nicht der erste Mord durch einen Neonazi im Allgäu. Am 26.08.2008 erstach der damals 22 jährige Neonazi, Alexander B., Peter Siebert mit einem Bajonett nachdem er sich über seinen lauten Rechtsrock beschwert hat. Bis heute taucht Peter Siebert nicht in der offiziellen Statistik der Todesopfer rechter Gewalt auf.

 

Es liegt auch an Ihnen ob sich Nazis in Ihrer Nachbarschaft wohlfühlen können oder nicht. Nazis bekämpfen heißt immer auch ihnen klar zu machen, dass sie weder in ihrer Stammkneipe, im Bierzelt noch im direkten Kontakt mit Ihren Kindern erwünscht sind. Machen auch Sie ihnen klar, dass wir keine Nazis wollen und diese auch nicht dulden werden. Werden sie aktiv gegen rechte Aktivitäten in Kaufbeuren (und überall sonst)! Sprechen sie ihre Nachbarinnen und Nachbarn an, schließen sich zusammen und wehren Sie sich gegen Nazis! Keine Angst! Je mehr Leute sich quer stellen desto größer wird der Widerstand!

 

Kein Vergeben! Kein Vergessen! Nazistrukturen bekämpfen!

Es gibt kein ruhiges Hinterland

 

Kontakt: nonaziskf@hushmail.com

Pressemitteilung vom 21.07.2013

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Es hat die Formatierung übern Haufen geworfen :(

Damit das nicht wieder passiert, empfehlen wir das vorschreiben des Textes in einem einfachen Editor (gedit, mousepad, wordpad, etc)