Wie überlebe ich den Kollaps?

von-postzivilsiertem-Leben

Das erste, was du zum Überleben der Apokalypse wissen musst, ist Folgendes: du wirst sie nicht überleben. Du bist nichts Besonderes. Wenn alle sterben, dann stirbst auch du. Wenn nicht aufgrund der ökologischen Krise (ich persönlich erwarte eine unaufhaltsam beschleunigte Erderwärmung), dann aufgrund der zunehmenden Militarisierung unserer Gesellschaft.

Eine Sache kann ich nicht genug betonen: Es hilft nichts, wenn du wegrennst und dich irgendwo alleine – oder meinetwegen auch mit fünf Freund_innen – in einer kleinen, einsamen Hütte versteckst. (Außer du glaubst an Zombies.) Wenn du dich einfach zurückziehst und darauf wartest, dass alles besser wird, dann bist du ein Feigling, und zwar kein besonders kluger. Du kannst nicht einfach die ganze Arbeit für gesellschaftliche Veränderung anderen überlassen. Es ist genau diese Art von Feigheit, dieser Individualismus, der uns in die Situation gebracht hat, in der wir heute sind. Wenn du untätig dastehst und dabei zusiehst, wie eine faschistische Armee die Kontrolle übernimmt, dann wirst du am Ende sterben, egal wo du bist. Wenn du nicht versuchst, gemeinsam mit anderen eine Landwirtschaft auf der Basis von Permakultur aufzubauen, gibt es keine Überlebenschance. Und selbst wenn du es schaffst, dich mit zwei anderen Menschen eine Weile am Leben zu erhalten, wirst du dir wünschen, dass du es nicht getan hättest – und zwar spätestens, wenn deine Achillesferse reißt und du draufkommst, dass dein Freund kein Chirurg ist.

Ob es dir passt oder nicht, Menschen sind soziale Lebewesen. Unsere beste Hoffnung, um am Leben zu bleiben und uns weiterzuentwickeln, ist daher die Suche nach kollektiven Lösungen.

Natürlich birgt es auch Gefahren in sich, im Falle des Kollapses unter vielen Menschen zu sein. Hunger führt Menschen dazu, fürchterliche Dinge zu tun. Aber die Szenarien der meisten apokalyptischen Romane sind nicht realistisch: es wird nur zu einem Krieg "umherziehender Banden" kommen, wenn wir das zulassen. In der Zivilisation gibt es herrschende Klassen und uns wird gesagt, dass wir uns selbst nicht organisieren können. Aber das ist Quatsch. Soziale Organisationsformen stehen nicht im Gegensatz zu individuellen Willensäußerungen. Macht ist nichts, was nur gegen uns verwendet wird. Wir alle haben Macht, als Einzelne und vor allem als Gruppen. So gibt es keinen Grund als "umherziehende Bande" mit anderen Banden Krieg zu führen. Vielmehr können wir anderen Menschen Permakultur, Heilmethoden und post-zivilisatorische Organisationsformen beibringen.

Es gibt auch keinen Grund, warum wir nicht unmittelbar mit einem Leben anfangen sollten, das auf solchen Prinzipien aufbaut. Wir können uns mit unseren Nachbar_innen zusammenschließen, unsere Ressourcen teilen, Nahrung anbauen, eine aufregende Kultur entwickeln und uns gegen jene verteidigen, die uns all das wegnehmen wollen.

Und wer weiß? Vielleicht wird es zum Kollaps der industriellen Zivilisation kommen, bevor die Erderwärmung uns immer schneller in den Abgrund treibt. Vielleicht versiegen die Ölvorkommen, bevor die meisten Lebensformen der Erde ausgelöscht sind. Und vielleicht kommt es sogar so weit, dass Menschen einsehen, dass sie die Zivilisation zerstören müssen, um leben zu können. Was aber geschieht dann?

Zwei Dinge: Eine Rückkehr zur Wildheit und zur Gemeinschaft.

 

Rewilding


Rewilding bedeutet, dem Domestizierten seine Wildheit wiederzugeben. Ungeachtet aller Gesetze ist es heute am wichtigsten, den Asphalt aufzureißen und den Wäldern zu ihrer Rückkehr zu verhelfen. Ein paar Straßen mögen nützlich sein, aber für uns Post-Zivilisierte gibt es viel zu viel Raum, dem seine Wildheit geraubt wurde. Jede Straße, die durch einen Wald geschlagen wird, teilt diesen in zwei Hälften. Das lässt sich leicht erkennen, wenn wir auf einer solchen Straße anhalten und aus dem Auto steigen. Nur der Rand eines gesunden Waldes ist dicht bewachsen. Im Inneren gibt es erstaunlich viel Platz.

Die Natur wird sich in jedem Fall wieder zu ihrem Recht verhelfen. Aber es macht durchaus Sinn, diesen Prozess zu unterstützen. Desertifikation ist ein enormes und beunruhigendes Problem. Sie ist das Resultat menschlicher Tätigkeit und begann tausende Jahre vor der industriellen Revolution. Selbst wohl durchdachte Aufforstungsprogramme saugen die Erde oft im Eiltempo aus. Ökologische Studien zeigen immer deutlicher, dass es das Beste ist, die Wälder ihren eigenen Weg gehen zu lassen.

Ich bin nicht alleine der Meinung ist, dass nur eine intensive Aufforstung ein völliges Außer-Kontrolle-Geraten der klimatischen Verhältnisse verhindern kann. Das aber bedeutet, der Wildheit wieder eine Chance zu geben – für unser eigenes Glück. Anthropozentrische Ideen – also Ideen, die Menschen und ihre Bedürfnisse als absolute Priorität begreifen – gehören zum verheerenden Pfad der Zivilisation.

Die Überheblichkeit, mit der die Menschen der Natur begegnen, ist unglaublich. Sie hat unter anderem dazu geführt, dass wir Kohleunternehmen erlauben, buchstäblich ganze Gebirgsketten abzutragen (siehe etwa, was in den Appalachen passiert ist). Die Tatsache, dass wir uns gegen solche monströsen Akte nicht wehren, bestätigt nur, wie domestiziert und zahm wir geworden sind.

Genauso wie wir der Erde ihre Wildheit wiedergeben müssen, müssen wir die Wildheit uns selbst wiedergeben.

 

Gemeinschaft


Mit dem Kollaps wird der Großteil der gegenwärtigen gesellschaftlichen Infrastruktur verschwinden. Die Herrschenden werden alles tun, um an der Macht zu bleiben. Wenn wir uns und unsere Gemeinschaften jedoch selbst organisieren, machen wir Regierungen und Konzerne schlicht unnötig.

Menschen rücken in Krisenzeiten von Natur aus näher zusammen. (Ja, wir können uns ewig darüber streiten, was menschliche Natur ist und was nicht, aber das hier sind meine Texte!) Sobald große Probleme entstehen, verschwindet die menschliche Isolation. Eine Bushaltestelle kann als einfaches Beispiel dienen: normalerweise stehen alle da und warten auf den Bus, während niemand miteinander spricht; sobald der Bus jedoch zehn Minuten verspätet ist, sind alle befreundet.

Als im Jahr 2005 der Hurrikan Katrina weite Teile von New Orleans zerstörte, organisierten Menschen sich gemeinsam, um Nahrung zu besorgen. Als Regierungskräfte nach ein paar Tagen endlich auftauchten, waren sie hauptsächlich damit beschäftigt, Menschen zu erschießen. Die bürokratischen Hilfsorganisationen waren so aufgeblasen und ineffizient, dass einige Mitglieder der Nationalgarde bewiesen, dass sie trotz ihrer Uniform Menschlichkeit bewahrt hatten: sie ließen dem anarchistischen Hilfsprojekt Common Ground Relief heimlich Nahrung, Medizin usw. zukommen. Sie taten das deshalb, weil sie wussten, dass die Anarchist_innen imstande waren, die Hilfsmittel dorthin zu bringen, wo sie wirklich benötigt wurden.

Es wird immer behauptet, dass wir uns ohne Regierung gegenseitig umbringen würden. Zum grausamsten Verhalten von Menschen kommt es jedoch dann, wenn Regierungen Krisen verursachen, indem sie mit Gewalt Gesetz und Ordnung bzw. den zivilisierten Status Quo durchsetzen wollen. (Und lasst euch nicht von dem ewig bemühten Beispiel Somalias beeindrucken. Somalia mangelt es nicht an Regierungen, das Land ist voll von Warlords.)

Unsere Aufgabe ist keine andere, als menschlichen Basisgemeinden beim Wachsen zu helfen, genauso wie wir Wäldern dabei helfen, wieder die Parkplätze von Einkaufszentren einzunehmen. Wir müssen uns lokal organisieren, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen: Nahrung, Wasser, Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Kultur. Und wir müssen gegen die Reliquien der Zivilisation kämpfen, die versucht, ihre Macht zu verteidigen.

Die meisten Überlebenshandbücher konzentrieren sich auf Fähigkeiten, die wir zum individuellen Überleben brauchen: das Filtern von Wasser, das Aufbewahren von Nahrung, das Herstellen improvisierten Wohnraums. Das kann von Nutzen sein und es ist wert, solche Bücher in Reichweite zu haben. Dasselbe gilt für das, was manche "OSG" (für "Oh shit gear") nennen: Trinkwasseraufbereitungsanlagen, Dosennahrung, topographische Landkarten, Verbandskästen mit Antibiotika und rezeptpflichtigen Medikamenten, Brillen, Gasmasken, Luftfilter, wasserdichte Kleidung.

Projekte wie die Aftershock Action Alliance in New York bereiten Basisgruppen auf Naturkatastrophen vor. Sie arbeiten lokal, in Stadtvierteln, und organisieren entsprechende Workshops.

Nur gemeinsam können wir uns effektiv gegen Hunger, Krankheit und Warlords wehren. Das ist es, worauf wir uns konzentrieren müssen.

 

Text von Margaret Killjoy

Übersetzung vom AAP-Kollektiv

Gedruckt erschienen in der Broschüre "Von post-zivilisiertem Leben und Städten, die keine sind. Visionen einer anarchistischen zukunft", erhältlich via Black Mosquito

 

Text 1 der Broschüre: Eine Einführung in post-zivilisiertes Denken

Text 2 der Broschüre: Kooperatives Sammeln

Text 3 der Broschüre: Post-Zivilisiertes Leben

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So ein Käse.

 

Wir reißen alle Straßen auf, damit dort wieder Wald ist und wir dann alle in Hütten im Wald leben können und Heilkräuter fressen oder was?

 

So ein Schwachsinn.

Der Sozialismus/Kommunismus/Anarchokommunismus kann bzw. MUSS sich ja gerade die Errungenschaften der modernen Industriegesellschaft (hoher Grad an technischer Industrialisierung, hohe Produktivität), zu Nutze machen um ein gutes Leben für alle Menschen zu gewährleisten.

 

Wir werden NICHT in die Steinzeit zurückkehren.

Das erinnert mich doch grad an D.N. Adams. Anhalterfans werden sich erinnern. Damals in den glorreichen Zeiten des Imperiums, als kleine pelzige Wesen von Alpha Centauri noch kleine pelzige Wesen von Alpha Centauri waren und jede Idee für die es sich zu kämpfen und zu sterben lohnte noch originell war.

Jenau, wenn s wenigstens originell wär. Nur diese Zivilisationskritik und Zivilisationsflucht begann bereits um die Jahrhundertwende. Und ich meine die von 1900. Einzelne oder Gruppenaussteiger versuchten ein neues Leben abseits der Zivilisation. In den 20er Jahren hatte diese Ströhmung einen neuen Höhepunkt und gilt als Vorläufer der Alternativbewegung der 60er - 80ger. Wer sich die Mühe macht und etwas nachschaut, der findet da etliches an Vorläufern und auch wie diese Versuche endeten.

Siehe auch:

Der Papalagi

Lebensreform

So etwas lässt sich leicht fordern und als Gedankenspiel ausarbeiten, wenn man ein Dacht über dem Kopf hat, seine Tiefkühlpizza beim Aldi um die Ecke kaufen kann und ärztliche Maximalversorgung zur Verfügung hat.

 

Aber in dem Moment, in dem diese Sachen nicht mehr sind - freiwillig aufgegeben oder nicht - kann das menschliche Naturell, und dazu gehören ("Futter-")Neid und Mißgunst; zumindest jdf dann, wenn meine Karottenernte karg ausgefallen ist, werde ich meinen Nachbarn mit anderen Augen ansehen wenn mein Magen knurrt.

 

Das strukturieren in Gruppen gelingt auch nur dann, wenn die Gruppe in dieselbe Richtung arbeitet; das setzt voraus, dass alle entweder das Gleiche denken oder Minderheiten überstimmt werden. Und auch das führt zu Konflikten, weil es Entscheider geben muss.

 

Und ich möchte Sie bei dem Versuch erleben, die indigene Bevölerung in Zentralafrika eine solchen Lebensweise zu lehren;

70 Jahre Entwicklungshilfe, Beibringen von Ackerbau, Viezucht, Brunnenbau und Allgemeinbildung haben dort seither nicht wirklich gefruchet.

Die "Zivilisation" ist ja auch nicht von allen Völkern "erreicht" worden, und kann im Prinzip als Extremform der Entwicklung von Überlebensvorteilen gesehen werden.

Tier toeten -> Fell -> warm

Schafe scheren -> Wolle -> warm

Viehzucht -> ich muss nicht mehr jagen gehen -> Zeit fuer anderes

Ackerbau + Wassermühle -> Mehl -> Brot

Feuer + Wasser + Dampfmaschine -> Motoren usw.

Sich organisiriern klingt ja so erstmal richtig. Aber gehen wir mal von hungernden marodierenden Banden aus, die sich zweifellos auch organisiert haben.

Im Gegensatz zu Lebensmitteln verderben Waffen nicht so schnell. Man wird gezwungen sein müssen seine Vorräte eventuell mit der Waffe verteidigen zu müssen. Was nützt eine reiche Gemüseernte, wenn viele andere nicht auf deine hoffentlich vorhandenen Vorräte zugreifen können. Und man kann sozial eingestellt sein wie man will, man selber muß auch satt werden können, von dem was im Keller lagert. Ist man dann bereit zuschießen, wenn Hungernde  oder einfach raubende Banden ankommen werden und die werden kommen, wenn bekannt wird, daß du was zu essen hast!

Wer würde denn eher ausgeraubt werden, die friedliebende Ökokommune oder der Gartenbesitzer mit der Waffe in der Hand.

Übrigens die Polizei braucht wegen Einbruch dann auch keiner mehr rufen.

Ich selber habe nie eine Waffe benutzt und keine solche im Haus.

Aber auch die persönliche Bewaffnung wird eine Frage sein, die sich auch jeder in einem solchen Fall stellen muß, ob es einem paßt oder nicht.

Im Gegensatz zum Menschen, werden im Tierreich friedensstörende Artgenossen schlicht einfach ausgegrenzt, verbannt oder gar getötet. Der Mensch macht mit solchen Resozialisierungsprogramme, läuft irgendwelchen Führern hinterher und läßt die Nichtsozialierbaren trotzdem gewähren. Damit meine ich nicht den Staat, sondern die Menschen als Gemeinschaft.

Ein Wolf im Rudeln trägt alleine aus eignem Interesse dazu bei sich im Rudel loyal zu verhalten. Tut er das nicht, ist seine Existenz gefährdet. Peace!