Seit gestern wird am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe darüber verhandelt, ob die Enteignungen von Häusern und Grundbesitz durch den Bergbaubetreibenden (in diesem Falle das RWE) rechtsmäßig sind, oder nicht. Es geht um den Paragraphen 14 Grundgesetzbuch, der das Recht auf Eigentum festlegt. Gleicher Paragraph sagt aber, dass eine Enteignung zulässig ist, wenn sie dem Wohle der Allgemeinheit dient. Und das ist der Grund warum sich keine großen Hoffnungen gemacht werden sollten, dass die roten Roben aus Karlsruhe nun für uns den Tagebau stoppen (was nicht die Arbeit derjenigen die diese Klage führen degradieren soll. Im Gegenteil: Es ist wichtig auf allen Ebenen gegen den Tagebau zu kämpfen). Wenn gesellschaftliche Eliten, zu denen die Verfassungsrichter_innen ohne Zweifel gehören, entscheiden sollen was dem Wohle der Allgemeinheit dient, kommt in der Regel nur Scheiße raus.
Ein Grund sich diese Formulierung und auch diesen Paragraphen etwas genauer anzugucken: Eine Enteignung ist dann zulässig wenn sie der Allgemeinheit dient.
Allgemeinheit oder Gemeinheit?
Wer ist diese Allgemeinheit? Die Menschen die Enteignet werden scheinen es nicht zu sein. Ist es die Weltbevölkerung minus die Enteigneten? Vermutlich nicht, denn nur sehr wenige Menschen auf der Welt profitieren vom Braunkohleabbau (oder sonstigen Projekten für die Menschen enteignet werden), die meisten leiden eher darunter – mindestens durch die Auswirkungend des Klimawandels. Hier müssen wir also schon anfangen Grenzen zu ziehen: Wer gehört zur allgemeinen Allgemeinheit (also minus den Enteigneten) und wer nicht. Sind es alle deutschen Staatsbürger_innen minus die Enteigneten? Eher auch nicht, denn wie der Widerstand gegen den Braunkohleabbau zeigt (genauso wie gegen andere Großprojekte die Enteignungen mit sich ziehen), finden es längst nicht alle zu Staatsbürger_innen definierten Menschen gut. Im Gegenteil: In einer Umfrage sprechen sich über 80% für den Ausstieg aus der Braunkohle aus. Wer also soll diese Allgemeinheit sein, wo wir nur Interessenskonflikte sehen können?
Interessenskonflike statt Allgemeinheit
Wenn wir also feststellen, dass es kein gemeinsames Interesse einer (ebenfalls inexistenten) Allgemeinheit gibt, sondern unterschiedliche Interessen, dann fragen wir uns besser: woraus resultieren diese unterschiedlichen Interessen. Und bei dieser Frage kommen wir wieder auf den Paragraphen 14 Grundgesetzbuch zurück, der das Recht auf Eigentum sichert. Recht auf Eigentum klingt erstmal gut. Was mir gehört, gehört mir, und niemand macht mir meine Zahnbürste oder meinen Kuschelbären streitig. Es ist aber eine genauere Betrachtung notwendig um die Schattenseiten dieses Rechts auf Eigentum zu erkennen.
Privateigentum bedeutet nämlich, dass Dinge die Produkte eines gesellschaftlichen Flusses gesellschaftlicher Tätigkeiten sind, diesem gesellschaftlichen Fluss entzogen werden. Wenn wir nicht bei der eigenen Zahnbürste anfangen, sondern zum Beispiel beim Energieerzeuger RWE, wird das vielleicht verständlich. Zig-tausend Angestellte arbeiten täglich für das RWE, was bedeutet, dass die Produkte dieser Arbeit, gesellschaftlich erzeugte Arbeit sind. Dadurch dass es sich aber um ein kapitalistisches Unternehmen handelt, das die Produkte dieser gesellschaftlichen Arbeit für sich beansprucht, mit Artikel 14 Grundgesetzbuch, sind die Produkte der Arbeit dennoch dem gesellschaftlichen Prozess entzogen, was bedeutet, dass die Produzent_innen der Produkte diesen entfremdet sind, das heißt keine Kontrolle über diese haben. Es ist die Trennung des Tuns von dem Getanen. Nur durch das Entreißen der Produkte gesellschaftlichen Tuns vom gesellschaftlichen Fluss selber wird es möglich durch die Produktion Auswirkungen herbeizuführen die im Gegensatz zu den eigentlichen Interessen derjenigen stehen, die diese Arbeit selber durchführen. Nur so ist es möglich, dass ein_e Baggerführer_in ihr eigenes Haus abbaggert. Selber die Arbeit durchführt die entgegen seiner_ihrer eigenen Interessen steht.
Der Pararaph 14 Grundgesetzbuch ist notwendig für diese Trennung des Getanen vom Tun selber. Denn jedes Privateigentum braucht eine Instanz die es durchsetzt. Somit gesehen ist Paragraph 14 GG der wohl wichtigste Paragraph überhaupt in einem kapitalistischen Staat. Er ist nicht da um mir zu garantieren, dass niemand anderes meine Zahnbürste benutzt, sondern um zu garantieren, dass einige wenige von der geselölschaftlichen Arbeit vieler Profit schlagen können. Aus diesem Grunde sollte nicht allzuviel Hoffnung darein gesetzt werden, dass die Verfassungsrichter_innen in Karlsruhe ein Ende mit den Profiten des RWE auf Kosten vieler anderer machen wird.
Alles muss mensch selber machen!
Hambacher Forst, den 04.06.2013
ist ärgerlich was sich da ermächtigen will,
aber bitte die schlußsätze nochmal unaufgeregt lektorieren.