Fü: 2. Antifaschistische Aktionsreihe „Input“

Input Frühjahr 2013

Die Antifaschistische Linke Fürth (ALF) und die Jugendantifa Fürth (JAF) veranstalteten im Frühjahr 2013 gemeinsam die zweite antifaschistische Aktionsreihe „Input“. Die diesjährige Aktionsreihe stand im Zeichen des Gedenkens. Sie begann mit einer Veranstaltung zum Aufstieg der NSDAP in Franken, der das Gedenken an die beiden von den Nazis ermordeten Kommunisten aus jüdischem Elternhaus Ernst Goldmann und Rudolf Benario folgte. Im Anschluss an das Gedenken stellten Esther Bejarano und die Microphone Mafia ihr neues Album "la vita continua" im Kulturforum vor. Über eine symbolische Straßenumbenennung, bei welcher die Gustav-Schickedanz-Straße umbenannt wurde, bildete ein Vortrag der „Initiative Antirassismus Leipzig“ über Rechte Morde nach 1990 in der BRD - speziell in Leipzig - den Abschluss der Aktionsreihe. Eingerahmt war die Aktionsreihe wieder durch zwei historische Stadtrundgänge, bei welchen interessante Punkte des antifaschistischen Arbeiter_innenwiderstands in Fürth aufgezeigt werden konnten.

 

Der Aufstieg der NSDAP in Franken

Dr. Eckart Dietzfelbinger, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Dokumentationszentrums berichtete über den Aufstieg der NSDAP in Franken. Dabei ging er vor rund 30 Zuhöhrer_innen zunächst auf die strukturellen Gegebenheiten der Region Franken ein. Geprägt durch einen tief gewurzelten Nationalismus, einen schwachen Industrialisierungsgrad, der eine erhöhte Krisenanfälligkeit zur Folge hat, einen hohen Anteil mittelständischer Bevölkerung, die protestantische Prägung der Region und damit einhergehend ein spezifisch evangelisch geprägter Nationalpatriotismus und schließlich der bereits seit dem ersten Weltkrieg sehr ausgeprägte Antisemitismus, machten die Region Franken strukturell für den Aufstieg der NSDAP besonders prädestiniert. Auch einige wichtige Nationalsozialisten, wie Julius Streicher der Gauleiter der Region Nürnberg oder die weniger bekannten Hans Schemm und Wilhelm Stegmann haben ihren Teil dazu beigetragen, dass in Franken der Weg des Faschismus nach Berlin geebnet werden konnte. Durch die tatkräftige Unterstützung der lokalen Polizei und des Kapitals, die die Faschist_innen entweder deckten oder aktiv unterstützen, konnte so die besondere Rolle Frankens für die NSDAP verdeutlicht werden, was sich an den Wahlergebnissen der NSDAP bereits Anfang der 1920er Jahre zeigen lässt. Neben Nürnberg – der Stadt der sog. Reichsparteitage – war es auch Fürth, in denen der Faschismus Fuß fassen konnte. Die offizielle Darstellung der Stadt Fürth, wonach Fürth durch den hohen Anteil an Juden und Jüdinnen besonders liberal agierte, muss als eine spezifische Art des Geschichtsrevisionismus betrachtet werden. Darauf verweisen sowohl die Wahlergebnisse, die in Fürth sogar noch höher waren als in Nürnberg, als auch die massive Verfolgung von Kommunist_innen und Jüd_innen.Der Vortrag machte deutlich, dass Franken, bzw. Nordbayern in der Topographie des Natio-nalsozialismus eine spezifische Rolle einnahm. Die Region erwies sich für den Aufstieg der NSDAP auf dem Weg zur Macht in Deutschland von herausragender Bedeutung. 1928 lag der Reichstagswahlkreis 26 – Franken – mit seinem NS-Wahlergebnis an der ersten Stelle im sog. Deutschen Reich. Für die Faschist_innen galt Mittelfranken als Brücke der nationalsozialistischen Bewegung von Bayern in das sogenannte „Deutsche Reich“.

 

Gedenken an Rudolf Benario und Ernst Goldmann

Wie in jedem Jahr fand am 12. April das Gedenken an die Opfer faschistischer Gewalt in Fürth statt. Vor genau 80 Jahren wurden die beiden Kommunisten Ernst Goldmann und Rudolf Benario von den Nazis ermordet. Mit ihnen starben Arthur Khan aus Nürnberg und Erwin Kahn aus München. Die beiden Fürther Kommunisten aus jüdischem Elternhaus waren die ersten von 41.500 in Dachau ermordeten Häftlingen. Das Gedenken, welches bis vor kurzem von Seppl Schneider organisiert war, wurde in diesem Jahr vom Infoladen Benario gemeinsam mit dem Fürther Bündnis gegen Rechts initiiert. Dabei sollte nicht nur an Benariound Goldmann erinnert werden, sondern an alle durch Faschist_innen ermordeten Menschen. Das Gedenken fand an der Gedenktafel für Rudolf Benario, direkt bei den drei Birken, welche von Benario und Goldmann zusammen mit ihren VereinsgenosInnen zur Uferbefestigung gepflanzt wurden, beim alten Kanuverein am Rednitzufer, statt. Neben Reden des Oberbürgermeisters der Stadt Fürth, waren es vor allem die Beiträge des Infoladens Benario und des Fürther Bündnisses gegen Rechts, die auch auf die heutige Gefahr vor neonazistischen Umtrieben aufmerksam machten. Neben den genannten Gruppen, sprach auch der Leiter der KZ-Dachau Gedenkstätte und die Nichte des Onkels von Ernst Goldmann. Obwohl, oder auch gerade weil einige Tage vor dem Gedenken die Gedenktafel von Neonazis entwendet wurde, der Gedenkort mit Neonaziparolen beschmiert und der antirassistische Infoladen Benario mit Farbe attackiert wurde, folgten dem Aufruf zum Gedenken etwa 250 Personen.

 

Konzert mit Esther Bejarano und der Microphone Mafia

Im Anschluss an das Gedenken fand im Kulturforum Fürth ein Konzert mit der Holocaust-Überlebenden Esther Bejarano und der Microphone Mafia statt, bei welchem sie ihr neues Album "la vita continua" (Das Leben geht weiter) vorstellten. Das Konzert wurde gemeinsam vom Fürther Bündnis gegen Rechts und dem Infoladen Benario veranstaltet. Im Vorfeld gab es eine Lesung, bei der Esther Bejarano aus ihrem Buch vorlas und über ihre Zeit im und die Flucht aus dem Konzentrationslager berichtete. Vor etwa 300 Besucher_innen fand im Anschluss das Konzert statt. Ihre Ausstrahlung und Energie lies die Zuhörer_Innen nicht nur verblüffen, sondern zwang neben dem Gänsehaut-Gefühl jeden Menschen dazu mitzutanzen. Das neue Album behandelte den alltäglichen Rassismus, die Vergangenheit, aber blickt auch sehr stark nach vorne.

 

Symbolische Straßenumbenennung

Am 17. April fand eine symbolische Straßenumbenennung der Jugendantifa Fürth (JAF) statt. Ausgewählt wurde hierfür die Gustav-Schickedanz Straße, welche vom Fürther Hauptbahnhof Richtung Königsstraße führt. Umbenannt wurde diese in „Straße des Widerstands gegen den Faschismus“. Schickedanz war keinesfalls - wie heute dargestellt - ein Wohltäter, sondern ein überzeugter Nationalsozialist. Er saß nicht nur 6 Jahre für die NSDAP im Fürther Stadtrat, sondern bereicherte sich am Elend der jüdischen Bevölkerung. Das Eigentum, welches den Jüd_innen weggenommen wurde, kaufte Schickedanz für Spottpreise auf, um so den Umsatz seiner Firma innerhalb eines Jahres zu verdoppeln. Er trug so einen nicht unwesentlichen Teil zur sog. „Arisierung“ in der Region bei. Dr. Rudolf Benario und Ernst Goldmann hingegen – Fürther Widerstandskämpfer - waren Kommunisten aus jüdischen Elternhäusern, welche sich mit anderen Fürther_innen den Nationalsozialist_innen entschlossen in den Weg stellten. Dies mussten sie am 12. April 1933 im KZ Dachau, nach qualvollen Misshandlungen, mit ihrem Leben bezahlen. Dass im Fürther Stadtbild immer wieder, im positiven Sinne, an Profiteur_in-nen des Nationalsozialismus und Nazis erinnert wird, während versucht wird, die Namen von Widerstandskämpfer_ innen aus dem kollektiven Gedächtnis zu verdrängen, ist nicht hinnehmbar. Die Straßenumbenennung soll einen ersten Schritt zu einer veränderten Gedenkkultur markieren.

 

Antifaschistische Stadtrundgänge

Bereits zum dritten, bzw. vierten Mal fand ein antifaschistischer Stadtrundgang durch Fürth statt. Der Stadtrundgang, welcher sowohl am 07. als auch am 14. April stattfand und von dem Fürther Historiker Siegfried Imholz geleitet wurde, beschäftigte sich erneut mit Fragen danach, was in der Zeit vor und während dem zweiten Weltkrieg in der Kleeblattstadt passierte, wie der antifaschistische Widerstand in Fürth aussah, wo die Zeugnisse dieser Zeitnoch heute im Stadtbild sichtbar sind und wie den Fürther Opfern gedacht wird. Vor allem der Widerstand von Kommunist_innen wurde dargestellt, aber auch die Morde des Naziregimes, sowie die Deportationen in die Konzentrations- und Vernichtungslager standen im Mittelpunkt. So zeigte sich, dass in Fürth zahlreiche Antifaschist_innen von den Nazis ermordet wurden. Deren Widerstand im Stadtbild nur ungenügend repräsentiert ist und die Täter_innen häufig nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. In Zusammenhang mit dem Stadtrundgang erschien eine überarbeitete Broschüre mit dem Titel „Arbeiter_innenwiderstand in Fürth“. Zudem wurden zehn Plakate erstellt, die an die Widerstandskämpfer_innen gegen den Faschismus erinnern und somit wieder in das offizielle Gedächtnis der Stadt gebracht werden sollen. Die Plakate können in Zukunft im Infoladen Benario eingesehen werden.An beiden Rundgängen nahmen jeweils rund 20 Personen teil.

 

Rechte Morde in der BRD und in Leipzig

Den Abschluss der Aktionsreihe bildete die Veranstaltung der „Initiative Antirassismus Leip-zig“ zu rechten Morden in der BRD nach 1990. Vor etwa 40 Zuhörer_innen berichteten die Referent_innen über die rechten Morde in Leipzig und der BRD und zeigten Kontinuitäten bei dem gesellschaftlichen Umgang mit diesen Morden auf. Besonders das Verhalten von staatlichen Behörden stand im Fokus des Vortrags. Dabei muss deutlich hervorgehoben werden, dass die offiziellen Zahlen von Opfern rechter Gewalt deutlich niedriger sind, als die Zahlen unabhängiger Beobachter_innen. Dies hat verschiedene Gründe: einerseits in den unterschiedlichen Definitionen, aber auch an der Intention staatlicher Behörden. Insgesamt zeigte der Vortrag, dass es vor allem auf antifaschistische Initiativen ankommt, um die tatsächlichen Zahlen von Morden rechter Gewalt gewährleisten zu können, auf staatliche Behörden kann hier kein Verlass sein.

 

Auch die zweite antifaschistische Aktionsreihe Input kann als ein voller Erfolg eingeschätzt werden. Die Veranstaltungen der Aktionsreihe waren durchweg gut besucht. Vor allem das Gedenken und das Konzert, welches im Mittelpunkt der Aktionsreihe stand, verdeutlicht, dass der Kampf gegen Faschismus und Rassismus auch heute noch einen wichtigen Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens darstellt. Mit den Informationsveranstaltungen wurde gezeigt, dass der Kampf gegen Faschismus auch immer ein Kampf gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem sein muss. Mit der symbolischen Straßenumbenennung wurde zudem versucht deutlich zu machen, dass ein Gedenken an Profiteur_innen des Faschismus nichts im Stadtbild zu suchen haben und stattdessen den Opfern faschistischer Gewalt gedacht werden sollte.
Nachdem sich die erste antifaschistische Aktionsreihe „Input“ hauptsächlich der Geschichte des Antifaschismus gewidmet hat, die zweite Aktionsreihe im Zeichen des Gedenkens stand, wird sich die kommende Aktions- und Veranstaltungsreihe vor allem heutigen Formen des Antifaschismus widmen und auf aktuelle Debatten eingehen. Dabei muss es das Ziel sein, Faschist_innen keinen Raum, keine Straßen und erst Recht keine Plätze in Stadträten zu überlassen. Wir werden aktiv und offensiv dafür kämpfen, dass es der neonazistischen Tarnorganisation des bayernweit agierenden Kameradschaftsdachverbands „Freie-Netz-Süd“, der sog. „Bürgerinitiative Soziales Fürth“ (BISF) nicht gelingen wird in den Fürther Stadtrat einzuziehen.
Beteiligt euch deshalb an der antikapitalistischen Vorabenddemonstration am 30. April, um 19.00 Uhr an der kleinen Freiheit Fürth, die in diesem Jahr die Themen Antifaschismus, Repression und Flüchtlingspolitik ins Zentrum stellt. Oder kommt vorbei in denantirassistischen Infoladen Benario, in der Nürnberger Str. 82. (Geöffnet jeden Mittwoch ab 19.00 Uhr und jeden Freitag ab 20.00 Uhr)


In diesem Sinne: Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Faschismus bekämpfen!

 

Antifaschistische Linke Fürth & Jugendantifa Fürth im April 2013

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Ähnliche Veranstaltungsreihen gibt es auch in anderen Städten. Hier eine Übersicht:

 

Hamburg: https://intros.blogsport.eu/

Berlin: https://input.blogsport.eu/

Tübingen / Esslingen / Mannheim / Heidelberg: https://input.blogsport.de/

Rastatt / Karlsruhe: https://inputrastatt.wordpress.com/

Düsseldorf: https://beta.linkes-zentrum.de/gruppen/input/