Eichenlaub, Normannen und der NSU

Normannen in Jena - Normannen in Heidelberg

Bereits im November 2011 wurden die guten Kontakte der rechten Szene in Nordbaden zu Nazi-Strukturen in Jena thematisiert. Personelle Verflechtungen der Thüringer Nazis mit AktivistInnen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, vor allem mit dem „Aktionsbüro Rhein-Neckar“ (FR: Rechter Terror – Spur führt an den Rhein) und der aufgelösten „Kameradschaft Karlsruhe“ (Immer mehr Spuren führen in den Südwesten), waren bereits mehrfach Thema in antifaschistischen Publikationen und haben es zum Teil bis in die bürgerlichen Medien geschafft.

Mittlerweile beschäftigen die Kontakte der Jenaer Nazi-Szene und des Umfelds des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) in die Regionen Ludwigsburg und Heilbronn (taz: NSU-Verbindungen nach Schwaben) die Behörden und Untersuchungsausschüsse.
Nun führt ein weiterer Link von Jena nach Nordbaden.


Hymne auf die Nazi-Terrorgruppe
Das Jenaer Nazi-LiedermacherInnen-Duo „Eichenlaub“ veröffentlichte in seinem Gründungsjahr 1999 das Debüt-Album „Jötunheim“, auf dem ein Lied dem untergetauchtne Nazi-Trio Bönhardt, Mundlos und Zschäpe gewidmet ist.
Auf dem „Eichenlaub“-Album „Jötunheim“ (nach der germanischen Sage das Gelobte Land von Odin) ist als 14. Track der Titel „5. Februar“ zu finden. Das Lied bezieht sich auf den Tag, der von „Eichenlaub“ rückblickend als Tag der Razzia vermutet wurde, an dem die Jenaer Nazis Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe in den Untergrund abtauchten. Tatsächlich fand diese Razzia jedoch bereits Ende Januar 1998 statt.
Über der Melodie des Dylan-Klassikers „Knockin’ on Heaven’s Door“ singt die Band vom „Unfassbaren“, das geschehen sei, als die Polizei das Trio festnehmen wollte, verbunden mit einer Kampfansage an die Demokratie: „Die Kameradschaft bleibt bestehn, sollten wir uns auch nicht wieder sehn. Der Kampf geht weiter nur voran.
„Eichenlaub“ gab im Jahr 2000 - also kurz vor dem Verbot von „Blood & Honour“ (B&H) in Deutschland - der deutschen „B&H“-Sektion ein Interview, in welchem sie bezüglich der drei abgetauchten Nazi-TerroristInnen aus Jena Folgendes äußerten:

„B&H: Das Lied „Warum“ ist einigen flüchtigen Kameraden von Euch gewidmet. Klärt uns bitte auf, was geschehen ist.

Eichenlaub: Ja das stimmt, es wurde von Erlwig geschrieben. Unmittelbar nachdem bekannt wurde, daß drei Kameraden von uns beim „Bombenbasteln“ aufgeflogen sind und noch vor einer Festnahme durch die Polizei fliehen konnten und immer noch auf der Flucht sind. (...) Trotzdem stehen wir zu dem was unsere drei Kameraden da getan haben. Wir, die sie wohl am besten kannten, können uns mittlerweile ganz gut vorstellen, warum sie diesen zweifelhaften Weg gegangen sind. Aber wir verurteilen sie deswegen nicht, eben weil wir sie auch irgendwie verstehen können. Aber allen, die nicht die genauen Hintergründe kennen, die dazu geführt haben, daß sie diesen Weg eingeschlagen haben, sollte es auf jedenfall unterlassen über die drei zu urteilen.(Fehler im Original)


Balladen aus dem „Thüringer Heimatschutz“
Der Sänger und Gitarrist von „Eichenlaub“, Christian Kapke (Bandpseudonym „Erlwig“) war nach eigenen Angaben Mitglied der „Wanderjugend Gibor“ und bis 2000 Vorsitzender des 1999 gegründeten Thüringer Verbandes der „Jungen Landsmannschaft Ostpreußen“ (seit 2006 „Junge Landsmannschaft Ostdeutschland“ - JLO). Zudem gehörte er zum Umfeld des „Thüringer Heimatschutzes“, war also zur selben Zeit in derselben Jenaer Kameradschaftsszene organisiert, der auch die Nazi-TerroristInnen des NSU bis Anfang 1998 angehört hatten.
Christian Kapke ist der Bruder des Nazis André Kapke, einer der Hauptaktivisten des „Thüringer Heimatschutzes“. Im Zuge der Ermittlungen zu den Morden des NSU geriet André Kapke als mutmaßlicher Unterstützer ins Visier der Behörden.


Normannen in Jena - Normannen in Heidelberg
Ebenso wie sein Bruder André ist Christian Kapke Mitglied der „Burschenschaft Normannia Jena“ (gegründet 1999), einer extrem rechten Abspaltung der „Burschenschaft Jenensia“.
Über den JLO-Aktivisten Christian Unkel, ebenfalls Mitglied der Jenaer Normannia, spannt sich der Bogen nach Heidelberg. Unkel unterhielt die Kontaktadresse des Landesverbands Baden-Württemberg der „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland“ in Heidelberg. Vorsitzender der JLO für die Sektion Südwest war zu dieser Zeit Christian Schaar, Mitglied der rechten „Burschenschaft Normannia Heidelberg“.

Christian Kapke gründete im Jahr 1999 zusammen mit Claudia Walter (Bandpseudonym „Jecha“) das rechte LiedermacherInnen-Duo namens „Eichenlaub“. Claudia Walter, jetzt Claudia Schaar, ist die Ehefrau des Burschenschafters Christian Schaar aus Nieder-Liebersbach nördlich von Heidelberg. Der Nazi Schaar, ebenfalls aktiv in der JLO, ist „Alter Herr“ der „Burschenschaft Normannia Heidelberg“ und vertritt dort unverblümt einen völkischen Nationalismus. Er unterhält gute Kontakte ins Lager militanter Neonazis in den Regionen Rhein-Neckar, Südhessen und Karlsruhe, so z.B. zu Kadern des „Aktionsbüro Rhein-Neckar“ und der „Kameradschaft Karlsruhe“.


Kurze musikalische Karriere in der Nazi-Szene
„Eichenlaub“ traten 1999 gemeinsam mit dem Sänger Stigger („Skrewedriver“) bei einem Konzert des „Blood & Honour“-Netzwerkes in Hildesheim auf. Bei der Veranstaltung, von der ein Videomitschnitt veröffentlicht wurde, ist der im November 2011 unter dem Verdacht der Unterstützung des NSU festgenommene Holger Gerlach als Ehrengast begrüßt worden.
Im Oktober 2000 nahm Eichenlaub am „Ersten Tanz- und Musikfest“ der nationalrevolutionären Zeitschrift „Wir selbst“ teil, das im Haus des 2008 vom Innenministerium verbotenen Nazi-Vereins „Collegium Humanum“ in Vlotho stattfand und zugleich das letzte Konzert der Band war. Die Gruppe ist mit zwei Titeln auf der zu dem Festival erschienenen Live-CD Liedg(l)ut vertreten.


Terror, Kameradschaften und Burschen
Wieder einmal wird deutlich, dass es sich beim rechten Rand in der Bundesrepublik um ein verflochtenes Gebilde handelt, in dem sich terroristische Strukturen, Neonazi-Kameradschaften, subkulturelle Gruppierungen wie „Blood & Honour“ und deren Nachfolge-Organisationen, rechte Studentenverbindungen bis hin zu rechts-konservativen Kreisen die Hand geben. Auch wenn solche Kontakte und Verbindungen oftmals auf einer persönlichen Ebene stattfinden, so wird doch schnell klar, wie wenig Berührungsängste beispielsweise das CDU-Mitglied in der Burschenschaft mit dem volkisch-nationalistischen Teil der Nazi-Szene hat, wenn es sich bei dem Vertreter dieser Strömung um einen „Bundesbruder“ handelt.

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Ist euch aufgefallen, dass in der Adressliste hinter "Patrick Wischke" (vermutlich Patrick Wieschke) aus Eisenach die Bemerkung "Dönerbomber" steht?

Von wann und von wem ist diese Adressliste?

Ja, es ist uns aufgefallen.

Hierzu ein Zitat aus dem Wiki-Eintrag zu Wieschke: "In der Nacht zum 10. August 2000 war Patrick Wieschke an einem Sprengstoffanschlag an der Eingangstür eines türkischen Imbisses in Eisenach als Anstifter beteiligt. Kurz nach der Detonation wurde er in der Nähe des Tatorts festgenommen. In seinem Rucksack befanden sich Handzettel der JN und Aufkleber zum Todestag von Rudolf Heß."

 

Die Liste ist von Anfang der 2000er Jahre.

Gibt es ein Bild von diesem Schaar?

Hier gibt's ein Bild.