Nach aktuellem Stand wird die Südtiroler Band „Frei.Wild” am 18. April in der Sparkassenarena Landshut ihre Musik zum Besten geben. Organisiert wird der Auftritt von der Messe GmbH, deren Vorsitzender Landshuts Oberbürgermeister Hans Rampf ist. Dass diesem Event ein Sturm der Entrüstung vorangehen würde, wie es in regionalen wie überregionalen Medien, sowie in sozialen Netzwerken und Blogs zu beobachten ist, hat dort scheinbar keiner befürchtet.
Auf Protest ist die Formation dieses Jahr aber auch bundesweit gestoßen.
So hat die Mast-Jägermeister SE, verantwortlich für den Kräuterlikör
„Jägermeister”, angedroht das Sponsoring für das Metal-Festival „With
Full Force” aufzukündigen, falls die Band dort spielen sollte.
„Festivalguide” und das „Visions”-Musikmagazin haben zudem ihre
Berichterstattung über das Festival eingestellt. Einen weiteren
Rückschlag erlitt die Band schließlich durch die Rücknahme der
Nominierung für den „Echo”-Preis seitens der Phono-Akademie, nachdem die
Pop-Bands MIA und Kraftklub sich ihrerseits von der Nominierung
distanzierten und die Veranstalter_Innen einen politischen Diskurs auf
dem Event fürchteten.
In Landshut erntete Frei.Wild bereits bei ihrem ersten Auftritt 2012
Kritik, weshalb erwirkt werden sollte, dass es keinesfalls zum Comeback
kommen werde. Dies ist nun offensichtlich nicht der Fall. Doch was macht
Frei.Wild kritikwürdig? Frontmann Philipp Burger war Sänger der
Rechtsrock-Band „Kaiserjäger”, die unter anderem durch Textpassagen wie
„Ich hasse diese ganze Gesellschaft, diese Neger und Yugos” (aus „Selber
Schuld”) glänzte. Nachdem die Formation nach einer Massenschlägerei
auseinanderbrach, gingen die bis heute aktiven Bands „Frei.Wild” und
„Unantastbar” daraus hervor. Beide Gruppen distanzieren sich von der
offen rechten Message ihrer Ursprünge und versuchen die Fangemeinschaft
um die ehemalige Deutschrockband „Böhse Onkelz” für sich zu gewinnen.
Dabei kokettiert Frei.Wild mit mindestens rechts-konservativen
Botschaften wie Katholizismus, Sexismus, leidenschaftlichen Patriotismus
sowie Zusammengehörigkeit von Blut und Boden. Gewürzt wir diese
rückwärtsgewandte Ideologie mit dem Auftreten als Macho-Schläger, welche
Positionen ihrer Urgroßväter als scheinbare Revolte gegen das
Establishment verkaufen und dabei durch angebliche Tabubrüche
provozieren wollen. So stellt die Band jegliche Kritik an ihrem Handeln
als Hetze der Medien gegen ihre vermeintlich offen gelegten Wahrheiten
und als Einschränkung der Meinungsfreiheit hin.
Textpassagen wie „Beleidigen Völker ganzer Nationen / Und ihr Trottel
wählt Sie wieder / Kreuze werden aus Schulen entfernt, aus Respekt / Vor
den andersgläubigen Kindern” (aus „Das Land der Vollidioten”),
„Südtirol, du bist noch nicht verlor‘n / In der Hölle sollen deine Feinde schmorr‘n” (aus „Südtirol”) oder aber
„Heimat heißt Volk, Tradition und Sprache / Für uns Minderheiten eine
Herzenssache” (aus „Wahre Werte”) sind für uns aber keine tabuisierten
Wahrheiten, die Band bedient hier schlichtweg weit verbreitete
Ressentiments.
Frei.Wild präsentiert sich und sein Publikum hingegen als
„Minderheiten”, welche ihre Meinung „doch wohl noch sagen dürften”. Von
politisch motivierten Schaffen distanzieren sie sich ständig; man wende
sich gegen jeden Extremismus und sei keiner Partei geneigt, ihre Sprache
sei schließlich viel zu „ehrlich”, um jemals politisch zu sein. Doch
klar ist: Frei.Wild macht rechtes Ideengut in der Pop-Musik salonfähig,
während die Band gleichzeitig von der Nazi-Szene gefeiert wird.
Umso erschreckender sind die Stellungnahmen der Messe GmbH in Landshut.
Zwar wurde im Juli 2012 im Zuge des Jugendhilfeausschusses noch mit 11:0
Stimmen beschlossen, in Zukunft einen sehr sensiblen Umgang bei Bands
mit „extremistischen, radikal politischen oder gesellschaftlich
fragwürdige Haltungen” in städtischen Räumen zu pflegen – was übrigens
auch zahlreichen linken und progressiven Veranstalter_Innen eine
Lokalität vorenthält – der Auftritt von Frei.Wild soll aber unter allen
Umständen stattfinden. Laut Robert Neuhauser, Mitglied der
verantwortlichen Ausschussgemeinschaft, geht es nämlich vor allem darum,
„dass die Sparkassen-Arena Einnahmen erzielt“. Komisch, dass Rampf als
Vorstand versichert: „Ökonomische Gesichtspunkte spielen dabei eine
völlig untergeordnete Rolle.” Hat mensch die Grauzonen-Rocker also aus
Sympathie eingeladen oder die Gelegenheit einer vollen Halle durch den
Auftritt einer Band mit nationalen Inhalten dankend angenommen? Nach
SPD-Fraktionschef Klaus Pauli wurde die GmbH nicht zuletzt auch deshalb
gegründet, „um selbst entscheiden zu können, wem man eine Bühne bieten
wolle und wem nicht.” Somit handeln die Betreiber der Sparkassen-Arena
wohl aus Überzeugung. Deutlich wird dies vor allem in den Aussagen
Neuhauers, der als Mitglied der reaktionären Bayernpartei schwärmt: In
Südtirol dächten die Menschen eben anders als in Deutschland, viel
patriotischer. Ein Absage des Konzerts hielte er dementsprechend für
„populistisch”. In eine ähnliche Kerbe schlägt Thomas Link, persönlicher
Referent des Oberbürgermeisters. So dürfe man Frei.Wild nicht nach
sogenannten deutschen Maßstäben bewerten, wer die Mentalität der
Südtiroler kenne, wisse, „dass ihnen eine extreme Heimatverbundenheit
inne ist”, entsprechendes Liedgut werde dort „schon von Schulkindern in
der ersten Klasse“ gesungen. Mal wieder zeigt sich: Eine oft bekundete,
besondere Verantwortung Deutschlands bleibt ein inhaltsloses Mantra,
antifaschistische Positionen, die dem Lernen aus der Geschichte folgen
müssten, bleiben aus. Vielmehr wird in dem subjektiven Empfinden, dass
nationale Statements hierzulande verpönt seien, eine unerklärliche
Kuriosität gesehen.
Allgegenwärtig ist zudem das Argument, Frei.Wild stehe nicht unter
Überwachung des Verfassungsschutzes. Doch selbst diejenigen, welche von
der Arbeit des Verfassungsschutzes begeistert sind, sollten spätestens
durch den am 17.04. in München beginnenden NSU-Prozess auf den Boden der
Realität geholt werden: „Auf dem rechten Auge blind” ist eine maßlose
Untertreibung für das Treiben des Geheimdienstes, eine fehlende
Berichterstattung über die Band im Verfassungsschutzbericht also alles
andere als ein Freibrief.
Patrick Beckerle, Redakteur der Zeitungsgruppe Straubinger Tagblatt /
Landshuter Zeitung, bringt den Kern der verquerte Argumentation für
Frei.Wild letztlich unfreiwillig auf den Punkt: „Patriotismus ist Liebe
zu den Seinen – Nationalismus ist Hass auf die Anderen”, wie er Romain
Gary zitiert. Die Band betreibe nur ersteres. Dass sich die „Seinen“
aber erst durch die strikte Abgrenzung von den „Anderen” auf Grund von
Kategorien wie Blut, Staatsbürgerschaft und Zugehörigkeit zu
konstruierten Kulturräumen definieren, begreift hier keiner. Die
Argumentation folgt der des Ethnopluralismus, im Zuge dessen sich
„Ethnien” durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kultur bestimmen
würden. Die eigene Ethnie gelte es vor Mitgliedern fremder Ethnien zu
beschützen, um nicht die eigene „Identität” zu gefährden. Es handelt
sich hierbei um eine Ideologie der neuen Rechten, also nationaler
Kräfte, von denen sich die Frei.Wild so krampfhaft zu distanzieren
versucht.
Abschließend stellen wir fest, dass die Duldung der Band seitens der
Stadt Landshut Bände über deren Politik spricht. Der Druck in der
Öffentlichkeit auf die Verantwortlichen durch antifaschistische Kräfte
muss so lange erhöht werden, bis das Konzert am 18.04. restlos
gestrichen wird und Bühnen hier wie anderswo in Zukunft für
Grauzonenbands verschlossen bleiben! In Wels, Österreich, ist dies auch
schon passiert!
Frei.Wild verjagen!
Es gibt keinen „guten” Patriotismus!
Für einen konsequenten Antifaschismus!
Quellen:
„Umgang
mit Veranstaltungen und Konzerten von Bands mit radikalen, politischen
bzw. gesellschaftlich fragwürdigen Haltungen in städt. Einrichtungen”
„Noch patriotisch oder schon extremistisch?”
„Ein offener Brief soll gegen „Frei.Wild” helfen”
„Frei.Wild: Patriotisch? Ja! Nationalistisch? Nein!”
„In den Fußstapfen der „Böhsen Onkelz””
Frei.Wild offizielles Songtextarchiv (songs.frei-wild.net)
Die Macht der Medien
Frei.Wild Homepage (frei-wild.net)
und wenn es keine Sparkasse mehr gibt?
Wer jetzt immer noch sein Konto bei der Sparkasse hat, aber gegen frei.wild sein will, hat keine Ahnung, was konsequenten Antipatriotismus ausmacht!
Mehr auf:
http://www.attac.de/aktuell/bankwechsel/
Verfasser_innen des Artikels
Verfasser_innen des Artikels: Forum Autonomer Umtriebe Landshut [F.A.U.L.]
Inhaltliche Ergänzung
Ein Presseartikel zum Thema zur inhaltlichen Ergänzung:
[Niederbayern] Frei.Wild: Landshuter Gymnasium schreibt an Oberbürgermeister
Antifaschistisches Gegenkonzert am 18.04.!
- Antifaschistisches Gegenkonzert am 18.04.: "Rechtsrock ins Visier nehmen - Frei.Wild verjagen!"