[MUC] Sponti - „Never trust a cop! - Gegen alle Bullen, Knäste und Autoritäten!“

Schrei nach Revolte

Am Samstag den 16.03 zogen knapp 30 Leute lautstark durch die Innenstadt Münchens und zeigten ihre Wut gegen kürzliche Bullenübergriffe und ihre Solidarität mit der Revolte im Flüchtlingslager in der Bayernkaserne in Milbertshofen. Die Sponti begann am Sendlinger Tor, zog durchs Glockenbachviertel über den Gärtnerplatz und endete nach einer guten halben Stunde an der Schrannenhalle.

 

Der gutgelaunte und wild umherziehende bunte Mob skandierte durchgehend Parolen wie „Nie wieder schwedische Gardinen, macht alle Knäste zu Ruinen!“, „Kairo, London, Greece – Fight the Police!“, „Gegen Grenzen und Gesetze, Freiheit geht nur ohne Knäste!“ oder „Solidarität muss praktisch werden, Feuer und Flamme den Abschiebebehörden!“. Darüber hinaus wurden neben der Demo mehrere Hundert Flyer verteilt. Obwohl zeitgleich zwei Fascho-Kundgebungen in der Innenstadt statt fanden, tauchten auf der gesamten Route keine Bullen auf.

 

Dies zeigt wieder einmal, dass es in München, trotz des omnipräsenten Bullenaufgebots, auch in größeren Gruppen möglich ist sich einen gewissen Handlungsspielraum anzueignen. Es stellt sich mal wieder als ein Mythos heraus, dass in München Spontis nicht möglich sind. Gerade bei unangemeldeten Demonstrationen haben wir viel mehr die Möglichkeit mit Menschen in Kontakt zu treten, unsere Inhalte zu verbreiten und den Ausdruck der Demo und Aktionen selbst zu bestimmen.

Hier die verteilten Flyer, weiter unten als pdf:

Ein Schrei der Revolte

Wenn Aufstände ein Bruch mit dem Bestehenden sind, ein Aufbegehren gegen verschiedene Herrschaftsaspekte, dann sind Revolten eine gemeinsame und plötzliche Rebellion mit oft jähem Ende. Obwohl diese Möglichkeit, die Möglichkeit gemeinsam zu rebellieren, in München anscheinend komplett verschleiert und vergessen ist, konnte man am Donnerstag den 28.02 einen nicht allzu leisen Schrei der Revolte vernehmen.

Dieser Schrei hatte seinen Ursprung in der „Gemeinschaftsunterkunft“ für Asylbewerber_Innen in der Bayernkaserne in Milbertshofen. Wobei Gemeinschaftsunterkunft ein ziemlich irreführendes Wort ist, da diese Lager keine Orte sind in denen Menschen freiwillig leben, denn es handelt sich vielmehr um knastähnliche Gebäude in welchen Personen, die aus anderen Ländern aus verschiedensten Gründen geflohen sind, gezwungen werden zu warten. Warten auf die Bearbeitung des Asylantrags, warten bis irgendein Bürokratie-Arsch entschieden hat, ob es dir „schlimm genug“ geht und ob du arbeitstauglich bist, damit du hier bleiben darfst und dich hier ausbeuten lassen kannst. Oder eben warten auf den Tag wo man von Bullen abgeholt wird um gewaltsam zurück dorthin abgeschoben zu werden, wovor man geflohen ist. Zu dieser ständigen Unklarheit kommen die Schikanen des Wachpersonals, ein erbärmliches Taschengeld pro Monat und der ständige Rassismus, welcher alle Bereiche unserer Gesellschaft durchdringt. Anscheinend haben sich einige Menschen entschlossen all das nicht weiterhin ruhig hinzunehmen und die Wut immer wieder herunterzuschlucken, sondern gegen diese Bedingungen zu rebellieren...

Am Abend des 27. Februars beobachteten angestellte Wachen der Firma "BWS-Sicherheit"  gegen 23 Uhr wie eine Person eine Scheibe der „Unterkunft“ einschlug. Daraufhin flüchtete diese Person ins Gebäude, konnte aber von den Securities im Vorbereich des Gebäudes eingesperrt werden. Der Jugendliche machte jedoch durch Schreien die anderen Bewohner_Innen des Lagers auf sich aufmerksam, worauf ihm diese zur Hilfe kamen. Mit abgebrochenen Stuhlbeinen und Metallrohren der Hochbetten versuchten diese die gefangene Person zu befreien. Die Aufrührer drehten den Spieß um und zerstörten Teile der Einrichtung und zwangen die Securities dazu abzuhauen und sich in einem Büro zu verbarrikadieren. Daraufhin riefen die Mitarbeiter_Innen der Sicherheitsfirma die Bullen, die mit zwei Streifenwagen anrückten. Diese wurden jedoch auch attackiert, mit Gegenständen beworfen und ebenfalls zum Rückzug gezwungen. Die befehlenden Jäger wurden zu Gejagten, die gehorchenden Eingesperrten zu aufsässigen Revoltierenden. Für einen Moment besitzen die Bullen und Wärter_innen nicht mehr die Macht, den Lauf der Dinge zu bestimmen. Für einige Atemzüge ist nichts mehr beim Alten und alles scheint möglich...

Doch als mehr Bullen anrücken, hatten sich die Randalierer_Innen schon in das Gebäude zurückgezogen. Bei der darauffolgenden Hausdurchsuchung wurden 29 Jugendliche festgenommen, gegen drei von ihnen wurde ein Haftbefehl erlassen. Diese Drei saßen auch für einige Tage in Untersuchungshaft und haben jetzt Anzeigen wegen "gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch und Sachbeschädigung" am Hals.

Diese Revolte zeigt wieder einmal, dass es immer und überall möglich ist zu rebellieren und mit dem Bestehenden in Konflikt zu treten. Sei es in den Straßen Ägyptens, in den französischen Banlieus, in dem Krawall erfahrenen Griechenland oder eben genau hier. Wir erkennen uns und unser Verlangen nach Freiheit in dieser Revolte wieder, wie wir uns in jeder Rebellion gegen die unzähligen Facetten der Macht und Unterdrückung wiedererkennen. Das nicht, weil wir die Revoltierenden persönlich kennen, das ist unwichtig, genauso wenig geht es uns um die einzelnen Personen und ihre Geschichte, sondern um ihre Taten. Darum nicht alles zu schlucken und über sich ergehen zu lassen, sondern sich mit Leuten zusammen zu tun und zum Angriff überzugehen. Wir erkennen uns in der Zerstörung des Gebäudes wieder, als physischem Ausdruck von allem was uns einzwängt und einsperrt, in der Attacke auf die Securities und Bullen und genauso in dem Versuch die Person, die die Scheibe eingeschlagen haben soll und eingesperrt wurde, zu befreien. Genauso kennen wir diesen Staat, diese bestehende Ordnung und ihre Verteidiger_innen, die, auch wenn es unter unterschiedlichen Umständen und in verschiedenen Ausprägungen geschieht, genauso uns in ein soziales Gefängnis unter offenem Himmel einpfercht, jede rebellische Regung bestraft, bändigt und uns Normen, Gesetzte und Machtstrukturen aufzwingt, die wir nicht wollen und nie gewollt haben.

Doch wir werden nie nach einer Bewilligung oder Einverständniserklärung gefragt werden...

...also machen wir unmissverständlich klar, was wir von der uns umgebenden Situation halten!

Revolten sind überall und immer möglich! Machen wir kaputt was uns kaputt macht!

Auf dass der Schrei der Revolte immer lauter wird und nie mehr verstummt!

Never trust a cop!

In den letzten Wochen und Monaten hat ein Vorfall hohe Wellen in Politik und Medien geschlagen: Münchner Polizist_innen werden "Prügelvorwürfe" gemacht,  da einer jungen Frau am 20. Januar in einer Zelle Nase und Augenhöhle gebrochen wurden. Sie und ihr Freund hatten am besagten Tag gestritten und als sie die Polizei rief, sollten beide mit auf die Wache. Da die 20-Jährige dies nicht einsah und ihr im Polizeiauto ein Telefonat untersagt wurde, ist sie angeblich ausgeflippt und hat auf die Polizist_innen eingeschlagen. Auf der Polizeiinspektion wurde sie mit auf den Rücken gefesselten Händen in eine Zelle im Keller gebracht. Da sie sich weiter wehrte, schrie und die Beamten beschimpfte, wurde sie auf eine Pritsche gelegt und von mehreren Händen heruntergedrückt. In dieser Situation bekam die junge Frau Panik und spuckte  einem der Bullen ins Gesicht. Daraufhin weicht der bespuckte Bulle zurück und schlägt ihr sofort mit der Faust ins Gesicht. Der Polizist meint im Nachhinein, dass er zuerst einen Kopfstoß der Frau abgewehrt hatte und so aus Notwehr zuschlug, was, oh Wunder, alle anderen Bullen bestätigen. Die Folgen des Faustschlags: Ein brutal zugerichtetes Opfer von dem die Presse einige Zeit später Wind bekommt und einen großen Trubel macht. Die Notwehrargumentation wird in Frage gestellt, es werden verschwundene Videoaufzeichnungen aus der Zelle gesucht und die Unabhängigkeit der polizeilichen Untersuchungsbehörden, die gegen ihre angezeigten Kolleg_innen ermitteln, wird thematisiert. Politiker_innen und Minister melden sich zu Wort und letztendlich wird das LKA dafür bestimmt zukünftig in internen Polizeiverfahren zu ermitteln. Teresa Z., das "Prügelopfer" hat nämlich inzwischen einen Namen, kommt ins Fernsehen, andere Opfer von Polizeigewalt gehen an die Öffentlichkeit, die Bullen rekonstruieren die Prügelszene und führen eine Hausdurchsuchung und einen weiteren unangekündigten Besuch in der Wohnung des Opfers durch, ihr werden Haarproben entnommen um Beweise für den eventuellen Drogenkonsum zu sichern und schließlich gibt auch Oberbullenpräsident Schmidbauer ein Statement ab: Der Polizist "ist vorher getreten und bespuckt worden, sie hat versucht ihm einen Kopfstoß zu versetzen. Sie war nicht zu beruhigen(…) Der Faustschlag war für ihn (den zuschlagenden Bullen) die konsequente Vorgehensweise, um das zu beenden."

Diejenigen, die die Macht und Berechtigung haben uns zu fesseln, uns in Zellen zu sperren, uns alles zu nehmen und zu verbieten, denen wir stets zu gehorchen haben und jede Erniedrigung über uns ergehen lassen müssen, diejenigen, die die Autorität des Staates und des Gesetzes repräsentieren, akzeptieren keine Rebellion, keinen Widerstand, kein Form von Sich-zur-Wehr-setzen und Aufbegehren und ansonsten ist eben "der Faustschlag die konsequente Vorgehensweise um das zu beenden." Diese "konsequente Vorgehensweise" tritt aber nicht nur bei Faustschlägen, die daraufhin in den Medien skandalisiert werden, zu Tage. Diese Vorgehensweise ist die ständige und überall präsente Autorität der Polizist_innen und somit der Kontrolle und Bestrafung, diese subtile Gewalt, die Beugung jeglicher unangepasster Haltung und Handlung. Diese Vorgehensweise betraf und betrifft nicht nur Teresa Z. und spielt sich nicht nur auf Titelseiten ab. Diese unterdrückende Vorgehensweise ist überall Alltag, sie ist Normalität, sie ist omnipräsent.

Und diese ach so gerechte Normalität treibt Menschen in Tod, so wie es am 28. Februar beinahe geschah: Ein 22-jähriger Mann wurde von einem Bullen, der privat unterwegs war, bei einem Diebstahl beobachtet. Als der Bulle ihn stellen wollte, flüchtete der Mann und sprang bei der Verfolgungsjagd verzweifelt auf das Gleisbett am Leuchtenbergring und wurde promt von einer S-Bahn erfasst. Er erlitt etliche Brüche am ganzen Körper und kam nur durch Glück mit seinem Leben davon. Jetzt liegt er erst einmal im Krankenhaus und hat eine Anzeige wegen Diebstahl und "Gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr". Alles nur, weil er nicht bereit war oder nicht genügend Geld parat hatte um zu bezahlen. Und weil ein anderer Mensch anwesend war, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, jeden Regelbruch zu verfolgen und zu bestrafen. Koste es was es wolle, notfalls eben den Tod.

Tot ist wahrscheinlich auch der 27-Jährige, der wegen Verdachts auf schweren Diebstahls festgenommen wurde und sich am 5. März in einer Zelle erhängte. Schon wieder ein Toter in den Händen des Staates. Schon wieder ein Mensch, der eingesperrt und in die Enge getrieben den Selbstmord angesichts der eigenen Perspektivlosigkeit und Probleme als Flucht wählt. Schon wieder ein Ermordeter, dem alles genommen wurde und der sich letztendlich selbst das letzte nahm was noch bleibt: Das nackte Leben.

Doch wir sind nicht bereit uns mit diesem tristen Überleben, mit dieser grauen(vollen) Routine zufrieden zugeben. Und weil das Leben seine Schönheit, seine versteckten Geheimnisse und Abenteuer erst offenbart, wenn wir es selbst gestalten und  keinem äußeren Zwang folgen müssen, sind wir nicht bereit diesen uniformierten Schlägern unterwürfig zu begegnen und ihre Autorität zu akzeptieren.

Wir gehorchen keinen Befehlen, Verboten und Anweisungen und davon kann uns keine Strafe, keine Zelle und kein prügelnder Bulle abhalten. Wir richten unsere Wut gegen jene, die all das beschützen was uns verhasst ist, gegen jene, die uns als stumme Sklav_innen sehen wollen, gegen die, die uns klein und gefügig machen wollen. Und für diesen Wutausbruch brauchen wir keinen Anlass, keine moralische Rechtfertigung und erst recht keine unabhängigen Untersuchungsbehörden. Das, was uns antreibt ist der Wille als ununterworfene Menschen selbst über unser Leben zu bestimmen. Und alles was wir dafür brauchen, sind die Menschen, die Momente und die Mittel um gemeinsam gegen diese Autoritäten zu revoltieren.

Auf dass kein Augenblick und keine Gelegenheit verstreicht, in der wir den Bullen zeigen was wir für sie verspüren: Wut, Hass und konsequente Ablehnung.

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Zur Strategie des bayerischen Innenministeriums und der Münchener Polizei würde das passen, dass sie sich absichtlich zurückhalten und es so auf eine echte oder knapp verhinderte "Links-Rechts Auseinandersetzung" zwischen Sponti-TeilnehmerInnen und Nazis ankommen lassen. Das würde die Handhabe gegen die Großdemo am 16. April entscheidend erweitern und möglich machen, sowohl im Vorfeld als auch dem 16. etwas gegen "bundesweit angereiste Störer" zu unternehmen. Das sollte man bei der Anreise nach München und dem Weg zur Demo bedenken und kreativ werden, agressive, penible Großkontrollen noch vor der Stadtgrenze und äußerste Brutalität sind kein Neuland für bayerische Bullen.

Die Demo findet am 13.4. statt, nicht am 16.4.

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